Diesen Zettel habe ich gestern auf dem Gehsteig gefunden. Ob ihn der Wind dorthin geweht oder ihn jemand weggeworfen hat, weiß ich nicht. Wer ihn für wen geschrieben hat, auch nicht. (An mich war er selbstverständlich nicht gerichtet: Ich habe gar kein Auto.) Aber man kann sich die Umstände gut vorstellen: Irgendjemand hat sein Kraftfahrzeug so abgestellt, das es anderen im weg steht, jemand anderes ärgert sich darüber, und um dem Ärger Luft zu machen, wird ein Blatt aus dem Kalender gerissen, beschrieben und hinter den Scheibenwischer geklemmt.
Was mich an dem Text anspricht, ist, dass er in seiner Schlichtheit, ja Banalität doch auf sehr grundsätzliche Weise allen ernsthaften Texten ähnelt, die je verfasst wurden. Alles, was nicht bloß in technischer Absicht oder für den raschen und folgenlosen Konsum geschrieben wird, entsteht nämlich wohl nach demselben Muster. Es gibt einen auslösenden Impuls — hier Wut; auch sonst nicht der schlechteste aller Gründe, um zu schreiben; es gibt eine Adressierung — die Texte immer haben, mag sie noch so diffus sein; und es gibt ein Moment der Reflexion auf Form und Inhalt — hier die Gänsefüßchen bei „normal“, was wohl anzeigen soll, dass die Formulierung bewusst gewählt wurde, um sich kurz und knapp verständlich zu machen, zugleich aber auch, dass die Wortwahl problematisch ist.
Mir gefällt der Text, weil er nicht einfach eine Feststellung trifft und sich auf eine nicht befolgte Regel beruft: „So können Sie hier nicht parken!“ Oder: „So wie Sie hier parken, das ist verboten!“ Vielmehr wird eine Frage formuliert, die implizit an die Selbstkritik des oder der Angesprochen appelliert. Allerdings ist wohl keine sinnvolle Antwort zu erwarten. Und auch darin gleicht der Zettel dem, was ich oben „ernsthafte Texte“ nannte: Der Verfasser wollte ihn unbedingt schreiben, war sich aber dabei der Vergeblichkeit seines Tuns bewusst. Mit nichttechnischen, nichtkommerziellen Texten erreicht man nichts. Der Zweck des Geschriebenen ist aber auch gar nicht eine Verhaltensänderung bei den Lesenden (denn die ist realistischerweise nicht zu erwarten), sondern das Geschriebensein selbst. Der Text soll existieren, weil das, was er besagt, gesagt sein soll. Weil es besser ist, dass es gesagt wird, als dass es ungesagt bleibt. Was dann daraus wird, liegt nicht mehr in der Verantwortung des Autors.
Was mich an dem Text anspricht, ist, dass er in seiner Schlichtheit, ja Banalität doch auf sehr grundsätzliche Weise allen ernsthaften Texten ähnelt, die je verfasst wurden. Alles, was nicht bloß in technischer Absicht oder für den raschen und folgenlosen Konsum geschrieben wird, entsteht nämlich wohl nach demselben Muster. Es gibt einen auslösenden Impuls — hier Wut; auch sonst nicht der schlechteste aller Gründe, um zu schreiben; es gibt eine Adressierung — die Texte immer haben, mag sie noch so diffus sein; und es gibt ein Moment der Reflexion auf Form und Inhalt — hier die Gänsefüßchen bei „normal“, was wohl anzeigen soll, dass die Formulierung bewusst gewählt wurde, um sich kurz und knapp verständlich zu machen, zugleich aber auch, dass die Wortwahl problematisch ist.
Mir gefällt der Text, weil er nicht einfach eine Feststellung trifft und sich auf eine nicht befolgte Regel beruft: „So können Sie hier nicht parken!“ Oder: „So wie Sie hier parken, das ist verboten!“ Vielmehr wird eine Frage formuliert, die implizit an die Selbstkritik des oder der Angesprochen appelliert. Allerdings ist wohl keine sinnvolle Antwort zu erwarten. Und auch darin gleicht der Zettel dem, was ich oben „ernsthafte Texte“ nannte: Der Verfasser wollte ihn unbedingt schreiben, war sich aber dabei der Vergeblichkeit seines Tuns bewusst. Mit nichttechnischen, nichtkommerziellen Texten erreicht man nichts. Der Zweck des Geschriebenen ist aber auch gar nicht eine Verhaltensänderung bei den Lesenden (denn die ist realistischerweise nicht zu erwarten), sondern das Geschriebensein selbst. Der Text soll existieren, weil das, was er besagt, gesagt sein soll. Weil es besser ist, dass es gesagt wird, als dass es ungesagt bleibt. Was dann daraus wird, liegt nicht mehr in der Verantwortung des Autors.
Im Fall des von mir gefundenen Zettels ist aus dem Text ein Anlass für einen weiteren Text geworden. Und das ist ja oft das beste, was einem Text passieren kann.
Es gibt, wenn ich einen weiteren Text anfügen darf, einen netten kleinen Unterschied zwischen der bundesdeutschen und der österreichischen Sprachvarietät des Deutschs im Gebrauch des Verbs parken, der sich sogar in den Straßenverkehrsordnungen widerspiegelt.
AntwortenLöschenIn Deutschland parkt der Fahrer (des Fahrzeugs) und es gibt geparkte Fahrzeuge, in Österreich hingegen parkt das Fahrzeug und es gibt parkende Fahrzeuge.
Wenn Sie den Zettel in Österreich gefunden haben, wäre das sehr verwirrend für mich ... o)
Wie ich durch das Wort "Gehsteig" (statt Bürgersteig) diskret andeutete, hatte ich den Zettel in Österreich gefunden. In Baden bei Wien, genauer gesagt. Aber das besagt ja nichts über die Verortung der Sprachsozialisierung des Verfassers (oder der Verfasserin) der Nachricht. Ja, jetzt, wo wir darüber korrespondieren, kommt mir die pointierte, höfliche, saubere Kommunikation des Zettels sogar eher unösterreichisch vor ... Sie würden sich vielleicht wundern, wie viele Autos mit Kennzeichen von NF bis OA und HS bis GR durch Baden rollen. Trägt das zu Ihrer Entwirrung bei? Für die meines Erachtens aber im Übrigen auch sonst kein Grund besteht. Woher Sie nämlich die Gewissheit des "netten kleinen Unterschieds" nehmen, ist mir unerfindlich. Auch in Österreich kann "parken" durchaus die Bedeutung "ein Kraftfahrzeug abstellen" haben. Dass das Prädikat "parken" darüber hinaus auch das Fahrzeug zum Subjekt haben kann, bestreite ich nicht. Nur werden sie für diesen Wortgebrauch auch viele Beispiele außerhalb Österreichs finden. Geben Sie mal "parkende autos" bei Google ein ... Und weil wir gerade über Sprache plaudern: "des Deutschs"?
LöschenImmer begierig, Hinweisen zu folgen und dazuzulernen, habe ich mich im Internet auf die Suche nach den erwähnten Straßenverkehrsordnungen gemacht und gefunden: In der deutschen StVO heißt es in § 12, Abs. 4 u.a.: "Taxen dürfen, wenn die Verkehrslage es zulässt, neben anderen Fahrzeugen, die auf dem Seitenstreifen oder am rechten Fahrbahnrand halten oder parken, Fahrgäste ein- oder aussteigen lassen." Hier ist also doch wohl von Fahrzeugen die Rede, die parken (und sogar ein- und aussteigen lassen!), nicht von Fahrern. Die österr. StVO hinwiederum definiert zwar in § 2, Z 28: "Parken: das Stehenlassen eines Fahrzeuges für eine längere als die in Z 27 angeführte Zeitdauer", spricht dann aber mehrfach von "parkenden" Fahrzeugen. Es lebe die Inkonsequenz!
LöschenAch, was ist schon gewiss? Ich habe nur wenige Gewissheiten, dafür aber viele Fragen und viel Verwunderung.
AntwortenLöschenJedenfalls, und das ist gewiss, habe ich mich über den Zettel und Ihren Text gefreut und mich beim Lesen an eine Formulierung aus der bundesdeutschen StVO erinnert,
"Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt. (§ 12 II)"
bei der ich mich schon immer gefragt habe, wie ich zum Beispiel einem mir nach dem Verlassen meines Fahrzeugs begegnenden Passanten klar machen soll, dass ich nicht gehe oder laufe, sondern parke.
