Dienstag, 30. September 2025
Gaza-Gaga
Sonntag, 28. September 2025
Notiz zur Zeit (260)
Folgerichtig verlangt eine andere österreichische Politikerin, Frauensprecherin der „Grünen“, die Streichung des Kindsmordes an Ungeborenen aus dem Strafrecht. Kinder sind ja offensichtlich keine seltene Spezies, die es zu schützen, und kein biodiverses Ökosystem, das es zu erhalten gilt. Weg mit dem Kroppzeug!
Immer Ärger mit dem Nachwuchs. Die oberösterreichische Volkspartei fordert, „sorglose und unkooperative Eltern“ gehörig mit Haft zu bestrafen, also solche, deren Verhalten einem „kriminellen Lebenswandel“ ihrer Kinder nicht vorbeugt. Ganz durchdacht scheint das Modell nicht, denn wie Eltern vom Knast aus ihre Kinder nicht verwahrlosen lassen sollen, bleibt unklar; es sei denn freilich, man sperrte gleich die ganze Familie weg. Dass das intuitiv gemeint sein könnte, wird sogar wahrscheinlich, wenn man bedenkt, dass Oberösterreich der Heimatgau des Führers ist und die Nazis Spezialisten darin waren, (von ihnen definierte) „Asoziale“ in Lager zu stecken und umzubringen. Es sollte einen also nicht wundern, wenn demnächst schon mal der Wunsch artikuliert wird, „unkooperative Eltern“ sterilisieren lassen zu dürfen. Als Zwischenschritt vor der familienfreundlichen Vergasung.
Donnerstag, 25. September 2025
Notiz zur Zeit (259)
Aus Anlass der Heiligsprechung eines toten Hasspredigers: Dieser Sekte sind noch viele Märtyrer zu wünschen.
Kimmel ist wieder auf Sendung. Ich will aber trotzdem kein Disney-Plus-Abo abschließen.
„Ab sofort gilt: Qualität ist Chefinnensache.“ Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich jemand mit einem einzigen dummen Satz für alle Zeiten unmöglich machen kann.
Mittwoch, 24. September 2025
Ist der Westen schuld am Krieg in der Ukraine?
Wie soll man sich das vorstellen? Hätte Putin die Ukraine nicht überfallen, wenn der Westen ihn nicht sozusagen dazu gezwungen hätte? Dann war bestimmt der von der CIA gesteuerte faschistischen Putsch in Kyjiw, Verzeihung: Kiew, durch den ein prorussischer Machthaber vertrieben wurde, der Auslöser und die neonazistische Unterdrückung der Russen in dem unnatürlichen Gebilde „Ukraine“, aus dem dann einige Gebiete folgerichtig wieder heim ins Reich strebten.
In dieser Phantasiewelt ist der Wunsch osteuropäischer Länder, dem „westlichen“ Verteidigungsbündnis beizutreten (das dadurch ja eigentlich etwas „östlicher“ wurde), weil sie so ihre leidvollen Erfahrungen mit Russland hatten (und ihre begründeten Erwartungen), eine gezielte Umzingelung der wehrlosen kleinen Atommacht Russland, die daraufhin in einem Nachbarland einmarschieren musste, das der NATO nicht angehört. Was könnte der Westen nämlich anderes im Sinn haben, als Russland zu erobern, ihm seine traditionelle Rückständigkeit zu rauben und ihm eine Demokratie aufzuzwingen? Und natürlich alle Russen schwul zu machen! Pfui Deibel.
Die Verteidigung der Ukrainerinnen und Ukrainer gegen den Versuch, ihre Nation zu vernichten, ist gemäß dieser Weltsicht völlig irrational. Hätten sie sich gleich ergeben und unterworfen, könnte seit langem Frieden sein. Das bisschen Mord, Folter, Verschleppung und Unterdrückung, das in russländischem Herrschaftsgebiet an der Tagesordnung ist, ist doch ganz normal und wird mehr als ausgeglichen durch Propaganda und Hirnwäsche.
