Lassen wir für einen Augenblick die Frage beiseite, ob diese oder jene Behauptungen war oder falsch sind, und wenden uns, nüchtern und möglichst unvoreingenommen, wie es vielleicht Soziologen oder Politologen zukäme (oder gesellschaftskritischen Philosophen und Kulturwissenschaftlern) der Frage zu, wer wann wo was behauptet, welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen Interessen mit den Behauptungen verbunden sind, welches mögliche Herrschaftsinteresse also, und welche gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen, kulturellen Effekte die Behauptungen haben könnten und haben. Eine solche Betrachtungsweise, die nicht den „Inhalt“ von Behauptungen, sondern deren Entstehungsbedingungen und Wirkungen und die mit ihnen verbundenen Absichten untersucht, war bis 2019 in akademischen Kreisen üblich, ja sozusagen das tägliche Brot. Ab 2020 kam sie schlagartig aus der Mode. Oder wurde zumindest nicht mehr kritisch angewandt („Wer herrscht damit?“), sondern affirmativ („Wer widerspricht der Regierung und ist darum ein Schwurbler und Nazi?“).
Richtet man also einen nüchternen und möglichst unvoreingenommenen, gleichwohl gesellschaftskritischen Blick auf das, was man mit einer vielleicht etwas groben, aber doch allgemein verständlichen und nicht unzutreffenden Chiffre als das „Corono-Narrativ“ bezeichnet hat, so stellt man fest, dass es sich bei dessen Bestandteilen durchwegs um hegemoniale Äußerungen handelt. Anders gesagt, sie stammen allesamt von regierenden Politikern, von etablierten Wissenschaftlern (die ihr Geld in Einrichtungen verdienen sind, die zum Teil Behörden sind), von Vertretern einflussreicher Wirtschaftsunternehmen und Verbände, von immer nah am Offiziellen agierenden Medien. Sie stammen nicht vom Rand der Gesellschaft, nicht „von unten“, nicht von unabhängigen Fachleuten oder von kritischen Zeitgenossen.
Die ein mehr oder minder geschlossenes Narrativ bildenden Behauptungen ― kurz gesagt: ein neuartiges, sehr gefährliches Virus bedroht die ganze Bevölkerung und das Funktionieren des öffentlichen Gesundheitswesen, weshalb zahlreiche nicht-medizinische Maßnahmen ergriffen werden müssen, einschließlich massiver Eingriffe in Grundrechte sowie die rettende medizinische Maßnahme: das Impfen ― passen im Großen und Ganzen sehr gut zu den, was die hegemonialen Institutionen und ihre Vertreter schon zuvor geäußert hatten und was somit ihre diskursive Hegemonie ausmachte. Das bedeutet, dass die bisherige Kritik am hegemonialen Diskurs als Beitrag zur real existierenden Ausbeutungs-, Zerstörungs- und Verdblödungsgesellschaft auch hier zutreffen wird. Das Narrativ ist wie schon bisherige diskursive Formationen sehr gut dazu geeignet, Profite zu steigern, wirtschaftliche Konzentrationsprozesse zu forcieren, Steuergelder in die Privatwirtschaft umzulenken, die Vermögen weniger auf Kosten aller anderen zu mehren, staatliche Eingriffe in die kollektive und individuelle Lebensführung zu legitimieren, auch unter Ausschaltung verfassungsmäßiger Abwehrrechte und Widerspruchsmöglichkeiten, und insgesamt die staatliche und privatwirtschaftliche Überwachung und Kontrolle von allen und jedem auszubauen.
Zwar dominiert im Narrativ der Gesichtspunkt „Gesundheit“ (als Staatsziel und individuelle Verpflichtung), die Verbindung von „Biopolitik“ (Foucault) und „Kontrollgesellschaften“ (Deleuze) zu einem kybernetisch-transhumanen „Überwachungskapitalismus“ (Zuboff) war längst im Gange. Auch Wissenschaftsgläubigkeit und die Stilisierung von Problemen zu (nur) durch entschiedenes staatliches Handeln beeinflussbaren Überlebensfragen ist nichts Neues.
Dem hegemonialen Narrativ gegenüber muss nun jede Abweichung zweifelnder, widersprechender, ablehnender Art als Irrwitz erscheinen, als absurde Verschwörungstheorie, als Esoterik, als rechte bis rechtsextreme Propaganda. Das ist ja die Funktion eines solchen Narrativs: Staatliches Handeln zu legitimieren und jede Kritik daran abzuwerten und letztlich auszuschließen. Heerscharen von „Faktencheckern“ sind seit Beginn der Ausrufung der „Krise“ damit befasst, mit allerhand rhetorischen Tricks und Kniffen jeden Abweichler mundtot oder zumindest unmöglich zu machen.
