Man täuscht sich, wenn man meint, ich erklärte alles Böses in der Welt mit dem Kapitalismus. Vielmehr erkläre ich den Kapitalismus mit dem Bösen in der Welt.
Sonntag, 31. März 2019
Meine Feuerbach-These
Ich glaube nicht mehr daran, dass es Ludwig Feuerbach gibt oder je gegeben hat. Früher, als ich unter seinem Namen herausgeben Schriften las, nahm ich wie selbstverständlich an, dass eine Person dieses Namens auch wirklich existiert haben müsse. Heute bin ich jedoch überzeugt, dass das bloß ein kindlicher Aberglaube war, an dem man als erwachsener, zum Vernunftgebrauch gelangter Mensch nicht festhalten sollte. Meine These: Feuerbach haben sich seine Leser bloß ausgedacht. Es gibt einfach keinen Beweis für Feuerbachs Existenz. Wie denn auch? Jeder kann jedes Buch unter jedem Namen veröffentlichen, das besagt gar nichts. Analysiert man hingegen sorgfältig, worauf die angeblich von „Feuerbach“ verfassten (oder zumindest „inspirierten“) Schriften tatsächlich hinauslaufen, so erkennt man zweifellos rasch: Feuerbach ist nur eine Erfindung der Menschen. Weil sie eines Tages ihren Gottesglauben lästig fanden und ihre Ressentiments besser mit ihren Lebensgewohnheiten in Einklang bringen wollten, projizierten die Menschen ihre Vorurteile und Albernheiten zwischen zwei Buchdeckel. Sie stellten sich einen Verfasser vor, der noch dümmer und voreingenommener, noch unverschämter und treuloser wäre als sie selbst und bewunderten in ihrer Erfindung, eben diesem sogenannten Feuerbach, ihre Aufgeklärtheit und Angepasstheit an die kapitalistischen Anforderungen des Tages. Nicht mehr an Gott glauben und seine Gebote nicht mehr beachten (oder auch nur kennen) zu müssen, erleichterte sie ungemein und ließ sie sehr bald alles verachten, was ihre Freiheit, einander Böses anzutun, einschränken hätte können. Der Materialismus, als Metaphysik absurd, als Ethik unanständig, war ihre neue Religion und Feuerbach deren imaginärer Prophet. Wer aber heute kritisch und auf der Höhe der Zeit denkt, kann nicht mehr Materialist sein. Er wird den Popanz „Feuerbach“ als überflüssig und hinderlich abtun für jede Beschäftigung mit der Wirklichkeit — zu der nun einmal auch das Dasein Gottes gehört — und sich sagen: Die Philosophen haben Feuerbach nur verschieden interpretiert, es kommt aber darauf an, ihn zu verwerfen, sich der Wirklichkeit zu stellen und darum an Gott zu glauben.
* * *
A: Aber Feuerbach hat doch gelebt!
B: Woher wissen Sie das? Kannten Sie ihn?
A: Nein, aber andere, seine Zeitgenossen, kannten ihn doch und schrieben über ihn.
B: Kannten Sie diese Zeitgenossen? Haben Sie deren Schriften geprüft und mit unabhängigen Dokumente verglichen? Haben sie solche Dokumente oder andere Beweisstücke denn überhaupt zu Gesicht bekommen?
A: Nein, aber ich verlasse mich auf das Zeugnis anderer. Warum sollten sie lügen? Dass Feuerbach eine bloße Erfindung ist, macht doch einfach keinen Sinn. Ich kann das nicht glauben.
B: Quod erat demonstrandum.
Donnerstag, 28. März 2019
Simple Antworten auf simplifizierte Fragen
Ich bin ja ein schlichtes Gemüt, darum muss ich mir die Dinge, gerade auch die komplizierten, in sehr einfachen Worten ausbuchstabieren, um überhaupt irgendetwas zu verstehen. Was nun Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und dergleichen betrifft, so stellt es sich mir zunächst so dar: Es soll recht und billig zugehen. Gerecht heiß: Jedem nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Möglichkeiten. Billigkeit bedeutet, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Übrigens ist Gerechtigkeit ohne Freiheit nicht zu haben, weil Unfreiheit immer Unrecht erzeugt und Benachteiligte nie so frei sind wie nicht Benachteiligte. Krieg, Not und Elend bedingen Unrecht und Unfreiheit. Ein allgemeines politisches Programm (Politik: die auszuhandelnden Regeln des Zusammenlebens und deren Anwendung betreffend) könnte also lauten: Gerechtigkeit, Freiheit, Wohlstand und Frieden für alle und jeden, ohne Diskriminierung, also unabhängig von der Zuschreibung bestimmter Merkmale (Herkunft, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Alter usw. usf.), sofern diese Merkmale keine Unterscheidung in der Sache erfordern (Männer tragen keine Kinder aus, also benötigen sie keinen Schwangerschaftsurlaub). Bestehende Diskriminierungen abzuschaffen, wäre der emanzipatorische Anspruch. Strategisch gesehen kann es dabei helfen, die Zuschreibung von Merkmalen affirmativ aufzugreifen, und „Identitäten“ zu formulieren, um den konkreten Ausschluss und die konkrete Benachteiligung der Identifizierten zu überwinden („Black Lives Matter“) und nicht abstrakt-allgemein zu bleiben.
So weit, so simpel. Was nun das Wirtschaften betrifft, so meine ich: Niemand (außer Robinson auf der Insel) wirtschaftet für sich allein. Selbst auf Konkurrenz gegründete Systeme setzen Mitwirkende voraus, nämlich nicht nur Konkurrenten, sondern auch und vor allem den umfassenden Bereich der Kooperation, an dem die Konkurrenzwirtschaft parasitiert (also Familie, Freundschaft, Staat usw.). Jedenfalls wird das, was man das gesellschaftlich Erwirtschaftete nennen könnte (Gesamtheit der Güter und Dienstleistungen), gemeinsam erwirtschaftet, wenn auch zugegebenermaßen mit unterschiedlich wirkungsvollen Beiträgen.
Setzt man nun, um Gerechtigkeit walten zu lassen, erst bei der Umverteilung des schon verteilten Erwirtschafteten an, greift man zu kurz, weil die zu Grunde liegenden Eigentumsverhältnisse über die Verteilung bereits entschieden und Unrecht erzeugt haben. Dass das Eigentum an den Produktionsmitteln ungleich verteilt ist, führt (neben Krankheit, Alter, Unfällen usw., die aber jeden betreffen oder betreffen können) dazu, dass nicht jeder seinen ihm möglichen Beitrag leisten kann und nicht seinen angemessenen Anteil erhält, was dann erst Umverteilung nötig oder zumindest wünschenswert macht
Würden hingegen die Produktionsmittel (dort wo es sinnvoll ist) als Gemeineigentum behandelt (also nicht der Schraubenzieher des Einzelnen verstaatlicht, wohl aber die Fabrik mit ihrem Maschinenpark vergenossenschaftlicht), würde damit dem entsprochen, dass Wirtschaften immer kooperativ ist. Das Privateigentum stünde der Gerechtigkeit nicht im Wege: mein Begriff von Sozialismus. Vom gemeinsam (gesellschaftlich) Erwirtschafteten wäre dann das, was für gemeinsame Erfordernisse aller und zur Bedürfnisbefriedigung jedes Einzelnen (billigerweise) nötig ist, zuzuteilen und erst der Rest dann nach den jeweiligen Beiträgen zur Wirtschaftsleistung aufzuteilen. (Das alles ist nicht nur simpel, sondern auch recht abstrakt und allgemein gesagt, und vor allem der Weg dorthin wird hier nicht erörtert. Alles zu seiner Zeit.)