Es ist in dieser verqueren Weltsicht die Böswilligkeit und Dummheit der stur weiterkämpfenden Ukraine, die die Kassen des miltärisch-industriellen Komplexes klingeln lässt. Während hochgerüstete Diktaturen wie Russland und Rotchina eigentlich Friedensengel sind, deren gigantische Miltärausgaben rein gar nichts mit der Ausquetschung und brutalen Dressierung der Bevölkerungen zu tun haben.
In einem haben die Verrückten ja Recht: Besser wär’s, es gäbe keinen Krieg. Aber es gibt ihn und seine Ursachen liegen nicht im Westen. Es ist Russland, das ihn begonnen hat und nicht beenden will. Die Ukrainer und Ukrainer lebten lieber heute als morgen in einem demokratischen, friedlichen, ungestörten Gemeinwesen. Sie haben es sich nicht ausgesucht, Krieg führen zu müssen. Aber sie tun es, weil die meisten von ihnen lieber Schreckliches in Kauf nehmen wollen, als noch viel Schrecklicheres aufgedrängt zu bekommen.
In Wahrheit tut der Westen viel zu wenig, um Russland zu bekämpfen. Selbst Russlands direkte Interventionen im Bündnisgebiet führen (derzeit noch?) nicht zu angemessenen Reaktionen. Aus Angst vor „Esklation“. Allerdings sind sich steigernde Provokationen durch Putin faktisch auch eine Eskalation. Hat man Angst, der irre Kremlzwerg werde Atomwaffen einsetzen? Dann sollte man ihm unzweifelhaft klar machen, was die Folgen auch nur des Versuchs wären. Wozu haben die westlichen Mächte denn ihre nuklearen Arsenale, wenn sie nicht abschrecken?
Putin versteht nur die Sprache der Gewalt. Als die Türkei russländische Flugzeuge abschoss, die im Syrienkrieg türkischen Luftraum verletzt hatten, zerstäubte der Möchtegernzar nicht Ankara oder Istanbul, sondern zog den Schwanz ein. Heute küsst er Erdogan längst wieder den Arsch. (Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.) Lerne: Wer sich jetzt kleine Nadelstiche gefallen lässt, lädt für später zur großen Messerstecherei ein. Wer beizeiten den mörderischen Rowdy abstoppt, muss später nicht seine Untertanen massakrieren.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist ein Stellvertreterkrieg gegen den Westen. Das weiß jeder in Russland und viele unverantwortliche Verantwortliche sagen es offen. Auch Putin. Nur im Westen gibt es Gestörte, die sich einreden, es sei ein Krieg des Westens gegen Russland.
Für Kritik an Imperialismus, Hegemonialstreben, Mitlitarismus usw. usf. bin ich jederzeit zu haben. Aber in diesem Fall, dem der Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Aggressor, steht der kapitalistische Wessen ausnahmsweise auf der richtigen Seite. Wenn auch auf wackligen Füßen. Es brauchte sogar viel mehr westliches Engagement, wenn es Frieden geben soll. Wer etwas anderes behauptet, steht, ob er es weiß oder nicht, im Dienst von Krieg und Diktatur.
Geschichtsklitterung als Gewissensberuhigung
Warum der zionistische Propagandaliterat Benny Morris in der BRD als Historiker gilt, habe ich nie verstanden. Man stelle sich vor, jemand schriebe: „Die Ermordung von Millionen Juden und Jüdinnen was fast unvermeidlich angesichts der Gefahr der Rassenmischung, der Gier und Herrschsucht der Juden, des Antisemitismus und der Machtergreifung der Nazis.“ Man würde sagen: Das ist nazistische Gequatsche.
