Anfangs hatte er versucht, aus der Wirklichkeit Kapital zu schlagen, aber die gab nichts her. Dann hatte er sich auf das Vorstellungsvermögen verlegt, aber das lachte ihn nur aus, ohne dabei eine Miene zu verziehen, und tröpfelte weiter vor sich hin. Schließlich dachte er sich etwas aus, gab sich nüchtern kalkulierend, spekulierte wild und verschob Zahlen hin und her, bis sie unvorstellbate Summen ergaben, und siehe da: Nun zogen Phantasie und Realität nach. Alle Welt rechnete mit einer fabelhaften Zukunft und gab ihm Kredit.
Mittwoch, 27. April 2022
Dienstag, 26. April 2022
Balkern und Splitter (77)
„… da die NATO gerade wieder zeigt, was eigentlich schon seit 1999 hätte erkennbar sein müssen: Dass sie nämlich das aggressivste Militärbündnis der Welt ist und uns nun an den Rand oder in den 3. Weltkrieg treibt.“
Ich weiß nicht, ob man geisteskrank sein muss, um für „Telepolis“ zu schreiben, aber offensichtlich erleichtert ein gehöriger Dachschaden es sehr, auf strikt antiwestlicher Redaktionslinie zu bleiben, egal wie die Realität aussieht.
Russlands Überfall auf die Ukraine zeigt, dass die NATO ein „aggressives“ Verteidigungsbündnis ist? Russland Drohung mit Atomwaffen hingegen geschieht dann in dieser Weltsicht wohl aus reiner Friedensliebe. Weiters: Massaker sind Beiträge zur Völkerverständigung und Vergewaltigungen und Plünderungen beweisen nur, wie zurückhaltend und anständig die russischen Streitkräfte sind.
Journalismus als psychiatrisches Phänomen.
Einen Angriffskrieg zu führen, ist eine Straftat. Die Befürwortung einer Straftat ist ebenfalls eine Straftat. Also müssten eigentlich all die Laptopkriminellen, die die Propagandaformel von den „legitimen Sicherheitsinteressen Russlands“ (die offensichtlich einfach dadurch gefährdet sind, dass Russlands Nachbarländer nicht überfallen werden wollen) nachplappern, in den Knast.
Das könnte Vladimir, der Schlächter, doch am 9. Mai bei der Siegesparade feiern: Dass Finnland und Schweden der NATO beitreten möchten (und werden). Das immerhin hat er erreicht.
Ich weiß nicht, ob man geisteskrank sein muss, um für „Telepolis“ zu schreiben, aber offensichtlich erleichtert ein gehöriger Dachschaden es sehr, auf strikt antiwestlicher Redaktionslinie zu bleiben, egal wie die Realität aussieht.
Russlands Überfall auf die Ukraine zeigt, dass die NATO ein „aggressives“ Verteidigungsbündnis ist? Russland Drohung mit Atomwaffen hingegen geschieht dann in dieser Weltsicht wohl aus reiner Friedensliebe. Weiters: Massaker sind Beiträge zur Völkerverständigung und Vergewaltigungen und Plünderungen beweisen nur, wie zurückhaltend und anständig die russischen Streitkräfte sind.
Journalismus als psychiatrisches Phänomen.
Einen Angriffskrieg zu führen, ist eine Straftat. Die Befürwortung einer Straftat ist ebenfalls eine Straftat. Also müssten eigentlich all die Laptopkriminellen, die die Propagandaformel von den „legitimen Sicherheitsinteressen Russlands“ (die offensichtlich einfach dadurch gefährdet sind, dass Russlands Nachbarländer nicht überfallen werden wollen) nachplappern, in den Knast.
Das könnte Vladimir, der Schlächter, doch am 9. Mai bei der Siegesparade feiern: Dass Finnland und Schweden der NATO beitreten möchten (und werden). Das immerhin hat er erreicht.
Montag, 25. April 2022
Vous avez choisi
Zum wievielten Mal nun schon wird jemand in Frankreich zum Präsidenten gewählt, weil der Gegenkandidat rechtsextrem ist? Diesen Trick hatte schon Jacques Chirac drauf. Herrn Macron wollte ja in freier Wahl nur ein Fünftel der Wahlberechtigten zum Staatschef haben. Durch Reduktion der Wahlmöglichkeit wurden daraus im zweiten Urnengang stolze 38,5 Prozent. Immer noch legten also 61,5 Prozent keinen Wert darauf, diesen Kerl zum Präsidenten zu haben. Ach, Demokratie ist eine feine Sache, wenn man’s richtig dreht.
Ich sage nicht, es wäre besser gewesen, in der Stichwahl aus Trotz die faschistische Hexe zu wählen. Andererseits … Soll die Dreckrepublik doch vor die Hunde gehen. Sie hätte es verdient. Und wenn sie nicht gerade zur Unterstützung der Ukraine gebraucht würde, wäre ich sogar sehr dafür.
Ich sage nicht, es wäre besser gewesen, in der Stichwahl aus Trotz die faschistische Hexe zu wählen. Andererseits … Soll die Dreckrepublik doch vor die Hunde gehen. Sie hätte es verdient. Und wenn sie nicht gerade zur Unterstützung der Ukraine gebraucht würde, wäre ich sogar sehr dafür.
Sonntag, 24. April 2022
Glosse C
Warum der Vorname Janine als Dschanihn und nicht als „Dschanihne“ ausgesprochen wird, verstehe ich nicht. (Eine Spur wäre vielleicht die auch vorkommende amtliche Schreibung „Janin“ …).
Ich warte übrigens noch auf „Tschantal“.
Glosse XCIX
Hypostathisiert. Schreibt eine Literaturwissenschaftlerin. Gewiss kein Tippfehler, sondern ein Qualifikationsnachweis. Und weil im akademischen Milieu eine von der anderen abschreibt, wird das wohl irgendwann im Duden landen: die Hypostathase, das Hypostathisieren.
Reklame (III)
Immer wenn ich
unfreiwilligerweise die Tefauwerbung für die Tefausendung „Queen
of the Universe“ sehe, sympathisiere ich spontan mit Homo- und
Transphobie.
Vous avez la choix
Was darf es sein? Pest oder Cholera? Was für eine gesunde Demokratie, in der man die Wahl hat zwischen einem inkompetenten, asozialen, neoliberalen Populisten, der gern mit Putin telephoniert, und einer von Putin teilfinanzierten, neoliberalen, asozialen, populistischen Nationalistin? Er verkündet vom Wahlplakat „Nous tous“, sie „Pour tous les français“. Da geht einem doch das Herz auf bei so viel alternativlosem Kollektivismus.
Freitag, 22. April 2022
Bemerkung über Glauben und Unglauben
„… und dennoch wird kein Atheist sich von den Sätzen dieses Buches überzeugen lassen, an ein Gott zu glauben.“ (aus einer Buchrezension)
Hier liegt offensichtlich ein Missverständnis vor. Nichts, was jemand sagt oder schreibt, wird je einen Atheisten einsehen lassen, dass er sich irrt und sein Atheismus völliger Blödsinn ist. Atheismus ist, wie übrigens auch der ausdrückliche Glaube an Gott, kein Ergebnis einer Abwägung rationaler Argumente. Ob man (im religiösen Sinne) glaubt oder nicht, ist eine existenzielle Entscheidung. Denn „glauben“ heißt eben nicht bloß, etwas für wahr zu halten, und schon gar nicht, etwas lediglich zu vermuten, etwas grundlos anzunehmen (etwa im Sinne der selbstgefälligen Formel „glauben heißt nicht wissen“), sondern im emphatischen, religiösen, eigentlichen Sinn bedeutet zu glauben, das ganze eigene Dasein auf das Dasein Gottes hin offenzuhalten, ihm sich auszusetzen und alles davon zu erwarten.
Man glaubt, wie man liebt (wenn man denn wirklich liebt): also nicht unter nüchtern gewichtender Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, die dafür oder dagegen sprechen. Man glaubt, wie man liebt (wenn man denn wirklich liebt): weil man muss. Weil man nicht anders kann. Man glaubt, weil es wahr ist und gut und schön. Und nur weil man schon glaubt, können einen Argumente für den Glauben ansprechen. Sie sind sozusagen die intellektuelle Dreingabe zur existenziellen Hingabe.
So haben etwa all die „Gottesbeweise“ der Philosophen wohl noch niemanden zum Glauben gebracht. Und deren Widerlegung hat andererseits noch niemanden, der wirklich glaubt, vom Glauben abfallen lassen. Gottesbeweise und andere philosophische Rekonstruktionen theologischer Aussagen sind lediglich Versuche, verstandesmäßig einzuholen, was das Herz bereits weiß. Nicht, weil Glaube und Wissen Gegensätze wären, sondern weil im Gegenteil Wissen Glauben voraussetzt ― im trivialen wie im emphatischen Sinn: Ohne etwas für wahr zu halten, kann man auch nichts sicher wissen, und ohne Gottesverhältnis gibt es auch kein Verhältnis zu Menschen und Dingen in der Welt.
Wer hingegen hartnäckig gesinnt ist, ungläubig zu bleiben, den wird auch das klügste Argument nicht überzeugen können. Ohne genuine religiöse Erfahrung kein Glaube, ohne Offenheit für den Glauben keine religiöse Erfahrung. Wer nicht glauben will, mehr noch: wer explizit nicht-glauben will, der wird auch nicht glauben. Solche Verbohrtheit, Verschlossenheit, Sturheit und existenzielle Selbtverstümmelung drückt sich zum Beispiel in der Verwendung von Wendungen wie „an einen Gott glauben“ aus. Als ob es nicht um Gott, sondern um „einen Gott“ ginge, irgendeinen, einen beliebigen. Als ob Glaubensinhalte beliebig austauschbar wären und es nicht um Wahrheit und Ewigkeit ginge.
Allerdings ist es im Grund eigentlich so, dass es unmöglich ist, nicht an Gott zu glauben. Jeder Mensch glaubt an Gott, aber manche wissen es nicht. Jeder glaubt, aber der eine oder andere macht mal mehr, mal weniger, mal gar nichts daraus. Glaubensschwäche bis hin zum Glaubensverlust ist in den modernen Gesellschaften weit verbreitet. Und viele, die zu glauben glauben, benützen den Glauben nur als Vorwand, hinter dem sie ihren Aberglauben und praktischen Atheismus verbergen (auch vor sich selbst).
Ein dezidierter Unglaube ist jedenfalls ein Selbstmissverständnis. Wer glaubt, nicht zu glauben, irrt. Er verkennt seinen Daseinsgrund. Glauben und existieren ist dasselbe. Der Wille zum Unglauben ist Wille zur Unwahrheit, also zur Bosheit. Wer Gott ablehnt, den vollkommen Guten, lehnt den Ursprung alles Guten und damit dieses selbst ab. Einsicht und Umkehr wären zwar möglich, aber das bedeutete, die eigene Existenz von Grund auf umzukrempeln und sich auf Gedeih und Verderb der Gnade auszuliefern. Wer will das schon?
Lieber behauptet man, man wisse über das Bescheid, was das menschliche Denken nicht fassen kann. Endliche Wesen maßen sich an, Unendliches zu beurteilen, das doch ihr Urteilsvermögen grundsätzlich übersteigt.
