Versuch
eines Beitrags zur religiösen Bildung: Am 8. Dezember feiern
Christen das Hochfest der ohne den Makel der Erbsünde empfangenen
Jungfrau und Gottesmutter Maria, volkstümlich Mariä Empfängnis
genannt. Das Festgeheimnis, die Unbefleckte Empfängnis, ist etwas,
mit dem der moderne Mensch nichts mehr anfangen zu können glaubt.
Viele, die den Ausdruck hören ― und verwenden! ―, missverstehen
ihn, sie denken, es gehe dabei darum, dass Jesus angeblich nicht auf
dem üblichen Wege gezeugt wurde, also nicht durch Geschlechtsverkehr
von Mann und Frau. Darum handelt es sich aber keineswegs. Nicht, dass die
Mutter Jesu vor und nach der Geburt Jungfrau war, ist mit
„unbefleckter Empfängnis“ gemeint, sondern dass Maria, als
sie (und zwar durchaus auf dem herkömmlichen Wege) von ihrem Vater
Joachim gezeugt und ihrer Mutter Anna empfangen wurde, also vom
ersten Augenblick ihres Daseins an, von der die Menschen erniedrigenden und beschädigenden Erbsünde
bewahrt blieb ― und zwar im Hinblick auf die Verdienste dessen, den sie
gebären wird, des Heilands und Erlösers der Menschen. Nun müsste man
freilich verstehen, was Erbsünde heißt: Ein nicht ganz einfaches
theologisches Konzept, dass sich vielleicht so erklären lässt, dass
Sünde, also das Tun von Falschem und das Unterlassen von Richtigem,
Folgen hat, nicht nur individuell für den, der die Sünde begeht,
sondern kollektiv für alle, die in einer unweigerlichen Gemeinschaft
mit dem Sünder leben. Man kann das veranschaulichen mit der
Vorstellung von einem, der gewaltige Schulden macht und sie seinen
Kindern und Enkeln und Urenkeln vererbt, die diese Schulden trotz
aller Bemühungen nicht von sich aus zurückzahlen können, sondern
sogar auf Grund ihrer belasteten Lage noch weitere Schulden anhäufen;
und immer so fort. Aus der mit dem Sündenfall, der Auflehnung Evas
und Adams gegen Gottes Gebot, beginnenden Kette des Immer-weiter-Sündigens wurde
Maria also von Gott herausgenommen. Nach dem Zeugnis der Kirche war sie
heilig und ohne Sünde. Sie gebar dann den, der durch seinen Tod und
seine Auferstehung die Macht der Sünde brach, die Menschen befreite
und loskaufte. Von alters her konnten sich Christen einfach nicht
vorstellen, dass eine sündige Frau den Sohn Gottes geboren haben
sollte, also verdichtete sich im Lauf der Zeit die Überzeugung von
der Bewahrung der jungfräulichen Mutter vor dem Makel der Erbsünde
hin zu dem verbindlichen Lehrsatz (Dogma), den Papst Pius IX. 1854 verkündete, der
aber eben schon viele Jahrhunderte zuvor, zugegebenermaßen nicht
ohne Einwände, gelehrt und liturgisch gefeiert worden war. Der
Festtag liegt selbstverständlich genau neun Monate vor dem noch älteren Fest Mariä
Geburt.
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