Die obenzitierte Darstellung von Morris ist ganz ähnliches Gequatsche. Das „Flüchtlingsproblem“ (Die Vertreibung von Millionen nichtjüdischen Bewohnern aus dem Gebiet des selbstprokläamiert jüdischen Staates Israel) entstand, weil die Ideologie des Zionismus von Anfang an die Doktrin „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ zum Kern hatte, die Bewohner Palästina 1881 aber fast ausschließlich und noch 1947 überwiegend arabisch war, weil die jüdischen Einwanderer mit ihrem Landraub, ihrer Diskriminierung und ihrem Rassismus auf Widerstand stießen (vor der forcierten zionistischen Einwanderung und dem rücksichtslosen Breitmachen der Siedler gab es in Palästina keine Judenfeindlichkeit, diese war vielmehr Folge der zionistischen Politik, was manche Zionisten auch klar sahen und benannten, Buber z. B.); die Angst der Terroristen vor einem Verbleib zu vieler Terrorisierter, bevor man über sämtliche Repressionsmittel verfügte, war freilich begründet. Der Staat Israel war folgerichtig eine Kriegserklärung an die Mehrheitsbevölkerung und der damalige Höhepunkt (aber nicht das Ende) einer Reihe von monströsen Gewaltakten. (Die sich nicht nur gegen Araber, sondern auch gegen Engländer richteten.)
Wer sagte, „die Juden waren mit ihrer Deutschfeindlichkeit selbst schuld am Holocaust“, würde zu Recht geächtet. Wer sagt „Schuld an der Nakba und der anhaltenden, längst offen genozidale Formen annehmenden Repression der Palästinenser sind diese selbst mit ihrem Antisemitismus“ wird in der BRD hofiert und, wenn er mal wieder erklärt, warum Zionisten Nichtjuden vertreiben und töten müssen, im deutschen Feuilleton lobend erwähnt. Wie kaputt ist das denn?
Balken & Splitter (118)
Die Kirk-Witwe hat öffentlich behauptet, dass sie dem (mutmaßlichen) Mörder ihres Mannes vergebe. Was für eine widerliche Heuchelei! Ein peinlich durchschaubare Inszenierung ihrer angeblichen Christlichkeit. Was will die Dame denn überhaupt vergeben? Sie war es ja nicht, die erschossen wurde. Sie kann also nicht den Mord vergeben, sondern allenfalls, dass ihr ihr Mann genommen wurde. Merkwürdige Egozentrik in solcher Situation. Oder glaubt sie vielleicht, sie sei der liebe Gott (oder ein geweihter Kleriker) und könne Sünden vergeben?
Eine (mutmaßliche) MAGA-Anhängerin hatte, nachdem ich kommentiert hatte, Kirk sei ein devil in disguise gewesen und bestimmt zur Hölle gefahren, wo er ja auch hingehöre, gegenkommentiert, Kirk sei vielmehr von Engeln empfangen und zu Jesus geführt worden. Diese bigotten Protestanten wissen ja nicht einmal, was ihre Sekten lehren: In den Himmel kommt man erst nach dem Jüngsten Gericht. Wie auch immer. Ich wies ihr dann jedenfalls nach, dass Kirk das Gegenteil von dem gepredigt hat, was Jesus zum Beispiel gemäß Mt 26,31-45 verkündete. Dazu meinte sie nur, ich hätte das Recht auf meine Meinung. Dem stimmte ich zu, sprach ihr aber das Recht auf ihre „Meinung“ ab. (Rassismus ist keine Meinung, sagt man. Blasphemie auch nicht.) Daraufhin wurde ich von ihr geblockt (und meine Kommentare wurden von einem Dritten gelöscht). Freedom of speech? Offensichtlich nicht für Jesus und Broniowski.
Montag, 22. September 2025
Balken & Splitter (117)
Ich weiß, wer so redet, ist ein Hilfsnazi, ein williger Steigbügelhalter des autoritären Nationalismus, der offensichtlich Rassismus mit Demokratie für vereinbar hält. Also ein typischer machtgeiler, unternehmerhöriger, menschenverachtender Sozialdemokrat.