Wie gesagt: Es muss hier gar nicht darum gehen, wer Recht hat: die Coronagläubigen oder die Ketzer. Aber es muss klar bedacht und klar gesagt sein, wem die Aufwertung des Staates und seiner willigen „Experten“ und Multiplikatoren zu Wahrheitsinstanzen und die Herunterstufung jeglicher nicht-affirmativen Auseinandersetzung zu „Schwurbelei“ nützt: Sicher nicht denen, die an einer einer Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse interessiert sind.
Vor 2020 waren das nicht zuletzt gewisse Intellektuelle. Was ist aus ihnen geworden? Sie scheinen, bis auf wenige, sehr wenige, geradezu handverlesene Ausnahmen ― Giorgio Agamben sei hier erwähnt ―, mit fliegenden Fahnen ins Regierungslager und damit das Lager des von ihnen zuvor in Grund und Boden kritisierten Kapitalismus übergelaufen zu sein. Während die einen dabei nur ihre brave Zustimmung signalisieren, haben sich andere völlig fanatisiert und ein totalitäres Gesundheitsregime („Wir impfen euch alle!“, ZeroCovid usw.) zum Inbegriff neuer, wie so oft schon strikt diktatorisch konzipierter Linksradikalität erhoben. Wer es wagt, von Freiheit und Selbstbestimmung zu sprechen, ist ohne jeden Zweifel ein Nazi, der ausgemerzt gehört.
Diese Verschmelzung von Postmarxismus und Biopolitik (man könnte von „Biobolschewismus“ sprechen) mag neu erscheinen, liegt allerdings auf der ganz Linie der traditionellen Ausrottungs- und Umzüchtungsphantasien („Neuer Mensch“) der autoritären und technikgläubigen Kollektivisten. Einmal mehr verhindert so marxistisch inspirierte Affirmation der Macht echte linke Gesellschaftskritik.
Es kann nun freilich durchaus Berechtigung haben, gegen „rechts“ zu sein. Aber welchen Sinn hat die Unterscheidung von „links“ und „rechts“, wenn beides im Zweifelsfall in Sachen Autoritarismus und Totalitarismus doch wieder übereinkommt? Wenn „links“ nicht für mehr Freiheit, für Menschenwürde und für ein möglichst herrschaftsfreies, gedeihliches Miteinander von Gleichberechtigten steht, wofür dann? Ist „links“ eine reine Selbstabgrenzungsvokabel, mit der man sich versichert, auf der richtigen, der antifaschistischen Seite zu stehen? Schämt euch, mit solchen Leuten zu demonstrieren, hieß es in Richtung von Antimaßnahmen-Demonstranten oft, weil bei den Demos auch „Rechte“ mitmarschierten. Aber seit wann sind den Gates, Bezos, Zuckerberg, Musk & Co. links? Oder Merkel und Kurz, Spahn und Lauterbach und wie sie alle heißen? Wo bleibt die „linke“ Scham darüber, im Zuge der kritiklosen Akzeptierung des Corona-Narrativs die Geschäfte der Pharmaindustrie und anderer multinationaler Konzerne zu betreiben?
Die „biobolschewistischen“ Fanatiker mögen eine winzige Minderheit sein und die halbwegs moderaten Durchschnittslinken mögen keine relevante gesamtgesellschaftliche Rolle spielen, sie verdichten in all ihrer abgestuften Bizarrität allerdings durchaus konsensfähige Tendenzen der Mehrheitsgesellschaft. Deren konsumistische Individualisierungswünsche sich in Krisenzeiten offensichtlich rasch von plötzlich überflüssig, hinderlich und gefährlich wirkenden Freiheitsrechten abkoppeln lassen. Demokratie und Rechtsstaat, sonst als hohe Werte gepriesen, werden völlig nachrangig, wenn es um die geforderte Vermeidung von möglichem Leid und möglichem Tod geht; dem eigenen Leid und eigenen Tod, versteht sich. Kollektiv ins Bockshorn gejagt, erschöpft sich die sozialutopische Kapazität der Leute ― für gewöhnlich ohnehin schon wenig ausgeprägt (und technizistisch-szientistisch verformt: die werden schon was erfinden) ― auf die Hoffnung, alles möge doch bitte bald wieder „normal“ werden. Als ob nicht bereits die Normalität „ante coronam“ durch und durch kritikwürdig gewesen wäre. Es ist bereits vieles, was früher vielleicht undenkbar schien, heutzutage ganz normal. Der „Ausnahmezustand“, die „Krise“, die „außerordentlichen Maßnahmen“ sind die längst herrschende Normalität. Gewöhnt euch dran! Oder eben nicht, aber dann müsst ihr mit der Hegemonie brechen. Fangt gleich mit dem Corona-Narrativ an.