Wagemutig könnten wir einen andern exzellenten Blogger, nämlich Dr Stefan Bopp (http://canoo.net/blog/), und weitere Aufklärung hinsichtlich des Parkens bitten.
"Des Deutschs" gefällt mir gut. Ich habe extra nachgeschaut, ob sich das Nomen so flextieren lässt. Was stört sie daran?
Was mich daran stört? Dass es nur "des Deutschen" heißen kann. Wo haben Sie nachgeschaut? Falls in einem Buch: Werfen Sie es weg. Falls im Netz: Löschen sie den Link. Sicher, ich habe auch schon "des Bärs" und Ähnliches hören müssen, aber das kann doch nicht im Ernst zur Regel erhoben werden, Duden her oder hin. (In dem Fall meiner Meinung nach: eher hin.)
LöschenDoch woher nehmen Sie die Gewissheit, dass es nur "des Deutschen" heißen kann?
AntwortenLöschenIn Ihrem Post "Deutsch's" haben Sie dankenswerter Weise weitere Hinweise gegeben, die Ihre Auffassung stützen sollen. Indes: Ich bin nicht überzeugt.
Ich weiß, Sie können das, was sie an Deutschs stört, noch weiter und sehr viel wissenschaftlicher begründen und Heerscharen von Germanisten würden Ihnen bei Bedarf beispringen. Soweit ich sehe, haben Sie sogar den Rat für deutsche Rechtschreibung auf Ihrer Seite. Deshalb versuche ich ganz bodenständig (wichtig is, wat aufm Platz is) zu erklären, warum ich "Deutschs" geschrieben haben und, falls sie weitere erörterungswürdige Zettel auf Gehsteigen finden, es erneut tun werde.
Sie schreiben viel und zumindest auf Abitur-Feiern reden sie auch - gerne, wie ich vermute. Deshalb wissen Sie, wie wichtig ein guter Stil ist, damit beim Leser oder Hörer kein Lese- respektive Hörwiderstand entsteht. "Flüssig muss der Text sein", so heißt es. Manche Texte (keineswegs Ihre) sind aber so flüssig, dass man beim Lesen einfach so durchrutscht und immer mehr Fahrt aufnimmt. Der Inhalt, der immer noch wichtiger ist als die Form, rauscht vorbei und wird kaum noch wahrgenommen. So ist es wohl auch zu erklären, dass viele Menschen sich von Politikern und Journalisten volllullen lassen ohne zu merken, dass sie verarscht werden.
Ein paar scharfe Kanten schaden kaum einem Text. Und das "s", welches ich an Deutsch angefügt habe, ist so eine scharfe Kante. Man muss schon sehr dogmatisch denken, wenn man dem Nomen Deutsch nicht zubilligen will, mit Hilfe eines angehängten "s" als Genitiv zu fungieren. Hinzu kommt noch, dass "des Deutschen" den flüchtigen Leser auf eine falsche Fährte locken und die Satzaussage entstellen könnte. Das kleine "s", das Sie so stört, das ich aber so gerne habe, ist die Klippe, die den Strom der Buchstaben bremst, den Leser oder Hörer aufmerken und hoffentlich den Text bewusster aufnehmen lässt.
Es hat funktioniert, oder?
Und gibt man das Wort Deutschs in die Suchmaschine Google ein, findet sich ihr Blog in den vordersten Stellen der Suchergebnisse.
Hätte ich so geschrieben wie Sie es für richtig halten, wäre die tiefere Bedeutung, noch tiefer als Sie es ohnehin schon dargestellt haben, des Zettels, den Sie auf einem Gehsteig fanden, nie ans Tageslicht gekommen. :)
Ich weiß nicht, ob man nun nachgerade dogmatisch sein muss, um "Deutschs" unschön und "des Deutschen" angenehmer zu finden. Und auch mit der Kantigkeit ist das so eine Sache. Sie sagen selbst, der flüchtige Leser (wovor flieht der eigentlich ...?) könne durch "des Deutschen" auf die falsche Fährte geführt werden. Also halten Sie doch diese Form für ungewöhnlicher als die andere? Wie auch immer: Schön, dass wir darüber geredet haben. Ich habe was gelernt, und meinen Wustmann zu konsultieren, war mir wie immer eine Freude.
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