Sonntag, 21. September 2025
Mehr Kapitalismus wagen (wie immer)
Inflation, Schminflation. Alles wird teurer? Ja, aber Kaviar und Jachten doch auch. Eben. Man kann doch nicht dauernd die Löhne erhöhen, bloß weil man dauernd die Preise erhöht.
Die Industrie muss gerettet werden. Auch wenn ihre Arbeitsweise die Umwelt ruiniert und ihre Produktion in lauter sinnlosen Waren besteht. Gerade dann. Wir brauchen mehr Autos und Maschinen für den Autobau, mehr elektronisches Spielzeug (mit dem erwünschen Nebeneffekt der Überwachung) und mehr Wegwerfkram. Das Heil liegt im Konsumieren.
Wer das nicht einsieht, ist ein linker Spinner. Wir haben die Erde von unseren Enkeln nur geliehen, die müssen also selbst sehen, wo sie bleiben, die einen kriegen ja eh Vermögen vererbt und die anderen nur Altlasten.
Umverteilung ist pfui gack. Leistung darf sich lediglich dann lohnen, wenn damit eigentlich rücksichtslose Ausbeutung gemeint ist. Mehr Geld für gleiche Arbeit? Das wäre ungerecht. Mehr Geld für dieselben Waren? Das ist der Lauf der Dinge, das freie Spiel von gesteuerter Nachfrage und überteuertem Angebot.
Also: Nicht so gierig sein, sondern sich bescheiden zurückhalten, ihr Gewerkschafter und Innen! Wir müssen die Industrie retten. Arbeitsplätze retten. Profite retten. Wir müssen auf das Klima scheißen und hohen Energieverbrauch belohnen. Nur wenn es den Ausbeutern gut geht, geht es allen gut. Oder den meisten. Oder einigen. Oder wenigen. Eigentlich nur den Ausbeutern. Das müssen doch alle einsehen. Qualitätsjournalismus hilft dabei.
Samstag, 20. September 2025
Unterwegs (31)
Zu manchen Passantinnen, deren (oft grell gemusterte) Hosen hintenrum bis zum Platzen gefüllt sind, möchte man sagen: „Der Zoo hat angerufen. Die Nilpferde wollen ihre Ärsche zurück.“
Freitag, 19. September 2025
Balken & Splitter (116)
Donnerstag, 18. September 2025
Glosse CXL
… switcht in seinem Roman immer wieder zwischen Gegenwart und Vergangenheit und … Was zum Henker tut er? Warum wechselt er nicht einfach immer wieder oder, wenn es technizistisch beliebt, war um schaltet er nicht einfach um oder hin und her? Oder soll das jung und zeitgenössisch klingen, Herr Doktor? Der unbewusste Hass studierter Literaturwissenschaftler auf die deutsche Sprache scheint jedenfalls allzeit unwandelbar.
Mittwoch, 17. September 2025
Notiz zur Zeit (258)
Die Kandidatin der Ratesendung kommt aus Hannover, studiert Deutsch und Politik (Lehramt), ist gerade „im Master“ und will später „ans Gymmi“. Ihre Hobbys sind Yoga, „Kneipenquizze“ und „Escape-Räume“. Frage: Welche Farbe ist auf einer Verkehrsampel oben? Antwort: Grün. Frage: Gibt es EU-Mitgliedsstaaten, die ans Schwarze Meer grenzen? Antwort: Nein. Frage: Aus welchem asiatischen Land wanderte die Mutter von Kamala Harris in die USA aus? Antwort: Afrika. Frage: In welchem Gebäude wurde Friedrich Merz zum Bundeskanzler ernannt? Antwort: Bundestag. Frage: Welche germanische Sprache wird weltweit am häufigsten gesprochen? Antwort: Deutsch. ― Ums deutsche Bildungssystem muss man sich keine Sorgen mehr machen. Das hat sich offensichtlich von selbst erledigt.