Nun sagen manche: Es reicht nicht für alle. Darum müssen einige ausgeschlossen werden oder bleiben. Tatsache ist aber, dass die Armut der einen zum Reichtum der anderen beiträgt. Und dass die Kosten, ein ungerechtes System aufrecht zu erhalten, vom allgemeinen Wohlstand abgehen. Unter der Voraussetzung von Gerechtigkeit und Freiheit gilt: Es ist genug für alle da, wenn vernünftig gewirtschaftet wird, also kooperativ, kreativ, recht und billig. (Was nicht heißt, dass beliebig viele Menschen die natürlichen Ressourcen nützen können, aber das ist ein anderes Thema.)
Schlimm ist es, wenn im Grunde gemeint wird: Es soll gar nicht für alle reichen! Es soll Herren und Knechte geben, lebensentscheidende Konkurrenz und grundsätzliches Unrecht. Derlei ist unethisch und dumm und muss politisch bekämpft werden.
Manche sagen: Identitätspolitik steht dem eigentlichen Thema, der sozialen Frage, im Wege. Als ob die Identifizierung einer Arbeiterklasse oder des Proletariats je etwas anderes als Identitätspolitik gewesen wäre! Tatsächlich ist nicht-strategisches Identifizieren, das also nicht auf Überwindung der (politischen Wirksamkeit von) Identitäten hinaus will, sondern Identitäten zu in jeder Hinsicht quasi natürlichen Entitäten verfestigt, die dann noch dazu mit anderen konkurrieren, immer reaktionär (wenn das das Gegenwort zu „emanzipatorisch“ ist; zu „emanzipatorisch“ siehe oben).
Seltsamerweise wird von den Gegnern von Identitätspolitik diese fast immer als essenzialitische, nicht strategisch-ironische begriffen, zugleich aber mit Symbolpolitik gleichgesetzt und abgewertet („politische Korrektheit“). Als ob Symbolisches keine Wirkungen hätte! Wie in einer Gesellschaft mit der Verschiedenheit von Menschen (in Gedanken, Worten und Taten) umgegangen wird und, daraus folgend, was als Teilnahmebedingung und was als Ausschlusskriterium gilt, ist die soziale Frage.
Fazit: Bei emanzipatorischer Politik geht es nicht erst um Verteilungsfragen („Es soll für alle reichen“), sondern sehr viel grundsätzlicher um Fragen des gesellschaftlich geregelten Zugangs bestehenden und erst zu schaffenden Möglichkeiten der Mitwirkung und Selbstgestaltung, um die An- und Anerkennung von Rechten und Pflichten und die nicht bloß formalen, sondern realen Bedingungen dafür, Rechte auszuüben und Pflichten wahrzunehmen, kurz: um Teilhabe.
So also denke ich mir das. Aber ich bin ja, wie gesagt, ein eher schlichtes Gemüt.
So weit, so simpel. Was nun das Wirtschaften betrifft, so meine ich: Niemand (außer Robinson auf der Insel) wirtschaftet für sich allein. Selbst auf Konkurrenz gegründete Systeme setzen Mitwirkende voraus, nämlich nicht nur Konkurrenten, sondern auch und vor allem den umfassenden Bereich der Kooperation, an dem die Konkurrenzwirtschaft parasitiert (also Familie, Freundschaft, Staat usw.). Jedenfalls wird das, was man das gesellschaftlich Erwirtschaftete nennen könnte (Gesamtheit der Güter und Dienstleistungen), gemeinsam erwirtschaftet, wenn auch zugegebenermaßen mit unterschiedlich wirkungsvollen Beiträgen.
Setzt man nun, um Gerechtigkeit walten zu lassen, erst bei der Umverteilung des schon verteilten Erwirtschafteten an, greift man zu kurz, weil die zu Grunde liegenden Eigentumsverhältnisse über die Verteilung bereits entschieden und Unrecht erzeugt haben. Dass das Eigentum an den Produktionsmitteln ungleich verteilt ist, führt (neben Krankheit, Alter, Unfällen usw., die aber jeden betreffen oder betreffen können) dazu, dass nicht jeder seinen ihm möglichen Beitrag leisten kann und nicht seinen angemessenen Anteil erhält, was dann erst Umverteilung nötig oder zumindest wünschenswert macht
Würden hingegen die Produktionsmittel (dort wo es sinnvoll ist) als Gemeineigentum behandelt (also nicht der Schraubenzieher des Einzelnen verstaatlicht, wohl aber die Fabrik mit ihrem Maschinenpark vergenossenschaftlicht), würde damit dem entsprochen, dass Wirtschaften immer kooperativ ist. Das Privateigentum stünde der Gerechtigkeit nicht im Wege: mein Begriff von Sozialismus. Vom gemeinsam (gesellschaftlich) Erwirtschafteten wäre dann das, was für gemeinsame Erfordernisse aller und zur Bedürfnisbefriedigung jedes Einzelnen (billigerweise) nötig ist, zuzuteilen und erst der Rest dann nach den jeweiligen Beiträgen zur Wirtschaftsleistung aufzuteilen. (Das alles ist nicht nur simpel, sondern auch recht abstrakt und allgemein gesagt, und vor allem der Weg dorthin wird hier nicht erörtert. Alles zu seiner Zeit.)
Nun sagen manche: Es reicht nicht für alle. Darum müssen einige ausgeschlossen werden oder bleiben. Tatsache ist aber, dass die Armut der einen zum Reichtum der anderen beiträgt. Und dass die Kosten, ein ungerechtes System aufrecht zu erhalten, vom allgemeinen Wohlstand abgehen. Unter der Voraussetzung von Gerechtigkeit und Freiheit gilt: Es ist genug für alle da, wenn vernünftig gewirtschaftet wird, also kooperativ, kreativ, recht und billig. (Was nicht heißt, dass beliebig viele Menschen die natürlichen Ressourcen nützen können, aber das ist ein anderes Thema.)
Schlimm ist es, wenn im Grunde gemeint wird: Es soll gar nicht für alle reichen! Es soll Herren und Knechte geben, lebensentscheidende Konkurrenz und grundsätzliches Unrecht. Derlei ist unethisch und dumm und muss politisch bekämpft werden.
Manche sagen: Identitätspolitik steht dem eigentlichen Thema, der sozialen Frage, im Wege. Als ob die Identifizierung einer Arbeiterklasse oder des Proletariats je etwas anderes als Identitätspolitik gewesen wäre! Tatsächlich ist nicht-strategisches Identifizieren, das also nicht auf Überwindung der (politischen Wirksamkeit von) Identitäten hinaus will, sondern Identitäten zu in jeder Hinsicht quasi natürlichen Entitäten verfestigt, die dann noch dazu mit anderen konkurrieren, immer reaktionär (wenn das das Gegenwort zu „emanzipatorisch“ ist; zu „emanzipatorisch“ siehe oben).
