A. meint, das Prinzip des Krieges sei es, keine Wahrheit mehr zu haben, sondern nur noch Nebel. Im Krieg sei alles Lüge, und jede Äußerung zum Krieg sei unwahr. ― Ich sehe darin eine recht komfortable Haltung: Alles ist Lüge, also muss ich mich nicht mehr bemühen, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden. Wenn aber jede Äußerung zum Krieg unwahr ist, dann auch die, dass jede Äußerung zum Krieg unwahr ist. Einmal mehr verheddert sich A. also in der Logik. Oder beansprucht eine Stellung „über den Dingen“, von wo er alles beurteilen kann („alles ist Lüge“) ohne selbst beurteilt werden zu können. Das wird nicht besser, wenn A. hinzusetzt, er meine trotzdem, dass dem Lügner, der für die angegriffene Seite spreche, mehr geglaubt werden solle als dem Angreifer, selbst dann, wenn beide lögen. Warum soll man Lügen glauben, noch dazu absichtlich und bewusst? Warum eine Parteinahme für eine Seite, wenn alles unwahr ist. Hier will sich jemand offensichtlich darum herumschwindeln, dass die bequeme Haltung, alle lögen, selbst unwahr ist, dass einander Lüge und Wahrheit, Unrecht und recht, Angriff und Verteidigung gegenüberstehen. Und das jeder Versuch eine Äquidistanz, unlogisch vernebelt durch doch ein bisschen Parteinahme für die Angegriffenen, unmoralisch ist.
B. teilt mit, dass es ja wohl nicht so sei, dass die 102 militärischen Spezialoperationen in der Geschichte der USA im Schnitt weniger verbrecherisch gewesen wären als die der Russen, es sei nur niemand da gewesen, der sie sanktioniert habe oder sanktionieren hätte wollen oder können. Das die Machtdifferenz, so B., die man mit dem kleinen Wörtchen Imperialismus bezeichne. ― Das ist blanker Unsinn. Mit „Imperialismus“ hat (außer B.) noch irgendjemand das Fehlen von Sanktionen gegen militärische Interventionen bezeichnet. Auch ist bei weitem nicht ausgemacht, dass die wie auch immer gezählten militärischen Interventionen der USA allesamt gleichermaßen verbrecherisch waren, falls überhaupt. Und selbst wenn, bliebe immer noch die Frage, warum B. das ausgerechnet jetzt erwähnt, da Russland einem verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Was für eine bizarre Schwundform von Whataboutismus soll das sein? Die Amis haben die Indianer ausgerottet. Ja, stimmt. Und was folgt daraus für den Krieg gegen die Ukraine? Das man Russland machen lassen soll? Die USA haben auch Nazideutschland bekriegt und die Möglichkeit geschaffen, dass zusammen mit ihnen Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion den Krieg gewannen. Die bösen, „plutokratischen“, kapitalistischen, imperialistischen, rassistischen USA haben Nazideutschland besiegt. War das irgendwie falsch? Hätten sie das nicht gedurft, weil sie doch nicht N. strengen antiimperialistischen Maßstäben genügten? Bevor Stalins Russland gegen Hitlers Deutschland kämpfte, kämpfte sie zwei Jahre lang Seite an Seite mit ihm (und überfiel Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland). Sprach das irgendwie dagegen, dass die USA Stalin dann halfen, seinen „Vaterländischen“ Krieg zu gewinnen? What about that?
C. übt sich in irren Verdrehungen. Unterstützung für die sich heldenhaft verteidigende Ukraine ist angeblich Militarismus, zusätzliche Rüstungsausgaben der NATO-Staaten angesichts eines gerade stattfindenden Angriffskrieges in Europa gelten ihm als gefährliche Hochrüstung und seiner Meinung nach will der Faschist Selenskyj den Westen in einen Atomkrieg hineinziehen, weil eine Menschenleben rettende Flugverbotszone fordert (auf die Russland natürlich mit dem Einsatz von Nuklearwaffen reagieren muss). ― Ach ja. Seit 77 Jahren drohen Kommunisten (und ihr Begleitgesindel) nun schon mit dem Dritten Weltkrieg, wenn es für eine ihrer Lieblingsdiktaturen eng wird. Viel Zutrauen zum militlitärisch-politischen Geschick ihre KGB-Kumpels Putin scheinen sie nicht zu haben, dass sie diesen Knüppel bereits jetzt hervorholen zu müssen glauben.