Dienstag, 16. September 2025
Notiz zur Zeit (257)
Ich sag mal so: Wenn ein Mafiaboss mit seinem Geld au Drogenhandel, Erpressung, Raub, Mord usw. in seinem Heimatdorf einen kostenlosen Kindergarten finanziert, ist das kein Argument für die Mafia.
Merz kamen die Tränen bei der Eröffnung der Synagoge in der Reichenbachstraße. Hat man ihn je über die Toten von Gaza weinen sehen? Zugegeben, die Opfer der Deutschen aus der Nazizeit lassen sich leichter bertrauern; denn für die Opfer von heute könnte man als deutscher Regierungschef etwas tun, statt durch Unterstützung und Unterlassen mitzuhelfen, dass es sie überhaupt gibt.
Die Ernennung von Lahav Shani zum Reichsmusikdirektor ist stündlich zu erwarten. Dass einer sich so tüchtig für den Völkermord ausspricht, gefällt in der BRD. Dass andernorts jemand mit solch menschenverachtender Haltung als Dirigent unerwünscht ist, gilt Deutschen hingegen naturgemäß als unerträglicher und unverständlicher „Antisemitismus“.
Dass es auch anders, nämlich menschlich anständig, geht, hat der Dirigent Ilan Volkov bewiesen, der bei einem Konzert in London gegen sein Land und dessen mörderische Politik protestierte. Die deutschen Medien ignorieren das.
Was ist das nur für ein Land, in dem schlichter menschlicher Anstand als abscheulich und Protest gegen Massenmord als Verbrechen gilt? From the river to the sea, genocide gets support from Germany.
Samstag, 13. September 2025
Balken & Splitter (115)
Über politische Gewalt und ob man immer dagegen sein muss
Der Staat legitimiert sogar tödliche Gewalt: bei seiner Polizei, seinen Soldaten und (in manchen Staaten) bei seinen Henkern. Wer aber ohne staatliche Erlaubnis tötet, ist in der Sichweiise, die der Staat aufzwingen will, ein Verbrecher; und wenn er es aus politischen Gründen tut, ist er ein Terrorist. Seltsamerweise findet der Staat also gewöhnlichen Mord und Totschlag, der aus Habgier, Eifersucht, Wut usw. geschieht, für weniger schlimm als eine Tötung, die ein politisches Motiv hat. Egal, wie verständlich oder berechtigt das zu Grunde liegende politische Anliegen sein mag. Terrorismus ist Anmaßung: Wer terrorisiert, tut auf eigene Faust, was der Staat von Rechts wegen tut.
Wenn ab und an ein solches „Attentat“ geschieht, ist darum die Empörung groß. Die staatsfrommen Bürger beeilen sich, es zu verurteilen und ausgiebig zu beteuern, dass Gewalt in der politischen Auseinandersetzung nichts zu suchen habe.
Wenn dem wirklich so wäre, wieso gibt es dann Kriege? Diese werden aber geführt, nicht nur von Angreifern, sondern zu Recht auch von Verteidigern? Und was ist mit denen, deren Beiträge zum politischen Diskurs, der angeblich immer friedlich sind, menschenverachtende Hetze und faktische Kriegserklärungen sind, Aufrufe zur Gewalt und Unterdrückung? In Wahrheit ist die politische Auseinandersetzung, national verschieden und global recht uniform, von Gewalt geprägt. Von struktureller Gewalt, von rhetorischer Gewalt, von militärischer Gewalt. Bekanntlich gilt der Krieg als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Und ein weiser Mann hat vorgeschlagen es so zu sehen: Politik ist die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln.
Für Politik, die von Staaten und im Rahmen von Staatlichkeit betrieben wird, stimmt das ganz offensichtlich. Was aber ist mit der politischen Gewalt, die Privatpersonen ausüben? Ist sie ethisch (statt staatsjuristisch) betrachtet immer Unrecht? Oder kann sie gerechtfertigt sein?