Seltsamerweise wird von den Gegnern von Identitätspolitik diese fast immer als essenzialitische, nicht strategisch-ironische begriffen, zugleich aber mit Symbolpolitik gleichgesetzt und abgewertet („politische Korrektheit“). Als ob Symbolisches keine Wirkungen hätte! Wie in einer Gesellschaft mit der Verschiedenheit von Menschen (in Gedanken, Worten und Taten) umgegangen wird und, daraus folgend, was als Teilnahmebedingung und was als Ausschlusskriterium gilt, ist die soziale Frage.
Fazit: Bei emanzipatorischer Politik geht es nicht erst um Verteilungsfragen („Es soll für alle reichen“), sondern sehr viel grundsätzlicher um Fragen des gesellschaftlich geregelten Zugangs bestehenden und erst zu schaffenden Möglichkeiten der Mitwirkung und Selbstgestaltung, um die An- und Anerkennung von Rechten und Pflichten und die nicht bloß formalen, sondern realen Bedingungen dafür, Rechte auszuüben und Pflichten wahrzunehmen, kurz: um Teilhabe.
So also denke ich mir das. Aber ich bin ja, wie gesagt, ein eher schlichtes Gemüt.
Sonntag, 24. März 2019
Der mystische Leib und sein Ballast
Die Kirche, also die Gesamtheit der Kirchenmitglieder, gilt (seit Paulus und Augustinus bis Pius XII. und dem Zweiten Vatikanischen Konzil) als der mystische Leib Christi. Wenn dem so ist, so muss man leider sagen, dass sich dieser Leib in keinem guten Zustand befindet. Er ist zwar nach außen hin umfangreicher denn je, hat aber in seinem Inneren viel zu viele Hohlräume, die mit nichts gefüllt sind als allenfalls heißer Luft. Er ist sozusagen ein Koloss aus Seifenblasen.
Was dabei, diesseits der Metaphern, das Problem ist, ist allgemein bekannt. Die Menschen wenden sich, wiewohl getauft, von der Kirche ab, teils treten sie (zivilrechtlich) aus, teils besuchen sie keine Gottesdienste mehr, empfangen keine Sakramente mehr und leben nicht mehr gemäß den Regeln, auf die sie nach offizieller Sicht der Kirche verpflichtet sind. Viele brauchen die Kirche, wenn überhaupt, nur für Hochzeit und Begräbnis, sie lassen zwar ihre Kinder taufen, aber erziehen sie nicht zu guten Katholiken, weil sie selbst keine sein wollen.
Launig spricht man von „Karteileichen“, also von Menschen, die zwar offiziell der katholischen Kirche angehören, aber am kirchlichen Leben nicht teilnehmen. Deren Zahl übersteigt in Europa die der aktiven Gläubigen bei weitem. Und das auch in den angeblich „katholischen Ländern“. Nur noch etwa zehn Prozent der Katholiken Deutschlands (und Österreichs) gehen regelmäßig zur Sonntagsmesse. In Spanien sind es etwa zwölf, in Irland, Italien, Portugal etwa 19 und in Polen knapp 38 Prozent. Und das, obwohl jeder Katholik, jede Katholikin verpflichtet ist, jeden Sonntag die heilige Messe zu besuchen!
Was aber tut die Kirche, um die Erfüllung dieser Pflicht durchzusetzen? Nichts. Es handelt sich um Vergehen ohne jegliche Sanktion. Wenn die Kirche aber schon nicht bereit ist, so einfache und für jeden leicht zu befolgende Vorschriften durchzusetzen wie die fünf Kirchengebote (jeden Sonntag Teilnahme an der Messe; an Fasttagen fasten und an Aschermittwoch und Karfreitag kein Fleisch essen; einmal im Jahr beichten; einmal im Jahr den eucharistischen Leib Christi empfange; die Kirche materiell unterstützen), wie soll sie dann auf der Einhaltung der göttlichen Gebote bestehen: nicht lügen, nicht stehlen, nicht morden, nicht ehebrechen usw. Wer sich im Kleinen als untreu erweist, ist es auch im Großen.
Genau das ist es, was am aktuellen Zustand der Kirche nicht stimmt. Nicht die „Kirchenaustritte“, nicht die „Karteileichen“, nicht der angeblich Priestermangel und schon gar nicht die „Missbrauchsskandale“ sind das entscheidende Problem der katholischen Kirche, sondern der erschreckende Umstand, dass sie sich selbst nicht ernst nimmt.
Glaubten die, die in der Kirche etwas zu sagen haben, wirklich an das, was sie verkündigen, würden sie nicht rasten und nicht ruhen, bis alle, die der Kirche angehören, gemäß der Verkündigung zu leben versuchten — oder die Gemeinschaft, die sie innerlich schon verlassen haben, auch äußerlich verlassen. Die Kirchenführung auf allen Ebenen und die Masse der wirklich Gläubigen könnte sich, nähmen sie sich und ihre Verpflichtung auf Christus ernst, nicht damit abfinden, dass es Menschen gibt, die zwar als Katholiken gezählt werden, aber schlechterdings keine sind. Nicht, dass die Kirche nur aus Heilgen bestehen muss, wir sind alle Sünder und Verstöße gegen Gebote wird es immer geben, aber anzuerkennen, dass die Gebote überhaupt gelten und dass man nach Heiligkeit streben sollte, wie unmöglich zu erreichen sie auch scheinen mag, das ist das Mindeste, was man verlangen darf. Genauer: verlangen muss.
Christus hat nicht gesagt: Überlegt euch bitte, ob ihr nicht vielleicht dies oder das tun wollt, wenn nicht, ist es natürlich auch okay, es handelt sich ja eher um Vorschläge, ihr könnt da ganz nach eurem Gewissen, euren Gewohnheiten oder Launen entscheiden. Sondern er sagte: Kehrt um! Tut Gottes Willen oder schmort auf ewig in der Hölle!
Die Nachfolger der Nachfolger Christi, die bischöflichen und priesterlichen Kleriker, aber auch die Laientheologen lassen in den allermeisten Fällen von dieser Klarheit und Schärfe nichts erkennen. Sie führen zwar mehr oder minder erbauliche Reden, aber wer soll davon auch nur ein Wort glauben, wenn dem keine Taten folgen? Es geht selbstverständlich nicht darum, dauernd mit der ewigen Verdammnis zu drohen, aber sehr wohl darum, im Denken, Sagen und sonstigen Handeln Recht und Unrecht zu unterscheiden und gegen das Unrecht mit gemeinschaftstiftenden Taten und nicht bloß mit unverbindlichen Worten vorzugehen.
Das Evangelium, das Christus verkündet und seinen Jüngern zur Verkündigung aufgetragen hat, ist radikal. Eine Kirche, die sich auf dieses Evangelium legitimerweise berufen will, muss darum auch radikal sein, nicht wischiwaschi, nicht angepasst, liberal, moderat, nachsichtig, wegschauend. Die Barmherzigkeit gilt dem Sünder, der Reue zeigt, nicht dem, der auf sein Leben abseits von Gott und Kirche auch noch stolz ist und mit seinen Verstößen gegen Gebote auch noch prahlt!
Fazit: Solange die Kirche sich nicht selbst ernst nimmt und endlich wieder Theorie und Praxis, Recht und Lebenswirklichkeit in Übereinstimmung bringt oder immerhin ehrlich zu bringen versucht, werden auch die meisten Menschen, innerhalb wie außerhalb ihrer Gemeinschaft, sie nicht ernst nehmen.