Nur der Glaube an Gott kann verstehen lassen ― wenn auch selbstverständlich nur höchst unvollkommen ―, was es mit dem Dasein Gottes für die Menschen auf sich hat. Der dezidierte Unglaube hingegen, der davon nichts wissen will, verschließt sich mutwillig der Einsicht und beschädigt damit die Vernunft.
Man glaubt, wie man liebt (wenn man denn wirklich liebt): also nicht unter nüchtern gewichtender Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, die dafür oder dagegen sprechen. Man glaubt, wie man liebt (wenn man denn wirklich liebt): weil man muss. Weil man nicht anders kann. Man glaubt, weil es wahr ist und gut und schön. Und nur weil man schon glaubt, können einen Argumente für den Glauben ansprechen. Sie sind sozusagen die intellektuelle Dreingabe zur existenziellen Hingabe.
So haben etwa all die „Gottesbeweise“ der Philosophen wohl noch niemanden zum Glauben gebracht. Und deren Widerlegung hat andererseits noch niemanden, der wirklich glaubt, vom Glauben abfallen lassen. Gottesbeweise und andere philosophische Rekonstruktionen theologischer Aussagen sind lediglich Versuche, verstandesmäßig einzuholen, was das Herz bereits weiß. Nicht, weil Glaube und Wissen Gegensätze wären, sondern weil im Gegenteil Wissen Glauben voraussetzt ― im trivialen wie im emphatischen Sinn: Ohne etwas für wahr zu halten, kann man auch nichts sicher wissen, und ohne Gottesverhältnis gibt es auch kein Verhältnis zu Menschen und Dingen in der Welt.
Wer hingegen hartnäckig gesinnt ist, ungläubig zu bleiben, den wird auch das klügste Argument nicht überzeugen können. Ohne genuine religiöse Erfahrung kein Glaube, ohne Offenheit für den Glauben keine religiöse Erfahrung. Wer nicht glauben will, mehr noch: wer explizit nicht-glauben will, der wird auch nicht glauben. Solche Verbohrtheit, Verschlossenheit, Sturheit und existenzielle Selbtverstümmelung drückt sich zum Beispiel in der Verwendung von Wendungen wie „an einen Gott glauben“ aus. Als ob es nicht um Gott, sondern um „einen Gott“ ginge, irgendeinen, einen beliebigen. Als ob Glaubensinhalte beliebig austauschbar wären und es nicht um Wahrheit und Ewigkeit ginge.
Allerdings ist es im Grund eigentlich so, dass es unmöglich ist, nicht an Gott zu glauben. Jeder Mensch glaubt an Gott, aber manche wissen es nicht. Jeder glaubt, aber der eine oder andere macht mal mehr, mal weniger, mal gar nichts daraus. Glaubensschwäche bis hin zum Glaubensverlust ist in den modernen Gesellschaften weit verbreitet. Und viele, die zu glauben glauben, benützen den Glauben nur als Vorwand, hinter dem sie ihren Aberglauben und praktischen Atheismus verbergen (auch vor sich selbst).
Ein dezidierter Unglaube ist jedenfalls ein Selbstmissverständnis. Wer glaubt, nicht zu glauben, irrt. Er verkennt seinen Daseinsgrund. Glauben und existieren ist dasselbe. Der Wille zum Unglauben ist Wille zur Unwahrheit, also zur Bosheit. Wer Gott ablehnt, den vollkommen Guten, lehnt den Ursprung alles Guten und damit dieses selbst ab. Einsicht und Umkehr wären zwar möglich, aber das bedeutete, die eigene Existenz von Grund auf umzukrempeln und sich auf Gedeih und Verderb der Gnade auszuliefern. Wer will das schon?
Lieber behauptet man, man wisse über das Bescheid, was das menschliche Denken nicht fassen kann. Endliche Wesen maßen sich an, Unendliches zu beurteilen, das doch ihr Urteilsvermögen grundsätzlich übersteigt.
Nur der Glaube an Gott kann verstehen lassen ― wenn auch selbstverständlich nur höchst unvollkommen ―, was es mit dem Dasein Gottes für die Menschen auf sich hat. Der dezidierte Unglaube hingegen, der davon nichts wissen will, verschließt sich mutwillig der Einsicht und beschädigt damit die Vernunft.
Mittwoch, 20. April 2022
Montag, 18. April 2022
Putin’s Little Helpers
Mit diesen Leuten, die sich derzeit von ihren gutgeheizten, unbombardierten Wohnungen aus so sehr für Fahnenflucht und das Sabotieren von Rüstungsbetrieben begeistern ― bei den ukrainischen Verteidigern, wo derlei meines Wissens gar nicht stattfindet, versteht sich, und nicht etwa bei den russischen Angreifern und Kriegsverbrechern ―, mit diesen Parteigängern des organisierten Defätismus also hätte ich 1939 bis 1945 nicht in einem alliierten Land im Exil sein mögen. Ich hätte mich vor ihnen geekelt und gehofft, als echter Friedensfreund nicht mit ihnen verwechselt zu werden. Man hätte sie nämlich vermutlich verhaftet, verurteilt und weggesperrt oder womöglich sogar hingerichtet als Agenten Hitlers. Zu Recht, finde ich, zu Recht.
Samstag, 16. April 2022
Nach mehr als sieben Wochen
„Keiner der Leute, die da entweder für Russland oder die NATO in den Krieg ziehen, ist dort freiwillig.“ Ich gebe zu, für solche Sätze verachte ich F. Es macht mich wütend, dass solcher Unsinn geäußert und vielleicht sogar geglaubt wird. Aber eigentlich sollte F. mir leid tun. Er ist ein armes Würstchen, gebeutelt von den Wendungen der ideologischen Richtung, der er gerade anhängt, als Marxist aber immer überzeugt von der völlig Richtigkeit seiner wechselnden Positionen, immer also autoritär. Und insofern sich treu bleibend.
Von der Realität lässt er sich dabei nicht irre machen. So war er von Anfang an für ein strenges Anti-Corona-Regime, egal, wie groß die Bedrohung durch das Virus wirklich war und ob die Maßnahmen, die ihm gar nicht scharf genug ausfallen konnten, etwas bewirkten oder nicht. Er war auch unbedingt fürs Impfen, alles andere schien im geradezu faschistisch. Dass er mit seiner Unterstützung des staatlichen Zwangs die Partei des Kapitals ergriff (Pharma-Konzerne, Bezos, Gates usw.) ignorierte er oder sah es womöglich „dialektisch“: Erst muss es mit dem Kapitalismus ganz schlimm kommen, dann treten die proletarischen Massen als Messias auf.
Schon 2014 übrigens sah F. im Euro-Maidan und dem Sturz der antieuropäischen, putinfreundlich Regierung der Ukraine durch eine zu Recht aufgebrachte, proeuropäische und demokratiewillige Bevölkerung einen vom Westen gesteuerten faschistischen Putsch. Auch hier beschäftigte er sich nicht mit der Wirklichkeit, wie sie etwa von Ukrainerinnen und Ukrainer erzählt wurde, sondern nur mit seinen Ressentiments und Vorurteilen. F. sieht die Welt wie Putin (und schon Stalins): Wer nicht für die Diktatur Russlands ist, ist ein Nazi.
Derzeit kann F. selbstverständlich den russländischen Angriffskrieg nicht verteidigen, das wäre zu abseitig, also verurteilt er ihn, aber er weiß allerhand Aber: Aber die aggressive Osterweiterung der NATO … aber das Hochrüsten der Ukraine … aber das Asow-Regiment …
So kommt es dann auch zu widerwärtigem Unsinn wie dem Eingangs zitierten Satz. Der selbstverständlich völliger Blödsinn ist. Russlands Soldaten werden zum Kriegführen gezwungen, aber aus der ganzen Ukraine (und aus anderen Ländern!) melden sich Männer und Frauen freiwillig an die Front. Sie kämpfen nicht für die NATO (und sind nicht dümmer als F. und durchschauen nicht wie er, dass hier die westliche Weltverschwörung ― Yankees? Plutokraten? Juden? Freimaurer? Katholiken? ― die Strippen zieht), um ihr Land, ihre Mitbürger, ihre Demokratie, ihre Freiheit, ihre Würde zu verteidigen.
Wäre es wirklich die NATO, die gegen Russland Krieg führte (Warum sollte sie das wollen? Warum sollte sie es, wenn sie es täte, nicht zugeben? Aus Angst vor Russland?), dann wäre der Krieg schon zu Ende und Moskau ausradiert. Putin säße allenfalls irgendwo in Sibirien im Bunker und überlegte, ob er sich erschießen oder noch nach China fliehen sollte. Das wäre freilicheine realistische sicht der Dinge und derlei interessiert F. nicht.
Nochmals: Niemand kämpft in der Ukraine für die NATO. Das ist ein irres Weltbild, geradezu krankhaft antiwestlich und damit faktisch pro Putin, der dieselben Lügen propagiert. Wie kann man solchen Quatsch glauben oder erfinden oder gut finden? Bei Typen wie F. habe ich immer das Gefühl, dass da ein bisschen Sehnsucht nach dem Großen Bruder im Spiel ist, eine Hoffnung, die Ex-Sowjetunion könnte doch noch als eurasischer Neobolschewismus wiederauferstehen. Auch das fände ich allerdings, wenn es denn stimmte, völlig armselig und verachtenswert.
Von der Realität lässt er sich dabei nicht irre machen. So war er von Anfang an für ein strenges Anti-Corona-Regime, egal, wie groß die Bedrohung durch das Virus wirklich war und ob die Maßnahmen, die ihm gar nicht scharf genug ausfallen konnten, etwas bewirkten oder nicht. Er war auch unbedingt fürs Impfen, alles andere schien im geradezu faschistisch. Dass er mit seiner Unterstützung des staatlichen Zwangs die Partei des Kapitals ergriff (Pharma-Konzerne, Bezos, Gates usw.) ignorierte er oder sah es womöglich „dialektisch“: Erst muss es mit dem Kapitalismus ganz schlimm kommen, dann treten die proletarischen Massen als Messias auf.
Schon 2014 übrigens sah F. im Euro-Maidan und dem Sturz der antieuropäischen, putinfreundlich Regierung der Ukraine durch eine zu Recht aufgebrachte, proeuropäische und demokratiewillige Bevölkerung einen vom Westen gesteuerten faschistischen Putsch. Auch hier beschäftigte er sich nicht mit der Wirklichkeit, wie sie etwa von Ukrainerinnen und Ukrainer erzählt wurde, sondern nur mit seinen Ressentiments und Vorurteilen. F. sieht die Welt wie Putin (und schon Stalins): Wer nicht für die Diktatur Russlands ist, ist ein Nazi.
Derzeit kann F. selbstverständlich den russländischen Angriffskrieg nicht verteidigen, das wäre zu abseitig, also verurteilt er ihn, aber er weiß allerhand Aber: Aber die aggressive Osterweiterung der NATO … aber das Hochrüsten der Ukraine … aber das Asow-Regiment …
So kommt es dann auch zu widerwärtigem Unsinn wie dem Eingangs zitierten Satz. Der selbstverständlich völliger Blödsinn ist. Russlands Soldaten werden zum Kriegführen gezwungen, aber aus der ganzen Ukraine (und aus anderen Ländern!) melden sich Männer und Frauen freiwillig an die Front. Sie kämpfen nicht für die NATO (und sind nicht dümmer als F. und durchschauen nicht wie er, dass hier die westliche Weltverschwörung ― Yankees? Plutokraten? Juden? Freimaurer? Katholiken? ― die Strippen zieht), um ihr Land, ihre Mitbürger, ihre Demokratie, ihre Freiheit, ihre Würde zu verteidigen.