Ich bin Anarchist und der Überzeugung, das Ziel der Herrschaftsfreiheit kann nur mit gewaltfreien Mitteln erreicht werden. Aber ich lebe wie meine Zeitgenossen nicht in einer idealen Welt, sondern in der realen Welt, in der, die von Gewalt erfüllt ist. Und obwohl ich für mich selbst unter den gegebenen Bedingungen Gewaltausübung ablehne, missbillige ich es nicht, wenn es Menschen gibt, die sich gegen die Gewalt, die ihnen und den Ihren angedroht oder angetan wird, wehren. Notwehr ist, unter bestimmten Bedingungen, durchaus legitim.
Darum auch die Tötung eines bestimmten Menschen, von dem Unheil ausgeht. Wer ist der Meinung, es wäre nicht gut und richtig gewesen, man hätte ― Nazikeule ausgepackt! ― beizeiten Hitler ermordet? Oder Lenin, Trotzki, Stalin, Mao oder Pol Pot? Millionen Menschen wäre der gewaltsame Tod erspart geblieben durch vielleicht nur einen gezielten Schuss auf den jeweiligen Bösewicht.
Gewiss, niemand möchte in einer Gesellschaft leben, in der dauernd die Vertreter der einen politischen Richtung die Vertreter einer anderen politischen Richtung abknallen oder in die Luft sprengen. Das wäre eine Art von Bürgerkrieg.
Aber der Kapitalismus (auch übrigens in seiner rotchinesischen Version) ist ja selbst eine Art von permanentem Weltbürgerkrieg. Seine neoliberalen, illiberalen, autoritären, minderheitenfeindlichen, fremdenfeindlichen, Recht und Gesetz missachtenden, Lüge und Betrug zur Normalität erhebenden Spielarten sind in Ideologie und Herrschaftspraxis nicht weniger verbrecherisch als Nazismus oder Kommunismus.
Verleiht das dem Einzelnen das Recht, sich selbst zum Richter und Henker aufzuschwingen? Nein. Aber es sollte doch auch die Heuchelei derer desavouieren, die über einen einzelnen Hetzredner, den jemand weggeräumt hat, allerhand Tamtam machen, aber die Tausende, Zehntausende und Hunderttausende unschuldiger Opfer von Völkermord und Krieg, Ausbeutung und Umweltzerstörung weder betrauern noch glaubwürdige Anstalten machen, künftiges Leid und Unrecht zu unterbinden.
Gewalt ist keine Lösung. Einen einzelnen Bösewicht zu eliminieren, ist auch keine Lösung (zumal die Dummen und Bösartigen nachwachsen). Aber derweil die ursächliche Gewalt herrscht, kann Gegengewalt von Partisanen und „Terroristen“ immerhin ein Zeichen setzen, dass Gegenwehr möglich ist, dass die, die noch Begriffe von Anstand und Gerechtigkeit haben, nicht alles hinnehmen, und dass Gewalt erntet, wer Gewalt sät.
Ich befürworte politische Morde nicht, aber ich verurteile sie auch nicht, wenn sie die Richtigen treffen. Einen Unterschied zu machen zwischen dem Bösen, das durch und durch Bösen angetan wird, und dem Bösen, das Guten oder nicht ganz Bösen widerfährt, halte ich für mein Recht und, ethisch betrachtet, jedermanns Pflicht.
Dienstag, 9. September 2025
Leute (36)
Samstag, 6. September 2025
Deren große und kleine Geschäfte
Uff, der Sozialstaat bleibt noch
In bemerkenswerter Eintracht lässt sich die bundesdeutsche Groko dazu herab, zuzugestehen, den Sozialstaat nicht abschaffen zu wollen. Das wird Freunde der verfassungsmäßigen Ordnung freuen, heißt es doch im Grundgesetz: „Die BRD ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Und eben dieser Artikel 20 wird ja von Artike 79, Absatz 3 geschützt: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche (...) die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ Ein Bekenntnis zum Sozialstaat durch einen Politiker ist also so, als ob er erkläre, er sei damit einverstanden, dass weiterhin, wie in Artikel 1 vorgeschlagen, die Menschenwürde unantastbar und die staatliche Gewalt verpflicht sei, sie zu achten und zu schützen.
