Donnerstag, 26. Dezember 2013

Vom Umtausch ausgeschlossen

Das erste Weihnachtsgeschenk war bekanntlich das Neugeborene in der Krippe im Stall zu Bethlehem. Erst später  gab es dann Weihrauch, Myrrhe und Gold. Und erst viel, viel später Anziehsachen, Unterhaltungselektronik und irgendwelche Gutscheine.
Das allererste Weihnachtsgeschenk war aber auch gleich das allergrößte: der Mensch gewordene Gott. Nicht wie die antiken Halbgötter ein bisschen Mensch und ein bisschen Gott, sondern ganz Gott und ganz Mensch. Ziemlich unwahrscheinlich und, nach dem Maß menschlichen Verstandes, wohl auch unmöglich, für die aber, die es glauben, trotzdem wahr.
Was für eine ungeheure Gabe: Gott wird Mensch, liefert sich den Menschen aus und kommt, man weiß ja wie die Geschichte weitergeht, nach einigem Hin und Her durch die Menschen zu Tode. Doch was mit Weihnachten beginnt, endet nicht am Karfreitag, sondern erfüllt sich an Ostern. Der Menschensohn, der Gottes Sohn ist, steht von den Toten auf und verheißt allen, die an ihn glauben, ewiges Leben.
Mit solch einem Geschenk können viele nichts anfangen. Sie möchten es nicht haben. Einen Gott? Danke, ich habe schon einen (Mammon, Ego, Cthulhu), das reicht mir. Einen Erlöser? Ich denke, ich warte auf den nächsten, mal sehen, was der drauf hat. Jungfrauengeburt, Kreuzestod, Auferstehung von denToten? Passt nicht zu meinem Lebensstil. Sündenvergebung? Ich bin doch eh ganz okay. Ewiges Leben? Erst einmal sterben, dann sehen wir weiter, aber vorerst lebe ich ja noch.
Weihnachten heißt: Gott schenkt sich den Menschen. Man könnte meinen, wer die Annahme verweigere, schade nur sich selbst. Aber so, wie man Gott nur behalten kann, wenn man ihn weitergibt, so nimmt, wer Gott nicht akzeptiert, ihn auch anderen weg. Wir hängen alle, im Guten wie im Bösen, miteinander zusammen. Wird Gott nicht weitergeschenkt, gibt es ihn nicht. Denn sein Dasein verwirklicht sich im Dasein der Menschen für einander. Gott, der Sinn des Ganzen und der Ursprung alles Guten, gibt sich, schenkt sich her, als unverdiente Gabe, zu der keine Gegengabe möglich ist — was wäre denn angemessen? —, die aber Weitergabe verlangt. Gott hat nichts davon, wenn an ihn geglaubt wird, aber die Menschen verlieren das Wesentliche, wenn sie einander nicht ein Leben mit Gott ermöglichen.
Wer Gott, aus welchen Gründen auch immer, nie bekommen hat, kann nichts dafür. Wenn er aber benachrichtigt wurde und sich nicht weiter darum gekümmert hat, ist er selbst schuld. Wem Gott schon etwas verschmutzt oder beschädigt zugestellt wurde, ist noch am ehesten entschuldigt, wenn er ihn nicht haben will.
Viele aber haben das Geschenk sehr wohl erhalten, oft in durchaus passablem Zustand, aber es nie wertgeschätzt und möchten es am liebsten umtauschen. Gegen irgendwelche bequemen Überzeugungen oder eine noch bequemere Überzeugungslosigkeit. Sie fühlen sich gestört, das Geschenk ist ihnen im Weg, es stellt Forderungen, das ist lästig. Darum erklären sie es für wertlos. Sie können gut und gern darauf verzichten, meinen sie. Nicht sie hätten sich gegenüber dem Geschenk zu rechtfertigen, sagen sie, sondern das Geschenk gefälligst vor ihnen. Schließlich haben sie es nicht bestellt.
Aber Gott ist vom Umtausch ausgeschlossen. Er bleibt. So zu tun, als gäbe es ihn nicht, schafft ihn nicht ab. Er ist Missachtung gewohnt. Er hat schon Schlimmeres mitgemacht als den gewöhnlichen Alltagsatheismus der Leute. Keine Verleugnung, keine Verdrängung, keine Verfolgung konnte ihn loswerden. Dass man schlecht von ihm spricht oder auf falsche Weise gut, ändert nichts an seinem Wert. Der ist unendlich und unbegreiflich.
Gott hat sich ein für alle Mal den Menschen geschenkt, daran kann nichts etwas ändern. Nur der einzelne Mensch kann etwas verändern, nämlich sein Leben und damit jedes andere Leben. Er kann die Gabe annehmen und weitergeben oder darauf verzichten. Dann aber hat er gar nichts, jedenfalls nichts, was bleibt, nichts, was standhält in einer Welt voller Schwäche und Bosheit, nichts, was dem Nichts widersteht.

