Wer der römisch-katholischen Kirche von Grund auf schaden will, pflege ich zu sagen, wird ihr die folgenden „Reformen“ vorschlagen: Abschaffung des verpflichten Zölibats der Weltpriester, Zulassung von Frauen zur Priesterweihe, mehr Macht und Einfluss von Laien, insbesondere von Frauen, Abschaffung oder Umdeutung des Ehesakraments, um Scheidung, Wiederverheiratung und vielleicht sogar die Homo-Ehe zu ermöglichen, Umbau der Moraltheologie, vor allem in Fragen der Sexualität (Zulassung von außerehelichem Koitus, Verhütung, Abtreibung), und überhaupt eine grundsätzliche Orientierung am jeweiligen Zeitgeist. Warum ich sicher bin, dass das der Kirche schaden würde? Der Vergleich macht mich sicher.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung in etwa gleich groß wie der der Protestanten. (Früher gab es weniger Katholiken als Protestanten, 2017 waren es 23,3 Mio. römische Katholiken und 21,5 Mio. Mitglieder von Teilorganisationen der sogenannten EKD und etwa eine halbe Million weitere Protestanten.) Katholische und „Evangelische“ leben also, wenn auch zum Teil regional verschieden verteilt, in ungefähr gleich Zahl unter denselben oder doch sehr ähnlichen Bedingungen. Die Wirkungen des Tuns und Lassens der einen kann also, eine religionssoziologisch einzigartige Situation, sehr gut mit den Wirkungen des Tuns und Lassens der anderen unmittelbar verglichen werden.
Nun haben die Protestanten, jedenfalls die der EKD, all das, was man als „Reformen“ für die katholische Kirche fordert: Keinen Zölibat, Pastorinnen, Mitsprache, ja synodales Übergewicht der Laien, Ehescheidung, moralischen Laxismus und das freudige Hängen der Meinungsfähnchen in den Wind des Zeitgeistes. Trotzdem werden die Protestanten immer weniger, ja es treten sogar mehr Menschen aus den EKD-„Kirchen“ aus (absolut und prozentual) als aus der katholischen, sogar dann, wenn man mal wieder ein „Missbrauchsskandal“ in den Medien lanciert wird.
Was man also der katholischen Kirche wieder und wieder und wieder als „Reformen“ andient, ist also offensichtlich nicht nur kein Erfolgsrezept, sondern im Gegenteil eine Garantie für Mitgliederschwund und gesellschaftliche Einflusslosigkeit.
Selbstverständlich wird diese offen zu Tage liegende Tatsache von den „reformwilligen“ Katholiken und Nichtkatholiken (über die katholische Kirche hat gern jeder eine Meinung) strikt ignoriert. Genauso, wie sie ignorieren, dass einige der angeblichen Probleme nur dort existieren, wo auch die angeblichen Lösungen herkommen: Europa und Nordamerika. Nur dort nämlich gibt es merkbaren Mitgliederschwund und Priestermangel. Weltweit wächst die katholische Kirche und auch die Zahl ihrer Priester. Was nicht heißt, dass es „genug“ Priester gibt, was immer das zu heißen hätte.
Tatsächlich ist es sehr die Frage, ob es auch nur in Europa, etwa in Deutschland, überhaupt wirklich einen „Priestermangel“ gibt. Ja, es stimmt, die absolute Zahl der Priester ist im und seit dem 20. Jahrhundert zurückgegangen. Zugleich aber ist auch die absolute Zahl der Katholiken zurück gegangen (1990 waren es 28,3 Mio., 1950 allerdings auch bloß 23,3). Vor allem aber ist die Zahl der Kirchgänger und der sich sonstwie am kirchlichen Leben Beteiligenden massiv zurückgegangen, wodurch — entgegen dem Bild, dass die öffentlichen Meinung vermittelt — das Verhältnis von Seelsorgern und (aktiven) Gläubigen zahlenmäßig sogar besser ist denn je!
