Freitag, 21. November 2025

Nicht alt genug, um nicht mehr jung zu sein?

Überall wird in dieser Zeit ein (nicht mehr ganz) neues Dogma verkündet: Weil die Lebenszeit steige, müsse auch die Lebensarbeitszeit zunehmen. Womit der Zeitraum gemeint ist, in dem Versicherte in Sozialversicherungen einzahlen müssen, bevor sie etwas ausgezahlt bekommen sollen.
Hier liegt offensichtlich ein Denkfehler vor. Mag sein, dass die 60, 70, 80 Jahre alten Menschen (in einer beliebigen Industriegesellschaft) von heute gesünder, kräftiger, mobiler, mental agiler sind als ihre Altersgenossen vor 50 oder 100 Jahren. Das heißt aber nicht, dass ihr körperlicher, seelischer, geistiger Zustand und dessen Erwerbsverwertbarkeit dem von heitigen 50-, 40- oder 30-Jährigen entspricht. 
Es gibt Gründe, warum Unternehmen lieber junge als alte Menschen einstellen, schlechte Gründe darunter (etwa den Verzicht aud Lebenserfahrung), aber auch vernünftige. 
Hört man den Menschen zu, so freuen sich die allermeisten sehr auf den Ruhestand. Sie hätten es endlich hinter sich. Selbst wenn sie vorher immer behauptet hatten, ihr Job mache ihnen Spaß, verraten die Äußerungen nach dem Renteneintritt, dass sie eigentlich nur für Geld zu Bedingungen und in Bereichen gearbeitet haben, die bestenfalls lästig, üblicherweise unbefriedigend und sogar dumpf und sinnlos waren.
Unvernünftiges Wirtschaften, wenig sinnvolle und erfüllende Jobs, Altersarmut und Mangel an fachlicher Kompetenz: Was wäre die Lösung?
Selbstverständlich zunächst einmal ein Bedingungsloeses Grundeinkommen. Wenn durch ein BGE jeder genug für den Lebensunterhalt hat, muss er nur das arbeiten, was er für (ihm und der Gesellschaft) angemessen hält, kannn dann also weit eher kreativ sein, gefahrlos Fähigkeiten und Bedürfnisse ausprobieren, sich auch ohne Bezahlung engagieren und nur mit dem Geld verdienen, was ihm sachlich und moralisch geeignet erscheint.
Die Gesellschaft wäre allein damit schon eine andere, bessere. 
Die nächsten Schritte hätten dann naturgemäß in die Richtung eines Umstrukturierung der Eigentumsverhältisse und Vermögens- und Einkommensverteilungen zu gehen. Der terminus technicus dafür lautet: Sozialismus. Ziel hätte eine vernüftig organisierte, freie, gerechte und würdevolle Gesellschaft zu sein, in der jeder nach seinen Bedürfnissen, Wünschen und Möglichkeiten lebt und nach Möglichkeit, Fähigkeit und Interesse zum allgeminen Wohlergehen beiträgt.
Keine Ausbeutung, keine Armut, keine Verschwendung, kein Zwang, keine Zerstörung der Lebensgrundlagen von Mensch und Tier undv Pflanze, keine Verdummung, Verhetzung, Verführung.
Klingt doch gut, oder? Dann sollte man das auch machen. Möglich wär’s.

Reichtum lohnt sich

Herrn Kühnes Vermögen wird mit 36 Milliarden Euro angegeben. Um sich die Monstrosität einer solchen Zahl vor Augen zu führen, rechne man folgendermaßen. Herr Kühne ist 88 Jahre alt. Angenommen, er habe 80 Jahre lang 24 Stunden am Tag gearbeitet, ergäbe das einen Stundenlohn von 46.667 Euro und 91 Cent. Ohne Steuern und Sozialabgaben zu berücksichtigen. (Tatsächlich wird Herr Kühne auch mal geschlafen oder sich einen halben Tag frei genommen haben und naturgemäß wurde er nicht stundenweise entlohnt, ein Teil des Vermögens war zudem ererbt. Hier geht es nur um Veranschaulichung von Proportionen.)
Welche Leistung verdient solche Entlohnung?
Offensichtlich nicht die eines einzelnen Menschen. Damit einer so reich wird, müssen Tausende und Abertausend ausgebeutet worden sein. Anders geht es nicht.
Herr Kühne ist gerne wohltätig. Er gibt der Gesellschaft also etwas zurück, wie man das nennt. So möchte seine Stiftung unter andrem gern, dass die Stadt Hamburg ein neues Operngebäude errichtet, die Kosten dafür soll dann bis zu einer Grenze von 330 Millionen besagte Stiftung übernehmen.
Klingt sehr spendabel. Aber 330 Millionen, das ist weniger als ein Prozent des Vermögens des Herrn Kühne. Zum Vergleich: Wenn jemand in Sach- und Geldvermögen 100.000 Euro hat und spendet 1.000 davon, dann entspricht dem das. Hat jemand nur noch zehn Euro im Portemonnaie, wären es zehn Cent.
Herr Kühne gilt als der zweitreichste Deutsche. Die Zahl deutscher Milliardäre wird auf 250 geschätzt. Zusammen besitzen sie etwa 1,4 Billionen Euro. (Eine 14 mit elf nullen; pro Kopf der Bevölkerung etwa 16.768 Euro und 48 Cent.) Dann gibt es noch geschätzte 2,7 bis 2,9 Millionäre in der BRD.
Sicher alles lauter fleißige, einfallsreiche, geschäftstüchtige Leute, die einfach wussten, wie man an das Geld von Kunden, Mitarbeitern, Konkurrenten (und der Vorfahren, die vielleicht geschickte Arisierer waren) herankommt.
Die Vermögen der Reichen steigen von Jahr zu Jahr. Zehn Prozent der Bevölkerung gehört 56 Prozent des Gesamtvermögens, jeder Fünfte hat gar kein Vermögen.
Das alles sind Zahlen, die man sich in Erinnerung rufen könnte, wenn es wieder einmal heißt: Dafür ist kein Geld da. Wir müssen sparen. (Am besten bei den „Transferleistungsbeziehern“ und den Rentnern.)
Eigentums- und Vermögensverhältnisse sind kein Schicksal, nicht naturgegeben, nicht gottgewollt. Die sind das Resultat eines ungerechten, ausbeuterischen, umweltzerstörerischen Wirtschaftens und von Politikem, die das absichern. Sowie selbstverständlich der Masse der Leute, die dabei bewusstlos mitmacht.
So, und jetzt denken wir mal global …

