Schon früh ― in meiner Schulzeit, bei Diskussionen mit [meinem besten Freund] ― formulierte ich eine Art „Grundsatz der Macht-Erhaltung“. Damals problematisierte ich den „Abbau“, das „Verschwinden“ von Macht durch Demokratisierung: Irgendwo müsse die Macht ja bleiben …
Auch entdeckte ich folgende Parallele: Uns, den Schülern und Schülerinnen, wurde eingepaukt, die Freiheit des einen ende dort, wo die Freiheit des anderen beginne. Ebenso schien mir aber die Macht des einen von der Macht des anderen begrenzt zu werden. Also lag es für mich nahe, Freiheit und Macht gleichzusetzen …
Später diskutierte ich mit meine Philosophielehrer darüber, ob Demokratie Herrschaft und damit von Übel sei … Ich war unbelehrbar davon überzeugt. (Und bin es noch).
Nicht nur wegen der in den Lehrplänen vorgesehenen Politischen Bildung (und auch nicht erst wegen meiner politischen Aktivität als Klassen-, Kurs- und Schulsprecher) war der Lebensraum Schule genau der Ort, an dem ich meine ersten Begriffe im Denken des Politischen entwarf.
Die Situation, wie ich sie erlebte, war die eines Einzelnen, der nicht bloß „von oben“ (Lehrern, Lehrerinnen, dem Schulsystem überhaupt …) reglementiert, sondern auch „von der Seite“ (also von den Mitschülern und Mitschülerinnen) diszipliniert werden soll. Sein zu sollen und handeln (denken, sprechen …) zu sollen wie alle anderen und zugleich mit ihnen ― und sei es nur auf abstraktem Feld ― konkurrieren zu sollen. Anpassung, Zugehörigkeit, Isolation, Autorität, Sanktionen; die Einsamkeit und Schwere des Widerspruchs, der Zwang zum Mitmachen, die Dummheit der Mächtigen …
Ich genoss es zu sehr, eine abweichende Meinung zu vertreten und gegen den Rest der Welt (der Klasse oder des Kurses) argumentativ zu verteidigen, zu sehr nämlich, um Demokrat zu sein. Mehrheiten ― so meine Erfahrung ― waren mächtig und träge und dumm und ängstlich und rückständig und lagen meist falsch. Dazu gehört für mich aber auch die Erfahrung, durch besonderes Geschick (Sprach- und Denkbegabung …) aufzufallen und durch eine gewisse Art von Witzigkeit und Unzugänglichkeit gerade noch eben ― trotz der Isolation ― recht beliebt zu sein. (Oder auch rundheraus gehasst zu werden.)
Auch entdeckte ich folgende Parallele: Uns, den Schülern und Schülerinnen, wurde eingepaukt, die Freiheit des einen ende dort, wo die Freiheit des anderen beginne. Ebenso schien mir aber die Macht des einen von der Macht des anderen begrenzt zu werden. Also lag es für mich nahe, Freiheit und Macht gleichzusetzen …
Später diskutierte ich mit meine Philosophielehrer darüber, ob Demokratie Herrschaft und damit von Übel sei … Ich war unbelehrbar davon überzeugt. (Und bin es noch).
Nicht nur wegen der in den Lehrplänen vorgesehenen Politischen Bildung (und auch nicht erst wegen meiner politischen Aktivität als Klassen-, Kurs- und Schulsprecher) war der Lebensraum Schule genau der Ort, an dem ich meine ersten Begriffe im Denken des Politischen entwarf.
Die Situation, wie ich sie erlebte, war die eines Einzelnen, der nicht bloß „von oben“ (Lehrern, Lehrerinnen, dem Schulsystem überhaupt …) reglementiert, sondern auch „von der Seite“ (also von den Mitschülern und Mitschülerinnen) diszipliniert werden soll. Sein zu sollen und handeln (denken, sprechen …) zu sollen wie alle anderen und zugleich mit ihnen ― und sei es nur auf abstraktem Feld ― konkurrieren zu sollen. Anpassung, Zugehörigkeit, Isolation, Autorität, Sanktionen; die Einsamkeit und Schwere des Widerspruchs, der Zwang zum Mitmachen, die Dummheit der Mächtigen …
Ich genoss es zu sehr, eine abweichende Meinung zu vertreten und gegen den Rest der Welt (der Klasse oder des Kurses) argumentativ zu verteidigen, zu sehr nämlich, um Demokrat zu sein. Mehrheiten ― so meine Erfahrung ― waren mächtig und träge und dumm und ängstlich und rückständig und lagen meist falsch. Dazu gehört für mich aber auch die Erfahrung, durch besonderes Geschick (Sprach- und Denkbegabung …) aufzufallen und durch eine gewisse Art von Witzigkeit und Unzugänglichkeit gerade noch eben ― trotz der Isolation ― recht beliebt zu sein. (Oder auch rundheraus gehasst zu werden.)
Diese wiedergefundene Notiz, in der ich als achtundzwanzigjähriger auf mich und meine jugendlichen Überlegungen zum Politischen zurückblickte, überrascht mich durch die Kontinuität der Themen und nicht zuletzt der Haltungen, die ich dazu schon damals einnahm. Die Zuückweisung der liberalistischen Doktrin, wonach die Freiheit des einen durch die Freiheit der anderen begrenzt werde, als einseitig (und ihre Ergänzung durch die wesentliche Einsicht, dass die Freiheit und also Handlungsfähigkeit des einen durch die anderen überhaupt erst ermöglicht werde); die Deutung der Demokratie als Herrschaft (der Mehrheit und der Vertreter); das Zusammenbringen und geradezu Gleichsetzen von Freiheit und Macht (frei ist, er machen kann, was er will); die Entdeckung mittelbarer Herrschaft durch soziale Normen und den sanften oder unsanften Druck des Umfeldes; die persönliche Möglichkeit, sich (zumindest rhetorisch) abzugrenzen und zur Wehr zu setzen und dadurch fast so etwas wie (zumindest intellektuelle) Souveränität zu erarbeiten; all das beschäftigte mich mit schon als Schüler, also vor weit über vierzig Jahren, und es beschäftigt mich heute noch. Wahrscheinlich sollte es mich bedenklich stimmen, dass ich im Laufe der Jahrzehnte zwar manche Formulierungen überarbeitete und neue Begriffe verwendete (und zuweilen wieder aufgab), dass ich aber meine Grundüberzeugungen niemals änderte: Herrschaft ist von Übel; die Masse ist dumm; die Mitmenschen sind ebenso meine Einschränkung wie vor allem meine Ermöglichung; Demokratie ist auch bloß Herrschaft (weshalb man über sie hinaus muss; man sollte versuchen, sich von den Vorurteilen der anderen frei zu machen (und so von den eigenen). Solches Festhalten an einmal Gedachtem mag manchen als Zurückbleiben und als Engstirnigkeit erscheinen. Andererseits ist diese meine (freilich durchaus bewegliche) Beständigkeit vielleicht auch etwas Gutes, denn ich bin geneigt, in ihr, wenn schon nicht einen Hinweis auf die Richtigkeit meiner Ansichten, so doch eine Bestätigung ihrer persönlichen Unvermeidbarkeit zu sehen: So dachte ich schon früher, weil ich es so wollte, und weil ich es immer noch will, denke ich immer noch so. (9. Juli 2025)
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