Wäre es wirklich die NATO, die gegen Russland Krieg führte (Warum sollte sie das wollen? Warum sollte sie es, wenn sie es täte, nicht zugeben? Aus Angst vor Russland?), dann wäre der Krieg schon zu Ende und Moskau ausradiert. Putin säße allenfalls irgendwo in Sibirien im Bunker und überlegte, ob er sich erschießen oder noch nach China fliehen sollte. Das wäre freilicheine realistische sicht der Dinge und derlei interessiert F. nicht.
Nochmals: Niemand kämpft in der Ukraine für die NATO. Das ist ein irres Weltbild, geradezu krankhaft antiwestlich und damit faktisch pro Putin, der dieselben Lügen propagiert. Wie kann man solchen Quatsch glauben oder erfinden oder gut finden? Bei Typen wie F. habe ich immer das Gefühl, dass da ein bisschen Sehnsucht nach dem Großen Bruder im Spiel ist, eine Hoffnung, die Ex-Sowjetunion könnte doch noch als eurasischer Neobolschewismus wiederauferstehen. Auch das fände ich allerdings, wenn es denn stimmte, völlig armselig und verachtenswert.
Gewissen Friedensfreunden ins Stammbuch
„Frieden schaffen
ohne Waffen!“ Ja, macht doch. Hält euch ja keiner auf, das zu
versuchen. Haltet Russlands völlig enthemmte Soldateska ohne Waffen
davon ab, die Ukraine zu überrennen. Verhindert ohne Waffen, dass in
eroberten Gebieten Menschen gefoltert und massakriert werden. Ohne Waffen den
stattfindenden Krieg zu beenden, macht das mal, ich sähe das wirklich gern.
Denn euer Anliegen ― eine Welt ohne Krieg, ohne Rüstung, ohne Drohung
mit militärischer Gewalt ― ist auch das meine. Aber der Weg zur
Hölle ist mit guten Absichten gepflastert. Wie kommt man also von einem
Anliegen zu dessen Verwirklichung? Wer nicht zwischen Angriff und
Verteidigung unterscheidet, wem unterschiedslos nur ein „Hört auf
mit dem Krieg!“ einfällt, während Menschen um ihr Leben, um ihre
Freiheit, ihre Würde kämpfen, der verhindert keinen Krieg und trägt
nichts dazu bei ihn zu beenden. Der arbeitet denen zu, die die
Aggression wollen. Pazifismus ist nichts für Naivlinge,
Realitätsferne und Sentimentale. Pazifismus ist harte Arbeit, die
Umsicht und Maß erfordert. Man muss sich auch mal eingestehen, dass
ein berechtigter Wunsch im Augenblick nicht erfüllbar ist und dass
alles Quengeln („Ich will aber“) kontraproduktiv ist. Der
Adressat für „Stopp war!“ ist Putin, nicht die ukrainische
Nation, also demonstriert in Moskau oder vor moskowitischen
Einrichtungen. Aber unterstützt mit aller Kraft die Anstrengungen
der Ukrainerinnen und Ukrainer für ihre gerechte Sache, der Sache
aller anständigen Menschen, nämlich letztlich für einen gerechten
Frieden durch Abwehr des Unrechts zu kämpfen, auch mit militärischen Mitteln.
Sonst verhindert ihren keinen Krieg, sondern nehmt unwillkürlich
daran teil, dann aber auf der falschen Seite.
Donnerstag, 14. April 2022
Steinmeier ist immer doch da
Was für eine Pointe! Er habe gar keine offizielle Anfrage des deutschen Bundespräsidenten zwecks Besuch der Ukraine erhalten. Sagt Präsident Selenskyj. Treffer, versenkt. Die ganze Aufregung über freche Ukrainer, die die enorme Hilfe der Deutschen mit Unhöflichkeit danken, war also eine typisch teutonische Luftnummer. Es gab keine Einladung, also auch keine Ausladung, keine Anfrage, also auch keine Absage. Die Kommentatoren aus Politik und Medien können ihre anti-ukrainische Ressentiments wieder wegstecken. Jene hingegen, und das waren doch einige, die Steinmeiers Beitrag zu Putins ungestörtem Machterhalt und ungestrafter Angriffslust erörterten, bleiben im Recht. Und auch die Forderung, Steinmeier (und Schwesig und ...) müsse weg, ist nach wie vor gerechtfertigt.
Mittwoch, 13. April 2022
Glosse XCVIII
Myzell, Bennefitz-Konzert: Die Ausbeute von wenigen Minuten Fernsehen. Nun frage ich mich: Werden die Leute in den Medien immer ungebildeter, dass sie Wörter nicht mehr richtig aussprechen können? Oder bin ich einfach alt, griesgrämig und störe mich an Dingen, die ich früher gnädig überhört habe?
Balken und Splitter (76)
„Vielen Dank, dass Sie uns unsere, äh, Ihre Meinung schicken.“ Ups, da hätte die Tefaumoderatorin fast ausgeplaudert, welche Zuschauerreaktionen erwünscht sind.
„Schanghai: Steigende Infektionen trotz Lockdown.“ Das wird freilich nur den wundern, der weiterhin stur die längst bekannte Tatsache ignoriert, dass weder Lockdowns noch etwa eine Maskenpflicht das „Infektionsgeschehen“ irgendwie beeinflussen. Wenn also nicht einmal das rücksichtslose kommunistische Regime Chinas es schafft, das Virus quasi niederzuprügeln, dann schaffen es die butterweichen Demokratien des Westens doch wohl erst recht nicht. Was sie weder abgehalten hat noch davon abhalten wird, es mit Gewalt zu versuchen.
Tapferes kleines Oklahoma! Ich weiß nicht, wie viele Menschenleben durch das gesetzliche Abtreibungsverbot gerettet werden, aber jedes einzelne ist es wert. Bleibt standhaft. Leave no-one behind! Zero abortion!
Steinmeier muss weg!
Wagenburgmentalität statt Kritikfähigkeit, so kennt man die Deutschen. Was erlauben sich diese Ukrainer da, tönte es aus allen Lagern, einfach „unser Staatsoberhaupt“ für unerwünscht zu erklären! Ist das der Dank für all die derzeitige Hilfe in eurem Krieg, dass für Jahrzehnte verfehlter Russlandpolitik, die zur Möglichkeit dieses Krieges beigetragen haben, jetzt einer verantwortlich gemacht wird, der auch wirklich maßgeblich dafür verantwortlich war? Er hat doch als Präsident so warme Worte für euch! Und er sieht ja auch irgendwie ein, dass er sich geirrt hat. Dass also all seine „Dialogbereitschaft“ und sein „Wandel durch Verflechtung“ nur zu Realitätsverlust und wirtschaftlicher Erpressbarkeit auf deutscher Seite geführt haben, während Putin sich ins Fäustchen lachen konnte über die Dummheit der deutschen „Entspanner“.
Steinmeier sollte zurücktreten. Das wäre mal eine klare Ansage, ein eindrucksvoller Akt simplen Anstands. Wer den Kremlherrn so lange verharmlost und ihm rhetorisch, aber auch politisch-praktisch („Minsker Abkommen“!) zugearbeitet hat, sogar noch nach der Eroberung der Krim und des Donbass, der muss aus dem Schaden, den er angerichtet hat, wenigstens symbolisch die Konsequenzen ziehen.
Aber das wird nicht passieren. Steinmeier ist ja auch nicht der einzige, der (hoffentlich unbezahlt!) in Putins Diensten stand. Vor allem Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen hatten dazu eine deutliche Neigung. Die sollten zwar auch alle gehen, aber das werden sie nicht. Das sehen sie gar nicht ein. Sie scharen sich lieber um Steinmeier, den sie, ohne erkennbare Qualifikation für irgendwas außer Geschwätz und Schamlosigkeit, in all seine Ämter gehievt haben. Sozen ist nichts zu peinlich, kein Scholz, kein Lauterbach, kein Steinmeier.
Steinmeier sollte zurücktreten. Das wäre mal eine klare Ansage, ein eindrucksvoller Akt simplen Anstands. Wer den Kremlherrn so lange verharmlost und ihm rhetorisch, aber auch politisch-praktisch („Minsker Abkommen“!) zugearbeitet hat, sogar noch nach der Eroberung der Krim und des Donbass, der muss aus dem Schaden, den er angerichtet hat, wenigstens symbolisch die Konsequenzen ziehen.
Aber das wird nicht passieren. Steinmeier ist ja auch nicht der einzige, der (hoffentlich unbezahlt!) in Putins Diensten stand. Vor allem Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen hatten dazu eine deutliche Neigung. Die sollten zwar auch alle gehen, aber das werden sie nicht. Das sehen sie gar nicht ein. Sie scharen sich lieber um Steinmeier, den sie, ohne erkennbare Qualifikation für irgendwas außer Geschwätz und Schamlosigkeit, in all seine Ämter gehievt haben. Sozen ist nichts zu peinlich, kein Scholz, kein Lauterbach, kein Steinmeier.
Schuld sind ja immer die anderen. In diesem Fall die Ukrainer, die sich frecherweise gemerkt haben, wofür Steinmeier immer stand. Die Reaktionen auf die Ausladung, die freilich keineswegs nur von der SPD kommen, zeigen es: Die traditionelle deutsche Arroganz in Sachen Osteuropapolitik ist ungebrochen, die Ukraine wird als Bittsteller und Hilfeempfänger wahr- und darum nicht für voll genommen. Die sollen sich nicht so anstellen! Schließlich wollen sie doch was von uns! Dass die Ukrainer um Hilfe bitten in einem Krieg, den es ohne deutsche Politik gar nicht gäbe, wird ignoriert. Dass die Ukrainer nicht nur sich, sondern Europa verteidigen und das, wofür es, würde Politik nicht von Leuten wie Steinmeier gemacht (oder Merkel oder …), stehen könnte, wird nicht ernst genommen. Und dann wundern sich die Deutschen immer, warum keiner sie mag.
Balken und Splitter (75)
Da Finnland und
Schweden der NATO beitreten wollen, kann man über die „Finnlandisierung
der Ukraine“ doch noch mal reden.
Montag, 11. April 2022
Die Peitsche der Obrigkeit (nach Trojanow)
Wann ist Ilija Trojanow eigentlich dermaßen abgedriftet? Ich weiß es nicht, denn anscheinend habe ich seine publizistische Aktivität seit längerem nicht mehr mitbekommen. Früher war mir der Mann gar nicht mal unsympathisch, er äußerte ja zuweilen durchaus Vernünftiges gegen den Überwachungsstaat, den Sicherheitswahn und den Abbau von Grundrechten. Seine Romane hingegen, das muss ich gestehen, fand ich immer schon zum Gähnen. Das reizvolle Thema „Macht und Widerstand“ zum Beispiel hatte Trojanow im gleichnamigen Buch völlig in den Sand gesetzt. Langweiliger kann man auf den bulgarischen volksrepublikanischen Repressionsapparat und den Widerstand gegen das kommunistisch Regime wohl kaum zurückblicken. Egal, wer die Staatsmacht kritisiert und den Untertanengeist in der Gesellschaft, hat bei mir einen Stein im Brett.
