Ich hatte, bis ich zufällig auf Sascha Lobos Artikel stieß, noch nie etwas von „Drachenlord“ gehört und also auch nichts von dem Mob, der ihn jahrelang virtuell und real hetzte. Nach der Lektüre von Lobos Text bin ich erschüttert. Meine Filterblase, in der es doch wahrlich mehr als genug gibt, was mich entsetzt und empört, verbirgt mir offensichtlich Bereiche des Bösen, die ich kaum für möglich oder, wenn schon für möglich, dann doch für unwahrscheinlich gehalten habe. Ich kann dazu nur wie ein alter Mann sagen: In was für Zeiten leben wir! Ich weiß, dass mir 99,99% der „Influencer“ und ähnlicher Phänomene völlig entgehen, und bin sehr froh darüber. Ich weiß, dass ich wenig von der Niedertracht der Schwärme, Verbindungen und Einzeldeppen mit bekomme, die sich in shitstorms und (wovon ich gestern erst hörte!) Todeslisten austobt. Aber welche extremen und zugleich beiläufigen Formen das übers Netz hinaus annehmen kann, war mir nicht klar. Meine gesunde Paranoia, die der Gesellschaft meiner Zeitgenossen jede Schlechtigkeit zutraut, hat eine neue Bestätigung erfahren. Ich weiß gar nicht, was mich mehr schockiert: die Hemmungslosigkeit des Pöbels oder das untätige Zuschauen des Rests. Widerwärtig sind sie alle.
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