Von Kafka zu lernen, heißt scheitern zu lernen. Man mag Kafkas Leidenschaft für das Schreiben bewundern und das von ihm Geschriebene wegen seiner kunstvoll ans Unbewusste rührenden Machart hochschätzen, aber seine Texte führen nirgendwohin. Dazu ist Literatur auch nicht verpflichtet. Kafka erklärt nicht die Welt, er gibt keine tiefen Einblicke in die Seelen der Menschen, er kennt den Sinn des Lebens nicht (selbst seine eigenen Texte entzieht er geschickt dem Sinn im Sinne einer eindeutigen Deutbarkeit), er sagt nicht, was zu tun oder nicht zu tun ist. Er führt nur vor, nämlich sich selbst, aber nicht als Person, sondern seine Sprache. Er schrieb einmal, er sei ganz und gar Literatur. Das stimmt, wenn er schreibt. Seine Texte sind genau das: Literatur, und weisen nicht über sich hinaus.
Da helfen auch all die biographischen Einzelheiten und Querverweise nichts, die die akribische Forschung herbeigeschafft und aufgehäuft hat, dieses unverschämte Zurschaustellen sämtlicher irgend fassbarer Lebensereignisse und Lebensäußerungen ― das Kafka, diesen scheuen, zurückhaltenden, bescheidenen, sich niemals wichtig machenden Menschen, hätte er sich eine solche mikroskopische Autopsie seiner Existenz jemals vorstellen können, unendlich gequält hätte. Es nützen auch Psychologie und Exegese nichts, die Texte sind die Texte und sie verraten nicht mehr, als da steht.
Und auch philologische Eifer des Vergleichs von Textvarianten ändert daran nichts. Was geschrieben steht, steht geschrieben. Mehr wollte Kafka nicht und mehr konnte er auch nicht. Eher weniger.
Keineswegs ist das heutige kanonische Kafka-Korpus die Literatur, die Kafka schreiben wollte. Die er vielleicht geschrieben hätte, wie er gewollt hätte, wenn er sich getraut hätte, es zu dürfen.
Kafkas Wunsch, dass nach seinem Tod alles Unveröffentlichte vernichtet werden sollte, ist bekannt. (Brod missachtete ihn zum Glück.) Dieser Wunsch entstammt wohl nicht nur der Schamhaftigkeit und Bescheidenheit Kafkas (und de, vorausschauenden Unwillen, dass andere über seine Texte verfügen sollen), sondern auch dem Bewusstsein des Versagens. Kafka wurde nicht fertig mit dem, was er schreiben wollte, und brachte es nicht und nicht zu Stande.
Nicht nur seine drei Romane sind Bruchstücke geblieben, unzählige Texte wurden angefangen zum Teil umgeschrieben und irgendwann unfertig liegen gelassen )nicht erst bei Kafkas Tod).
Kafka wurde nicht der Autor, der er hätte sein wollen. Weil er es nicht konnte, aber auch, weil er es paradoxerweise nicht wollte. Der Selbstzweifel, die Selbstverhinderung dürften die Person Kafkas in hohem Maße ausgezeichnet haben, so viel darf man sagen, ohne indiskret zu werden. (Die ausgezeichnet Editionslage all des Unfertigen bezeugt es ja,) Er wollte und wollte nicht. Aber er hörte nicht auf und schrieb und schrieb und schrieb. Das und seine Sprache macht ihn als Schriftsteller groß.
In seinem Freund Brod hatte er einen, der ihn zum Veröffentlichen drängte. Oft verweigerte er sich dem, oft auch nicht. Er genoss seine Weigerung und litt an ihr, er fand Gefallen am Veröffentlichen und litt daran. Mann vergisst zuweilen, dass Kafka nicht nur einzelnen Personen oder im kleinen Kreis eigene Texte vorlas, sondern auch öffentlich.