Es ist allerdings klar, warum die Kirche den toten Ballast, der ihren Leib beschwert und nahezu bewegungsunfähig macht, also die „Karteileichen“, nicht loszuwerden wagt. Aus seelsorgerischen Gründen und aus materiellen. Getauft sind die ungläubigen, aber nicht praktizierenden Katholiken ja, sie sündigen halt, was soll man da machen? Man soll das machen, was die Kirche von alters her gerade aus Sorge ums Seelenheil der Betroffenen getan hat: Den Sündern Kirchenstrafen auferlegen und sie ausschließen, bis diese verbüßt sind. Also keine Hochzeiten, Kindertaufen, Begräbnisse usw. für Menschen, die nicht regelmäßig die Messe besucht haben. Wer ostentativ nichts mit der Kirche zu tun haben will, dem muss die Kirche auch das dekorative Brimborium verweigern.
Würden nur noch die als Katholiken gezählt, die sich (sündig oder nicht) aktiv am kirchlichen Leben beteiligen, wäre allerdings die Katholikenzahl, vor allem in Europa, sehr viel geringer. Offensichtlich befürchtet die Kirchenführung, dann vom Staat weniger beachtet und unterstützt zu werden. Dort, wo zwangsweise „Kirchensteuern“ (Deutschland) oder „Kirchenbeiträge“ (Österreich) erhoben werden, geht’s auch ums Geld.
Tatsächlich könnte eine gesund geschrumpfte, nur noch aus Überzeugten und Teilnehmenden bestehende Kirche mühelos mit dem auskommen, was ihre Mitglieder ihr freiwillig überlassen. Vielleicht müssten allerdings einige betriebskostenintensive Gebäude aufgegeben werden. (In manchen Ländern sind die Kirchengebäude ohnehin schon verstaatlicht.) Na und? Es bedarf doch keiner prunkvollen Kathedrale, um Gott zu rühmen und zu loben; schon gar nicht, wenn sie längst mehr touristische als liturgische Besucher hat. Gott will, dass wir seinen Willen tun. Gold und Marmor sind ihm egal, die sind nur für die Menschen da, die sie zur größeren Ehre Gottes darbringen. Wenn deren Zahl aber zu gering ist, um Edelmetall und feine Mineralien finanzierbar machen, dann genügen notfalls auch Sack und Asche. Gott sieht ins Herz, nicht auf die Krawatte.
Was dabei, diesseits der Metaphern, das Problem ist, ist allgemein bekannt. Die Menschen wenden sich, wiewohl getauft, von der Kirche ab, teils treten sie (zivilrechtlich) aus, teils besuchen sie keine Gottesdienste mehr, empfangen keine Sakramente mehr und leben nicht mehr gemäß den Regeln, auf die sie nach offizieller Sicht der Kirche verpflichtet sind. Viele brauchen die Kirche, wenn überhaupt, nur für Hochzeit und Begräbnis, sie lassen zwar ihre Kinder taufen, aber erziehen sie nicht zu guten Katholiken, weil sie selbst keine sein wollen.
Launig spricht man von „Karteileichen“, also von Menschen, die zwar offiziell der katholischen Kirche angehören, aber am kirchlichen Leben nicht teilnehmen. Deren Zahl übersteigt in Europa die der aktiven Gläubigen bei weitem. Und das auch in den angeblich „katholischen Ländern“. Nur noch etwa zehn Prozent der Katholiken Deutschlands (und Österreichs) gehen regelmäßig zur Sonntagsmesse. In Spanien sind es etwa zwölf, in Irland, Italien, Portugal etwa 19 und in Polen knapp 38 Prozent. Und das, obwohl jeder Katholik, jede Katholikin verpflichtet ist, jeden Sonntag die heilige Messe zu besuchen!
Was aber tut die Kirche, um die Erfüllung dieser Pflicht durchzusetzen? Nichts. Es handelt sich um Vergehen ohne jegliche Sanktion. Wenn die Kirche aber schon nicht bereit ist, so einfache und für jeden leicht zu befolgende Vorschriften durchzusetzen wie die fünf Kirchengebote (jeden Sonntag Teilnahme an der Messe; an Fasttagen fasten und an Aschermittwoch und Karfreitag kein Fleisch essen; einmal im Jahr beichten; einmal im Jahr den eucharistischen Leib Christi empfange; die Kirche materiell unterstützen), wie soll sie dann auf der Einhaltung der göttlichen Gebote bestehen: nicht lügen, nicht stehlen, nicht morden, nicht ehebrechen usw. Wer sich im Kleinen als untreu erweist, ist es auch im Großen.
Genau das ist es, was am aktuellen Zustand der Kirche nicht stimmt. Nicht die „Kirchenaustritte“, nicht die „Karteileichen“, nicht der angeblich Priestermangel und schon gar nicht die „Missbrauchsskandale“ sind das entscheidende Problem der katholischen Kirche, sondern der erschreckende Umstand, dass sie sich selbst nicht ernst nimmt.
Glaubten die, die in der Kirche etwas zu sagen haben, wirklich an das, was sie verkündigen, würden sie nicht rasten und nicht ruhen, bis alle, die der Kirche angehören, gemäß der Verkündigung zu leben versuchten — oder die Gemeinschaft, die sie innerlich schon verlassen haben, auch äußerlich verlassen. Die Kirchenführung auf allen Ebenen und die Masse der wirklich Gläubigen könnte sich, nähmen sie sich und ihre Verpflichtung auf Christus ernst, nicht damit abfinden, dass es Menschen gibt, die zwar als Katholiken gezählt werden, aber schlechterdings keine sind. Nicht, dass die Kirche nur aus Heilgen bestehen muss, wir sind alle Sünder und Verstöße gegen Gebote wird es immer geben, aber anzuerkennen, dass die Gebote überhaupt gelten und dass man nach Heiligkeit streben sollte, wie unmöglich zu erreichen sie auch scheinen mag, das ist das Mindeste, was man verlangen darf. Genauer: verlangen muss.
Christus hat nicht gesagt: Überlegt euch bitte, ob ihr nicht vielleicht dies oder das tun wollt, wenn nicht, ist es natürlich auch okay, es handelt sich ja eher um Vorschläge, ihr könnt da ganz nach eurem Gewissen, euren Gewohnheiten oder Launen entscheiden. Sondern er sagte: Kehrt um! Tut Gottes Willen oder schmort auf ewig in der Hölle!
Die Nachfolger der Nachfolger Christi, die bischöflichen und priesterlichen Kleriker, aber auch die Laientheologen lassen in den allermeisten Fällen von dieser Klarheit und Schärfe nichts erkennen. Sie führen zwar mehr oder minder erbauliche Reden, aber wer soll davon auch nur ein Wort glauben, wenn dem keine Taten folgen? Es geht selbstverständlich nicht darum, dauernd mit der ewigen Verdammnis zu drohen, aber sehr wohl darum, im Denken, Sagen und sonstigen Handeln Recht und Unrecht zu unterscheiden und gegen das Unrecht mit gemeinschaftstiftenden Taten und nicht bloß mit unverbindlichen Worten vorzugehen.
