Mittwoch, 2. Juli 2025

En bisschen Rassismus zwischendurch

Unvorsichtiges Schalten durch die Tefaukanäle. Die Fernbedingung spinnt und erzwingt ein zu langes Verweilen. Da spricht ein Merz (und ich muss es hören): „Das eigentliche Problem ist, dass wir zum Teil aus diesen Kulturkreisen eine unglaubliche Respektlosigkeit haben gegenüber Frauen, gegenüber unserer Polizei, in der Art und Weise des Umgangs im Alltag, so, und das ist etwas, was ich nicht sehen möchte. Und ich tue alles, um das in Deutschland zu unterbinden.“
Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich. Was sind das für Kreise, aus denen da so unverschämte nach Deutschland getrudelt sind? Zuvor war von verurteilten Straftätern aus Syrien, der Türkei und Afghanistan die Rede. Diese Eingetrudelten sind also kulturell darauf geprägt, „unserer“ Polizei (nicht nicht die ihre ist!) ohne Respekt zu begegnen ― während jeder brave Deutsche angesichts einer Unform innerlich in Habtachtstellung geht? ―, Frauen zu missachten (was wohl voraussetzt, dass sie selbst keine sind), und ihre „Art und Weise des Umgangs im Alltag“ lässt auch zu wünschen übrig.
Wer auch nur wenig von syrischen, türkischen, afghanischen traditionellen Umgangsformen weiß, dem drehen sich da die Kulturkreisel vor Augen, denn gerade besagte kulturelle Kontexte sind bekannt für ihr hohes Maß an Höflichkeit und Rücksichtnahme, auch und gerade gegenüber Älteren, Schwächeren, Gästen.
Dass irgendwelche, mutmaßlich untervögelte männliche Jugendliche fremder Herkunft in einem hessischen Freibad irgendwelche (deutschblütigen?) jungen Mädchen, die mutmaßlich (weil hierorts kulturell vorgegeben) freizügig wie Bordsteinschwalben herumliefen, übel angegangen sind, ist gewiss höchst unerfreulich, hat aber weder etwas mit einem Aufenthaltsstatus noch mit syrischer, türkischer oder afghanischer Kultur zu tun, sondern mit divergierenden Konzepten von Nacktheit in der Öffentlichkeit und Spaß an der eigenen Geschlechterrolle.
Merz will unterbinden. Will Leute (wegen Fehlverhaltens in Freibädern?) aburteilen und abschieben lassen. „Ich weiß das nicht, ob es ein Abschiebeverbot nach Syrien gibt, der Bürgerkrieg dort ist beendet, man kann nach Syrien zurückkehren, das Land braucht dringend die das Land wieder aufbauen.“ Ja genau, Syrien braucht dringend in der BRD verurteilte Straftäter für den Wiederaufbau …
Und werden dann auch Bundesbürger deportiert, wenn sie nachweislich respektlos gegenüber Bullen, äh, Polizisten waren? Nein, wenn ein Deutscher einen deutschen Beamten beschimpft, ist er zwar vielleicht kriminell, aber die Sache ereignet im eigenen Kulturkreis und ist darum nur halb so schlimm.
Jedenfalls ist es erfreulich, dass der Kanzlerdarsteller Merz kein ökonomisches Problem mit Migration hat, sondern ein kulturelles. Dass er damit de realen soziale Probleme vollkommen ausblendet, ist weit weniger schön. Das macht seine Sichtweise doch etwas rassistisch. Die anderen Rassisten reden ja auch nicht mehr so viel von Blut und Boden, sondern von ethnischer Identität und kultureller Verschiedenheit. Da klinkt der um Volkstümlichkeit bemühte Merz sich ein: Wer mag schon diese Orientalen, die ihre Frauen verschleiern und den Wachtmeister nicht grüßen?
Zum Glück war nach dem Wechsel der Batterien in der Fernbedienung der Wechsel des Senders wieder möglich. Leider nicht, ohne noch die alte Hetzerin Maischberger (die gar zu gern Menschenrechte beschnitten sehen möchte) respektlos dazwischenquatschen zu hören, wenn ihr Kanzler spricht. Ihre stotternde Erwähnung des fragwürdigen Freibad-Vorfalls ― „Es gibt einen Fall, der gerade die Schlagzeilen bestimmt … offensichtlich … das ist in der Klärung“ ― ist wirklich manipulativer Pseudojournalismus vom Feinsten. (Wozu denn noch eine Unschuldvermutung, wenn man schon Menschenrechte überflüssig findet?) Der Kulturkreis, aus dem das kroch ist, ist mutmaßlich leider noch sehr fruchtbar.

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