Richtet man also einen nüchternen und möglichst unvoreingenommenen, gleichwohl gesellschaftskritischen Blick auf das, was man mit einer vielleicht etwas groben, aber doch allgemein verständlichen und nicht unzutreffenden Chiffre als das „Corono-Narrativ“ bezeichnet hat, so stellt man fest, dass es sich bei dessen Bestandteilen durchwegs um hegemoniale Äußerungen handelt. Anders gesagt, sie stammen allesamt von regierenden Politikern, von etablierten Wissenschaftlern (die ihr Geld in Einrichtungen verdienen sind, die zum Teil Behörden sind), von Vertretern einflussreicher Wirtschaftsunternehmen und Verbände, von immer nah am Offiziellen agierenden Medien. Sie stammen nicht vom Rand der Gesellschaft, nicht „von unten“, nicht von unabhängigen Fachleuten oder von kritischen Zeitgenossen.
Die ein mehr oder minder geschlossenes Narrativ bildenden Behauptungen ― kurz gesagt: ein neuartiges, sehr gefährliches Virus bedroht die ganze Bevölkerung und das Funktionieren des öffentlichen Gesundheitswesen, weshalb zahlreiche nicht-medizinische Maßnahmen ergriffen werden müssen, einschließlich massiver Eingriffe in Grundrechte sowie die rettende medizinische Maßnahme: das Impfen ― passen im Großen und Ganzen sehr gut zu den, was die hegemonialen Institutionen und ihre Vertreter schon zuvor geäußert hatten und was somit ihre diskursive Hegemonie ausmachte. Das bedeutet, dass die bisherige Kritik am hegemonialen Diskurs als Beitrag zur real existierenden Ausbeutungs-, Zerstörungs- und Verdblödungsgesellschaft auch hier zutreffen wird. Das Narrativ ist wie schon bisherige diskursive Formationen sehr gut dazu geeignet, Profite zu steigern, wirtschaftliche Konzentrationsprozesse zu forcieren, Steuergelder in die Privatwirtschaft umzulenken, die Vermögen weniger auf Kosten aller anderen zu mehren, staatliche Eingriffe in die kollektive und individuelle Lebensführung zu legitimieren, auch unter Ausschaltung verfassungsmäßiger Abwehrrechte und Widerspruchsmöglichkeiten, und insgesamt die staatliche und privatwirtschaftliche Überwachung und Kontrolle von allen und jedem auszubauen.
Zwar dominiert im Narrativ der Gesichtspunkt „Gesundheit“ (als Staatsziel und individuelle Verpflichtung), die Verbindung von „Biopolitik“ (Foucault) und „Kontrollgesellschaften“ (Deleuze) zu einem kybernetisch-transhumanen „Überwachungskapitalismus“ (Zuboff) war längst im Gange. Auch Wissenschaftsgläubigkeit und die Stilisierung von Problemen zu (nur) durch entschiedenes staatliches Handeln beeinflussbaren Überlebensfragen ist nichts Neues.
Dem hegemonialen Narrativ gegenüber muss nun jede Abweichung zweifelnder, widersprechender, ablehnender Art als Irrwitz erscheinen, als absurde Verschwörungstheorie, als Esoterik, als rechte bis rechtsextreme Propaganda. Das ist ja die Funktion eines solchen Narrativs: Staatliches Handeln zu legitimieren und jede Kritik daran abzuwerten und letztlich auszuschließen. Heerscharen von „Faktencheckern“ sind seit Beginn der Ausrufung der „Krise“ damit befasst, mit allerhand rhetorischen Tricks und Kniffen jeden Abweichler mundtot oder zumindest unmöglich zu machen.
Wie gesagt: Es muss hier gar nicht darum gehen, wer Recht hat: die Coronagläubigen oder die Ketzer. Aber es muss klar bedacht und klar gesagt sein, wem die Aufwertung des Staates und seiner willigen „Experten“ und Multiplikatoren zu Wahrheitsinstanzen und die Herunterstufung jeglicher nicht-affirmativen Auseinandersetzung zu „Schwurbelei“ nützt: Sicher nicht denen, die an einer einer Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse interessiert sind.
