Und wieder einer weniger. Wieder hat mich im sozialen Netzwerk einer als seinen „Freund“ gelöscht (und blockiert). Manchmal denke ich, ich habe in den letzten zehn Jahren Mehr „Freunde“ durch ihre oder meine Löschung „verloren“, als ich je hatte … Ich bin aber auch ein zu schrecklicher Mensch, mit mir kann man nicht befreundet sein wollen. Oder nur bis zu einem gewissen Punkt, dann muss man die Notbremse ziehen und aussteigen ― oder (um im Bild zu bleiben) mich aus dem oder vor den Zug werfen. Hauptsache, es ist Schluss. In den letzten anderthalb Jahren ging es dabei selbstverständlich immer um, ähem, na sagen wir mal: die Krise. Um ein Virus, seine Effekte und die behördlichen Maßnahmen. Da erlaube ich mir ja bekanntlich eine andere Meinung als die vermutliche Mehrheit. (Und als die Obrigkeit sowieso.) Das ist schwer zu ertragen, das verstehe ich. Die Reaktionen zeigen mir allerdings, dass ich Recht habe. Warum solche Aggressivität, wenn ich mich im Irrtum befände? Ihr schlechtes Gewissen, das sie sich nicht eingestehen, lässt die Leute sehr, sehr wütend werden. Dann ist so eine Löschung eine Wohltat. Vor allem, wenn sie hinterrücks kommt, also ohne Ankündigung oder erläuternde Mitteilung. Einfach löschen, zack, zack, der ist erledigt. Zerquetscht wie eine Laus. Zugegeben, einige wenige haben Gründe genannt. Einer etwa hatte von zwei Leuten gehört, Bekannten seiner Eltern, rüstigen Rentnern, die an Corona gestorben seien. (Statistisch unwahrscheinlich, aber möglich.) Darum sei, was ich schriebe, unerträglich. Als ob ich je geleugnet hätte, das Menschen sterben, woran auch immer. Hier konnte einer seine Lektüre meiner Kritik nicht mehr mit seinem Wunsch vereinbaren, die hegemonialen Erklärungsmuster gelten zu lassen. Was merkwürdig ist, denn wenn einer sagt, so schlimm ist das nicht mit dem Virus, dann wäre das doch eigentliche eine gute Nachricht, auch wenn man sie für falsch hält, und man muss schon sehr von der Lust an der Krankheit und ihrer staatlichen Verwaltung befallen sein, um eine (vermeintlich) falsche theoretische Interpretation als existenzielle Bedrohung wahrzunehmen. Das trifft anscheinend bei vielen seropositiven Schwulen zu. Die fühlen sich anscheinend in ihrer Weltanschauung und ihrem Lebensstil in Frage gestellt, wenn einer meint, dass Viren nicht das Problem sind und Vater Staat nicht die gütige Schutzmacht ist, die in weniger als einer Generation von Totalverbot nach § 175 (in Österreich: § 209) auf Homo-Ehe und Regenbogenbeflaggung umgeschaltet hat. Ein anderer hat mich, bevor er mich löschte, noch angekotzt und einen „Coronaidioten“ und „anarchofaschistischen Judenhasser“ genannt. Das verstehe ich, auch wenn es Quatsch ist. Die Ablehnung von Herrschaft von Menschen über Menschen, die auch dann gilt, wenn viele sich einen starken Staat wünschen, muss so einem rituellen Antifaschisten naturgemäß als Faschismus erscheinen (so wie Stalinisten von „Hitlertrotzkismus“ phantasierten). Die Forderung nach Menschenrechten auch für Palästinenser kann er sich dann als Judenhass umdeuten, weil mit dem „Faschismus“ der „Antisemitismus“ als bewährtes Mittel der Kritikabwehr schon bereitliegt. Und „Coronaidiot“ übersetzt das einige Zeit lang beliebte Wortspiel „Covidiot“ ins Gemeinverständliche und Dümmliche (zumal es ja „Anti-Corona-Idiot“ heißen müsste). Idiot ist, wer den Hohepriestern der Propaganda kein Wort glaubt und ihre Mysterien nicht mitfeiern will. Ein dritter schließlich, den ich erwähnen will, war anfangs selbst kritisch und skeptisch, aber spätestens nach einem Jahr drehte er sich um 180 Grad, jetzt war zwar nicht alles richtig, was die Regierung sagte und forderte, aber es war eben so, wie es war, da müsse man mitmachen, Augen zu und durch. Nach und nach war dann doch richtig, was die Regierung sagte und tat, vor allem die Impfung war richtig und wichtig, schon wegen der Pocken und weil irgendwer vor Jahren das HI-Virus geleugnet hatte (ja, so verwirrt waren die „Argumente“). Er ließ sich zweimal impfen. Dann kam der Impfdurchbruch, aber was soll’s, kann ja passieren, Nebenwirkungen und Wirkungslosigkeiten gibt es immer. Kurzum, wer von der Realität nicht mehr erreichbar ist, den überzeugt auch keine Argumentation. Mir fiel auf: Wenn er stirbt, hätte ich Unrecht gehabt, weil das Virus eben doch lebensbedrohlich ist. (Wobei ich nie „geleugnet“ habe, dass es das sein kann.) Wenn er wieder gesund wird, hätte ich Unrecht gehabt, weil die Impfung eben doch wirkt. So oder so. Er wurde, vermute ich, wieder gesund, und bald darauf verschwand er. Oder vielmehr, er ließ mich verschwinden. Gut so. Löscht mich, löscht mich alle, ihr falschen Freunde. Oder ignoriert mich. Mir ist das egal. Euch entgeht etwas, nicht mir. Was ich schreibe, könnte euer Leben ändern und die Welt verbessern, aber bitte, wer nicht will, der hat wohl schon. Um mich geht es dabei gar nicht. Ich mag unangenehm berührt, enttäuscht, gekränkt sein, aber das bin ich gewohnt. Darauf kommt es also nicht an. Wer nicht mit mir „befreundet“ sein will, hat alles Recht der Welt dazu. Aber auch nur das. Das Entscheidende fehlt.
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