Donnerstag, 31. März 2022

Balken und Splitter (70)

„Wenn jetzt der Weizen knapp wird, vielleicht lernt Deutschland dann endlich glutenfrei?“ Das fällt einem Dummschwätzer zur wirtschaftlichen Schädigung der Ukraine ein. Mehr nicht. Doch von der ethischen Bedenkenlosigkeit und vom schlechten Deutsch abgesehen: Warum soll Deutschland oder sonstwer denn eigentlich überhaupt lernen, der Lebensmittelindustrie ihre „glutenfreien“ Produkte abzukaufen? Gluten (bitte korrekt auf der ersten Silbe betonen, ihr Teutonen!) ist nichts Schlechtes. Der Anteil der Menschen, die an Zöliakie leiden, liegt bei nullkommairgendwas Promill der Bevölkerung. Die kommen, wenn sie um ihre Krankheit wissen, ganz gut damit zu Recht. Die Zahl derer, die es einfach chic finden, glutenfrei, laktosefrei oder free-from-irgendwas zu ernähren, weil man das eben derzeit so macht, wenn man up to date (sagt man noch so?) sein will, ist freilich zigfach höher. Es ist einfach ein gutes Geschäft: Die Industrie verlangt höhere Preise, weil sie in ihrem Zeug etwas weglässt, was jahrtausendelang niemanden gestört hat. Und wer Wert darauf legt, „glutenfrei gelernt“ zu haben, ist in schönster Übereinstimmung mit der Dummheit des Zeitgeistes. So gewinnen alle. Nur nicht die Vernunft.

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