Dienstag, 18. November 2025

Unterwegs (34)

Sommer 2003. Café Canetti. Eine Frau tritt an meinen Tisch, nimmt einen Stuhl und trägt ihn weg. „Man kann auch fragen“, sage ich sehr hörbar. Sie dreht sich um. „Darf ich?“ Mit freundlichem Lächeln antworte ich: „Aber sehr gerne.“ (Nach einer wiedergefundenen alten Notiz.)

Über Neologismen, besonders akademische

Vor fast einem Vierteljahrhundert moderierte ich eine Buchpräsentation. Es ging um einen kultur- und sozialanthropologischen Sammelband. Den hatte ich selbstverständlich gelesen und entdeckt: Einer der Beiträger verwendete in seinem Text mehrfach das Wort „Anthropogem“ Als ich darauf stieß, war ich doch ertwas irritiert, dass weder ihm noch jemandem, der vielleicht Korrektur gelesen hatte, die Missbildung aufgefallen war. Die Silbe „gem“ mach ja überhaupt keinen Sinn. Wenn man schon, analog zu Mythologem und anderem, einen Ausdruck, der wohl „Gedanke, Lehrsatz, wiederkehrende Aussage in der Anthropologie bedeuten soll, bilden möchte, dann muss er korrekt „Anthropologem“ lauten.
Fehler passieren. Und wenn man sie nicht bemerkt oder von anderen darauf hingewiesen wird, wiederholt man sie womöglich. Der Beiträger tat genau das bei seinem Vortrag bei der Buchpräsentation. Mehrmals sprach er von „Anthropogemen“.
Damit nicht genug, ein anderer Beiträger, der in seinem Text das falsch gebildete Wort (und auch das richtig gebildete) nicht verwendet hatte, griff den Ausdruck in seinem Vortrag auf und benutzte ihn ebenfalls mehrmals.
Bei der Diskussion schließlich sprach ich, lästig wie ich bin, den Erfinder des „Anthropogems“ darauf an, ob es denn nicht richtig „Anthropologem“ heißen müsse. Er zuckte nur die Achseln. Korrekte Wortformen waren ihm offenkundig wurscht. (Er wurde später Professor für Kultursoziologie in Mittelhessen und ist es meines Wissens noch.)
Weit mehr als die Gleichgültigkeit des Konstrukteurs des „Anthropologems“ faszinierte mich in der leidigen Angelegenheit übrigens die Freude des bereitwilligen Weiterverwenders an dem neuen begrifflichen Spielzeug. Da war keinen Augenblick Zeit zum Überlegen gewesen, ob das neue Wort richtig gebildet war (und es fehlten wohl auch die sprachlichen Kenntnisse, um das beurteilen zu wollen). Das Wort war da, es war frisch, man konnte etwas damit anfangen. Das machte Spaß und schindete vielleicht Eindruck.  
 