Und nun das. Zufällig stolpere ich über einen schon ein paar Monate alten Zeitungsartikel von Trojanow, der überschrieben ist: „Solidarität in der Pandemie: Egoismus als Grundrecht“ Tageszeitung, 1. Dezember 2021). Oho. In Zeiten wie diesen verheißt eine solche Überschrift nichts Gutes. Und tatsächlich, das Ungute lässt nicht lange auf sich warten.
Trojanow beklagt, dass der Staat zu viel Rücksicht nehme und nicht massiv gegen Impfgegner vorgehe. Obwohl er doch früher Protest immer so schön ignoriert und unterdrückt habe (Trojanows Beispiel: Stuttgart 21). Das liege, so Trojanow, an einer veränderten „Stimmungslage“: „… zugunsten eines einzigen Grundrechts, das alle anderen übertrumpft, eine Art Übergrundrecht: das Recht auf Egoismus. Die Folge einer ideologischen Zurichtung, die seit Jahrzehnten kontinuierlich Gesellschaft abbaut und Individualismus aufbläht. Von der Ich-AG zum Narzissten. Gemeinwohl war gestern, heute gilt das eigene Wohlbefinden. Und Freiheit ist nur noch ein anderes Wort für Bequemlichkeit.“
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um den hier angehäuften Unsinn zu sortieren und zu widerlegen. Darum nur ein paar Anmerkungen: Die bloße Zusammenstellung von neoliberalem Zwang zur individuellen Selbstausbeutung („Ich-AG“) und dem klinischen Befund übersteigerter Selbstliebe („Narzisst“) ist eine erstaunliche Frechheit. Dass Gemeinwohl durch Wohlbefinden ersetzt worden sei, ist das übliche reaktionäre Altherrengeschwätz („Früher haben sich die Menschen mehr um einander gekümmert, heute denkt jeder nur noch an sich selbst“). Und dass Freiheit ein anderes Wort für Bequemlichkeit geworden sei, passt erschreckend gut zur stahlgewittrigen Logik zeitgenössischer Umdeutungen: „Freiheit ist Bequemlichkeit. Krieg ist Geschäft. Unwissenheit ist Freude.“
Unwissenheit (oder Dummheit) ist ein wichtiges Stichwort. Denn Trojanow vermisst auf Seiten der „Impfgegner“ (die ja freilich in Wahrheit selten gegen jede Impfung sind, sondern vorzugsweise nur gegen die „Impfung“) folgende Argumentation, die er sich fürsorglich für sie zurechtgelegt hat. „Ich habe Bedenken, was die Impfung angeht, aber ich sehe ein, dass wir als Gesellschaft aus der Pandemie nur herauskommen, wenn die allermeisten geimpft sind, ergo werde ich mich trotzdem impfen lassen.“ Wie dümmlich ist das denn? Die Bedenken gegen die „Impfung“ beziehen sich doch für gewöhnlich nicht bloß darauf, dass die „Impfstoffe“ Nebenwirkungen haben könnten (und ja nachweislich auch haben), sondern dass die versprochene Wirkung gar nicht besteht. Wer also, anders als der schlecht informierte und ignorante Herr Trojanow, nicht annimmt, dass die Gesellschaft durch Herumgeimpfe „aus der Pandemie herauskommt“, hat überhaupt gar keinen Grund, seine Bedenken ― die ja nicht nur seine privaten sind, sondern die Gesundheit aller betreffen! ― zurückzustellen, um sich nolens volens dem Impfregime zu unterwerfen.
Sogar als Trojanow seine Tirade gegen unsolidarisch-egoistische Impfverweigerer verzapfte, konnte man nämlich schon ahnen, was heute längst unabweisbar ist: Die ganze Impferei hat nicht zu einem Rückgang der Infektionen geführt. (Wenn denn positive PCR-Tests als Infektionen gezählt werden, wie es üblich ist.) Nicht „Impfstoffe“, sondern Virusvarianten haben die Zahlen der Hospitalisierungen und der Todesfälle sinken lassen. Auch zwei- bis dreimal Geimpfte infizieren sich und andere und haben Symptome. Nicht die Ungeimpften sind also das Problem, sondern die Lügen der Pharmaindustrie und ihrer Lobbyisten im Ministerang.
Aber Trojanow hielt im Dezember 2021, entgegen allen Indizien und Warnungen, unbeirrt an der der Doktrin „Impfen schützt!“ fest. Das war damals dumm und ist es rückblickend in geradezu groteskem Ausmaß. Und weil er so seine eigene Unwissenheit übersah, schätzte er die Beweggründe der „Impfverweigerer“ völlig falsch ein.
„Was in Talkshows gegen eine Impfpflicht vorgetragen wird, sind Mummenschanz-Argumente mit viel Rhetorik und wenig Logik. Sie befriedigen die eigene Gefühlslage, nicht die Vernunft. In Krisenzeiten sind sie vermehrt anzutreffen, auch bei vermeintlich intelligenten Menschen.“ Ersetzt man im ersten Satz das „gegen“ durch ein „für“ wird aus dem selbstherrlichen Absatz eine gute Beschreibung der situation, zu der Trojanow beiträgt.
Es ist ja offensichtlich ausschließlich die eigene Befindlichkeit, eine Mischung aus kaum kaschierter Furchtsamkeit, sturer Rechthaberei und offener Bevormundungssehnsucht, die Menschen zur Befürwortung einer Impfpflicht verleitet. Rationale Argumente gibt es nicht. Im Gegenteil: Vom Mangel an sicherem Wissen über die Impfwirkungen über die Überlegenheit natürlicher Immunität bis hin zum Grundsatz „Impfe nie in der Pandemie“ spricht alles gegen ein wahlloses und erzwungenes Impfen.
Doch von Sachargumenten abgesehen: Es ist mir völlig unverständlich, wieso die Zurückweisung einer Bedrohung, die alle betrifft, in dem einen Fall „Egoismus“, im anderen „Solidarität“ zu nennen wäre. Seit dem Frühling 2020 war klar, dass die Bedrohung durch das Virus enorm übertrieben wurde, um Hysterie und Panik zu erzeugen. Wer dabei mitmachte und sich fürchtete und andere zu Gefährdern seiner Gesundheit und gar seines Lebens erklärte, war kein „Egoist“? Und wer einerseits für alle Impfwilligen ein hohes Risiko unvorhersehbarer Nebenwirkungen und andererseits eine biopolitische Transformation zur totalen Kontrollgesellschaft befürchtet und sich darum staatlichen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit nicht weniger widersetzt als solchen in die Meinugsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung usw., der wäre nicht „solidarisch“ und am Gemeinwohl orientiert? Wer Begriffe so verdreht, kann immer nir zu einer verfehlten Politim gelangen.
Aber Trojanow hat ohnedies seine ganz eigenen Vorstellungen von dem, wie Politik zu geschehen habe (und die ähneln verblüffend den Ideen von Gates und Schwab): „Ein sozial orientiertes Gemeinwesen würde alle impfen lassen (bis auf wenige medizinisch indizierte Ausnahmen), würde massiv investieren in jene, die gegen die Pandemie kämpfen, und dafür sorgen, dass weltweit, vor allem im globalen Süden, alle Menschen möglichst kostenlosen Zugang zu den Impfstoffen erhalten.“ Einen Zugang, den sie, wenn man die Realität betrachtet, gar nicht brauchen, weil es im globalen Süden gar keine Pandemie gibt … Wo nicht getestet wird und die Pharmakonzerne nichts verdienen können, gibt es auch kein „Corona“. Dass ganz Afrika sterben wird, diese Vorhersage ist schlechterdings nicht eingetreten. Wie all die anderen Drohszenarien der „Experte“ auch nicht.
Was sollten all die Drohungen bewirken? Fügsamkeit. Wo aber freiwilliger Gehorsam nicht genügt, da muss die Staatsgewalt eben ihrer Bezeichnung gemäß handeln. gewaltsam. Nur aus reiner Güte und Menschenliebe, versteht sich. Doch ein Gemeinwesen mit Impfzwang ― und das bedeutet de facto: weitgehend unwirksame Impfungen mit womöglich bedenklichen Folgen, gerichtet gegen ein offensichtlich gar nicht so gefährliches Virus! ― wäre in Wahrheit nicht „sozial orientiert“, sondern terroristisch. Realistisch gesehen gilt: Selbst wenn die Gründe für angewandten Zwang noch so edel wären (was sie nicht sind), in der Praxis führt Unfreiheit erfahrungsgemäß nie zu Freiheit. Ein unfreies Gemeinwesen ist aber auch nie sozial gerecht. (Man folgte denn dem Ideal des Ameisenstaates. Oder dem rotchinesischen Harmoniemodell.)
Trojanows Thema ist freilich nicht die Realität, sondern die Moral. Erwartungsgemäß verfehlt er auch dieses Thema. „Wer auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen möchte, beschwört gern die individuelle Autonomie. Das ist ein Problem, weil zwischen Freiheitsliebenden und Selbstsüchtigen nicht immer klar zu unterscheiden ist. Gegenwärtig aber ist diese Unterscheidung einfach. Die Pandemie frisst Zeit, Energie, Geduld, Nerven, Liebe, Kreativität. Sie ist die größte Bedrohung unserer Freiheit. Sie zu besiegen hat eindeutig Vorrang vor dem Recht auf Ignoranz oder Narzissmus.“
Die Unterscheidung ist tatsächlich einfach, aber eben ganz anders zu treffen, als Trojanow es phantasiert. Um seiner (wohl ungespielten) Ignoranz etwas aufzuhelfen: Die herrschende Krise ist, wie so viele andere, politisch gewollt und dient dem Ausbau des „Überwachungskapitalismus“ (Zuboff). Die Vergeudung von Ressourcen ist dieser Wirtschaftsform inhärent. Die These, das Impfen helfe gegen die Pandemie und ihre Folgen, ist absurd, das Impfen ist ja ein Teil desselben Geschäftsmodells wie das Testen und die Panikmache. Ja, stimmt, die Pandemie ist derzeit die größte Bedrohung „unserer“ Freiheit, aber das Impfen, Zweitimpfen, Boostern, Zweitboostern usw. usf perpetuiert die Pandemie doch offensichtllich nur ― und damit die Bedrohung. Die eben vorrangig keine medizinische oder biologische ist, sondern eine politische. Das Phantasma vom glorreichen „Sieg“ im Krieg gegen das Virus ist wesentlicher Teil eben des Dispositivs, das Entrechtung und Unterdrückung (sowie Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung) immer noch ausbaut. Was Trojanow „Solidarität“ nennt, ist also in Wahrheit Untertanengeist und Unterwerfung, was er als „Egoismus“ verteufelt, ist hingegen berechtigte Sorge um das Gemeinwohl.
Von all dem will Trojanow nichts wissen. Er hat sich in eine völlig verzerrte Weltsicht hineingeschrieben. Und es kommt noch schlimmer. Trojanow will, das endlich gehandelt werde. „Es ist traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der soziales Verhalten manchen Mitmenschen aufgezwungen werden muss. Viel zu viele benötigen offenbar die Peitsche der Obrigkeit, um sich im Sinne des Gemeinwohls zu verhalten.“ Wenn ich nicht wüsste, dass es Ilija Trojanow ist, der derlei schreibt, ich hätte das für Sätze von Jasper von Altenbockum gehalten. Oder von einem Faschisten oder Marxisten. Die Nazis und Bolschewisten wussten auch immer ganz genau, welches Verhalten denen aufgezwungen werden musste, die nicht von selbst spurten. Und taten es auch nur aus reiner Menschenliebe. Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Du bist nichts, dein Volks ist alles. Die Partei, die Partei, die hat immer Recht.