Er sage es nicht gern, sagt D., aber er müsse es einfach sagen: Er halte den „Wutausbruch“ als öffentliche Redeform für problematisch und auch für ziemlich unsympathisch. Wut breche von außen über den Wütenden herein: „Ich bin gar nicht der, der spricht. Es mich wütend gemacht. Es redet in meiner Wut. Ich bin nur das Medium. Es will gehört werden und keine Widerrede dulden.“ Aber gerade in Zeiten wie diesen solle jeder das, was er sage, auch verantworten können. Wut sei jedoch kein Argument. Der Wütende sei nicht moralischer, nichts besser als andere. Kurzum, Wutausbrüche seien nichts für die Öffentlichkeit. ― Ich bin in nahezu jedem Punkt anderer Meinung als D. Selbstverständlich ist Wut kein Argument, wer hätte das behauptet, aber Wut ist eine Kraft, die das Argumentieren vorantreiben kann. Schlechte Argumente werden nicht besser, wenn sie in aller Ruhe vorgegähnt werden, und gute Argumente werden auch nicht schlechter, wenn jemans sie mit Nachdruck und erkennbar persönlicher Anteilnahme darlegt. Mag sein, dass manche Wut blind macht, aber es gibt doch auch kalte Wut, Wut die abkühlt. Wenn mich etwas ärgert und ich es an- und ausspreche, um dem Ärger Luft zu machen, dann bin ich dabei ganz ruhig und sammle meine Kräfte, dann bin ich in der Äußerung (dem Herauslassen) der Wut schon von ihr befreit. Wut kommt nicht von außen, sondern entsteht im Inneren und drängt nach draußen. Wut will weg vom Wütenden. Wer seine Wut schluckt und schluckt, verdirbt daran. Wut muss also heraus. Gegebenenfalls auch öffentlich. Eine Öffentlichkeit ohne Leidenschaften wäre ja auch eine tote Öffentlichkeit. In der Wut geht es jemandem um etwas. Vor allem aber um jemanden. Denn es mag zwar sein, dass etwas jemanden wütend macht, aber gegen Sachen zu wütend, ist vergleichsweise sinnlos; sinnvolle Wut hingegen gilt letztlich immer einem Jemand, dem die Verursachung (oder Duldung) wütend machender Etwasse zuzuschreiben ist. Wut ist immer persönlich. Meine Wut, deine Wut, seine Wut. Da ist kein angebliches „Es“, das wütet. Im Akt der öffentlichen Rede schon gar nicht. Für den, der ein gutes Verhältnis zu seinem Unbewussten unterhält, sowieso nicht. Die besinnungslos rasende Wut, das Mänadentum, die Wut-Ekstase des Berserkers usw. sind extreme Sonderfälle, die das Verständnis des Wütendseins eher verstellen als erhellen. Wut ist, wie gesagt, Antrieb. Und als solcher, wenn der Trieb zum Guten geht, selbst etwas Gutes. Sie ist ein Gegenteil von Gleichgültigkeit. Wie etwa auch leidenschaftliche Liebe. Oft ist sie auch Anzeichen für das Gegenteil von Mittelmaß, Unterwürfigkeit und Konformismus. Es gibt böse Wut. Aber eben auch gute. Und es gibt unvermeidbare Wut: Wen das Unrecht in der Welt nicht mehr wütend macht, der kann sich gleich begraben lassen.
B. teilt mit, dass es ja wohl nicht so sei, dass die 102 militärischen Spezialoperationen in der Geschichte der USA im Schnitt weniger verbrecherisch gewesen wären als die der Russen, es sei nur niemand da gewesen, der sie sanktioniert habe oder sanktionieren hätte wollen oder können. Das die Machtdifferenz, so B., die man mit dem kleinen Wörtchen Imperialismus bezeichne. ― Das ist blanker Unsinn. Mit „Imperialismus“ hat (außer B.) noch irgendjemand das Fehlen von Sanktionen gegen militärische Interventionen bezeichnet. Auch ist bei weitem nicht ausgemacht, dass die wie auch immer gezählten militärischen Interventionen der USA allesamt gleichermaßen verbrecherisch waren, falls überhaupt. Und selbst wenn, bliebe immer noch die Frage, warum B. das ausgerechnet jetzt erwähnt, da Russland einem verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt. Was für eine bizarre Schwundform von Whataboutismus soll das sein? Die Amis haben die Indianer ausgerottet. Ja, stimmt. Und was folgt daraus für den Krieg gegen die Ukraine? Das man Russland machen lassen soll? Die USA haben auch Nazideutschland bekriegt und die Möglichkeit geschaffen, dass zusammen mit ihnen Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion den Krieg gewannen. Die bösen, „plutokratischen“, kapitalistischen, imperialistischen, rassistischen USA haben Nazideutschland besiegt. War das irgendwie falsch? Hätten sie das nicht gedurft, weil sie doch nicht N. strengen antiimperialistischen Maßstäben genügten? Bevor Stalins Russland gegen Hitlers Deutschland kämpfte, kämpfte sie zwei Jahre lang Seite an Seite mit ihm (und überfiel Polen, Litauen, Lettland, Estland und Finnland). Sprach das irgendwie dagegen, dass die USA Stalin dann halfen, seinen „Vaterländischen“ Krieg zu gewinnen? What about that?