Das Fragment ist keineswegs die Kafka angemessene Form. Es ist überhaupt keine Textform, es ist ein Textzustand. Es könnte auch anders sein. Kafka war es lieber, wenn es anders war. (Wie stolz war auf das „Urteil“!) aber es gelang ihm oft nicht. Es gelang ihm öfter nicht als doch. Das war keine Absicht, kein Gestaltungswille, das war ein Versagen, eine Ratlosigkeit, ein Abbrechenmüssen. Insofern zwar auch eine schriftstellerische Entscheidung ― das Liegenlassen wegen Unvermögens; vom Vernichteten wissen wir ja meist nichts ―, aber eine bloß negative, eben ein Eingeständnis des Scheiterns.
Da helfen auch all die biographischen Einzelheiten und Querverweise nichts, die die akribische Forschung herbeigeschafft und aufgehäuft hat, dieses unverschämte Zurschaustellen sämtlicher irgend fassbarer Lebensereignisse und Lebensäußerungen ― das Kafka, diesen scheuen, zurückhaltenden, bescheidenen, sich niemals wichtig machenden Menschen, hätte er sich eine solche mikroskopische Autopsie seiner Existenz jemals vorstellen können, unendlich gequält hätte. Es nützen auch Psychologie und Exegese nichts, die Texte sind die Texte und sie verraten nicht mehr, als da steht.
Und auch philologische Eifer des Vergleichs von Textvarianten ändert daran nichts. Was geschrieben steht, steht geschrieben. Mehr wollte Kafka nicht und mehr konnte er auch nicht. Eher weniger.
Keineswegs ist das heutige kanonische Kafka-Korpus die Literatur, die Kafka schreiben wollte. Die er vielleicht geschrieben hätte, wie er gewollt hätte, wenn er sich getraut hätte, es zu dürfen.
Kafkas Wunsch, dass nach seinem Tod alles Unveröffentlichte vernichtet werden sollte, ist bekannt. (Brod missachtete ihn zum Glück.) Dieser Wunsch entstammt wohl nicht nur der Schamhaftigkeit und Bescheidenheit Kafkas (und de, vorausschauenden Unwillen, dass andere über seine Texte verfügen sollen), sondern auch dem Bewusstsein des Versagens. Kafka wurde nicht fertig mit dem, was er schreiben wollte, und brachte es nicht und nicht zu Stande.
Nicht nur seine drei Romane sind Bruchstücke geblieben, unzählige Texte wurden angefangen zum Teil umgeschrieben und irgendwann unfertig liegen gelassen )nicht erst bei Kafkas Tod).
Kafka wurde nicht der Autor, der er hätte sein wollen. Weil er es nicht konnte, aber auch, weil er es paradoxerweise nicht wollte. Der Selbstzweifel, die Selbstverhinderung dürften die Person Kafkas in hohem Maße ausgezeichnet haben, so viel darf man sagen, ohne indiskret zu werden. (Die ausgezeichnet Editionslage all des Unfertigen bezeugt es ja,) Er wollte und wollte nicht. Aber er hörte nicht auf und schrieb und schrieb und schrieb. Das und seine Sprache macht ihn als Schriftsteller groß.
In seinem Freund Brod hatte er einen, der ihn zum Veröffentlichen drängte. Oft verweigerte er sich dem, oft auch nicht. Er genoss seine Weigerung und litt an ihr, er fand Gefallen am Veröffentlichen und litt daran. Mann vergisst zuweilen, dass Kafka nicht nur einzelnen Personen oder im kleinen Kreis eigene Texte vorlas, sondern auch öffentlich.
Das Fragment ist keineswegs die Kafka angemessene Form. Es ist überhaupt keine Textform, es ist ein Textzustand. Es könnte auch anders sein. Kafka war es lieber, wenn es anders war. (Wie stolz war auf das „Urteil“!) aber es gelang ihm oft nicht. Es gelang ihm öfter nicht als doch. Das war keine Absicht, kein Gestaltungswille, das war ein Versagen, eine Ratlosigkeit, ein Abbrechenmüssen. Insofern zwar auch eine schriftstellerische Entscheidung ― das Liegenlassen wegen Unvermögens; vom Vernichteten wissen wir ja meist nichts ―, aber eine bloß negative, eben ein Eingeständnis des Scheiterns.
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