„Wären wir eine freie Gesellschaft, in der alle die Selbstentfaltung der Mitmenschen mitbedenken, müssten wir dieser Tage nicht über eine Impfpflicht diskutieren.“ Da wäre sie wieder, die zeitgenössische Umwertung aller Werte. In Orwells oben bereits paraphrasierter Formel: „Freiheit ist Sklaverei.“ Mit Trojanow hieße das: „Selbstentfaltung ist Machen, was der Staat sagt. Was die Medien sagen. Was alle sagen.“
Eines muss man Trojanow und anderen gewaltbegeisterten Menschheitsbeglückern lassen: Sie sind konsequent. Erst wird ohne jeden Realitätsbezug festgelegt, was richtig und was falsch ist. Dann werden die, die sich am Wahn nicht beteiligen, ausgegrenzt und beschimpft. Und dann werden härtere Saiten aufgezogen. „(D)a selbstverantwortliche Ethik offensichtlich von einem knappen Drittel des Volkes nicht verstanden wird, müssen wir uns in einer Art gesamtgesellschaftlicher Notwehr schützen.“ Mir scheint das ein nicht mehr faschismusnaher, sondern unmittelbar faschistischer Gedankengang: Zwang damit zu rechtfertigen, dass er „Notwehr“ gegen Widerstand gegen Zwänge ist; der Gewalttäter muss einfach so handeln, wie er handeln will, weil Widerspruch und die Verweigerung der Unterwerfung ihn bedrohen. Das war einst die „Logik“ Hitlers in Bezug auf Polen und ist heute die „Logik“ Putins in Bezug auf die Ukraine. Das Ilija Trojanow offensichtlich in diese Richtung abgedriftet ist ― ich hoffe immer noch: unwillentlich, bloß aus überheblicher Ignoranz heraus ―, finde ich bestürzend.
Und nun das. Zufällig stolpere ich über einen schon ein paar Monate alten Zeitungsartikel von Trojanow, der überschrieben ist: „Solidarität in der Pandemie: Egoismus als Grundrecht“ Tageszeitung, 1. Dezember 2021). Oho. In Zeiten wie diesen verheißt eine solche Überschrift nichts Gutes. Und tatsächlich, das Ungute lässt nicht lange auf sich warten.
Trojanow beklagt, dass der Staat zu viel Rücksicht nehme und nicht massiv gegen Impfgegner vorgehe. Obwohl er doch früher Protest immer so schön ignoriert und unterdrückt habe (Trojanows Beispiel: Stuttgart 21). Das liege, so Trojanow, an einer veränderten „Stimmungslage“: „… zugunsten eines einzigen Grundrechts, das alle anderen übertrumpft, eine Art Übergrundrecht: das Recht auf Egoismus. Die Folge einer ideologischen Zurichtung, die seit Jahrzehnten kontinuierlich Gesellschaft abbaut und Individualismus aufbläht. Von der Ich-AG zum Narzissten. Gemeinwohl war gestern, heute gilt das eigene Wohlbefinden. Und Freiheit ist nur noch ein anderes Wort für Bequemlichkeit.“
Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll, um den hier angehäuften Unsinn zu sortieren und zu widerlegen. Darum nur ein paar Anmerkungen: Die bloße Zusammenstellung von neoliberalem Zwang zur individuellen Selbstausbeutung („Ich-AG“) und dem klinischen Befund übersteigerter Selbstliebe („Narzisst“) ist eine erstaunliche Frechheit. Dass Gemeinwohl durch Wohlbefinden ersetzt worden sei, ist das übliche reaktionäre Altherrengeschwätz („Früher haben sich die Menschen mehr um einander gekümmert, heute denkt jeder nur noch an sich selbst“). Und dass Freiheit ein anderes Wort für Bequemlichkeit geworden sei, passt erschreckend gut zur stahlgewittrigen Logik zeitgenössischer Umdeutungen: „Freiheit ist Bequemlichkeit. Krieg ist Geschäft. Unwissenheit ist Freude.“
Unwissenheit (oder Dummheit) ist ein wichtiges Stichwort. Denn Trojanow vermisst auf Seiten der „Impfgegner“ (die ja freilich in Wahrheit selten gegen jede Impfung sind, sondern vorzugsweise nur gegen die „Impfung“) folgende Argumentation, die er sich fürsorglich für sie zurechtgelegt hat. „Ich habe Bedenken, was die Impfung angeht, aber ich sehe ein, dass wir als Gesellschaft aus der Pandemie nur herauskommen, wenn die allermeisten geimpft sind, ergo werde ich mich trotzdem impfen lassen.“ Wie dümmlich ist das denn? Die Bedenken gegen die „Impfung“ beziehen sich doch für gewöhnlich nicht bloß darauf, dass die „Impfstoffe“ Nebenwirkungen haben könnten (und ja nachweislich auch haben), sondern dass die versprochene Wirkung gar nicht besteht. Wer also, anders als der schlecht informierte und ignorante Herr Trojanow, nicht annimmt, dass die Gesellschaft durch Herumgeimpfe „aus der Pandemie herauskommt“, hat überhaupt gar keinen Grund, seine Bedenken ― die ja nicht nur seine privaten sind, sondern die Gesundheit aller betreffen! ― zurückzustellen, um sich nolens volens dem Impfregime zu unterwerfen.
Sogar als Trojanow seine Tirade gegen unsolidarisch-egoistische Impfverweigerer verzapfte, konnte man nämlich schon ahnen, was heute längst unabweisbar ist: Die ganze Impferei hat nicht zu einem Rückgang der Infektionen geführt. (Wenn denn positive PCR-Tests als Infektionen gezählt werden, wie es üblich ist.) Nicht „Impfstoffe“, sondern Virusvarianten haben die Zahlen der Hospitalisierungen und der Todesfälle sinken lassen. Auch zwei- bis dreimal Geimpfte infizieren sich und andere und haben Symptome. Nicht die Ungeimpften sind also das Problem, sondern die Lügen der Pharmaindustrie und ihrer Lobbyisten im Ministerang.
Aber Trojanow hielt im Dezember 2021, entgegen allen Indizien und Warnungen, unbeirrt an der der Doktrin „Impfen schützt!“ fest. Das war damals dumm und ist es rückblickend in geradezu groteskem Ausmaß. Und weil er so seine eigene Unwissenheit übersah, schätzte er die Beweggründe der „Impfverweigerer“ völlig falsch ein.
„Was in Talkshows gegen eine Impfpflicht vorgetragen wird, sind Mummenschanz-Argumente mit viel Rhetorik und wenig Logik. Sie befriedigen die eigene Gefühlslage, nicht die Vernunft. In Krisenzeiten sind sie vermehrt anzutreffen, auch bei vermeintlich intelligenten Menschen.“ Ersetzt man im ersten Satz das „gegen“ durch ein „für“ wird aus dem selbstherrlichen Absatz eine gute Beschreibung der situation, zu der Trojanow beiträgt.
Es ist ja offensichtlich ausschließlich die eigene Befindlichkeit, eine Mischung aus kaum kaschierter Furchtsamkeit, sturer Rechthaberei und offener Bevormundungssehnsucht, die Menschen zur Befürwortung einer Impfpflicht verleitet. Rationale Argumente gibt es nicht. Im Gegenteil: Vom Mangel an sicherem Wissen über die Impfwirkungen über die Überlegenheit natürlicher Immunität bis hin zum Grundsatz „Impfe nie in der Pandemie“ spricht alles gegen ein wahlloses und erzwungenes Impfen.
Doch von Sachargumenten abgesehen: Es ist mir völlig unverständlich, wieso die Zurückweisung einer Bedrohung, die alle betrifft, in dem einen Fall „Egoismus“, im anderen „Solidarität“ zu nennen wäre. Seit dem Frühling 2020 war klar, dass die Bedrohung durch das Virus enorm übertrieben wurde, um Hysterie und Panik zu erzeugen. Wer dabei mitmachte und sich fürchtete und andere zu Gefährdern seiner Gesundheit und gar seines Lebens erklärte, war kein „Egoist“? Und wer einerseits für alle Impfwilligen ein hohes Risiko unvorhersehbarer Nebenwirkungen und andererseits eine biopolitische Transformation zur totalen Kontrollgesellschaft befürchtet und sich darum staatlichen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit nicht weniger widersetzt als solchen in die Meinugsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung usw., der wäre nicht „solidarisch“ und am Gemeinwohl orientiert? Wer Begriffe so verdreht, kann immer nir zu einer verfehlten Politim gelangen.
Aber Trojanow hat ohnedies seine ganz eigenen Vorstellungen von dem, wie Politik zu geschehen habe (und die ähneln verblüffend den Ideen von Gates und Schwab): „Ein sozial orientiertes Gemeinwesen würde alle impfen lassen (bis auf wenige medizinisch indizierte Ausnahmen), würde massiv investieren in jene, die gegen die Pandemie kämpfen, und dafür sorgen, dass weltweit, vor allem im globalen Süden, alle Menschen möglichst kostenlosen Zugang zu den Impfstoffen erhalten.“ Einen Zugang, den sie, wenn man die Realität betrachtet, gar nicht brauchen, weil es im globalen Süden gar keine Pandemie gibt … Wo nicht getestet wird und die Pharmakonzerne nichts verdienen können, gibt es auch kein „Corona“. Dass ganz Afrika sterben wird, diese Vorhersage ist schlechterdings nicht eingetreten. Wie all die anderen Drohszenarien der „Experte“ auch nicht.
Was sollten all die Drohungen bewirken? Fügsamkeit. Wo aber freiwilliger Gehorsam nicht genügt, da muss die Staatsgewalt eben ihrer Bezeichnung gemäß handeln. gewaltsam. Nur aus reiner Güte und Menschenliebe, versteht sich. Doch ein Gemeinwesen mit Impfzwang ― und das bedeutet de facto: weitgehend unwirksame Impfungen mit womöglich bedenklichen Folgen, gerichtet gegen ein offensichtlich gar nicht so gefährliches Virus! ― wäre in Wahrheit nicht „sozial orientiert“, sondern terroristisch. Realistisch gesehen gilt: Selbst wenn die Gründe für angewandten Zwang noch so edel wären (was sie nicht sind), in der Praxis führt Unfreiheit erfahrungsgemäß nie zu Freiheit. Ein unfreies Gemeinwesen ist aber auch nie sozial gerecht. (Man folgte denn dem Ideal des Ameisenstaates. Oder dem rotchinesischen Harmoniemodell.)