C. übt sich in irren Verdrehungen. Unterstützung für die sich heldenhaft verteidigende Ukraine ist angeblich Militarismus, zusätzliche Rüstungsausgaben der NATO-Staaten angesichts eines gerade stattfindenden Angriffskrieges in Europa gelten ihm als gefährliche Hochrüstung und seiner Meinung nach will der Faschist Selenskyj den Westen in einen Atomkrieg hineinziehen, weil eine Menschenleben rettende Flugverbotszone fordert (auf die Russland natürlich mit dem Einsatz von Nuklearwaffen reagieren muss). ― Ach ja. Seit 77 Jahren drohen Kommunisten (und ihr Begleitgesindel) nun schon mit dem Dritten Weltkrieg, wenn es für eine ihrer Lieblingsdiktaturen eng wird. Viel Zutrauen zum militlitärisch-politischen Geschick ihre KGB-Kumpels Putin scheinen sie nicht zu haben, dass sie diesen Knüppel bereits jetzt hervorholen zu müssen glauben.
Er sage es nicht gern, sagt D., aber er müsse es einfach sagen: Er halte den „Wutausbruch“ als öffentliche Redeform für problematisch und auch für ziemlich unsympathisch. Wut breche von außen über den Wütenden herein: „Ich bin gar nicht der, der spricht. Es mich wütend gemacht. Es redet in meiner Wut. Ich bin nur das Medium. Es will gehört werden und keine Widerrede dulden.“ Aber gerade in Zeiten wie diesen solle jeder das, was er sage, auch verantworten können. Wut sei jedoch kein Argument. Der Wütende sei nicht moralischer, nichts besser als andere. Kurzum, Wutausbrüche seien nichts für die Öffentlichkeit. ― Ich bin in nahezu jedem Punkt anderer Meinung als D. Selbstverständlich ist Wut kein Argument, wer hätte das behauptet, aber Wut ist eine Kraft, die das Argumentieren vorantreiben kann. Schlechte Argumente werden nicht besser, wenn sie in aller Ruhe vorgegähnt werden, und gute Argumente werden auch nicht schlechter, wenn jemans sie mit Nachdruck und erkennbar persönlicher Anteilnahme darlegt. Mag sein, dass manche Wut blind macht, aber es gibt doch auch kalte Wut, Wut die abkühlt. Wenn mich etwas ärgert und ich es an- und ausspreche, um dem Ärger Luft zu machen, dann bin ich dabei ganz ruhig und sammle meine Kräfte, dann bin ich in der Äußerung (dem Herauslassen) der Wut schon von ihr befreit. Wut kommt nicht von außen, sondern entsteht im Inneren und drängt nach draußen. Wut will weg vom Wütenden. Wer seine Wut schluckt und schluckt, verdirbt daran. Wut muss also heraus. Gegebenenfalls auch öffentlich. Eine Öffentlichkeit ohne Leidenschaften wäre ja auch eine tote Öffentlichkeit. In der Wut geht es jemandem um etwas. Vor allem aber um jemanden. Denn es mag zwar sein, dass etwas jemanden wütend macht, aber gegen Sachen zu wütend, ist vergleichsweise sinnlos; sinnvolle Wut hingegen gilt letztlich immer einem Jemand, dem die Verursachung (oder Duldung) wütend machender Etwasse zuzuschreiben ist. Wut ist immer persönlich. Meine Wut, deine Wut, seine Wut. Da ist kein angebliches „Es“, das wütet. Im Akt der öffentlichen Rede schon gar nicht. Für den, der ein gutes Verhältnis zu seinem Unbewussten unterhält, sowieso nicht. Die besinnungslos rasende Wut, das Mänadentum, die Wut-Ekstase des Berserkers usw. sind extreme Sonderfälle, die das Verständnis des Wütendseins eher verstellen als erhellen. Wut ist, wie gesagt, Antrieb. Und als solcher, wenn der Trieb zum Guten geht, selbst etwas Gutes. Sie ist ein Gegenteil von Gleichgültigkeit. Wie etwa auch leidenschaftliche Liebe. Oft ist sie auch Anzeichen für das Gegenteil von Mittelmaß, Unterwürfigkeit und Konformismus. Es gibt böse Wut. Aber eben auch gute. Und es gibt unvermeidbare Wut: Wen das Unrecht in der Welt nicht mehr wütend macht, der kann sich gleich begraben lassen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen