Samstag, 29. November 2025

Nachtrag zu „Leute (37)“

Wie sich herausstellte, war X. empört über das, was ich über die Unmöglichkeit, P. zu lesen (und P. und L. zu hören), gesagt hatte. Nicht, weil daran irgendetwas falsch gewesen wäre, sondern weil sie das eben „anders sieht“. Sie nahm die (zugegebermaßen wie bei mir üblich scharf polemisch vorgebrachte) Kritik nicht zum Anlass sachlicher Auseinandersetzung, sondern nahm es persönlich. Folgerichtig suchte sie auch nicht das Gespräch und stellte zur Rede, sondern spielte die beleidigte Leberwurst und strafte mit Schweigen. Wie Frauen das halt so machen. Als sie wieder ansprechbar war, kamen allerhand Ausreden und Beschuldigungen. Uninteressant. Ich habe nichts falsch gemacht, auch nicht, dass ich erst darüber nachdachte, bevor ich darüber schrieb. (Worüber ich ja übrigens auch geschrieben habe.)
Unzutreffend ist die Behauptung von X., ich drehte es mir, wie ich wolle. Einmal sei ich gegen die akademische Philosophie, dann aber dafür, wenn es gegen P. gehe. Daran stimmt gar nichts. Es ist vielmehr so: Ich hatte in „Leute (37)“ geschrieben: „Ich habe Philosophie studiert und kann ganz gut Geschwätz von genuinem Denken unterscheiden.“ Inwiefern widerspricht das zum Beispiel dem Zitat von Cioran, das ich meiner Aphorismensammlung „Philosophie als heitere Wissenschaft und strenge Kunst“ vorangestellt habe: „Die Philosophen schreiben für die Professoren, die Denker für die Schriftsteller“? Gar nicht. Während Cioran nämlich Philosophen und Denker unterscheidet, unterscheide ich (in besagtem Text gegen P.-Lektüre) zwischen genuiner Philosophie und Geschwätz. Geschwätz im Sinne von Nicht-Philosophie, die sich als Philosophie ausgibt; dass sich außerdem innerhalb der wirklichen Philosophie eine akademisch gebundene und eine wie auch immer zu benennende andere Praxis („Denken“) unterscheiden lassen, hat mit der Unterscheidung von Geschwätz und ernstzunehmendem Philosophieren nichts zu tun. Meine Kritik am Philosophiebetrieb, seiner größtenteils musealen Einstellung und der viel zu oft bürokratischen Leidenschaftslosigkeit der dargereichten Erzeugnisse impliziert doch in keiner Weise, dass ein mediengeiler Dummschwätzer eine Alternative zum universtätsprofessoralen Diskurs ist! 
Nein, ich habe in „Leute (37)“ meine Kritik nicht „gedreht“, sondern sie auf einen anderen Gegenstand gerichtet. Dass ich Philosophie studiert habe, ist keine Parteinahme für die akademische Philosophie (sonst hätte ich ja wohl auch deren Diplome erworben). Dass ich Philosophie und Geschwätz zu unterscheiden vermag, ist eine Selbsteinschätzung, die bestreiten kann, wer möchte, er oder sie möge es aber mit Argumenten tun. Davon, dass ich „es mir drehe, wie ich es brauche“, kann (in diesem Zusammenhang) also überhaupt keine Rede sein. X. hat da etwas missverstanden, vermutlich, weil sie etwas missverstehen wollte. Man sollte aber halt das lesen, was wirklich da steht, darf sich nicht vom Groll und der eigenen Leberwurstigkeit übermannen lassen und jemandem eine widersprüchliche Argumentation unterstellen, der wenigstens Argumente hat (und nicht bloß Befindlichkeiten und Lebensumstände).
Wie auch immer. Wirklich wichtig ist das alles nicht. Es gibt viel pseudophilosophisches Geschwätz auf dem Markt und manche konsumieren das eben gern. Warum ich aber ausgerechnet P. besonders verabscheue, ihn aus der Öffentlichkeit verbannt sehen möchte und nicht will, dass er Zuschauerinnen (beiderlei Geschlechts), Zuhörerinnen (ebenso) und Leserinnen (dito) hat, betrifft aber nicht zuletzt den gefährlichen Schwachsinn, den er zu einem entscheidenden politischen Thema abgesondert hat: Er verbreitet russländische Narrative („NATO bedrohte Russland“), hetzt gegen die Ukraine und fordert de facto deren Kapitulation. Dass die Ukraine, seiner Meinung nach keine Demokratie ist (trotz frei gewähltem Parlament und ebensolchem Präsidenten ― ganz im Unterschied zu Russland mit seinem Diktator und dessen gefälschten Wahlen) ―, westliche Werte verteidige, hält er für eine „bizarre Vorstellung“. Dass die Ukraine den Krieg gewinnen könne, schließt er aus. Da kann er hundertmal den russischen Angriffskrieg einen Angriffskrieg nennen: Wer nicht ohne Wenn und Aber für die demokratisch-selbstbestimmte Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine eintritt, treibt Putins Politik. Wer nicht Putins Niederlage wünscht, steht auf Putins Seite. Das ist verbrecherisch. Leider anscheinend nicht im justiziablen Sinne. Also dann eben: unverzeihlich. 

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