Das Evangelium, das Christus verkündet und seinen Jüngern zur Verkündigung aufgetragen hat, ist radikal. Eine Kirche, die sich auf dieses Evangelium legitimerweise berufen will, muss darum auch radikal sein, nicht wischiwaschi, nicht angepasst, liberal, moderat, nachsichtig, wegschauend. Die Barmherzigkeit gilt dem Sünder, der Reue zeigt, nicht dem, der auf sein Leben abseits von Gott und Kirche auch noch stolz ist und mit seinen Verstößen gegen Gebote auch noch prahlt!
Fazit: Solange die Kirche sich nicht selbst ernst nimmt und endlich wieder Theorie und Praxis, Recht und Lebenswirklichkeit in Übereinstimmung bringt oder immerhin ehrlich zu bringen versucht, werden auch die meisten Menschen, innerhalb wie außerhalb ihrer Gemeinschaft, sie nicht ernst nehmen.
Es ist allerdings klar, warum die Kirche den toten Ballast, der ihren Leib beschwert und nahezu bewegungsunfähig macht, also die „Karteileichen“, nicht loszuwerden wagt. Aus seelsorgerischen Gründen und aus materiellen. Getauft sind die ungläubigen, aber nicht praktizierenden Katholiken ja, sie sündigen halt, was soll man da machen? Man soll das machen, was die Kirche von alters her gerade aus Sorge ums Seelenheil der Betroffenen getan hat: Den Sündern Kirchenstrafen auferlegen und sie ausschließen, bis diese verbüßt sind. Also keine Hochzeiten, Kindertaufen, Begräbnisse usw. für Menschen, die nicht regelmäßig die Messe besucht haben. Wer ostentativ nichts mit der Kirche zu tun haben will, dem muss die Kirche auch das dekorative Brimborium verweigern.
Würden nur noch die als Katholiken gezählt, die sich (sündig oder nicht) aktiv am kirchlichen Leben beteiligen, wäre allerdings die Katholikenzahl, vor allem in Europa, sehr viel geringer. Offensichtlich befürchtet die Kirchenführung, dann vom Staat weniger beachtet und unterstützt zu werden. Dort, wo zwangsweise „Kirchensteuern“ (Deutschland) oder „Kirchenbeiträge“ (Österreich) erhoben werden, geht’s auch ums Geld.
Tatsächlich könnte eine gesund geschrumpfte, nur noch aus Überzeugten und Teilnehmenden bestehende Kirche mühelos mit dem auskommen, was ihre Mitglieder ihr freiwillig überlassen. Vielleicht müssten allerdings einige betriebskostenintensive Gebäude aufgegeben werden. (In manchen Ländern sind die Kirchengebäude ohnehin schon verstaatlicht.) Na und? Es bedarf doch keiner prunkvollen Kathedrale, um Gott zu rühmen und zu loben; schon gar nicht, wenn sie längst mehr touristische als liturgische Besucher hat. Gott will, dass wir seinen Willen tun. Gold und Marmor sind ihm egal, die sind nur für die Menschen da, die sie zur größeren Ehre Gottes darbringen. Wenn deren Zahl aber zu gering ist, um Edelmetall und feine Mineralien finanzierbar machen, dann genügen notfalls auch Sack und Asche. Gott sieht ins Herz, nicht auf die Krawatte.
Sonntag, 17. März 2019
Kirche und „Reformen“
Wer der römisch-katholischen Kirche von Grund auf schaden will, pflege ich zu sagen, wird ihr die folgenden „Reformen“ vorschlagen: Abschaffung des verpflichten Zölibats der Weltpriester, Zulassung von Frauen zur Priesterweihe, mehr Macht und Einfluss von Laien, insbesondere von Frauen, Abschaffung oder Umdeutung des Ehesakraments, um Scheidung, Wiederverheiratung und vielleicht sogar die Homo-Ehe zu ermöglichen, Umbau der Moraltheologie, vor allem in Fragen der Sexualität (Zulassung von außerehelichem Koitus, Verhütung, Abtreibung), und überhaupt eine grundsätzliche Orientierung am jeweiligen Zeitgeist. Warum ich sicher bin, dass das der Kirche schaden würde? Der Vergleich macht mich sicher.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung in etwa gleich groß wie der der Protestanten. (Früher gab es weniger Katholiken als Protestanten, 2017 waren es 23,3 Mio. römische Katholiken und 21,5 Mio. Mitglieder von Teilorganisationen der sogenannten EKD und etwa eine halbe Million weitere Protestanten.) Katholische und „Evangelische“ leben also, wenn auch zum Teil regional verschieden verteilt, in ungefähr gleich Zahl unter denselben oder doch sehr ähnlichen Bedingungen. Die Wirkungen des Tuns und Lassens der einen kann also, eine religionssoziologisch einzigartige Situation, sehr gut mit den Wirkungen des Tuns und Lassens der anderen unmittelbar verglichen werden.
Nun haben die Protestanten, jedenfalls die der EKD, all das, was man als „Reformen“ für die katholische Kirche fordert: Keinen Zölibat, Pastorinnen, Mitsprache, ja synodales Übergewicht der Laien, Ehescheidung, moralischen Laxismus und das freudige Hängen der Meinungsfähnchen in den Wind des Zeitgeistes. Trotzdem werden die Protestanten immer weniger, ja es treten sogar mehr Menschen aus den EKD-„Kirchen“ aus (absolut und prozentual) als aus der katholischen, sogar dann, wenn man mal wieder ein „Missbrauchsskandal“ in den Medien lanciert wird.
Was man also der katholischen Kirche wieder und wieder und wieder als „Reformen“ andient, ist also offensichtlich nicht nur kein Erfolgsrezept, sondern im Gegenteil eine Garantie für Mitgliederschwund und gesellschaftliche Einflusslosigkeit.
Selbstverständlich wird diese offen zu Tage liegende Tatsache von den „reformwilligen“ Katholiken und Nichtkatholiken (über die katholische Kirche hat gern jeder eine Meinung) strikt ignoriert. Genauso, wie sie ignorieren, dass einige der angeblichen Probleme nur dort existieren, wo auch die angeblichen Lösungen herkommen: Europa und Nordamerika. Nur dort nämlich gibt es merkbaren Mitgliederschwund und Priestermangel. Weltweit wächst die katholische Kirche und auch die Zahl ihrer Priester. Was nicht heißt, dass es „genug“ Priester gibt, was immer das zu heißen hätte.
Tatsächlich ist es sehr die Frage, ob es auch nur in Europa, etwa in Deutschland, überhaupt wirklich einen „Priestermangel“ gibt. Ja, es stimmt, die absolute Zahl der Priester ist im und seit dem 20. Jahrhundert zurückgegangen. Zugleich aber ist auch die absolute Zahl der Katholiken zurück gegangen (1990 waren es 28,3 Mio., 1950 allerdings auch bloß 23,3). Vor allem aber ist die Zahl der Kirchgänger und der sich sonstwie am kirchlichen Leben Beteiligenden massiv zurückgegangen, wodurch — entgegen dem Bild, dass die öffentlichen Meinung vermittelt — das Verhältnis von Seelsorgern und (aktiven) Gläubigen zahlenmäßig sogar besser ist denn je!