Offensichtlich sind also nicht der Zölibat oder die Beschränkung des Priesteramtes auf Männer oder irgendwelche moraltheologischen Dogmen die Ursachen von Missständen. Den Pflichtzölibat gab es seit dem elften Jahrhundert, warum sollte er erst im 20. zu einem Mangel geführt haben? Frauen wurden von Anfang an nicht zu Priester geweiht und die Moraltheologie blieb über Jahrhunderte dieselbe (was nicht heißt, das jeder sich daran hielt …). Warum soll das plötzlich im 20. Jahrhundert zu Priestermangel und Mitgliederschwund geführt haben? Ist es nicht umgekehrt so, dass alles um die Kirche herum sich veränderte, nämlich immer kirchen- und religionsfeindlicher wurde? Das außerkirchliche Umfeld begünstigt weder die Wahl des zölibatären Priesterstandes noch die Einhaltung der kirchlichen Regeln durch die Masse der Gläubigen. Dass in einer Moderne, die den Menschen erklärt, dass Religion Privatsache oder Mumpitz sei, immer weniger Berufungen zum Priesteramt gehört und gelebt werden und überhaupt immer weniger Menschen wissen und fühlen, dass sie Gottes und der Kirche bedürfen, kann nicht verwundern.
Dass die Kirche der Moderne und ihrer mal aggressiven, mal indifferenten Religionsfeindlichkeit nichts als zunächst hilflose Abwehr und dann verfehlte und halbherzige Anpassung entgegenzusetzen hatte und hat, ist ihr eigentliches Problem. Denn mit all dem hier gegen bloß vermeintliche Probleme Vorgebrachten soll selbstverständlich nicht gesagt werden, die katholische Kirche habe keine echten Sorgen und Nöte und keine Missstände, die behoben werden sollten. Nur müssen die Lösungen ohne jeden Zweifel ganz andere sein als die oben aufgezählten kirchenhasserischen „Reformen“.
Zur Lage des Christentums in Deutschland, wenn dieses hier schon als Beispiel dient, gehört übrigens auch, dass „evangelikale“ (also protestantisch-fundamentalistische) und pfingstlerische Sekten boomen. Das gilt übrigens auch für Lateinamerika und Afrika. Je theologisch und politisch konservativer, je bibelfanatischer, je einpeitschender (nämlich sanges- und tanzlustiger), desto beliebter. Zwar haben manche dieser Sekten auch weibliche Predigerinnen, aber ansonsten ist ihr Weltbild im Vergleich zu dem der Katholiken absolut rückschrittlich und menschenfeindlich. Immer mehr Menschen wenden sich dem zu.
Auf der anderen Seite begann der Verfall der katholischen Kirche (Abnahme des gesellschaftlichen Einflusses, Schwund der Kirchgänger, Kirchenaustritte) gerade zu der Zeit, als diese sich rechtlich, theologisch und liturgisch in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils ruckartig „reformierte“. Gottesdienste in der Landessprache und Änderung der Zelebrationsrichtung „hin zum Volk“ zum Beispiel fanden für immer weniger und weniger Teilnehmer an den Sonntagsgottesdiensten statt. Ich sage nicht: Das eine ist die Ursache, das andere ist die Wirkung. Ich halte nur fest: Das real existierende aggiornamento, also die faktische oder immerhin versuchte Modernisierung in Form und Inhalt, hat, jedenfalls in den reichen Industriegesellschaften, die katholische Kirche nicht gestärkt, sondern geschwächt. Den einen ging sie nicht weit genug, den anderen zu weit, den dritten war und ist sie egal (weil ihnen die Kirche als solche nichts bedeutet).