Neologismen haben im akademischen Betrieb eine wichtige Funktion. Einen neuen Begriff oder einen neuen Ausdruck für einen bereits existierenden Begriff irgendwo aufzuschnappen und selbst als einer der ersten verwenden zu können, befriedigt nicht nur den Spieltrieb, es ist vor allem auch Abzeichen dessen, dass man vorne dran ist an den neuesten Entwicklungen. Und das ist eine Erfordernis des akademischen Arbeitens: Man muss keine eigenen Gedanken haben, man muss nur die „einschlägigen Debatten“ kennen, die aktuellen wie die tradierten, man muss zeigen, dass man die neueste Literatur ebenso kennt wie die grundlegenden Texte. (Und heutzutage vielleicht auch podscasts und andere elektronische Darreichungsformen.)
Die akademisch anerkannte wissenschaftlich Leistung ― nicht im Bereich der Naturwissenschaften und technischen Fächer mit ihrem ganz anderen Realitätsbezug, auch nicht in der empirischen Sozialforschung oder klinischen Psychologie, sondern im Bereich der Gesellschafts- und Kulturwissenschaften, wo (außer ein paar nichttextuellen Artefakten vielleicht) Texte fast alles sind, was einer Empirie gleichkommt ― akademisch anerkannte wissenschaftlich Leistung also besteht üblicherweise darin, korrekt zu zitieren, Quellen auszuweisen und das für wesentlich Gehaltene von Debattenbeiträge auf andere Debattenbeiträge zu beziehen. Einen eigenen Gedanken daran zu knüpfen, ist nicht notwendig, ein bisschen Gewichtung und (auf oft auf institutionelle Anbindung und Karriereabsichten abgestimmte) Wertung genügt völlig. Originalität mag als Distinktonsmerkmal auf dem Markt der Buchverkäufe und Vortragseinladungen dienen, aber ein zu eigenständiges Denken droht immer, einen aus der akademischen Gemeinschaft als Angeber herauszuheben und letztlich als Wichtigtuer hinauszutreiben, was ohne bereits nachhaltig gesicherten Posten (oder festen Verlagsvertrag) karrierebeendend sein kann.
Verwendet man nun einen neues Wort, das man nicht erfunden, sondern vorhin erst vorgefunden hat, so ist das oft stimulierend und ein bisschen glamourös. Ein neues, vielversprechendes Spielzeug eben. Bei aller gebotenen Vorsicht: Je rascher und geschickter man damit spielt, desto besser. Man beweist dann Offenheit, Neugier, Souveränität. Man versteht sich dann offensichtlich darauf, anderer Leute neueste Gedanken aufzugreifen und auf der Stelle zu verarbeiten. Vielleicht kann man aus einem Neologismus (durch Bezug auf bestehende Debatten …) sogar mehr herausholen als sein Erfinder. Pech nur, wenn das Wort ein sprachlicher Missgriff ist und sich deshalb (oder trotzdem) nicht durchsetzen wird …
Es geht dabei übrigen nicht um die Erfordernisse (sachlicher oder ritueller Art) einer Fachsprache. Neologismen können, müssen aber nicht, das Begriffsinventar einer Disziplin bereichern. In der Regel sind sie schlicht Signale der Zugehörigkeit zu einer Schule oder Richtung oder auch nur einer Person: Seht her, ich spreche auch so, sogar auf dem neuesten Stand. Wichtiger aber ist für das akademische Fortkommen die erwiesene Kenntnis der „Paläologismen“, also der üblichen Vokabeln und ihres zunftmäßigen Gebrauchs, weil es, wie gesagt, eher darauf ankommt, das Bisherige verlässlich zu repräsentieren, als die eigene Originalität auszuposaunen. (Was den weniger originellen Konkurrenten sowieso nicht gefällt, aber womöglich auch den längst auch nicht mehr originellen Posteninhabern nicht, von denen man abhängt und etwas will.)
Brandneue Ausdrücke sind also im kulturwissenschaftlichen Betrieb wie exotische Gewürze in der gutbürgerlichen Küche: mit Vorsicht zu gebrauchen. 
 
Was ich hier übers Akademische und seine Rituale gesagt habe, lässt sich offensichtlich auf Sprachverwendung überhaupt anwenden: neue Wörter haben oft einen Reiz, wenn man Gebrauch von ihnen macht, kann man sich als einer erweisen, der sozusagen die Zunge am Puls der Zeit hat, als einer, der weiß, was (zumindest bei gewissen Leuten) gerade angesagt ist und somit zumindest sprachlich dazugehört.
So funktioniert nicht zuletzt die Vermehrung symbolischen Kapitals in den sogenannten Jugend- und Szenesprachen, in Soziolekten also, die schon deshalb auf immer neue Neologismen angewiesen sind, weil nur dann die gewünschte Abgrenzung zu Stande kommt.
Zu Grunde liegt ein oft übersehener Umstand: Sprache ist immer die Sprache der anderen. Nicht nur eine Fremdsprache, sondern schon jede Muttersprache wird erlernt, indem andere Sprechende imitiert werden. Bevor man Wörter, geschweige den Sätze bilden kann, muss man angesprochen werden, immer wieder, und ahmt daraufhin dann das „Sprechen an sich“ (also sozusagen Sprache ohne Semantik) nach ― und brabbelt. Sprechen lernen heißt, sich die Sprache anderer anzueignen. Dabei ist anfangs alles neu und ungewohnt. Später erst, wenn man schon sprechen kann, entdeckt man den Reiz neuer Wörter, vor allem solcher, die nur von einigen verwendet (und verstanden) werden, von anderen nicht. Sprache als Praxis der Kommunikation, also auch der sozialen Bindung, wird auch zur Praxis der Distinktion (der Bindung nicht mehr an alle, sondern Verbindung mit anderen).
Darum ist es zum Beispiel völlig unnötig zu wissen, wo ein bestimmter jugendsprachlicher Ausdruck stammt (wer ihn „erfunden“ hat), es kommt darauf an, dass er schon verwendet wird, das er erlaubt, Eingeweihte von Uneingeweihten, Junge von Alten abzugrenzen. Unzählige neue Ausdrücke schaffen das nicht. Und weniges altert so schnell (wird funktionslos) wie junge Wörter. (Freilich gehen manche in die allgemeine Umgangssprache ein, rücken sozusagen eine Generation weiter. Und wenn erst Senioren etwas „mega“ finden, ist der Distinktionsgewinn gleich null.)
Ich weiß, woher „Anthropogem“ kommt, und bin froh, dass sich das meines Wissens nicht über einen Textbeitrag und zwei Vorträge bei einer Buchpräsentation hinaus ausgebreitet hat. Vielleicht war es doch zu nicht so leicht, etwas in Bildungsinstitutionen hineinzuschmuggeln.

