Montag, 6. Dezember 2021

Toxische „Solidarität“ (eine Dokumentation)

Eine postet in einem sozialen Netzwerk: Vorhin habe ich einen zunehmend aggressiven Impfgegner „entfreundet“. Ich verstehe, dass Menschen Gründe haben, sich nicht impfen lassen zu wollen. Ich finde ihr (Nicht-)Handeln unsolidarisch aber es bleiben meine Mitmenschen, denen ich mit Respekt begegne, so hoffe ich jedenfalls. Was ich nicht verstehen kann ist die Aggression einiger Impfgegner*innen gegenüber Menschen wie mir, also Geimpften. In ihren Augen bin ich eine unmündige, gutgläubige und manipulierte verlorene Seele, die sich freiwillig dem Diktat der Herrschenden unterwirft. Warum, bitte, muss dann noch nach mir getreten werden? Um mich aufzuwecken? Ernsthaft? Mir tut das einfach nur weh.
Ich reagiere: Wenn das eine ernst gemeinte Frage ist, könnte ich versuchen, sie zu beantworten. (Wenn es doch nur rhetorisch gefragt war, nicht weiterlesen!) Ich kann nicht für andere sprechen, schon gar nicht für alle oder den „Entfreundeten“. Ich kann nur sagen, was mir auffällt und ich mir dazu denke. 
Ja, es stimmt, Du verhältst Dich unmündig, gutgläubig und verhetzt und unterwirfst Dich dem Diktat der Herrschenden. Das tun leider viele. Deine Einschätzung ist irrational und geht an den Fakten vorbei: Weder ist die allgemeine Bedrohung groß, noch helfen die Maßnahmen. Du erwartest Dir von Deiner Unterwerfung Schutz für Dich und andere, obwohl offensichtlich ist, dass die geforderte Körperverletzung keines der Versprechen hält, die mit ihr verknüpft wurden: Infektion, Infektiosität, Erkrankung, Tod: zu alldem kann es trotzdem kommen und kommt es ja auch. Du nennst die, die Deine Einschätzung der Gefahrenlage nicht teilen, die die bekannten und die noch unbekannten Folgen der Gentherapie scheuen oder einfach dem Staat das Recht absprechen, Grundrechte in solchem Umfang und dermaßen sinnlos außer Kraft zu setzen und ein Terrorregime zu entfalten, „unsolidarisch“. Man könnte umgekehrt die konformistischen, ängstlich-gehorsamen, irrational hoffnungsfrohen Bürgerinnen und Bürger als Komplizen der Zerstörung des Gemeinwesens und seiner demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen betrachten. Was Ihr da tut, vergiftet die Gesellschaft für lange Zeit und bereitet den Boden für die Akzeptanz von noch mehr Überwachung und Eingriffe durch Staat und parastaatliche Konzerne. 
Die Freudigkeit, mit der Du und andere ihre Geimpftsein verkünden und ihre Impfpässe wie rettende Ariernachweise schwenken, ist peinlich. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand stolz auf eine medizinische Behandlung ist, es geht also wohl gar nicht um Gesundheit, sondern um den Versuch, auf der richtigen Seite der Geschichte, der Seite der Macht zu stehen. 
Du hast hier letztens einen grotesken Bericht weitergeleitet, der die letzte Wiener Großdemo gegen das Coronaregime als Versammlung von Rechtsextremisten und Gewalttätern hingestellt hat. Eine solche Verzerrung der Realität ― ich war selbst nicht dort, aber Freunde von mir, die alles andere "rechts“ oder aggressiv sind und deren Berichten ich vertraue ― ist in all ihrer Absurdität leider typisch. Gegnerschaft zu den bestehenden Verhältnissen soll diskreditiert werden, extrem diskreditiert. „Mit wem demonstriert ihr da?“, wird oft gefragt. Ja, es gibt Spinner und auch rechte Spinner unter den Coronaungläubigen. Aber sie sind weder die einzigen noch sind es viele, unter den fast 100.00 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besagter Demo etwa waren sie eine fast verschwindende, nur von Polizei und Medien übertrieben beachtete Minderheit (und übrigens, wer weiß wie viele V-Leute darunter sind). Der falsche Eindruck, der immer wieder erweckt werden soll, ist wohl eher Folge des Totalversagens der politischen Linken, und dabei besonders schmerzlich der Linksintellektuellen, als inhaltlich begründet. 
