Mittwoch, 8. Dezember 2021

Unbefleckte Empfängnis

Versuch eines Beitrags zur religiösen Bildung: Am 8. Dezember feiern Christen das Hochfest der ohne den Makel der Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria, volkstümlich Mariä Empfängnis genannt. Das Festgeheimnis, die Unbefleckte Empfängnis, ist etwas, mit dem der moderne Mensch nichts mehr anfangen zu können glaubt. Viele, die den Ausdruck hören ― und verwenden! ―, missverstehen ihn, sie denken, es gehe dabei darum, dass Jesus angeblich nicht auf dem üblichen Wege gezeugt wurde, also nicht durch Geschlechtsverkehr von Mann und Frau. Darum handelt es sich aber keineswegs. Nicht, dass die Mutter Jesu vor und nach der Geburt Jungfrau war, ist mit „unbefleckter Empfängnis“ gemeint, sondern dass Maria, als sie (und zwar durchaus auf dem herkömmlichen Wege) von ihrem Vater Joachim gezeugt und ihrer Mutter Anna empfangen wurde, also vom ersten Augenblick ihres Daseins an, von der die Menschen erniedrigenden und beschädigenden Erbsünde bewahrt blieb und zwar im Hinblick auf die Verdienste dessen, den sie gebären wird, des Heilands und Erlösers der Menschen. Nun müsste man freilich verstehen, was Erbsünde heißt: Ein nicht ganz einfaches theologisches Konzept, dass sich vielleicht so erklären lässt, dass Sünde, also das Tun von Falschem und das Unterlassen von Richtigem, Folgen hat, nicht nur individuell für den, der die Sünde begeht, sondern kollektiv für alle, die in einer unweigerlichen Gemeinschaft mit dem Sünder leben. Man kann das veranschaulichen mit der Vorstellung von einem, der gewaltige Schulden macht und sie seinen Kindern und Enkeln und Urenkeln vererbt, die diese Schulden trotz aller Bemühungen nicht von sich aus zurückzahlen können, sondern sogar auf Grund ihrer belasteten Lage noch weitere Schulden anhäufen; und immer so fort. Aus der mit dem Sündenfall, der Auflehnung Evas und Adams gegen Gottes Gebot, beginnenden Kette des Immer-weiter-Sündigens wurde Maria also von Gott herausgenommen. Nach dem Zeugnis der Kirche war sie heilig und ohne Sünde. Sie gebar dann den, der durch seinen Tod und seine Auferstehung die Macht der Sünde brach, die Menschen befreite und loskaufte. Von alters her konnten sich Christen einfach nicht vorstellen, dass eine sündige Frau den Sohn Gottes geboren haben sollte, also verdichtete sich im Lauf der Zeit die Überzeugung von der Bewahrung der jungfräulichen Mutter vor dem Makel der Erbsünde hin zu dem verbindlichen Lehrsatz (Dogma), den Papst Pius IX. 1854 verkündete, der aber eben schon viele Jahrhunderte zuvor, zugegebenermaßen nicht ohne Einwände, gelehrt und liturgisch gefeiert worden war. Der Festtag liegt selbstverständlich genau neun Monate vor dem noch älteren Fest Mariä Geburt.

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