Donnerstag, 13. November 2025

Balken & Splitter (121)

Der bundesdeutsche Außenminister Wadephul hat erklärt, „dass es einen entschlossenen Kampf gegen Korruption in der Ukraine braucht, damit die Unterstützung im Westen auch glaubwürdig bleiben kann“. Was soll das heißen? Wenn die Ukraine korrupt bis auf die Knochen wäre, wäre Russland Angriff, sein Vernichtungskrieg gerechtfertigt? Oder zumindest dürfte man tatenlos zusehen? Was haben die innenpolitischen Probleme (deren Lösung durch den Krieg nicht leichter geworden ist) mit dem recht der Ukrainerinnen und Ukrainer zu tun, nicht ermordet zu werden?

Umkehrschluss: Die „deutsche Einheit“ muss widerrufen werden, denn Einheitskanzler Kohl hatte schwarze Kassen. Herr Spahn, der Milliarden verschlampt hat, ist immer noch ein hoher bundesdeutscher Politiker: Dänemark darf also einmarschieren und Schleswig-Holstein von der Korruption befreien!

Gemäß russischen Vorgaben oder aus eigener Blödheit wollen viele es so drehen, dass der jüngste Korruptionsskandal irgendwie Präsident Zelenskyi schaden soll. Weil die mutmaßlich Beteiligten „aus seinem Umfeld“ und „Personen seine Vertrauens“ waren. Na, was denn sonst! Ohne hohe Posten (die eben das Umfeld des leitenden Politikers bilden und die man durch dessen Vertrauen erlangt) hätte gar keine Chance zu großdimensionierter Korruption bestanden. Ob dem Präsidenten irgendetwas Konkretes vorzuwerfen ist (mangelnde Kontrolle etwa). lässt sich untersuchen. Dann kann man dazu etwas sagen. Dummes Gerede anstelle von Tatsachen schadet jedenfalls durchaus. Und Putin, der korrupteste Diktator, den Russland je hatte, lacht sich ins Fäustchen …

Mittwoch, 12. November 2025

Migration, Migration, Migration

„Deutschland unter Migrationsdruck“, lautet eine Schlagzeile. Und man jubelt: „Bis 2026 muss Deutschland keine Migranten mehr aufnehmen.“ Österreich hingegen müsste, aber der Innenminister kreischt: „Kommt nicht in Frage!“ Man verlangt nach einer Ausnahme von der Solidaritätspflicht.
Diese und all die anderen Redeweisen, die Migration als ein Übel betrachten, das man abwenden oder doch mindern muss, lassen vergessen (und sollen das ja auch), dass es hier nicht um Fälle geht, die sich zu statistischen Quantitäten addieren, sondern um Menschen und deren Schicksal. Um lebendige Menschen mit Wünschen, Ängsten, Sorgen, Nöten, Hoffnungen und mit Rechten.
Der Migrant und die Migrantin ist eine Last, ein Problemfall, eine Bedrohung. Unmündig, sprachlos, zu nichts zu gebrauchen, muss er, muss sie erst „integriert“ und bis dahin „betreut“ werden. Was das wieder kostet!
Dass die Ursache der Flucht- und Wanderungsbewegungen der Wunsch nach einem besseren Leben, nach Arbeit, Schutz und ein wenig Würde ist, durchaus verbunden mit der ganz normalen Bereitschaft, sich ausbeuten zu lassen, wird völlig ignoriert. Verschiedenheit und Einzelheiten werden ignoriert. „Die Migration“ ist eine kompaktes Entität, an der nur die Quantität interessiert und der bürokratische und finanzielle Aufwand, den es braucht, um nicht zuzulassen, dass die Aufnahmegesellschaft sich verändert. Migrierende sind keine Subjekte, was sie wollen, zählt nicht, egal, was es ist, es ist tendenziell sowieso alles illegal und kriminell. Ihre Existenz ist unerwünscht.
Christliches Abendland, Aufklärung, Menschenrechte? Drauf geschissen. Es geht um eine Politik der Affekte, der Mobilisierung von Ressentiments, um die Durchsetzung kurzfristiger Interessen und kurzsichtiger Planungen.
Wir sind wir und wollen das bleiben. Die anderen sollen bleiben, wo wir wollen. Wir haben die Welt nicht über unsere Köpfe hinweg so einrichten lassen, wie sie ist, um jetzt etwas daran zu ändern. Wir denken nicht daran, menschlich, respektvoll, fürsorglich mit irgendwem umzugehen, der nicht auf dieselbe Weise schon Untertan des globalen Systems ist wie wir. Die sprechen unsere Sprache nicht und wir können nur unsere. Wie wir auch nur unsere Lebensweise haben, unsere Gewohnheiten, unser Unglück, unsere Tristesse. Wir wollen unter uns bleiben, eine geschlossene Gesellschaft, gekettet an die Illusion unserer Besonderheit und von Herzen desinteressiert an den Besonderheiten anderer.