Donnerstag, 4. September 2025
Aufgeschnappt (bei Martin Buber)
Notiz zur Zeit (256)
Schreckliche Tefaubilder von den eingestürzten Häusern in Afghanistan und Menschen, die aus den Trümmern Lebende und Tote zu bergen versuchen. Mit bloßen Händen. Zu den Bildern wird gesagt: Es hätten nur Männer gefilmt werden dürfen, das Filmen von Frauen sei in Afghanistan verboten. Zwei Fragen. Erstens, wann hätten je irgendwo Frauen mit bloßen Händen in Trümmern nach Leichen und Überlebenden gegraben? Mir jedenfalls sind solche Tefaubilder nicht bekannt. Frauen stehen meist bloß da und heulen und jammern. Zweitens: In der BRD hat man schon vor Jahren „zur Verbesserung des Persölichkeitsschutzes bei Bildaufnahmen“ das upskirting und downblousing verboten: Bestraft soll werden, wer „absichtlich oder wissentlich von den Genitalien, dem Gesäß, der weiblichen Brust oder der diese Körperteile bedeckenden Unterwäsche einer anderen Person unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt, soweit diese Bereiche gegen Anblick geschützt sind“. Das ist geschlechtsneutral formuliert, was aber lächerlich ist, denn Beschwerden von Männern, die von Frauen oder Schwulen „unbefugt“ behelligt worden wären, waren nie Thema. (Vgl. auch „dick pics“.) Auch in Österreich ist im entsprechenden Gesetz ausdrücklich die „weibliche Brust“ aufgeführt. Beide Gesetze sind also ein eklatanter Verstoß gegen die Rechtsgleichheit von Mann und Frau! Wie auch immer: Meine Frage: Was ist der prinzipielle Unterschied eines Verbotes, Frauen überhaupt zu photographieren (Modell Taliban), und des Verbotes, bestimmte Körperteile zu photographieren (Modell Feminismus)? In beiden Fällen geht es um eine Sexualisiertheit des weiblichen Körpers, über deren Nutzung der Staat wacht. Im Westen darf jede Frau in der Öffentlichkeit fast nackt wie die billigste Hure herumlaufen und ihren Anblick jedem zumuten. Das ist Freiheit. Bei den Islamisten werden Frauen in der Öffentlichkeit in die Burka genötigt, weil jedes Hautfitzelchen unzulässige Geilheit aufstacheln könnte. Das ist Unfreiheit.
Dienstag, 2. September 2025
Authentischer Deportationskurs
Bundeskanzler Stocker wolle an einem scharfen Migrationskurs festhalten, wird vermeldet. Gemeint ist in Wahrheit: eine brutale Antimigrationspolitik. Es soll deportiert werden, bis die Schwarte kracht. Egal, wohin. „Ich will nach Syrien und Afghanistan abschieben“, wird Stocker zitiert. Und faselt etwas von „authentischer Interpretation“ der Europäischen Menschenrechtskonvention. Stocker versteht selbstverständlich nicht, was „authentische Interpretation“ bedeutet (dass der Gesetzgeber selbst festlegt, wie er seine Gesetze meint), er meint nämlich etwas anderes: Umgehung der bestehenden Rechtsvorschriften. Wenn es für die Deportationen keine legalen Wege gebe, wird Stocker zitiert, „werden wird die Grundlagen dafür schaffen müssen“. So ist es recht. Man darf sich beim Regieren nicht von Recht und Gesetz behindern lassen, schon gar nicht von internationalen Verträgen ― die haben ja Ausländer geschrieben! Pfui gack. Wenn also die Menschenrechte beim Deportieren im Weg sind, wird im Zweifelsfall drauf geschissen (das heißt: mit nationalem Rechtsbruch zurückgeschossen). Rassismus hat schließlich immer Vorrang.