Und dann die Sache mit Dostojewski. X.
war empört, dass ihrer Behauptung zufolge Veranstaltungen zu
russischer Kultur nicht mehr stattfinde könnten und russische
Literatur nicht mehr gelesen werden solle. Davon wisse ich nichts.
Russische Literatur sei überall erhältlich und werde wohl auch
weiter gelesen. Dass Kulturveranstalter derzeit (im Sommer 2023)
Bedenken hätten, so zu tun, als könne man sich unbelastet und
bedenkenlos mit russischem Kulturgut befassen, währen Russen
Ukrainer massakrierten (durch Raketen und Drohnen, aber auch von Hand
wie in Butscha und anderswo) sei ja wohl verständlich. Aber dafür
könne doch de russische Literatur nichts, so X. mit Nachdruck. Ob
sie Dostojeweski wirklich gelesen habe, nicht nur die Romane, auch
seine politischen Texte? Unzählige russische Autoren seien
mitverantwortlich für die Ideologie der russischen Großmachtpolitik,
die die ganze Menschheit bedrohe darunter auch ihr ach so geliebter
Herr Dostojewski mit seinem Hass auf den Westen und die Ukraine. Aber
Dostojewski sei Weltliteratur!, kreischte, geradezu. Das sei mir
egal. erwiderte ich kaltschnäuzig, wenngleich aufgebracht.
Weltliteratur sei ein willkürlicher Begriff. Dostojewski als
politischer Schriftsteller sei einfach Dreck, der entsorgt gehöre. ―
Nach diesem unerfreulich Gespräch und noch einigen merkwürdigen
e-mails habe ich X. nicht mehr getroffen, gesprochen oder ihr
geschrieben. Auch sie verhält sich so.
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