Montag, 10. November 2025

Ein altes Gespräch über Geld

A: In der Gesellschaft geht ohne Geld gar nichts. Das ist doch nicht zu übersehen. Deshalb streben alle danach, das ist ein praktisches Gebot, ein Muss. Dabei tun sich die einen leicht, die Masse aber tut sich ziemliche schwer dabei.
B: Was ist mit all den unbezahlten Tätigkeiten, dem Füreinanderdasein im privaten Bereich, aber auch dem Engagement im öffentlichen? Das wird vom Geld nicht (vollständig) erfasst, ist aber die Grundlage von allem anderen. Hast du Kinder? Lässt Du sie hungern, wenn sie dir ihr Essen nicht bezahlen? Hast du mit deiner Frau/Mann/Freund/Freundin usw. nur Sex, wenn er/sie Geld rüberwachsen lässt? Oder verrechnet ihr die geldwerten Leistungen am Monatsende gegeneinander? Hilfst Du der Frau mit Kinderwagen nur in das ÖPNVmittel, wenn sie dir dafür was zusteckt? ― Ich leugne die Macht des Geldes nicht. Aber es ist nicht allmächtig. Und es ist mehr Fiktion als Realität. Und ganz sicher keine Substanz (im philosophischen Sinne).
A: In der Gesellschaft geht ohne Geld gar nichts. Das ist doch nicht zu übersehen. Deshalb streben alle danach, das ist ein praktisches Gebot, ein Muss. Dabei tun sich die einen leicht, die Masse aber tut sich ziemliche schwer dabei.
B: Du hast mich nicht verstanden: die unentgeltlichen Tätigkeiten ― die auch Menschen verrichten, die viel haben; nur kein Sozialneid! ― sind die Grundlage der bezahlten, die Geldwirtschaft parasitiert am Füreinanderdasein, sie ist nicht die Grundlage; Geld beherrscht die Welt wie es Dummheit (z. B. Marxismus) und Bosheit (z. B. Marxismus) tun: Es ginge auch ohne. Geld hat es nicht immer gegeben und es muss Geld nicht geben. Es handelt sich um eine Umrechnungsweise (mitunter materiell symbolisiert), nicht um eine Entität, gar ein Subjekt oder eine Substanz. Geld zur mythischen Größe aufzublasen, ist eine ziemlich Dummheit, also typisch für Marxianer.
A: Im Kapitalismus ist Geld das Ziel und das herrschende Prinzip und ohne Geld in Kapitalismus bist Du einfach arm. Ohne Geld wird es nicht produziert und also gibt es nichts zu kaufen. Aber Du hast Recht, es geht auch ohne Geld, wenn Du Dein Ding in der Toilette machst, putzt halt Dein Arsch mit Deinen Händen, Wasser und Toilettenpapier sind ja nicht umsonst. Die kosten Geld. Aber wie Du sagst, es geht auch ohne Geld.
B: Nochmal zum Mitdenken. Es geht nur MIT Geld, weil vieles nur OHNE Geld geht. Mein Argument war nicht, dass man kein Geld braucht, um seine Kinder zu ernähren, sondern dass man sie ernährt, ohne dafür bezahlt zu werden. Und so gibt es unzählige Tätigkeiten, die unbezahlt und unbezahlbar sind. Sie bilden die Grundlage jeder Gesellschaft, auch der kapitalistischen, die wie gesagt bloß parasitär ist. Dieses Aufblasen von Geld zu einer unentrinnbaren Totalität ist genau der Typus von schlechter Theorie (eigentlich Mythologie), der den Murks von Marx und seinen Nachplapperern so unbrauchbar, weil irreal macht.
A: Dass viele Tätigkeiten gibt, die nicht bezahlt werden oder die nicht zu bezahlen brauchen, das ist nicht der Streit hier. Es geht um deine Behauptung, dass Geld nicht die Grundlage ist in Kapitalismus ― Geld ist also nicht wichtig. Aber wie wirst du dann die Waren in Kapitalismus produzieren ohne Geld? Wie wirst du konsumieren, wenn diese Waren Preise haben und du kein Geld hast?
B: Das war und ist nicht meine Behauptung. Lächerlich. Selbstverständlich ist Kapitalismus, wie immer man ihn sonst definiert, an Geldwirtschaft gekoppelt. Allerdings ist eine Gesellschaft mehr und anders als ihre Wirtschaftsordnung. Und dieses Andere ist das Fundament, ohne das diese Wirtschaftsordnung nicht existieren könnte. Eine totale Geldwirtschaft, in der alles immer bezahlt werden muss (auch das Kommentieren auf Facebook oder ein Lächeln), könnte nicht funktionieren. Die Geldwirtschaft ist, wenn man so will, herrschend, aber sie ist nicht allbeherrschend.
A: Das Geld ist das Movens dieser Gesellschaft. So ziemlich alles ist davon abhängig. Wenn Facebook kein (großes) Geschäft wäre könnten du und ich hier nicht rumlabbern. Was du als Fundament begreifst, sind die Menschen mit ihren Bedürfnissen. Diese Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung nützt diese Bedürfnisse für Geschäfte aus.