Es ist hier nicht der Ort, um aus dem Erstarken gewisser protestantischer Sekten und der Schwäche der katholischen Kirche im Zuge ihres selbstverschuldeten Modernisierungsversuchs weitreichende Schlüsse zu ziehen. Aber man sollte die tatsächlichen, nicht die bloß eingebildeten Gegebenheiten bedenken. Und auf jeden Fall gilt: Den Katholizismus in einen laschen Protestantismus à la EKD zu verwandeln, ist keine Lösung, sonder verurteilte die Kirche endgültig zu einer Zombie-Existenz — innerlich und äußerlich tot, aber immer noch auf Erden wandelnd.
In der Bundesrepublik Deutschland ist der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung in etwa gleich groß wie der der Protestanten. (Früher gab es weniger Katholiken als Protestanten, 2017 waren es 23,3 Mio. römische Katholiken und 21,5 Mio. Mitglieder von Teilorganisationen der sogenannten EKD und etwa eine halbe Million weitere Protestanten.) Katholische und „Evangelische“ leben also, wenn auch zum Teil regional verschieden verteilt, in ungefähr gleich Zahl unter denselben oder doch sehr ähnlichen Bedingungen. Die Wirkungen des Tuns und Lassens der einen kann also, eine religionssoziologisch einzigartige Situation, sehr gut mit den Wirkungen des Tuns und Lassens der anderen unmittelbar verglichen werden.
Nun haben die Protestanten, jedenfalls die der EKD, all das, was man als „Reformen“ für die katholische Kirche fordert: Keinen Zölibat, Pastorinnen, Mitsprache, ja synodales Übergewicht der Laien, Ehescheidung, moralischen Laxismus und das freudige Hängen der Meinungsfähnchen in den Wind des Zeitgeistes. Trotzdem werden die Protestanten immer weniger, ja es treten sogar mehr Menschen aus den EKD-„Kirchen“ aus (absolut und prozentual) als aus der katholischen, sogar dann, wenn man mal wieder ein „Missbrauchsskandal“ in den Medien lanciert wird.
Was man also der katholischen Kirche wieder und wieder und wieder als „Reformen“ andient, ist also offensichtlich nicht nur kein Erfolgsrezept, sondern im Gegenteil eine Garantie für Mitgliederschwund und gesellschaftliche Einflusslosigkeit.
Selbstverständlich wird diese offen zu Tage liegende Tatsache von den „reformwilligen“ Katholiken und Nichtkatholiken (über die katholische Kirche hat gern jeder eine Meinung) strikt ignoriert. Genauso, wie sie ignorieren, dass einige der angeblichen Probleme nur dort existieren, wo auch die angeblichen Lösungen herkommen: Europa und Nordamerika. Nur dort nämlich gibt es merkbaren Mitgliederschwund und Priestermangel. Weltweit wächst die katholische Kirche und auch die Zahl ihrer Priester. Was nicht heißt, dass es „genug“ Priester gibt, was immer das zu heißen hätte.
Tatsächlich ist es sehr die Frage, ob es auch nur in Europa, etwa in Deutschland, überhaupt wirklich einen „Priestermangel“ gibt. Ja, es stimmt, die absolute Zahl der Priester ist im und seit dem 20. Jahrhundert zurückgegangen. Zugleich aber ist auch die absolute Zahl der Katholiken zurück gegangen (1990 waren es 28,3 Mio., 1950 allerdings auch bloß 23,3). Vor allem aber ist die Zahl der Kirchgänger und der sich sonstwie am kirchlichen Leben Beteiligenden massiv zurückgegangen, wodurch — entgegen dem Bild, dass die öffentlichen Meinung vermittelt — das Verhältnis von Seelsorgern und (aktiven) Gläubigen zahlenmäßig sogar besser ist denn je!