Und vor allem könnte man die Gegenfrage stellen: Mit wem marschiert denn Ihr da? Mit Merkel, Spahn, Lauterbach? (Ich nenne deutsche Namen, könnte auch österreichische nennen oder französische heraussuchen.) Mit korrupten Widerlingen, die vor 2020 bei jedem zurechnungsfähigen und anständigen Menschen als politische Zumutungen gegolten haben? Das sind jetzt die faktenbasiert entscheidenden Mächtigen, denen ihr vertraut? Dafür verratet Ihr alles, was Ihr vorher gewusst zu haben den Eindruck machtet? Jetzt tut Ihr so, als hättet Ihr noch nie etwas von Biopolitik und der Kontrollgesellschaft gehört? Jetzt gilt Euch Agamben plötzlich ein verwirrter Dummschwätzer? Jetzt folgt Ihr lieber Precht und dem Heer korrupter, fanatisch ignoranter Journalisten und in eine irrealen Parallelwelt agierenden „Faktenchecker“? 
Ihr habt Euch verändert, Ihr irrt Euch und habt Euch verrannt. (Ich zu Beispiel sage heute nicht anderes als 2019 und davor: Der Staat ist böse. Woher kommt hingegen bei vielen Deiner Gesinnungsgenossen dieser aggressive linke Etatismus? Einfach aus dem immer schon latent autoritären Denken? „Wir impfen Euch alle!“ Wenn das nicht faschistisch ist …) Eure falschen Auffassungen und verdrehten Darstellungen beherrschen den öffentlichen Diskurs, abweichende Kritik wird marginalisiert, zensiert, kriminalisiert. Aber das genügt Euch nicht. Ihr fordert totale „Solidarität“, also dass alle so verblendet, unterwürfig und destruktiv sind wie ihr. Und wenn nicht, dann setzt es eben Ausgrenzung, Demütigung, Entmündigung, Zwang. Unter der begeisterten Zustimmung der „Mehrheit“ soll es darum durch den Staat zur Impfpflicht kommen. Unnötige, potenziel schädliche Körperverletzung oder man wird zum Delinquenten (in Österreich heißt das: horrende Geldstrafen oder Haft). 
Und nach all dem wunderst Du Dich, dass auch bei den sanftmütigsten Skeptikern und friedlichsten Gegnern irgendwann die Geduld mit Euch unbelehrbaren Kaputtmacherinnen und Kaputtmachern erschöpft ist? Dass in die Enge getriebene, beschimpfte, schikanierte Menschen, die dasselbe Recht auf Selbstbestimmung haben wie Du und die mit der allgemeinen doch auch Deine Freiheit wollen ― während Du Unfreiheit forderst, aus der irgendwann auf mysteriöse Weise Freiheit und Normalität hervorgehen sollen ―, irgendwann aggressiv reagieren? Nicht wer die Machtansprüche des Staates und die aberwitzige Beutelschneiderei der Pharmaindustrie zurückweist, handelt unsolidarisch, sondern wer mitmacht. Du bist unsolidarisch. Ich nehme nicht an, dass meine hier jetzt rasch hingeschriebenen Bemerkungen Dich aufwecken werden. Aber Du hattest gefragt. 
Werde ich jetzt auch entfreundet?
Sie antwortet: Ich bin unsolidarisch, weil ich mich impfen lasse? Ernsthaft? Spinnst Du, Stefan? Willst Du mich verletzen? Ich finde nicht Dich unsolidarisch, sondern Dein (Nicht-)Handeln. Verletzt Dich das?
Darauf ich: Nach meiner nun wirklich möglichst ausführlichen Erklärung, warum Du unsolidarisch bist, wenn Du andere, die sich nicht wie Du impfen lassen, für unsolidarisch erklärst, drehst Du es so, als hätte ich Deine Privatsache, ob Du Dich piercen, das rechte Bein amputieren oder eben impfen lässt, unsolidarisch genannt? Nein, das verletzt mich nicht, das ist zu dumm, um mich verletzten zu können. Es entäuscht mich, das schon, und es ärgert mich, das ist wahr.
Nochmals: Unsolidarisch ist Dein U m g a n g mit Deiner Impfwilligkeit und Deine Abwertung aller, die es anders sehen. Den Unterschied verstehst Du doch? Oder willst Du ihn nicht verstehen? Warum nicht?