B: Ein movens unter anderen, weiter komme ich nicht entgegen. Warum bestehe ich darauf, das Geld/Ware nicht alles ist? 1. Weil es schlechterdings nicht alles ist. 2 Weil es sonst müßig wäre, Gesellschaftskritik zu üben. Wenn es nichts mehr gäbe, was nicht kapitalisiert („kapitalistifiziert“) wäre, könnte man nur noch andächtig die Hände falten und ― darauf liefe ein ehrlicher Materialismus-Determinismus ja hinaus ―, beten, dass die eherne Gesetze der Geschichte den Kapitalismus irgendwie scheitern lassen und aus seinen Ruinen die klassenloses Gesellschaft aufersteht. Dieses marxianische Heilsversprechen („Es wird so kommen, weil es so kommen muss“) hat sich wie alle anderen marxistischen Prognosen und Analysen als Tinnef erwiesen. Will man gegen das Unrecht der Ausbeutung und Verdinglichung vorgehen, muss man es überhaupt erst als Unrecht begreifen, dass heißt, seine Notwendigkeit bestreiten (was notwendig ist, kann nicht falsch sein), dazu bedarf es ethischer Kriterien, die nicht ideologische Produkte einer Klassengesellschaft sind, sondern auch ohne diese Geltung haben (einfach, weil Menschen Menschen sind), und man muss alles, was besagtem Unrecht widerspricht, widersteht und sich ihm widersetzt stärken. Eben zum Beispiel jene keineswegs beiläufigen, sondern fundamentalen zwischenmenschlichen Beziehungen, die nicht warenförmig sind und nicht mit Geld bezahlt werden. Alles andere (Berufsrevolutionäre putschen, die Massen erwachen) hat sich als nicht zielführend erwiesen und im Gegenteil zu unendlichem Leid und einer Verschlimmerung der Herrschaftsverhältnisse geführt.
A: Dass der Geschichtsdeterminismus Unsinn ist, stimmt.
B: Aber wie kann man Materialist und Nichtdeterminist sein? Wenn alles nur Bewegung der Materie ist und diese den Naturgesetzen folgt ... folgt daraus logisch zwingend ein Geschichtsdeterminismus, oder sehe ich das falsch? Wo ist da noch Raum für Willensfreiheit, also z.B. die Möglichkeit, sich für oder gegen etwas zu entscheiden, Unrecht von Recht zu unterscheiden, ethisch richtig zu handeln?
A: Anscheinend funktioniert es doch ― dass das Geld die Welt regiert.
B: Nur lehrt die Erfahrung, dass Regierende, schon weil sie meist sehr doof sind, nichts gebacken kriegen, schon gar keine „Totalität“. Nicht mal Stalin konnte überall hineinregieren (Pol Pot & Co kamen dem sehr nahe), letztlich hat Solschenizyn über ihn triumphiert.
A: Also so eine Form von deterministischem Materialismus wäre absurd und auch logisch widersprüchlich. Die alten Sozialisten kamen wahrscheinlich auf den Geschichtsdeterminismus (sofern sie denn tatsächlich hatten), weil sie sich dachten, so (elendig) wie es ist kann es wohl nicht weitergehen. Da steckt viel Wunschdenken (nach einer besseren Zukunft) drinnen. Tatsächlich hat der Geschichtsdeterminismus viel mehr umgekehrt funktioniert. Die Geschichtsphilosophie, nach dem die Zukunft dem Sozialismus gehört, war eher eine Hinhaltetaktik für das eigene Klientel und für die Führungspersonen selber, nach dem Motto: jetzt und absehbar keine besseren Zeiten, aber in der Zukunft! Die Bolschewiki waren praktisch ganz undeterministisch. Um Revolutionen anzuzetteln, seine Gegner zu bekämpfen, Agitprop zu betreiben, braucht viel Willensstärke.
B: Völlig richtig, praktisch waren sie extreme Voluntaristen. (Geradezu nietzeanisch.) Aber theoretisch ist Marxismus doch Materilalismus und also Determinismus, oder nicht? Das ist jas eine dieser Verlogenheiten, die diese Ideologie so widerlich machen. Aber wahrscheinlich streut man ein bisserl Dialektik (fein geriebenen Hegel) darüber und, hocuspocus, alles ist vernünftig.
A: In hoch-industriellen kapitalistischen Staaten sind anscheinend die Regierenden nicht so doof, vlt doof von Deiner Erwartungen aus, aber im Hinblick auf ihre Ziele - sind sie schon erfolgreich. Und die Masse haben sie immer hinter sich und deshalb regiet das Geld weiterhin und stabil.
B: Das Ziel ist ziemlich primitiv: Die Reichen reicher machen. Den Rest in Schach halten. Das konnten so gar Kriminelle und Verrückte wie die Nazis und Bolschewisten. (Die es mit dem Schach etwas übertrieben.) Wenn du Figuren wie Merkel oder Kurz oder Johnson oder ... nicht für doof hältst, dann musst du sie wohl für phantastische Schauspieler halten, die sich nur dumm stellen. Leute wir Merz oder Spahn sind dann für dich gar nicht gefährliche Irre, sondern raffinierte Verschwörer? „Erfolg“ ist ja kein Kriterium für Intelligenz. Siehe Elon Musk. Ein unglaublicher Trottel, aber derzeit der reichste Mann der Welt. Man darf sich halt von Geld und „Klicks“ nicht imponieren lassen.
(9. November 2021)