Offensichtlich sind also nicht der Zölibat oder die Beschränkung des Priesteramtes auf Männer oder irgendwelche moraltheologischen Dogmen die Ursachen von Missständen. Den Pflichtzölibat gab es seit dem elften Jahrhundert, warum sollte er erst im 20. zu einem Mangel geführt haben? Frauen wurden von Anfang an nicht zu Priester geweiht und die Moraltheologie blieb über Jahrhunderte dieselbe (was nicht heißt, das jeder sich daran hielt …). Warum soll das plötzlich im 20. Jahrhundert zu Priestermangel und Mitgliederschwund geführt haben? Ist es nicht umgekehrt so, dass alles um die Kirche herum sich veränderte, nämlich immer kirchen- und religionsfeindlicher wurde? Das außerkirchliche Umfeld begünstigt weder die Wahl des zölibatären Priesterstandes noch die Einhaltung der kirchlichen Regeln durch die Masse der Gläubigen. Dass in einer Moderne, die den Menschen erklärt, dass Religion Privatsache oder Mumpitz sei, immer weniger Berufungen zum Priesteramt gehört und gelebt werden und überhaupt immer weniger Menschen wissen und fühlen, dass sie Gottes und der Kirche bedürfen, kann nicht verwundern.
Dass die Kirche der Moderne und ihrer mal aggressiven, mal indifferenten Religionsfeindlichkeit nichts als zunächst hilflose Abwehr und dann verfehlte und halbherzige Anpassung entgegenzusetzen hatte und hat, ist ihr eigentliches Problem. Denn mit all dem hier gegen bloß vermeintliche Probleme Vorgebrachten soll selbstverständlich nicht gesagt werden, die katholische Kirche habe keine echten Sorgen und Nöte und keine Missstände, die behoben werden sollten. Nur müssen die Lösungen ohne jeden Zweifel ganz andere sein als die oben aufgezählten kirchenhasserischen „Reformen“.
Zur Lage des Christentums in Deutschland, wenn dieses hier schon als Beispiel dient, gehört übrigens auch, dass „evangelikale“ (also protestantisch-fundamentalistische) und pfingstlerische Sekten boomen. Das gilt übrigens auch für Lateinamerika und Afrika. Je theologisch und politisch konservativer, je bibelfanatischer, je einpeitschender (nämlich sanges- und tanzlustiger), desto beliebter. Zwar haben manche dieser Sekten auch weibliche Predigerinnen, aber ansonsten ist ihr Weltbild im Vergleich zu dem der Katholiken absolut rückschrittlich und menschenfeindlich. Immer mehr Menschen wenden sich dem zu.
Auf der anderen Seite begann der Verfall der katholischen Kirche (Abnahme des gesellschaftlichen Einflusses, Schwund der Kirchgänger, Kirchenaustritte) gerade zu der Zeit, als diese sich rechtlich, theologisch und liturgisch in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils ruckartig „reformierte“. Gottesdienste in der Landessprache und Änderung der Zelebrationsrichtung „hin zum Volk“ zum Beispiel fanden für immer weniger und weniger Teilnehmer an den Sonntagsgottesdiensten statt. Ich sage nicht: Das eine ist die Ursache, das andere ist die Wirkung. Ich halte nur fest: Das real existierende aggiornamento, also die faktische oder immerhin versuchte Modernisierung in Form und Inhalt, hat, jedenfalls in den reichen Industriegesellschaften, die katholische Kirche nicht gestärkt, sondern geschwächt. Den einen ging sie nicht weit genug, den anderen zu weit, den dritten war und ist sie egal (weil ihnen die Kirche als solche nichts bedeutet).
Es ist hier nicht der Ort, um aus dem Erstarken gewisser protestantischer Sekten und der Schwäche der katholischen Kirche im Zuge ihres selbstverschuldeten Modernisierungsversuchs weitreichende Schlüsse zu ziehen. Aber man sollte die tatsächlichen, nicht die bloß eingebildeten Gegebenheiten bedenken. Und auf jeden Fall gilt: Den Katholizismus in einen laschen Protestantismus à la EKD zu verwandeln, ist keine Lösung, sonder verurteilte die Kirche endgültig zu einer Zombie-Existenz — innerlich und äußerlich tot, aber immer noch auf Erden wandelnd.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung in etwa gleich groß wie der der Protestanten. (Früher gab es weniger Katholiken als Protestanten, 2017 waren es 23,3 Mio. römische Katholiken und 21,5 Mio. Mitglieder von Teilorganisationen der sogenannten EKD und etwa eine halbe Million weitere Protestanten.) Katholische und „Evangelische“ leben also, wenn auch zum Teil regional verschieden verteilt, in ungefähr gleich Zahl unter denselben oder doch sehr ähnlichen Bedingungen. Die Wirkungen des Tuns und Lassens der einen kann also, eine religionssoziologisch einzigartige Situation, sehr gut mit den Wirkungen des Tuns und Lassens der anderen unmittelbar verglichen werden.
Nun haben die Protestanten, jedenfalls die der EKD, all das, was man als „Reformen“ für die katholische Kirche fordert: Keinen Zölibat, Pastorinnen, Mitsprache, ja synodales Übergewicht der Laien, Ehescheidung, moralischen Laxismus und das freudige Hängen der Meinungsfähnchen in den Wind des Zeitgeistes. Trotzdem werden die Protestanten immer weniger, ja es treten sogar mehr Menschen aus den EKD-„Kirchen“ aus (absolut und prozentual) als aus der katholischen, sogar dann, wenn man mal wieder ein „Missbrauchsskandal“ in den Medien lanciert wird.
Was man also der katholischen Kirche wieder und wieder und wieder als „Reformen“ andient, ist also offensichtlich nicht nur kein Erfolgsrezept, sondern im Gegenteil eine Garantie für Mitgliederschwund und gesellschaftliche Einflusslosigkeit.
Selbstverständlich wird diese offen zu Tage liegende Tatsache von den „reformwilligen“ Katholiken und Nichtkatholiken (über die katholische Kirche hat gern jeder eine Meinung) strikt ignoriert. Genauso, wie sie ignorieren, dass einige der angeblichen Probleme nur dort existieren, wo auch die angeblichen Lösungen herkommen: Europa und Nordamerika. Nur dort nämlich gibt es merkbaren Mitgliederschwund und Priestermangel. Weltweit wächst die katholische Kirche und auch die Zahl ihrer Priester. Was nicht heißt, dass es „genug“ Priester gibt, was immer das zu heißen hätte.
Tatsächlich ist es sehr die Frage, ob es auch nur in Europa, etwa in Deutschland, überhaupt wirklich einen „Priestermangel“ gibt. Ja, es stimmt, die absolute Zahl der Priester ist im und seit dem 20. Jahrhundert zurückgegangen. Zugleich aber ist auch die absolute Zahl der Katholiken zurück gegangen (1990 waren es 28,3 Mio., 1950 allerdings auch bloß 23,3). Vor allem aber ist die Zahl der Kirchgänger und der sich sonstwie am kirchlichen Leben Beteiligenden massiv zurückgegangen, wodurch — entgegen dem Bild, dass die öffentlichen Meinung vermittelt — das Verhältnis von Seelsorgern und (aktiven) Gläubigen zahlenmäßig sogar besser ist denn je!