Trojanows Thema ist freilich nicht die Realität, sondern die Moral. Erwartungsgemäß verfehlt er auch dieses Thema. „Wer auf nichts und niemanden Rücksicht nehmen möchte, beschwört gern die individuelle Autonomie. Das ist ein Problem, weil zwischen Freiheitsliebenden und Selbstsüchtigen nicht immer klar zu unterscheiden ist. Gegenwärtig aber ist diese Unterscheidung einfach. Die Pandemie frisst Zeit, Energie, Geduld, Nerven, Liebe, Kreativität. Sie ist die größte Bedrohung unserer Freiheit. Sie zu besiegen hat eindeutig Vorrang vor dem Recht auf Ignoranz oder Narzissmus.“
Die Unterscheidung ist tatsächlich einfach, aber eben ganz anders zu treffen, als Trojanow es phantasiert. Um seiner (wohl ungespielten) Ignoranz etwas aufzuhelfen: Die herrschende Krise ist, wie so viele andere, politisch gewollt und dient dem Ausbau des „Überwachungskapitalismus“ (Zuboff). Die Vergeudung von Ressourcen ist dieser Wirtschaftsform inhärent. Die These, das Impfen helfe gegen die Pandemie und ihre Folgen, ist absurd, das Impfen ist ja ein Teil desselben Geschäftsmodells wie das Testen und die Panikmache. Ja, stimmt, die Pandemie ist derzeit die größte Bedrohung „unserer“ Freiheit, aber das Impfen, Zweitimpfen, Boostern, Zweitboostern usw. usf perpetuiert die Pandemie doch offensichtllich nur ― und damit die Bedrohung. Die eben vorrangig keine medizinische oder biologische ist, sondern eine politische. Das Phantasma vom glorreichen „Sieg“ im Krieg gegen das Virus ist wesentlicher Teil eben des Dispositivs, das Entrechtung und Unterdrückung (sowie Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung) immer noch ausbaut. Was Trojanow „Solidarität“ nennt, ist also in Wahrheit Untertanengeist und Unterwerfung, was er als „Egoismus“ verteufelt, ist hingegen berechtigte Sorge um das Gemeinwohl.
Von all dem will Trojanow nichts wissen. Er hat sich in eine völlig verzerrte Weltsicht hineingeschrieben. Und es kommt noch schlimmer. Trojanow will, das endlich gehandelt werde. „Es ist traurig, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der soziales Verhalten manchen Mitmenschen aufgezwungen werden muss. Viel zu viele benötigen offenbar die Peitsche der Obrigkeit, um sich im Sinne des Gemeinwohls zu verhalten.“ Wenn ich nicht wüsste, dass es Ilija Trojanow ist, der derlei schreibt, ich hätte das für Sätze von Jasper von Altenbockum gehalten. Oder von einem Faschisten oder Marxisten. Die Nazis und Bolschewisten wussten auch immer ganz genau, welches Verhalten denen aufgezwungen werden musste, die nicht von selbst spurten. Und taten es auch nur aus reiner Menschenliebe. Gemeinnutz geht vor Eigennutz. Du bist nichts, dein Volks ist alles. Die Partei, die Partei, die hat immer Recht.
„Wären wir eine freie Gesellschaft, in der alle die Selbstentfaltung der Mitmenschen mitbedenken, müssten wir dieser Tage nicht über eine Impfpflicht diskutieren.“ Da wäre sie wieder, die zeitgenössische Umwertung aller Werte. In Orwells oben bereits paraphrasierter Formel: „Freiheit ist Sklaverei.“ Mit Trojanow hieße das: „Selbstentfaltung ist Machen, was der Staat sagt. Was die Medien sagen. Was alle sagen.“
Eines muss man Trojanow und anderen gewaltbegeisterten Menschheitsbeglückern lassen: Sie sind konsequent. Erst wird ohne jeden Realitätsbezug festgelegt, was richtig und was falsch ist. Dann werden die, die sich am Wahn nicht beteiligen, ausgegrenzt und beschimpft. Und dann werden härtere Saiten aufgezogen. „(D)a selbstverantwortliche Ethik offensichtlich von einem knappen Drittel des Volkes nicht verstanden wird, müssen wir uns in einer Art gesamtgesellschaftlicher Notwehr schützen.“ Mir scheint das ein nicht mehr faschismusnaher, sondern unmittelbar faschistischer Gedankengang: Zwang damit zu rechtfertigen, dass er „Notwehr“ gegen Widerstand gegen Zwänge ist; der Gewalttäter muss einfach so handeln, wie er handeln will, weil Widerspruch und die Verweigerung der Unterwerfung ihn bedrohen. Das war einst die „Logik“ Hitlers in Bezug auf Polen und ist heute die „Logik“ Putins in Bezug auf die Ukraine. Das Ilija Trojanow offensichtlich in diese Richtung abgedriftet ist ― ich hoffe immer noch: unwillentlich, bloß aus überheblicher Ignoranz heraus ―, finde ich bestürzend.
Sonntag, 10. April 2022
Balken und Splitter (74)
Laut einer israelischen Studie (oh weh, wenn Sätze schon so beginnen …) ist die Wirkung der vierten Impfung („zweiten Boosterung“) bei Über-60-Jährigen nach spätestens sechs Wochen verschwunden: Sie stecken sich dann genauso oft an wie Ungeimpfte. Vor schweren Verläufen soll die vierte Impfung etwas länger schützen ― was ja aber wohl höchst fragwürdig ist, da „schwere Verläufe“ ohnehin statistisch gesehen sehr selten sind. Unter-60-Jährigen bringt die vierte Impfung sowieso fast gar nichts.
Frage an Medizinhistoriker: Hat es je zuvor in der Geschichte des Impfens einen „Impfstoff“ gegeben, dessen Wirkung nach kürzester Zeit verpufft, dessen Verabreichung aber zugleich als unbedingt notwendig überall angepriesen (und durch gesetzliche Impflicht sogar aufgezwungen) wird?
Frage an Medizinhistoriker: Hat es je zuvor in der Geschichte des Impfens einen „Impfstoff“ gegeben, dessen Wirkung nach kürzester Zeit verpufft, dessen Verabreichung aber zugleich als unbedingt notwendig überall angepriesen (und durch gesetzliche Impflicht sogar aufgezwungen) wird?
Es gibt viele völlig Ungeimpfte und solche, deren „Impfung“ zu lange zurück liegt und nicht mehr anerkannt wird. Und es gibt „Genesene“, deren Genesenheit nicht mehr anerkannt wird und die Ungeimpften gleichgestellt werden. Diejenigen mit sozusagen „völlig korrektem“ Impfstatus sind eine kleine, aber laut krakeelende Minderheit. Gewiss, Minderheitenrechte sollen in einer Demokratie geschützt werden, aber deshalb müssen diese Leute doch nicht ihr verqueres Weltbild auf allen Kanälen völlig ungestraft verbreiten dürfen! Wer schützt unsere Kinder vor den fake news von Drosten, Wieler, Lauterbach e tutti quanti idioti?
Christoph Kardinal Schönborn, der Erzbischof von Wien, gibt sich in einem Zeitungsinterview sehr verärgert über das ständige Nörgeln der Österreicherinnen und Österreicher an den Corona-Maßnhamen und dem Krisenmanagement der Regierung. Es sei schließlich nicht die Regierung die einen Zickzackkurs fahre, sondern das Virus. Dass es unterschiedliche politische Meinungen beim Umgang mit der
Pandemie gebe, sei ganz normal. Das sei auf der ganzen Welt so. Niemand
kenne die absolute Wahrheit.
Zu diesem erstaunlichen Relativismus erlaube ich mir anzumerken: Wenn es verschiedene Meinungen gibt und geben darf, warum wird dann nur die Meinung einer kleinen Gruppe von „Experten“ gehört? Warum nur diese zur Grundlage von strafbewehrten Gesetzen und Verordnungen? Warum gibt es dann eine regierungsamtliche Sichtweise, die keineswegs einen Meinungspluralismus abbildet? Wenn niemand die absolute Wahrheit kennt (ein Satz, der übrigens eine absolute Wahrheit behauptet), warum werden dann alle, die die Meinung der Regierung nicht teilen, abgewertet (etwa als Nörgeler) und zum Teil verfolgt?
Mag sein, dass Seine Eminenz vergessen hat, was sie im Philosophie- und Theologie Studium über Relativismus, Wahrheit und das Unbedingte gelernt haben könnte. Aber als geistliches Oberhaupt von Wien sollte sie jedoch wenigstens die „Letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus kennen und darin auch die Figur des „Nörglers“ bemerkt haben. Das ist der, der am Ende doch irgendwie am ehesten Recht hatte.
Samstag, 9. April 2022
Balken und Splitter (73)
Herr Franz Griebl (alias „Franzobel“) findet es also hinnehmbar oder (wenn im Gegenzug zur Kapitulation nur bitte kein Krieg mehr stattfindet!) sogar wünschenswert, wenn die Ukraine „kurzfristig von der Landkarte verschwindet“. Ich nehme nicht an, dass irgendwer in der Ukraine sich je für „Franzobel“ interessiert hat (oder das je tun wird); solcher Bodensatz der Literatursimulation wird nur in Schluchtenscheißistan und bei den traditionell geschmacksunempfindlichen Teutonen nach oben gespült. Also erlaube ich mir zu sagen, was zu sagen ist: Es würde mich nicht stören, wenn „Franzobel“ verschwände. Nicht nur von der Landkarte und nicht nur kurzfristig.
Was hat Deniz Yücel, der Präsident des deutschen PEN-Zentrums, verbrochen, dass ihn 36 PEN-Mitglieder (darunter der Österreicher Josef Haslinger und der ewige DDR-ler Christoph Hein) „aus dem Amt jagen wollen“? Er hat eine Flugverbotszone über der Ukraine befürwortet. Ungeheuerlich! Blanker Militarismus! Unerträgliche Kriegshetze! Das geht gar nicht: Durch eine Flugverbotszone würden ja die Verteidigung der Ukraine gestärkt, Menschenleben gerettet und Putins Sieg verhindert. Dem stemmen sich die empörten Schreiberlinge mit aller Kraft entgegen. Man sollte sich ihre Namen merken um nicht versehentlich mit dem aufzuhören, was ich bei fast allen schon bisher aus vielerlei Gründen getan habe: Ihre Bücher nicht zu lesen.
Was hat Deniz Yücel, der Präsident des deutschen PEN-Zentrums, verbrochen, dass ihn 36 PEN-Mitglieder (darunter der Österreicher Josef Haslinger und der ewige DDR-ler Christoph Hein) „aus dem Amt jagen wollen“? Er hat eine Flugverbotszone über der Ukraine befürwortet. Ungeheuerlich! Blanker Militarismus! Unerträgliche Kriegshetze! Das geht gar nicht: Durch eine Flugverbotszone würden ja die Verteidigung der Ukraine gestärkt, Menschenleben gerettet und Putins Sieg verhindert. Dem stemmen sich die empörten Schreiberlinge mit aller Kraft entgegen. Man sollte sich ihre Namen merken um nicht versehentlich mit dem aufzuhören, was ich bei fast allen schon bisher aus vielerlei Gründen getan habe: Ihre Bücher nicht zu lesen.
Um es klar zu sagen: Ein Präsident eines PEN-Zentrums (immerhin einer „Menschenrechtsorganisation“ wie Yücels Jäger selbst schreiben), der nicht für die Rettung von Menschenleben einträte, wäre eine Fehlbesetzung. Es stimmt, viel fürchten sich vor einer Flugverbotszone, weil deren Durchsetzung von Putin als Kriegseintritt des Westens gewertet würde. Und dann droht er wieder mit seinen Atombomben. Aber erstens soll der Westen Partei ergreifen und ist dann eben Kriegspartei. Und zweitens kann ohnehin nichts und niemand ausschließen, dass der Psychopath im Kreml das Knöpfchen drückt, wenn ihm danach ist. Die Angst vorm Atomkrieg darf nicht erpressbar machen. Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.