Nazis oder doch Deutsche?

Was haben achtzig Jahre des Erinnerns, Gedenkens, Mahnens, Bewältigens eigentlich gebracht, wenn es immer noch heißt: Die Nazis haben dies getan, die Nazis haben jenes getan, und nicht: Die Deutschen waren es? Deutsche begingen Verbrechen, Deutsche ließen Unrecht zu. Deutsche, nicht bloß „die r Nazis“.
Es ist denen, die von den Tätern als Nazis reden, wenn eigentlich von Deutschen (samt Österreicherinnen und Österreicher und diversen sogenannten Volksdeutschen) die Rede sein müsste vermutlich oft gar nicht bewusst, wie ihre Formulierungen Verantwortung verlagern und Schuld verschieben. „Die Nazis, das scheint dann eine fremd Macht zu sein, eine Besatzungsmacht gleichsam, die die Deutschen terrorisierte und zu Gehorsam und Verbrechen zwang. 
Das war aber nicht so. Es stimmt, die nationalsozialistische Herrschaft war eben dies: eine Herrschaft, sie war äußerst repressiv und regierte mit Drohung, Zwang, Einschüchterung, aber eben auch mit nicht nur erzwungener Zustimmung und mit vielfältig geförderter Begeisterung. Der Nationalsozialismus kam an die Macht, weil einige politische Akteure das so wollten, andere dem nichts entgegenzusetzen hatten und viele dafür stimmten. Er hielt sich an der Macht, weil er Widerspruch unterdrückte und das Mitmachen teils abnötigte, teils lohnend und befriedigend erscheinen ließ. Die Mehrheit der Deutschen war bis zuletzt nicht nur nicht gegen Hiler & Co., sondern aktiv dafür. Die Herrschaft der Nazis wurde von der Bevölkerung getragen, die Affekte, die sie voraussetzte und bearbeitete, stammten aus der gesamten Bevölkerung. Nur wenige konnten sich abseits halten, nur sehr, sehr wenig setzten dem Regime Widerstand entgegen. In diesem Sinne kann und muss man sagen: Das nationalsozialistische Deutschland war 1933 bis 1945 das real existierende Deutschland und seine Bürgerinnen und Bürger, die Deutschen, waren allesamt Ausführende und Mitgestalter nationalsozialistischer Vorgaben.
Darum muss man beispielsweise sagen: Nein, nicht die Nazis haben Polen überfallen, sondern Deutschland überfiel Polen. Die deutsche Wehrmacht tat es, und darin waren zwar nicht alle Nazis, aber alle gehorchten ihrem Führer. Nicht bloß die Nazis haben Juden erschlagen, erschossen, vergast usw., sondern die Deutschen.
Ja, „die Deutschen“  und nicht bloß „Deutsche“, selbstverständlich nicht alle gleichermaßen, aber eben doch als Kollektiv. Wie man ja auch sagt: Die Deutschen haben den Krieg verloren. Die Deutschen bauten ihr Land wieder auf. Den Deutschen gelang das Wirtschaftswunder. Die Deutschen wurden Demokraten. Die Deutschen essen 40 Kilogramm Brot im Jahr. 
Solche Verallgemeinerungen sind nötig, weil jede pauschale Differenzierung die Wahrheit verzerrt. Die Deutschen lieben ihre Autobahnen: Nein nicht jeder, manche hassen sie, manche haben gar kein Auto usw. Aber Tatsache ist, dass die Gesellschaft als ganze sich diese Verkehrsflächen leistet, dass sie als typisch deutsche Errungenschaft gelten und Teil dessen sind, was man als kollektives Selbstbild (das niemand hat, sondern alle sozusagen haben) bezeichnen könnte.
In der Nazi-Zeit waren die Deutschen Nazis, nicht alle, aber viele, und kaum jemand war ein Anti-Nazi. Nicht nur das Regime war nazistisch, sondern die Gesellschaft als ganze war nazifiziert. Die damals begangenen Verbrechen als solche „der Nazis“ zu etikettieren, bedeutet, die zu entlasten, die durch ihr Handeln und Unterlassen schuldig und mitschuldig wurden, egal, was ihre pesönlichen Überzeugungen (oder institutionellen Zugehörigleiten) gewesen sen mögen. Man musste aber eben gar kein (im engeren Sinne) Nazi sein, um als Nazi zu handeln. Deutscher oder Deutsche zu sein (oder Hilfswillige und Hilfswilliger) genügte völlig.
Wenn nun also eine rhetorische Unterscheidung zwischen „den Nazis“ und (zumindest implizit im Gegensatz dazu) „den Deutschen“ bedenkenlos praktiziert wird, steht zu befürchten, dass das Monströse nicht als Teil der eigenen kollektiven Geschichte, sondern als bloß historisches Phänomen, das irgendjemandem zugestoßen ist, mit dem man eigentlich nichts zu tun hat, zur Seite geschoben wird. Dabei ginge es stattdessen selbstverständlich nicht darum, sich mit dem Nazismus zu identifizieren, sondern darum, sich nicht durch dessen Abspaltung selbst auf die Seite bloßer Zuschauer oder gar der Opfer zu stellen. Die Nazis waren furchtbar. Was haben wir (unsere Vorfahren) nicht alle unter ihnen gelitten! Diese „Bewältigungspolitik“ setzte schon 1945 ein. Wenn sie acht Jahrzehnte später immer noch den Kern der mit Stolz vollzigenen Erinnerunspolitik ausmacht, ist das entsetzlich.

Mittwoch, 5. November 2025

Notiz zur Zeit (263)

Ist es nicht erschreckend, dass über 40 Prozent der bei der Bürgermeisterwahl in New York den widerlichen Trottel Cuomo gewählt haben und nur etwas mehr als die Hälfte den einzig möglichen Bewerber Mamdani?
 