Offensichtlich sind also nicht der Zölibat oder die Beschränkung des Priesteramtes auf Männer oder irgendwelche moraltheologischen Dogmen die Ursachen von Missständen. Den Pflichtzölibat gab es seit dem elften Jahrhundert, warum sollte er erst im 20. zu einem Mangel geführt haben? Frauen wurden von Anfang an nicht zu Priester geweiht und die Moraltheologie blieb über Jahrhunderte dieselbe (was nicht heißt, das jeder sich daran hielt …). Warum soll das plötzlich im 20. Jahrhundert zu Priestermangel und Mitgliederschwund geführt haben? Ist es nicht umgekehrt so, dass alles um die Kirche herum sich veränderte, nämlich immer kirchen- und religionsfeindlicher wurde? Das außerkirchliche Umfeld begünstigt weder die Wahl des zölibatären Priesterstandes noch die Einhaltung der kirchlichen Regeln durch die Masse der Gläubigen. Dass in einer Moderne, die den Menschen erklärt, dass Religion Privatsache oder Mumpitz sei, immer weniger Berufungen zum Priesteramt gehört und gelebt werden und überhaupt immer weniger Menschen wissen und fühlen, dass sie Gottes und der Kirche bedürfen, kann nicht verwundern.
Dass die Kirche der Moderne und ihrer mal aggressiven, mal indifferenten Religionsfeindlichkeit nichts als zunächst hilflose Abwehr und dann verfehlte und halbherzige Anpassung entgegenzusetzen hatte und hat, ist ihr eigentliches Problem. Denn mit all dem hier gegen bloß vermeintliche Probleme Vorgebrachten soll selbstverständlich nicht gesagt werden, die katholische Kirche habe keine echten Sorgen und Nöte und keine Missstände, die behoben werden sollten. Nur müssen die Lösungen ohne jeden Zweifel ganz andere sein als die oben aufgezählten kirchenhasserischen „Reformen“.
Zur Lage des Christentums in Deutschland, wenn dieses hier schon als Beispiel dient, gehört übrigens auch, dass „evangelikale“ (also protestantisch-fundamentalistische) und pfingstlerische Sekten boomen. Das gilt übrigens auch für Lateinamerika und Afrika. Je theologisch und politisch konservativer, je bibelfanatischer, je einpeitschender (nämlich sanges- und tanzlustiger), desto beliebter. Zwar haben manche dieser Sekten auch weibliche Predigerinnen, aber ansonsten ist ihr Weltbild im Vergleich zu dem der Katholiken absolut rückschrittlich und menschenfeindlich. Immer mehr Menschen wenden sich dem zu.
Auf der anderen Seite begann der Verfall der katholischen Kirche (Abnahme des gesellschaftlichen Einflusses, Schwund der Kirchgänger, Kirchenaustritte) gerade zu der Zeit, als diese sich rechtlich, theologisch und liturgisch in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils ruckartig „reformierte“. Gottesdienste in der Landessprache und Änderung der Zelebrationsrichtung „hin zum Volk“ zum Beispiel fanden für immer weniger und weniger Teilnehmer an den Sonntagsgottesdiensten statt. Ich sage nicht: Das eine ist die Ursache, das andere ist die Wirkung. Ich halte nur fest: Das real existierende aggiornamento, also die faktische oder immerhin versuchte Modernisierung in Form und Inhalt, hat, jedenfalls in den reichen Industriegesellschaften, die katholische Kirche nicht gestärkt, sondern geschwächt. Den einen ging sie nicht weit genug, den anderen zu weit, den dritten war und ist sie egal (weil ihnen die Kirche als solche nichts bedeutet).
Es ist hier nicht der Ort, um aus dem Erstarken gewisser protestantischer Sekten und der Schwäche der katholischen Kirche im Zuge ihres selbstverschuldeten Modernisierungsversuchs weitreichende Schlüsse zu ziehen. Aber man sollte die tatsächlichen, nicht die bloß eingebildeten Gegebenheiten bedenken. Und auf jeden Fall gilt: Den Katholizismus in einen laschen Protestantismus à la EKD zu verwandeln, ist keine Lösung, sonder verurteilte die Kirche endgültig zu einer Zombie-Existenz — innerlich und äußerlich tot, aber immer noch auf Erden wandelnd.
Sonntag, 10. März 2019
Gottes Plan?
Ich mag die Rede von „Gottes Plan“ nicht. Menschen machen Pläne. Sie nehmen sich etwas vor, legen sich in Gedanken etwas zurecht, bemühen sich um die Mittel, warten auf die Gelegenheit und versuchen dann, umzusetzen, was sie sich vorgenommen haben. Pläne von Menschen können scheitern oder gelingen. Gotte Tun und Lassen aber ist anders. Gott plant nicht. Gott ist ewig und unveränderlich. Sein Handeln ist nicht der Zeit unterworfen. Er nimmt sich nicht zu einem Zeitpunkt X etwas vor, das er zum Zeitpunkt Y dann umsetzt (oder auch nicht). Was Gott will, will er „vor aller Zeit“ und also „immer schon“. Was er tut, tut er „vor aller Zeit“ und also „immer schon“. Gott ist vollkommen frei. Bei ihm ist alles möglich. Den Unterschied von Vorhaben und Verwirklichung und erst recht die Möglichkeit des Scheiterns gibt es bei ihm nicht.
Es stimmt, die biblischen Erzählungen zeichnen da mitunter ein anderes Bild. Da kann es schon mal passieren, dass Gott etwas tut und es später bereut, dass er etwas tun will und sich davon abbringen lässt. Diese Darstellungen sind menschlich verständlich, aber theologisch falsch. Gott ändert seine Meinung nicht und bekommt immer, was er will.
Menschen hingegen sind der Zeit unterworfen. Und damit findet auch ihr Verhalten zu Gott in der Zeit statt. Ihr Verhältnis zu Gottes Willen verändert sich. Auch wenn sie sich bemühen, ihn zu erkennen und ihm gemäß zu handeln, gelingt ihnen das nicht immer. Diese Abfolge von Absicht und Tat, Sünde und Vergebung, Gnade und Umkehr, Verworfenheit und Seligkeit, so die Hoffnung der Gläubigen, dieses Durcheinander von Ereignissen und Zuständen kann letztlich nicht zufällig, sondern muss im Ganzen sinnvoll sein. Der gute und barmherzige Gott spielt nicht mit den Menschen ein grausames Spiel, sondern er sorgt dafür, dass alles gut ausgeht. Darum sagen manche: „Gott hat einen Plan.“
Die Rede von Gottes Plan scheint zu meinen, dass Gott etwas ganz Bestimmtes vorhat und der Mensch sich diesem Vorhaben anschließen kann oder nicht (mit den entsprechenden Folgen). Sie scheint zu betonen, dass die Erfüllung von Gottes Willen noch aussteht, dass die Menschen nicht immer wissen, worauf alles hinausläuft, dass aber Gott letztlich dafür sorgt, dass alles ineinandergreift und Sinn macht.
Das alles ist nicht völlig falsch. Gott will etwas von jedem einzelnen Menschen. Diesem ist nicht immer klar, was das ist. Und selbst wenn es ihm klar ist, handelt er nicht immer danach. Doch bis zum Ende ist immer noch Hoffnung und die Möglichkeit der Umkehr. Die Gnade ist immer da und steht dem Menschen immer zur Verfügung, wenn er sich für sie entscheidet. Letztlich wird das Gute den Sieg davontragen über das Nichts.