Freitag, 8. April 2022
Glosse XCVII
Scharkiff, sagt die Tefaufrau, die sich bestimmt ohne zu zögern als Journalistin (sprich: Dschornalistin) bezeichnete. Respekt! Das muss man erst einmal zu Stande bringen, einen Ortsnamen, der seit Wochen täglich erwähnt wird, dermaßen falsch auszusprechen. Für so viel Ignoranz und Respektlosigkeit braucht man sicherlich eine gute Ausbildung (an einer Dschornalistenschule oder durch ein Dschornalistikstudium).
Zur Ideologie der Autonomie durch Ausbeutung
Nach zwei Jahren mit Hartz IV wolle sie wieder auf eigenen Beinen stehen, raus aus der Abhängigkeit, ein selbständiges Leben führen. So wird im Tefau exemplarisch von einer Frau erzählt, die eine Umschulung zur Busfahrerin gemacht habe und jetzt einen Job suche.
Äh, Moment mal: Lohnabhängigkeit als Unabhängigkeit? Es mag ja sein, ach was, es ist sogar sicher so, dass der Empfang von „Transferleistungen“ durch massive bürokratische Einschränkung und Rahmung als Ausgeliefertsein an Gnade oder Ungnade einer übermächtigen Institution erscheinen muss. Aber im Grunde gibt es Geld ohne Gegenleistung. Geld, das übrigens durch Steuern und Abgaben durch die aufgebracht wird, die dazu in der Lage (und verpflichtet) sind, und das nicht aus der Privatschatulle von Beamten oder Politikern stammt. Man spricht da von Solidargemeinschaft und Sozialstaat.
Dass die „Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt“, das heißt die Vermarktung der eigenen Arbeitskraft (Lebenszeit, Lebensenergie, Kompetenz usw.) Freiheit bedeute, wäre mal was ganz Neues. Es ist ein Geschäft, und zwar per definitonem eines, dass zu Ungunsten des Anbieters der Ware Arbeitskraft ausgehen muss, weil sonst der Abnehmer der Ware draufzahlen und so seinen Profit (der aber der Zweck des Geschäftes ist) schmälern würde.
Wie bescheuert oder ideologisch verhetzt müssen Journalisten eigentlich sein, um Lohnabhängigkeit zur Selbständigkeit zu verklären? Weil sie selbst unfrei sind ― offensichtlich nicht zuletzt intellektuell ―, sollen andere das unbedingt auch sein? Ausbeutung für alle, sonst gibt’s Krawalle?
Donnerstag, 7. April 2022
Balken & Splitter (72)
Bittere Tränen der Wut werden
allenthalben in den Medien der veröffentlichten Meinung vergossen,
weil der deutsche Bundestag keine Impflicht beschlossen hat. Nicht
einmal eine klitzekleine, eine wenigstens für die besonders Wehrlosen über 60. Wie kann
das sein, wo es doch für den Spießer nichts Schöneres gibt, als
Vorschriften für andere? Und wo doch eine sinnlose Körperverletzung
für Unwillige eine so wunderbare Vorschrift gewesen wäre. Kein
Vergleich etwa zu Tempolimits für Kraftfahrzeuge, dieser Schnapsidee
von Ökofuzzis. Derlei wäre zwar auch eine viele ärgernde
Vorschrift, aber leider eine sinnvolle, die Menschenleben rettet, die
Umwelt schont, Treibstoff spart und noch dazu keinen Cent kostet.
Lächerlich. Darüber kann man ja als seriöse Medienmeute nicht
einmal diskutieren.
Mittwoch, 6. April 2022
Über die Unterscheidbarkeit von Wahrheit und Lüge auch in Zeiten des Krieges und der Propaganda
Die Wahrheit sei immer das erste Opfer des Krieges, heißt es. Es seinen so viele Bilder, so schrecklich viele schreckliche Bilder, dass man gar nicht mehr wisse, was man da sehe, heißt es. Instagram, Facebook, Twitter, TikTok, Telegram usw. usf. überschwemmten einen mit Informationen, heißt es. Dabei seien dann und Lüge, Fakt und Fake nur noch schwer oder gar nicht mehr zu unterscheiden, heißt es. Längst seien Bilder und Wörter Teil der Kriegsführung geworden, heißt es.
All das stimmt. Irgendwie. Aber irgendwie auch wieder nicht. Man muss nämlich zwischen dem unterscheidem, was tastsächlich ununterscheidbar ist, und dem, was hingegen sehr wohl unterscheidbar ist und einen Unterschied macht. Niemand, der freien Zugang zu verschiedenen Medien hat, ist der Lüge hilflos ausgeliefert. Darum braucht auch niemand alles für Propaganda und darum gleichermaßen einseitig oder vermutlich unwahr zu erklären.
Darum stellt sich mir die Frage: Warum bestehen manche mit solch doktrinärer Inbrunst auf der Ununterscheidbarkeit von Wahrheit und Unwahrheit? Was haben sie davon? Wem nützt es?
Es stimmt jedenfalls nicht, dass die kritischer Medienkonsum und damit die Differenzierung gar so schwer ist. In vielen Fällen ist es sogar sehr leicht, Fake und Fakt zu unterscheiden. Vorausgesetzt allerdings, man scheidet routiniert zuverlässige von unzuverlässige Quellen, vergleicht verschiedene Quellen miteinander, hat Vorwissen und Allgemeinbildung (wo liegt Odessa?) und wendet nüchtern seinen Verstand an. Wahlloser Medienkonsum hingegen ― wer ist eigentlich dieses oft behauptete „Wir“ das sich zwanghaft und wehrlos mit Bildern von Instagram, Facebook, Twitter, TikTok, Telegram bespült? ― macht vermutlich wirklich aus jedem Gerücht eine Nachricht und stuft in der Folge alle Meldungen zu bloßen Gerüchten hinunter. Aber wer sagt, denn, dass man mehr schauen als lesen, dass man alles (oder nichts) glauben, das man etwas nur deshalb gesehen haben muss, bloß weil es jemand zeigen will?
Wenn affektbesetzte „Nachrichten“ nur noch ein beliebiges Format unter beliebigen anderen Medienwaren sind, dann ist man zwar vielleicht ein tüchtiger Kunde der Bewusstseinsindustrie, aber man darf sich dann auch nicht beschweren, dass einem die elaborierte Kritikfähigkeit abhanden gekommen und faktische Kritiklosigkeit zum wesentlichen Element des eigenen Konsumverhaltens geworden ist. Anders gesagt: Wer sich jedes Bild reinzieht, das irgendwo auftaucht, kann wohl tatsächlich irgendwann Echtheit und Betrug nicht mehr unterscheiden, doch das liegt dann nicht nur an den Bildern, sondern vor allem auch an der Maßlosigkeit des eigenen Bilderverbrauchs.
Intelligent reduzierter Informationskonsum überhaupt und besonders Askese beim Bilderschauen lassen mehr wissen und verstehen, nicht weniger. Aber vielleicht muss man auch schon im Voraus eine gewisse Immunisierung gegen Propaganda mitbringen, um mittdendrin nicht alles mitzumachen, was an Affektangeboten so aufpoppt.
Im Übrigen ist es bemerkenswert, dass jetzt im Krieg (der aber nicht erst jetzt stattfindet) besonders solche sich um die Reichweite der eigenen Erkenntnisfähigkeit sorgen, die seit Beginn der sogenannten Coronkrise auf kritisches Denken, Nachfragen, Infragestellen weitestgehend verzichtet hatten. Da marschierte sie stets brav mit den stärkeren Bataillonen und schossen aus vollen Rohren gegen alles, was gegen Pharma-Propaganda, Politikgefasel Medizinermärchen und Impflüge Einwände zu erheben wagte. Da wussten sie immer ganz genau, was Fakt ist (was die Obrigkeit sagt und Profit bringt) und was Fake (jedes Querdenken).
Und nun gibt man sich verwirrt und unsicher. Eine komfortable Position, die davor bewahrt, für etwas einstehen zu müssen. Plötzlich ist es mit den Gewissheiten wieder vorbei und nichts Genaues weißm man nicht. Was ist Wahrheit?, fragt man mit dem unschlüssigen Herrn Pilatus. Und kein Tag vergeht, an dem nicht über etwas Offensichtliches gesagt würde, es gäbe dafür keine „unabhängige“ Bestätigung dafür. Was auch immer „unabhängig“ heißen soll. Ein Krieg ist kein Fußballspiel, bei dem es einen Unparteischen braucht.
Tatsächlich ist es im Falle des russischen Krieges gegen die Ukraine (der übrigens 2014 begann) sogar leichter als sonst, zu klaren Unterscheidungen zu kommen. Die Ukrainer haben gar keinen Grund zu lügen, weil die Ungeheuerlichkeiten, die von russischer Seite begangen werden, gar nicht übertrieben werden können, während umgekehrt Tatsachenverdrehung, Tatsachenleugnung und Tatsachenerfindung Teil der russischen Kriegführung sind. Die Angegriffenen haben ebenso wie das Recht die Wahrheit auf ihrer Seite. Es wäre dumm von den Ukrainern zu lügen, denn die Wahrheit arbeitet für sie.
Balken und Splitter (71)
Gesundheitspolitik
nach Gutsherrenart: An einem Tag verkündet der bundesdeutsche
Gesundheitminister, es werde künftig nach einem positiven
Testergebnis keine verpflichtende Quarantäne mehr geben, nur noch
eine freiwillige Selbstisolation. Anderntags ist wieder alles anders,
nun bleibt die Isolation doch wieder verpflichtend und mit der
Freiwilligkeit war’s das. Mal hott, mal hü, ganz nach Gutdünken
und gemutmaßter Stimmungslage. Dass es dabei um das Grundrecht geht, die eigenen vier Wände verlassen zu dürfen und nach
Belieben Menschen zu treffen ― ein fundamentales Recht, das
sonst eigentlich nur als Strafe auf Grund einer gerichtlich
festgestellten Schuld genommen wird ―, interessiert die Obrigkeit
einen feuchten Furz. Auch die Journaille nicht und die braven
Bürgerinnen und Bürger schon gar nicht. Sachargumente spielen
sowieso keine Rolle. Wer von Rechten redet ist ein Rechter. Pfui. Da
will man lieber Gesinde beim regierenden Gesindel und seinen
applaudierenden Hofschranzen sein.
Dienstag, 5. April 2022
Hinhaltende Komplizenschaft
Die Toten von Butscha leugnen sie nicht. Aber sie sagen, man wisse ja gar nicht, was passiert sei. Das müsse erst geklärt werden. Vorschnelle Schuldzuweisungen lehnen sie ab. Das sei gefährlich. Das sei Propaganda. So reden diese Leute.
Tja, was kann denn da in Butscha bloß passiert sein? Ich sehe im Wesentlichen vier Möglichkeiten: 1. Die Opfer haben sich selbst umgebracht. 2. Die Ukrainer waren es. 3. Die Russen waren es. 4. Außerirdische sind gelandet und haben ein Massaker veranstaltet.
Mir scheint, Suizid scheidet aus, weil es vermutlich nicht einmal Zirkusakrobaten gelänge, sich mir auf den Rücken gefesselten Hände selbst zu exekutieren. Auch ein extraterrestrisches Besuch scheint mir eher unwahrscheinlich.
Bleiben Ukrainer und Russen als mögliche Täter. Warum um alles in der Welt sollten ukrainische Soldaten solch unmenschliche Verbrechen an ihrer eigenen Bevölkerung verüben? Um es den Russen in die Schuhe zu schieben? Wie irr müsste man sein, um derlei zu tun? Und wie irr (oder böswillig) muss man sein, um derlei auch nur andeutungsweise als Möglichkeit hinzustellen? Russische Soldaten (Wehrpflichtige wie Söldner) haben hingegen immer wieder Beispiele unsäglicher Brutalität, Mordlust und Raffgier gegeben, auch in diesem Krieg.
