Die seltsame Geschichte mit dem Denkmal (Leute (4)) war nur eine der vielen Geschichten, die X. erzählte und die ich ihm nicht glaubte. Diesmal, weil es mich betraf und ich es naturgemäß besser wusste. Sonst aber, weil mir seine verblüffenden Erzählungen völlig unwahrscheinlich und geradezu münchhausisch vorkamen. Oft war er darin auf irgendeine Weise der Held ganz ungewöhnlicher Abenteuer und kam mit den berühmtesten Leuten zusammen. War einmal zufällig von dem und dem die Rede, so war er mit einem Mal mit ihm zur Schule gegangen, hatte mit ihm studiert oder ihn jedenfalls dort und dort kennengelernt. Hochadel, Politprominenz usw. usf. Oft deutete er auch sexuelle Kontakte an. Von denen er sowieso eine erstaunliche Menge haben musste, den eigenen Angaben und Andeutungen zufolge. Ich konnte das alles, wie gesagt, oft nicht glauben. Und enge Freunde von ihm, mit denen ich beiläufig bekannt war, erklärten mir rundheraus, er lüge viel. Mit seinen Phantastereien habe er sich schon oft geschadet. Er sei im Grunde ein bemitleidenswerter Kerl. Mir war die Lügerei unangenehm, aber egal, solange sie mich nicht betraf, ich fand manches amüsant, anderes ließ ich mir bloß gefallen und einiges stieß mich ab. Da X. sich aber mir gegenüber immer freundlich und interessiert verhielt, hielt ich ihn nur auf Abstand, ohne mit ihm zu brechen. (Fortsetzung in Leute (8)).
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