Donnerstag, 23. September 2021

Ungerecht und unsolidarisch (2)

Ich stehe immer noch unter choc. Der gestrige Beschluss, in der BRD bei lohnarbeitenden „Ungeimpften“ den Lohnersatz im erzwungenen Quarantänefall zu streichen, ist ungeheuerlich. Noch ungeheuerlicher ist, dass Empörung und Widerstand ausbleiben (oder sich auf die kleine Zahl Kreis der bekennenden Coronaskeptiker  beschränken).
Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist eine der Errungenschaften des Sozialstaates. Die Gleichheit vor dem Gesetz eine Grundlage des Rechtsstaates. Das Recht, Rechte zu haben, darf nicht vom Wohlverhalten abhängig sein. „Ungeimpfte“ sind nicht „selber schuld“, wenn sie zu Quarantäne verpflichtet werden. Auch „Geimpfte“ können testpositiv und infektiös sein. Schon mal was von „Impfdurchbrüchen gehört“?
Für die Abschaffung des Lohnersatzes gibt es keinerlei Sachgründe. Es handelt sich um reine Schikane. Die Absicht ist es, die Leute dazu zu pressen, sich „impfen zu lassen“.
Mich empört das. Und die Reaktionslosigkeit der Gesellschaft deprimiert mich. Warum eigentlich. Es passiert doch nur das, was ich immer schon gesagt habe. Der Staat ist böse. Politiker sind dumm und niederträchtig. Ihre Untertanen sind ängstliche, hysterisierte, verblödete Konformisten.
Aber mir geht es eben wie jedem Propheten*: Ich will nicht Recht behalten! Ich klage an und kündige schlimme Folgen an, damit die Menschen umkehren und ein besseres Leben miteinander leben. Und nicht, damit sie einander die Hölle auf Erden bereiten und danach endgültig zur Hölle fahren.
Dass die Gesellschaft sich entsolidarisiert, also das Wenige, was in den reichen Gesellschaften des Nordens an institutioneller Solidarität erreicht war, zum Abbau freigibt und so regional und global Ausbeutung, Zerstörung und Verdummung neue Dimensionen erreichen lässt, ist genau das, was ich vorhergesagt habe. Aber eben, damit es nicht eintritt, damit man sich dagegen wehrt, dass es eintritt.
Darin dachte ich mit einigen Leuten einig. Falsch gedacht. Die akademische Linke schweigt. Oder grinst zustimmend. Es ist widerlich. Ich war in diesen Milieus, wie in allen anderen, immer schon ein Fremdkörper. Inzwischen bin ich anscheinend ein Virus. Etwas, das man abstößt, isoliert, fertigmacht.
Sei's drum. Ich habe Braven und Konformisten noch nie etwas verdankt. Meine Anreger waren immer die Abweichler, die Unangepassten, die Ausgeschlossenen. Das hat nichts mit Stilisierung zu tun. Das ist die Realität. Und sie ist monströs.

* Außer Jonas, versteht sich, der als Ausnahme die Regel bestätigt.

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