Das kann auch gar nicht anders sein. Denn Gott ist allmächtig; das meint aber nicht eine ins Riesige gesteigerte Macht nach der Art menschlicher Macht. Allmacht meint: Gott ist Schöpfer und Erhalter der Welt. Alles Dasein stammt von ihm und was geschieht, geschieht, weil er es geschehen lässt. Das heißt nicht, dass alles, was zu sein und zu geschehen scheint, Gottes Willen entspricht. Was Gottes Willen zuwiderläuft, geschieht in der Zeit, aber ist in Ewigkeit nichtig. Das Böse ist nicht ein Seiendes, das nicht gut ist, sondern im Grunde nicht Seiendes, also nichts. Das, was nicht sein soll, ist grundlos, nur das, was sein soll, ist in vollem Sinne wahr und wirklich. Der Mensch hat also streng genommen nicht die Wahl zwischen zwei Optionen: dem Guten und dem Bösen, sondern nur zwischen Sein und Nichts. Nur indem er Gottes Willen tut, ist der Mensch frei, sonst ist er ein Knecht der Sünde. Nur indem er seine Wahlfreiheit nutzt, um das Gute zu wollen, wählt er richtig, ansonsten wählt er Unfreiheit, Unwahrheit, Nichts.
Der Mensch ist frei, seine Freiheit zu wählen. Nur er selbst (und die Last der Sünde) kann dem entgegenstehen, nicht Gott. Gott liebt jeden einzelnen Menschen. Er hat ihn zur Freiheit berufen und will nur das Beste für ihn. Darum gibt es keinen Widerspruch zwischen Gottes Willen und dem, was der Mensch will, wenn er frei ist, das Beste für sich und alle anderen zu wollen. Genau das meint „Gottes Herrschaft“. Und weil diese nicht zufällig ist, sondern notwendig, wird sie kommen. Sie ist der Schöpfung schon vorausgesetzt und wird am Ende der Zeiten ohne Widerspruch erfüllt sein.
Die Notwendigkeit der Herrschaft Gottes erübrigt jeden „Plan“. Plan und Realität sind bei Gott von vornherein dasselbe. Darum erübrigt sich auch die Rede von „Gottes Plan“, weil Gottes Wille schon hier und jetzt verwirklicht ist. Der Mensch muss „nur noch“ in diese Wirklichkeit eintreten …
Es stimmt, die biblischen Erzählungen zeichnen da mitunter ein anderes Bild. Da kann es schon mal passieren, dass Gott etwas tut und es später bereut, dass er etwas tun will und sich davon abbringen lässt. Diese Darstellungen sind menschlich verständlich, aber theologisch falsch. Gott ändert seine Meinung nicht und bekommt immer, was er will.
Menschen hingegen sind der Zeit unterworfen. Und damit findet auch ihr Verhalten zu Gott in der Zeit statt. Ihr Verhältnis zu Gottes Willen verändert sich. Auch wenn sie sich bemühen, ihn zu erkennen und ihm gemäß zu handeln, gelingt ihnen das nicht immer. Diese Abfolge von Absicht und Tat, Sünde und Vergebung, Gnade und Umkehr, Verworfenheit und Seligkeit, so die Hoffnung der Gläubigen, dieses Durcheinander von Ereignissen und Zuständen kann letztlich nicht zufällig, sondern muss im Ganzen sinnvoll sein. Der gute und barmherzige Gott spielt nicht mit den Menschen ein grausames Spiel, sondern er sorgt dafür, dass alles gut ausgeht. Darum sagen manche: „Gott hat einen Plan.“
Die Rede von Gottes Plan scheint zu meinen, dass Gott etwas ganz Bestimmtes vorhat und der Mensch sich diesem Vorhaben anschließen kann oder nicht (mit den entsprechenden Folgen). Sie scheint zu betonen, dass die Erfüllung von Gottes Willen noch aussteht, dass die Menschen nicht immer wissen, worauf alles hinausläuft, dass aber Gott letztlich dafür sorgt, dass alles ineinandergreift und Sinn macht.
Das alles ist nicht völlig falsch. Gott will etwas von jedem einzelnen Menschen. Diesem ist nicht immer klar, was das ist. Und selbst wenn es ihm klar ist, handelt er nicht immer danach. Doch bis zum Ende ist immer noch Hoffnung und die Möglichkeit der Umkehr. Die Gnade ist immer da und steht dem Menschen immer zur Verfügung, wenn er sich für sie entscheidet. Letztlich wird das Gute den Sieg davontragen über das Nichts.
Das kann auch gar nicht anders sein. Denn Gott ist allmächtig; das meint aber nicht eine ins Riesige gesteigerte Macht nach der Art menschlicher Macht. Allmacht meint: Gott ist Schöpfer und Erhalter der Welt. Alles Dasein stammt von ihm und was geschieht, geschieht, weil er es geschehen lässt. Das heißt nicht, dass alles, was zu sein und zu geschehen scheint, Gottes Willen entspricht. Was Gottes Willen zuwiderläuft, geschieht in der Zeit, aber ist in Ewigkeit nichtig. Das Böse ist nicht ein Seiendes, das nicht gut ist, sondern im Grunde nicht Seiendes, also nichts. Das, was nicht sein soll, ist grundlos, nur das, was sein soll, ist in vollem Sinne wahr und wirklich. Der Mensch hat also streng genommen nicht die Wahl zwischen zwei Optionen: dem Guten und dem Bösen, sondern nur zwischen Sein und Nichts. Nur indem er Gottes Willen tut, ist der Mensch frei, sonst ist er ein Knecht der Sünde. Nur indem er seine Wahlfreiheit nutzt, um das Gute zu wollen, wählt er richtig, ansonsten wählt er Unfreiheit, Unwahrheit, Nichts.
Der Mensch ist frei, seine Freiheit zu wählen. Nur er selbst (und die Last der Sünde) kann dem entgegenstehen, nicht Gott. Gott liebt jeden einzelnen Menschen. Er hat ihn zur Freiheit berufen und will nur das Beste für ihn. Darum gibt es keinen Widerspruch zwischen Gottes Willen und dem, was der Mensch will, wenn er frei ist, das Beste für sich und alle anderen zu wollen. Genau das meint „Gottes Herrschaft“. Und weil diese nicht zufällig ist, sondern notwendig, wird sie kommen. Sie ist der Schöpfung schon vorausgesetzt und wird am Ende der Zeiten ohne Widerspruch erfüllt sein.
Die Notwendigkeit der Herrschaft Gottes erübrigt jeden „Plan“. Plan und Realität sind bei Gott von vornherein dasselbe. Darum erübrigt sich auch die Rede von „Gottes Plan“, weil Gottes Wille schon hier und jetzt verwirklicht ist. Der Mensch muss „nur noch“ in diese Wirklichkeit eintreten …
Mittwoch, 6. März 2019
Politischer Aschermittwoch
Das Christentum und seine „Werte“ als traditionelles Fundament des Abendlandes? Wirklich? Seit Jahrhunderten ist der Aschermittwoch in der westlichen Kirche der Beginn der vorösterlichen Fastenzeit, ein Tag des Verzichts, der Einkehr und der Buße, eine Gelegenheit, im stillen Kämmerlein über die eigene Unzulänglichkeit und Endlichkeit nachzudenken. „Mensch, bedenke, du bist Staub und kehrest zum Staube zurück“. Und was geschieht stattdessen? Zu Bier und Schweinsbraten versammeln sie sich, um grunzend und johlend dem zuzustimmen, was vom Rednerpult an Gemeinheiten über den politischen Gegner ausgeschüttet wird. Antichristlicher geht’s nicht.
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