Es gibt also keinen vernünftigen Zweifel an einer russischen Täterschaftschaft im Falle Burtscha. Selbst wenn einem forensische Beweise nicht vorliegen (und die werden ja erst gesammelt), kann man nach menschlichem ermessen nicht im Ernst behaupten, man müsse, um die Schuldfrage zu klären, erst Untersuchungen abwarten. Wer so redet, arbeitet der russischen Propaganda zu. Und wird damit zum moralischen Komplizen von Kriegsverbrechern.
Tja, was kann denn da in Butscha bloß passiert sein? Ich sehe im Wesentlichen vier Möglichkeiten: 1. Die Opfer haben sich selbst umgebracht. 2. Die Ukrainer waren es. 3. Die Russen waren es. 4. Außerirdische sind gelandet und haben ein Massaker veranstaltet.
Mir scheint, Suizid scheidet aus, weil es vermutlich nicht einmal Zirkusakrobaten gelänge, sich mir auf den Rücken gefesselten Hände selbst zu exekutieren. Auch ein extraterrestrisches Besuch scheint mir eher unwahrscheinlich.
Bleiben Ukrainer und Russen als mögliche Täter. Warum um alles in der Welt sollten ukrainische Soldaten solch unmenschliche Verbrechen an ihrer eigenen Bevölkerung verüben? Um es den Russen in die Schuhe zu schieben? Wie irr müsste man sein, um derlei zu tun? Und wie irr (oder böswillig) muss man sein, um derlei auch nur andeutungsweise als Möglichkeit hinzustellen? Russische Soldaten (Wehrpflichtige wie Söldner) haben hingegen immer wieder Beispiele unsäglicher Brutalität, Mordlust und Raffgier gegeben, auch in diesem Krieg.
Es gibt also keinen vernünftigen Zweifel an einer russischen Täterschaftschaft im Falle Burtscha. Selbst wenn einem forensische Beweise nicht vorliegen (und die werden ja erst gesammelt), kann man nach menschlichem ermessen nicht im Ernst behaupten, man müsse, um die Schuldfrage zu klären, erst Untersuchungen abwarten. Wer so redet, arbeitet der russischen Propaganda zu. Und wird damit zum moralischen Komplizen von Kriegsverbrechern.
Montag, 4. April 2022
Gräuel
Sage zu einem
Menschen, er dürfe einen anderen Menschen bestehlen, berauben,
entwürdigen, foltern, töten. Und er wird es tun. Er wird nicht
fragen: Ist es denn möglich, dass ich das darf? Er wird nicht sagen:
Ich darf das niemandem antun, denn ich will nicht, dass es mir von
anderen angetan wird. Ich hatte aber doch eine Erlaubnis, wird er sagen. Ich hatte aber doch meine
Befehle, wird er sagen. Ich hatte aber doch die Macht, es zu tun, wird er denken. So
sind die Menschen.
Sonntag, 3. April 2022
Nach mehreren Wochen
E. erklärt es zum legitimen Anliegen, für die Verteidigung des ukrainischen Nationalismus nicht in einen Atomkrieg hineingezogen zu werden. Er erinnert daran, dass die NATO diese Krise aktiv herbeigeführt habe, indem sie sich bis an die Grenze Russlands ausgedehnt und die Ukraine aktiv hochgerüstet habe, und dass der ukrainische Nationalismus ein relativ unschönes Bild abgibt, das hierzulande ins gerade Gegenteil umgelogen werde und es mit Sicherheit nicht wert sei, dafür in eine nukleare Konfrontation mit Russland einzutreten.
Krieg Krise zu nennen, ist leider nicht kriminell, aber dumm und niederträchtig. Ebenso verhält es sich mit dem Nachplappern von Putins Propaganda: Dass der Herr Diktator sich davon bedroht gefühlt habe, dass seine Nachbarländer einem militärischen Verteidigungsbündnis beitraten. (Es stimmt: Wenn Leute sich eine Alarmanlage oder einen scharfen Wachhund anschaffen, bedroht das das Geschäftsmodell von Einbrechern.) Aber Moment mal, hat denn etwa die angeblich „hochgerüstete“ Ukraine Russland angegriffen? Hat Putin etwa bloß präventiv einen ukrainischen Angriff verhindert? Und wenn die NATO Russland bedrohte (wie? womit? warum? zu welchem Zweck?), warum überfiel Russland dann die Ukraine, die gar kein NATO-Mitglied ist?
Solch rationale Fragen wirken angesichts von E.s dümmlichen Behauptungen und Andeutungen absurd und deplatziert. Diese haben ja mit Argumentation wenig bis bis nichts zu tun. Es geht um Affekte. Als Marxist mag E. einfach nicht akzeptieren, dass das postkommunistische Russland, das ja immer noch so an Stalin hängt, nicht doch irgendwie noch zum Endgegner des bösen Westens taugt. E. sehnt sich wider besseres Wissen danach, dass der Tschekist Putin, dessen Krieg er mit Worten übrigens durchaus verurteilt, doch ein bisschen Recht hat. Oder zumindest die Ukrainerinnen und Ukrainer ― und „der Westen“ ― ein bisschen Unrecht.
Deshalb holt er den „Nationalismus“ aus der Mottenkiste. Schon 2014 hatte E. klipp und klar erklärt, beim „Euromaidan“ und dem Sturz der von Janukowytsch handle es sich um einen faschistischen Putsch. (Zur Krim-Annexion fiel ihm dann folgerichtig auch nur ein, das Chruschtschow die Krim der Ukraine geschenkt habe.)
Jetzt also wieder: gezinkte Trumpfkarte ukrainischer Nationalismus! Den E. vermutlich daran erkennt, dass die Ukraine nicht kapituliert hat, sondern sich verteidigt. Angesichts solcher Böswilligkeit der Opfer wird er, der sonst nicht für seine Befürwortung von Gewaltlosigkeit (ein Spleen von abweichlerischen Linksradikalen, nicht von anständigen Bolschewisten wie ihm) bekannt ist, zum strengen Pazifisten. Die Waffen nieder! Zumindest die ukrainischen. Die Ukrainer sollen sich gefälligst töten, verstümmeln, foltern, verschleppen, berauben lassen, alles andere ist Militarismus und üble Kriegstreiberei!
Fakt ist: Zum Atomkrieg kommt es oder kommt es nicht, das hängt einzig und allein von Putin ab. Die Ukrainer, mögen sie so nationalistisch oder internationalistisch oder kosmopolitisch sein, wie sie wollen, haben damit nichts zu tun. Mein würfe ihnen denn vor, sich zu verteidigen. Das wäre also Nationalismus: sich nicht zu ergeben? Eine völlig irre Vorstellung. Und absolut niederträchtig noch dazu: Russland überfällt die Ukraine, überzieht sie mir einer unvorstellbar grausamen Kriegführung, und weil die, die noch nicht tot sind, sich weiter wehren, sind sie schuld, dass Putin härtere Saiten aufziehen und aufs rote Knöpfchen drücken muss?
Aber man kann E. beruhigen: Wenn es zum Atomkrieg kommt, muss er sich nicht fürchten. In den wird dann sowieso so ziemlich jeder auf der Welt „hineingezogen“. E. wird also mit ziemlicher Sicherheit draufgehen, wenn sein Großer Bruder im Kreml den nuklearen Selbstmord beschließt. Überleben werden diese Götterdämmerung übrigens, heißt es, vor allem Ratten und Kakerlaken. Na bitte, da hat E. dann noch einmal Glück gehabt, denn diese putzigen Tierlein sind ja fast so ein Ungeziefer wie seine geliebten Kommunisten!
Deshalb holt er den „Nationalismus“ aus der Mottenkiste. Schon 2014 hatte E. klipp und klar erklärt, beim „Euromaidan“ und dem Sturz der von Janukowytsch handle es sich um einen faschistischen Putsch. (Zur Krim-Annexion fiel ihm dann folgerichtig auch nur ein, das Chruschtschow die Krim der Ukraine geschenkt habe.)
Jetzt also wieder: gezinkte Trumpfkarte ukrainischer Nationalismus! Den E. vermutlich daran erkennt, dass die Ukraine nicht kapituliert hat, sondern sich verteidigt. Angesichts solcher Böswilligkeit der Opfer wird er, der sonst nicht für seine Befürwortung von Gewaltlosigkeit (ein Spleen von abweichlerischen Linksradikalen, nicht von anständigen Bolschewisten wie ihm) bekannt ist, zum strengen Pazifisten. Die Waffen nieder! Zumindest die ukrainischen. Die Ukrainer sollen sich gefälligst töten, verstümmeln, foltern, verschleppen, berauben lassen, alles andere ist Militarismus und üble Kriegstreiberei!
Fakt ist: Zum Atomkrieg kommt es oder kommt es nicht, das hängt einzig und allein von Putin ab. Die Ukrainer, mögen sie so nationalistisch oder internationalistisch oder kosmopolitisch sein, wie sie wollen, haben damit nichts zu tun. Mein würfe ihnen denn vor, sich zu verteidigen. Das wäre also Nationalismus: sich nicht zu ergeben? Eine völlig irre Vorstellung. Und absolut niederträchtig noch dazu: Russland überfällt die Ukraine, überzieht sie mir einer unvorstellbar grausamen Kriegführung, und weil die, die noch nicht tot sind, sich weiter wehren, sind sie schuld, dass Putin härtere Saiten aufziehen und aufs rote Knöpfchen drücken muss?
Aber man kann E. beruhigen: Wenn es zum Atomkrieg kommt, muss er sich nicht fürchten. In den wird dann sowieso so ziemlich jeder auf der Welt „hineingezogen“. E. wird also mit ziemlicher Sicherheit draufgehen, wenn sein Großer Bruder im Kreml den nuklearen Selbstmord beschließt. Überleben werden diese Götterdämmerung übrigens, heißt es, vor allem Ratten und Kakerlaken. Na bitte, da hat E. dann noch einmal Glück gehabt, denn diese putzigen Tierlein sind ja fast so ein Ungeziefer wie seine geliebten Kommunisten!
Glosse XCVI
„Die“ pesto? Warum um alles in der Welt „die“? Welche Italienferne kann kochwütige Tefau-Teutonen dazu bringen, hier beim grammatischen Geschlecht zu patzen? Und dann noch Rumpsteak, dabei das „rump“ (englisch für „Hinterbacke“) ausgesprochen wie in „Was rumpelt und pumpelt in meinem Bauch herum? Ich meinte, es wären sechs Geißlein,
so sind’s lauter
Wackerstein.“
Glosse XCV
Dschüri und Dschornalismus, das ist schlimm genug, doch folgt derlei Unsinn noch einer gewissen Logik, wenngleich einer falschen. Aber Dschänti (oder Tschänti)? Warum sagt die Frau aus Norddeutschland das? Man schreibt shanty und spricht’s in Hamburg nicht anders aus als dort, wo’s herkommt. Sonst sage man eben Seemannslied.
Freitag, 1. April 2022
Artifizieller Kretinismus
Nein, ihr bescheuerten Roboter! Wenn ich nach Musik von „Robért Wittinger“ suche, will ich ganz bestimmt nichts von Roger Whittaker angeboten bekommen!
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