Mein „(Nicht-)Handeln“ besteht übrigens nicht zuletzt darin, dass ich mich, wiewohl gesund, derzeit zweimal die Woche testen lasse, um arbeiten zu dürfen. Ungefährlicher für die Allgemeinheit als ein nachweislich Nichtinfizierter wie ich kann man ja wohl nicht sein. Unterdessen dürfen (außerhalb des „Lockdowns“) Geimpfte, obwohl möglicherweise infektiös, vieles tun, was mir als nichtinfektösem Ungeimpften bei Strafe verboten ist. Wer ist hier also solidarisch und wer sind die konformistischen Solidaritätszerstörer?
Sie wiederum: Du willst nicht verstehen, dass ich Dir fast alles, worauf Du antwortest, nicht vorwerfe. Ich habe mich aus Solidarität impfen lassen. Weil ich damit andere und mich schützen kann. Das glaubst Du offensichtlich nicht, dass Du andere und Dich mit der Impfung schützen kannst. Selbst wenn mir die Impfung schadet, wie Du vielleicht annimmst, möchte ich nicht anders als in meinen Augen solidarisch handeln. Verstehst Du das?
Wenn Du es vorziehst, Dich selbst ständig freiwillig zu testen, dann ist das ein Handeln, das ich ebenfalls solidarisch finde. Aber ich denke, dass Du das nur tust, weil Du dazu gezwungen bist? Ich hoffe immer noch, dass Du Dir den Covid-19 nicht einfängst. Auch wenn die Gefahr größer denn je ist, solange Du Dich nicht vollständig abschottest. Du sollst ein möglichst freies und glückliches Leben führen. Wie wir alle!

Ich antworte: Du lebst in einer Scheinwelt. Du könntest auch sagen: Ich esse Bananen, weil das gegen Schnupfen schützt. Dann könnte man über solchen Unsinn den Kopf schütteln. Aber nicht, wenn die Regierung zusammen mit der Bananen-Mafia den Verzehr von Bananen fordert und sogar alle zum Bananenessen zwingen will. Ab dem Punkt ist Deine Privatsache, unsinnigerweise Bananen gegen Schnupfen zu essen, keine Privatsache mehr und wird politisch. Dafür hältst Du es ja auch: Du sagst, Bananen zu essen sei solidarisch, weil es gegen die große Schnupfenwelle helfe. Da nun aber die sachlichen Voraussetzungen nicht stimmen (es gibt keine gefährliche Schnupfenwelle und Bananen schützen nicht vor Schnupfen bzw. haben im Übermaß gegessen sogar Nachteile), bleibt von Deiner vermeintlich solidarischen Handlungsweise nichts übrig als Hysterie und Konformismus. Und ein Unbehagen gegenüber allen, die sich weigern Bananen zu essen, weil sie w i s s e n, dass das unnötig bis schädlich ist.
Wie sollen „wir alle“ ein freies und glückliches Leben führen, wenn so viele es hinnehmen, von Politik, Medien, Wissenschaft systematisch belogen zu werden? Wenn so viele es akzeptieren, dass absurde und schädliche Maßnahmen zu ihrem Besten sind? Wenn so viele bereit sind, ihre Unterwerfung unter das Narrativ durch Einwilligung in eine bestenfalls bedenkliche Körperverletzung zu vollziehen? 
Selbst wenn Du gegen alle Fakten an die Gefährlichkeit des Virus und die Sinnhaftigkeit der Gegenmittel glaubst: Du wirst doch nicht erwarten, dass durch braves Befolgen der Vorgaben der Obrigkeit diese dann irgendwann ihr Instrumentarium der Gängelung, Überwachung und Steuerung zurücknimmt? Dass, wenn jetzt keine gesellschaftliche Gegenwehr stattfindet, „nach Corona“ nicht neue Gründe für Entmündigung und Eingriffe in körperliche Unversehrtheit gefunden werden. Wenn Du mit frei und glücklich ein System wie in China meinst, nun ja. Wenn die Worte aber noch ihre frühere Bedeutung haben, dann lass Dich meinetwegen impfen, aber tu nicht so, als tätest Du es nicht aus Konformismus und Submissivität. Durch Unfreiheit („impfen lassen müssen“ in jeglicher Form) kommt keine Freiheit.
Irgendwann danach löschte sie mich als „Freund“ und blockierte mich.

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