Freitag, 24. September 2021

Ein Hungerstreik

Ein halbes Dutzend junger Leute aus Greifswald war einige Tage in Berlin im Hungerstreik, um gegen den Klimawandel und das Versagen der Politik zu protestieren und um Gespräche mit den „Kanzlerkandidaten“ bei der Bundestagswahl sowie die Einsetzung eines „Bürger:innenrates“ für Klimapolitik zu erzwingen. Inzwischen haben alle bis auf einen, dem sich ein Groupie angeschlossen hat, die Nahrungsverweigerung abgebrochen.
Hungerstreiks sind üblicherweise das Mittel von politisch Verfolgten oft bereits Eingesperrten, um ein konkretes Ziel zu erreichen, das unmittelbar mit ihnen oder anderen in ihrer Lage zu tun hat. Man kennt derlei unter anderem von den nordirischen Freiheitskämpfern, von den Terroristen der RAF, von Mahatma Gandhi und Don Camillo.
Die sechs jungen Klimaaktivisten aber haben aus einem eindrucksvollen letzten Mittel in verzweifelter Situation ein lächerliches Gedöns übersättigter Wohlstandskinder gemacht. Selbst wenn sie verhungert wären (und einer hat ja noch die Chance dazu), was hätte das gebracht?
Was wollen sie überhaupt? Seit wann ist es ein unbedingt mit dramatisch-existenziellen Gesten anzustrebendes Ziel, mit Parteifunktionären zu plaudern? Kann man da nicht einfach mit dem zuständigen Büro einen Termin ausmachen? Das die betreffenden Politiker sich nicht erpressen ließen, ist ausnahmsweise gut und richtig gehandelt. Man droht nicht mit dem eigenen Tod, nur um eine Mischung aus Talkshow und Pressekonferenz geschenkt zu bekommen, das ist hysterisch und infantil.
Und was soll das mit dem Klimarat? Zusätzlich zu den Verfassungsorganen oder statt dieser? Wer soll da drin sitzen? Wie sollen die Mitglieder bestellt werden? Welche Befugnisse soll der Rat haben? Was soll der Unterschied zu Expertenkommissionen und Parlamenten sein? Oder ist an eine Diktatur von Aktivisten gedacht? Und die befehlen dann was?
Und die wichtigste Frage: Warum sollten Politiker, die durch die Bank für eine Politik stehen, die eine Weltwirtschaftsordnung eintritt, die Millionen Menschen systematisch verhungern, durch vermeidbare Krankheiten und in für Rüstungskonzerne profitable Kriege krepieren lässt und die völlig auf Ausbeutung und Umweltzerstörung beruht, warum sollten sich solche Politiker also davon beeindrucken lassen, dass ein paar pathetische Jugendliche ihre Gesundheit schädigen oder sogar sterben? Man mag die Motive der Hungerstreiker für nobel halten, ihre Weltsicht ist bestenfalls naiv und uninformiert und ihr Verhalten unreif und egomanisch. „Wir werden die Welt retten, weil unser Leben so wichtig ist, dass man uns nicht sterben lässt, sondern macht, was wir wollen!“ Nö. Und jetzt zum Wetter.

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