Freitag, 24. September 2021

Aufgeschnappt (bei Hans Sahl über Hermann Borchardt)

Er hasste die Dummheit und die Dummheit hasste ihn, denn er war ihr erbittertster Gegner: ein Denker, der gegen die Zersplitterung die Einheit, gegen die Auflösung das Verpflichtende eines strengen, religiösen Wertsystems setzte; ein Stilist, der Unklarheit durch Genauigkeit, die Verschwommenheit eines gewissen philosophischen „Fach“-Jargons durch äußerste Klarheit ersetzte; ein Schriftsteller, dem es gegeben war, das Schwierigste auf einfachste weise zu sagen, und der in seinen Theaterstücken und Romanen eine literarische Form anstrebte, die im besten Sinne „Volkstümlich“ war (…) In seinem oft widerspruchsvollen, sich selbst parodierenden Wesen vereinigten sich viele, scheinbar einander ausschließende Züge: Milde und Streitbarkeit, satirischer Witz und Religiosität, Blick in die Ewigkeit und Beschäftigung mit dem Alltäglichsten.

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