Vor 2020 waren das nicht zuletzt gewisse Intellektuelle. Was ist aus ihnen geworden? Sie scheinen, bis auf wenige, sehr wenige, geradezu handverlesene Ausnahmen ― Giorgio Agamben sei hier erwähnt ―, mit fliegenden Fahnen ins Regierungslager und damit das Lager des von ihnen zuvor in Grund und Boden kritisierten Kapitalismus übergelaufen zu sein. Während die einen dabei nur ihre brave Zustimmung signalisieren, haben sich andere völlig fanatisiert und ein totalitäres Gesundheitsregime („Wir impfen euch alle!“, ZeroCovid usw.) zum Inbegriff neuer, wie so oft schon strikt diktatorisch konzipierter Linksradikalität erhoben. Wer es wagt, von Freiheit und Selbstbestimmung zu sprechen, ist ohne jeden Zweifel ein Nazi, der ausgemerzt gehört.
Diese Verschmelzung von Postmarxismus und Biopolitik (man könnte von „Biobolschewismus“ sprechen) mag neu erscheinen, liegt allerdings auf der ganz Linie der traditionellen Ausrottungs- und Umzüchtungsphantasien („Neuer Mensch“) der autoritären und technikgläubigen Kollektivisten. Einmal mehr verhindert so marxistisch inspirierte Affirmation der Macht echte linke Gesellschaftskritik.
Es kann nun freilich durchaus Berechtigung haben, gegen „rechts“ zu sein. Aber welchen Sinn hat die Unterscheidung von „links“ und „rechts“, wenn beides im Zweifelsfall in Sachen Autoritarismus und Totalitarismus doch wieder übereinkommt? Wenn „links“ nicht für mehr Freiheit, für Menschenwürde und für ein möglichst herrschaftsfreies, gedeihliches Miteinander von Gleichberechtigten steht, wofür dann? Ist „links“ eine reine Selbstabgrenzungsvokabel, mit der man sich versichert, auf der richtigen, der antifaschistischen Seite zu stehen? Schämt euch, mit solchen Leuten zu demonstrieren, hieß es in Richtung von Antimaßnahmen-Demonstranten oft, weil bei den Demos auch „Rechte“ mitmarschierten. Aber seit wann sind den Gates, Bezos, Zuckerberg, Musk & Co. links? Oder Merkel und Kurz, Spahn und Lauterbach und wie sie alle heißen? Wo bleibt die „linke“ Scham darüber, im Zuge der kritiklosen Akzeptierung des Corona-Narrativs die Geschäfte der Pharmaindustrie und anderer multinationaler Konzerne zu betreiben?
Die „biobolschewistischen“ Fanatiker mögen eine winzige Minderheit sein und die halbwegs moderaten Durchschnittslinken mögen keine relevante gesamtgesellschaftliche Rolle spielen, sie verdichten in all ihrer abgestuften Bizarrität allerdings durchaus konsensfähige Tendenzen der Mehrheitsgesellschaft. Deren konsumistische Individualisierungswünsche sich in Krisenzeiten offensichtlich rasch von plötzlich überflüssig, hinderlich und gefährlich wirkenden Freiheitsrechten abkoppeln lassen. Demokratie und Rechtsstaat, sonst als hohe Werte gepriesen, werden völlig nachrangig, wenn es um die geforderte Vermeidung von möglichem Leid und möglichem Tod geht; dem eigenen Leid und eigenen Tod, versteht sich. Kollektiv ins Bockshorn gejagt, erschöpft sich die sozialutopische Kapazität der Leute ― für gewöhnlich ohnehin schon wenig ausgeprägt (und technizistisch-szientistisch verformt: die werden schon was erfinden) ― auf die Hoffnung, alles möge doch bitte bald wieder „normal“ werden. Als ob nicht bereits die Normalität „ante coronam“ durch und durch kritikwürdig gewesen wäre. Es ist bereits vieles, was früher vielleicht undenkbar schien, heutzutage ganz normal. Der „Ausnahmezustand“, die „Krise“, die „außerordentlichen Maßnahmen“ sind die längst herrschende Normalität. Gewöhnt euch dran! Oder eben nicht, aber dann müsst ihr mit der Hegemonie brechen. Fangt gleich mit dem Corona-Narrativ an.
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