Dienstag, 24. Dezember 2013

Alan Turing: „Gnade“ statt Recht

Das ging ja schnell. Schon ein einundsechzigeinhalb Jahre, nachdem Alan Turing wegen „gross indecency“ (schwerer Unzucht) mit einem Mann im Namen der großbritisch-nordirischen „Königin“ verurteilt worden war, unterzeichnete dieselbe Damen am Heilgen Abend 2013 einen Gnadenakt. In den Medien wird das als „Rehabilitierung“ Turings ausgerufen. Weit gefehlt! Begnadigung bedeutet Straferlass. Aber da sich Turing bereits 1954, zwei Jahre nach seiner Verurteilung, umbrachte, kann man ihm heute auch keine Strafe mehr erlassen. Rehabilitierung bestünde in einer Aufhebung des Urteils. Davon kann keine Rede sein. Das antihomosexuelle Strafrecht, das in England und Wales bis 1967, in Schottland bis 1980 in Kraft war, gilt nämlich heute noch als damals rechtens. Die ungefähr 50.000 Verurteilungen nach jenen Bestimmungen sind nach wie vor aufrecht. Also auch das Urteil über Turing. Dieser hatte sich übrigens schuldig bekannt und, um dem Gefängnis zu entgehen, eingewilligt, sich psychiatrischer Behandlung mit chemischer Keule zu unterziehen. Folge solcher „Therapie“ soll eine Depression gewesen sein, deren Folge wiederum vermutlich der Selbstmord war.
Die regierenden Heterosexuellen wollen mit der postumen, also rein symbolischen Amnestie für Turing (und sonst übrigens keinen der 50.000 Verurteilten) ihr Image ein bisschen aufpolieren.
Pinkwashing Britain sozusagen. Und die medialen Repräsentierer der Lesbenundschwulen tun den Herrschenden den Gefallen und plappern wahrheitswidrig von „Rehabilitierung“. Wieder einmal sind alle zufrieden, obwohl niemand sein Recht bekommen hat.

Samstag, 14. Dezember 2013

Wessen Sieg?

Aus queer.de: „Edie Windsor hat es im Alter von 84 Jahren erstmals auf die "Person of the Year"-Liste geschafft: Die New Yorkerin hatte im Sommer ihren größten Erfolg erzielt, als der oberste Gerichtshof sie zur Siegerin im Fall 'United States versus Windsor' erklärte. Sie hatte geklagt, weil sie nach dem Tod ihrer Ehefrau 363.000 Dollar Erbschaftssteuern an Washington abführen sollte – als Heterosexuelle hätte sie aber nichts zahlen müssen. Die Höchstrichter entschieden, dass es sich bei dieser Ungleichbehandlung um eine verfassungswidrige Diskriminierung handelte und damit der LGBT-Bewegung in den USA einer ihrer größten Siege beschert."
Wieso es eigentlich ein Sieg (noch dazu einer der größten) der LGBT-Bewegung in den USA ist, wenn eine stinkreiche Greisin sich über eine Viertelmillion Euro an Steuern erspart, verstehe ich nicht. Besteht denn die ominöse „community" nur aus Superreichen? Warum um Himmels willen sollten Schwule (oder Lesben), die nichts oder nicht viel zu vererben haben, mit einem solchen „Sieg" des Eigennutzes über den Fiskus solidarisieren?
Längst schien die Verbürgerlichung der Homo-Bewegung gar nicht mehr zu überbieten, weil das ganze Gleichstellungs-Getue sich ja immer wieder bloß als Feilschen um wirtschaftliche Vorteile für Mittelklasse-Lesbenundschwule herausgestellt hat. Doch dass nun gar eine Millionärin, die von ihrem unverdienten Vermögen (die Familie ihrer Frau hatte es mit Essiggurken erwirtschaftet) keinen Cent an die Gesellschaft abgeben will, von interessierten Kreisen zur Heldin erklärt wird, sprengt dann doch noch einmal den Rahmen des Obszönen.