Offensichtlich sind also nicht der Zölibat oder die Beschränkung des Priesteramtes auf Männer oder irgendwelche moraltheologischen Dogmen die Ursachen von Missständen. Den Pflichtzölibat gab es seit dem elften Jahrhundert, warum sollte er erst im 20. zu einem Mangel geführt haben? Frauen wurden von Anfang an nicht zu Priester geweiht und die Moraltheologie blieb über Jahrhunderte dieselbe (was nicht heißt, das jeder sich daran hielt …). Warum soll das plötzlich im 20. Jahrhundert zu Priestermangel und Mitgliederschwund geführt haben? Ist es nicht umgekehrt so, dass alles um die Kirche herum sich veränderte, nämlich immer kirchen- und religionsfeindlicher wurde? Das außerkirchliche Umfeld begünstigt weder die Wahl des zölibatären Priesterstandes noch die Einhaltung der kirchlichen Regeln durch die Masse der Gläubigen. Dass in einer Moderne, die den Menschen erklärt, dass Religion Privatsache oder Mumpitz sei, immer weniger Berufungen zum Priesteramt gehört und gelebt werden und überhaupt immer weniger Menschen wissen und fühlen, dass sie Gottes und der Kirche bedürfen, kann nicht verwundern.
Dass die Kirche der Moderne und ihrer mal aggressiven, mal indifferenten Religionsfeindlichkeit nichts als zunächst hilflose Abwehr und dann verfehlte und halbherzige Anpassung entgegenzusetzen hatte und hat, ist ihr eigentliches Problem. Denn mit all dem hier gegen bloß vermeintliche Probleme Vorgebrachten soll selbstverständlich nicht gesagt werden, die katholische Kirche habe keine echten Sorgen und Nöte und keine Missstände, die behoben werden sollten. Nur müssen die Lösungen ohne jeden Zweifel ganz andere sein als die oben aufgezählten kirchenhasserischen „Reformen“.
Zur Lage des Christentums in Deutschland, wenn dieses hier schon als Beispiel dient, gehört übrigens auch, dass „evangelikale“ (also protestantisch-fundamentalistische) und pfingstlerische Sekten boomen. Das gilt übrigens auch für Lateinamerika und Afrika. Je theologisch und politisch konservativer, je bibelfanatischer, je einpeitschender (nämlich sanges- und tanzlustiger), desto beliebter. Zwar haben manche dieser Sekten auch weibliche Predigerinnen, aber ansonsten ist ihr Weltbild im Vergleich zu dem der Katholiken absolut rückschrittlich und menschenfeindlich. Immer mehr Menschen wenden sich dem zu.
Auf der anderen Seite begann der Verfall der katholischen Kirche (Abnahme des gesellschaftlichen Einflusses, Schwund der Kirchgänger, Kirchenaustritte) gerade zu der Zeit, als diese sich rechtlich, theologisch und liturgisch in der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils ruckartig „reformierte“. Gottesdienste in der Landessprache und Änderung der Zelebrationsrichtung „hin zum Volk“ zum Beispiel fanden für immer weniger und weniger Teilnehmer an den Sonntagsgottesdiensten statt. Ich sage nicht: Das eine ist die Ursache, das andere ist die Wirkung. Ich halte nur fest: Das real existierende aggiornamento, also die faktische oder immerhin versuchte Modernisierung in Form und Inhalt, hat, jedenfalls in den reichen Industriegesellschaften, die katholische Kirche nicht gestärkt, sondern geschwächt. Den einen ging sie nicht weit genug, den anderen zu weit, den dritten war und ist sie egal (weil ihnen die Kirche als solche nichts bedeutet).
Es ist hier nicht der Ort, um aus dem Erstarken gewisser protestantischer Sekten und der Schwäche der katholischen Kirche im Zuge ihres selbstverschuldeten Modernisierungsversuchs weitreichende Schlüsse zu ziehen. Aber man sollte die tatsächlichen, nicht die bloß eingebildeten Gegebenheiten bedenken. Und auf jeden Fall gilt: Den Katholizismus in einen laschen Protestantismus à la EKD zu verwandeln, ist keine Lösung, sonder verurteilte die Kirche endgültig zu einer Zombie-Existenz — innerlich und äußerlich tot, aber immer noch auf Erden wandelnd.
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