Die deutsche Bundesregierung bot ehemaligen afghanischen sogenannten Ortskräften der Bundswehr Geld an, wenn sie auf ihr Recht, mit ihren Familien in die BRD überzusiedeln, weil sie in ihrer Heimat als Kollaborateure mit einer westlichen Besatzungsmacht an Leib und Leben bedroht sind, Geld an. Kann man so viel Unmoral fassen? Aber was ist schon ein bisschen Penunze, wenn man damit rund 2.000 weitere Muslime und Musliminnen davon abhalten kann, Deutschland umzuvolken? Diese Leute gehören nicht hierher, und wenn sie krepieren, sagt der brave Deutsche: Hoppla.
 
Probleme im Stadtbild und kein Ende. Was eigentlich Merzens politischer Karriere einen Knick hätte verpassen müssen, wenn es mit anständigen und rationalen Dingen zuginge, hat ihm und seiner  Diskriminierungstruppe anscheinend viel Zuspruch verschafft. Rassismus zieht. Dummheit zieht.
 
Und bringt anscheinend auch Quote. Darum ließ der Quasselkönig Lanz unlängst mal wieder die Putinpropagandasprecherin Wagenknecht in seiner Sendung Putinpropaganda sprechen, obwohl die Ausrede, sie sitze halt im Parlament, nicht mehr besteht. Na, der dummdreisten Schwätzerin hat Frau Aljochina (ehemals bei Pussy Riot) dann aber zu Recht einen linken Haken verpasst! Leider nur verbal. Doch darum geht es ja und nicht um vernünftige Debatte: Rambazamba, Haligali, Stimmung in der Bude. Wer schaut solchen Dreck? (Mir hat man davon erzählt.)

Dienstag, 4. November 2025

Notiz zur Zeit (262)

Was erlaubt sich Wadephul? Seine Kollegen von der Partei, die aus unerfindlichen Gründen (nachvollziehbar ist nur Täuschungsabsicht), das C im Namen führt, sind zu recht empört über den Außenminister der BRD. Wie kann der mann mit eigenen Augen vor Ort sehen und sagen, dass zur Zeit eine Rückkehr syrischer Flüchtlinge in ihr zerstörtes Land schwierig bis unmöglich ist? Frechheit! Sofort muss wieder in dauerschleife etwas von Kriminellen und Gefährdern, die dringend deportiert werde müssen, geplärrt werden. Die Realität interessiert sie nicht, das Gesetz interessiert sie nicht, Ethik interessiert sie nicht. Ihr Interesse gilt einzig und allein dem Rassismus. Und die Pointe: Gerade damit ist die Partei, die ihrer Partei die Stimmen klaut, viel erfolgreicher. 
Was als anderes Projekt der C-Partei erschenen könnte, die Verschmelzung (imaginärer) Wirtschaftskompetenz“ mit (realem) „Sozialabbau“, ist in Tat und Wahrheit dasselbe. Rassismus und Diskreditierung des Sozialstaates zielen beide auf die Schwächsten in der Gesellschaft, präsentieren der Mittelschicht Sündenböcke, deren Opferung Abstiegsängste beschwichtigen und Aufstiegshoffnungen unmoralisch absichern soll. Nicht die Reichen und Superreichen, deren Zahl und Vermögen wächst und wächst und wächst, sind das Problen, schon gar nicht die von der profitmaximierenden Politik der Ausbeutung (von Mensch und Natur) erzeugten sozialen, ökonomischen und ökologischen Katastrophen,  sondern eine angeblich schwächelnde Wirtschaft. Es muss mal wieder kräftig gespart werden. Nicht beim Subventionieren von Gier und Wahn, sondern bei den Wehrlosen, Nichtrepräsentierten, Entbehrlichen. 
Hingegen muss der hedonistsche Lebensstil zementiert werden: Energieverbrauch, Müllproduktion, rascher Warenwechsel sind Grundpfeiler des Konsumismus und der destruktiven Ökonomie, der jener dient. Dafür isst man immerhin ja (in Wahrheit zu nullkommajosef Prozent) vegan und düst mit Strom (der immer noch aus der Steckdose kommt). Auch das beruhigt.
Die C-Partei ist mit ihrer Neigung zu Unmenschlichkeit, Selbstverkennung und tolpatscgiger Inkompetenz (aus in Sachen Selbstbereicherung) die miefig-altbackene Variante der real existierenden Taktiken, vom Widerspruch von Wirklichkeit und Ideologie abzulenken. Die fundamentale Krise, die die kapitalistischen Lebensweisen bewirken, wird umgedeutet in eine Bedrohung von erhalteswerten Gewohnheiten. Gerade durch die Lust aber, falsche Schuldige zu finden und zur Eliminierung vortzuschlagen, ist sie keine Alternative zur rechtsextremen Konkurrenz, sondern nur deren zögerliche Vorform. Sie pflastert sozusagen mit ihrer Dummheit den Weg, den das Unheil dann umso bequemer nehmen kann.

Samstag, 1. November 2025

Unterwegs (33)

Auf der Straße. Sie: „Guten Tag. Wir sammeln für eine Suppenküche. Ich: „Das tut mir aber leid, ausgerechnet heute habe ich keine Suppe dabei.“