Donnerstag, 22. November 2012

Mehr als ein Regime

Wer diese Unsitte aufgebracht hat, weiß ich nicht, und wie sie sich so weit verbreiten konnte, auch nicht. Dass sie es bis zur Ehre des Duden-Eintrages gebracht hat, weiß ich, halte das aber in keiner Hinsicht für ein Argument. Es ist und bleibt unschöner Unsinn. Doch leider würden auf die Frage, wie die Mehrzahl von „Regime“ lautet, die meisten angeblich des Deutschen Mächtigen antworten: „Regime“.
Hier liegt der eigentümliche und (da mir kein weiteres Beispiel einfällt, behaupte ich:) in der deutschen Sprache und Schreibe einzigartige Fall vor, dass ein und derselbe Buchstabe an ein und derselben Stelle in ein und demselben Wort und ohne jede sonstige Veränderung des Schriftbildes einmal stumm ist und einmal einen Laut repräsentiert: Man schreibt beide Male „Regime“ und sagt erstaunlicherweise einmal „Reschiem“ und ein andermal „Reschieme“.
Diese absurde Doppelfunktion des E ist das eine, was mich stört, die Willkür, ausgerechnet hier, wo im Schriftbild am Ende schon ein E steht, eine Mehrzahlbildung mit E durchzusetzen, das andere. Und das hört ja beim Nominativ nicht auf, hemmungslos wird dekliniert: „die Regime, der Regime, den Regimen, die Regime“. Schrecklich.
Niemandem fiele wohl ein, es mit dem aus dem Englischen entnommen Wort „Team“ ebenso zu halte: „das Team, die Teame“. Hier sagt man stets „die Teams, der Teams, den Teams, die Teams“. Nur bei dem aus dem französischen stammenden „régime“ — dem man ohnehin schon seinen accent aigu geraubt hat — bildet man sich ein, anders verfahren zu können, zu sollen, vielleicht gar zu müssen. Warum bloß?
Der Grund ist vermutlich der bedauerliche Vorrang des Schriftdeutschen vor der gesprochenen Sprache. Man sieht das End-E und meint, es könne auch ein Plural-E sein. Und dann „spricht man es aus“. (In Wahrheit werden nicht Buchstaben gesprochen, sondern Sprache wird aufgeschrieben, aber das auszuführen führte hier zu weit.)
Nein, nein und nochmals nein, ich mache diesen Quatsch nicht mit. Für mich heißt es „das Regime“ und „die Regimes“ (sowie „der Regimes, den Regimes, die Regimes“). Das ist für mich die einzig korrekte Sprech- und Schreibweise. Nur sie ist sprachbewusst, geschichtsbewusst, gebildet und formschön. Spricht aus Ihrer Sicht irgendetwas dagegen? Haben Sie irgendein Argument für die falsche Form (außer dem Nicht-Argument „Alle machen es so“)? Nein? Dann übernehmen Sie doch bitte ausnahmsweise einmal meine Sicht der Dinge. Danke.

8 Kommentare:

  1. Nee, nee, da soll einer draus schlau werden: Bei "Deutschs" wollen Sie von dem -s nichts wissen, bei Regime wollen sie es unbedingt dabei haben ... o)


    Nein, es spricht nichts dagegen, dass Sie es so machen, wie Sie es wollen.

    Regime ist allerdings in der deutschen Sprache eines der Worte, dass zwei unterschiedliche Pluralbildungen zulässt, deswegen werde ich weiterhin die Form verwenden, die Sie für falsch halten.

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    1. Ja, es gibt da tatsächlich zwei Mehrzahlen: eine richtige und eine falsche ... (Kleiner Scherz.) Es gibt leider auch Sprachbenutzer, die gegen Argumente resistent sind. Und sich, fällt ihnen sonst nichts ein, auf ein "Ich will das so" zurückziehen. Die argumentative Horizontlinie des konsumistischen Zeitalters, in dem die individuelle Präferenz nicht mehr reflektiert, nicht mehr kritisiert werden kann.

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    2. Ach, müssen Sie immer so drastisch reagieren?

      Sie dürfen ja Recht haben und behalten, aber: Wie wäre es, wenn Sie schon auf "Regimes" beharren, mit einem Beweis statt eines oder vieler Argumente?

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    3. Aber, aber ich bin doch nicht drastisch. Bloß meinungsstark ... (Außerdem hätte ich, Ihren eigenen Texten nach urteilend, darauf geschworen, Sie mögen's drastisch.) Ach, was nützt es mir denn, Recht zu haben, wenn davon niemand ein besserer Mensch wird? Ich bin doch nicht meinetwegen belehrend und besserwisserisch, ich will doch bloß dem Guten, Wahren und Schönen dienen. Welche Art von "Beweis" würden Sie denn überhaupt noch akzeptieren, wenn schon meine unwiderlegten Beweisgründe Sie nicht überzeugt haben?

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    4. Nein, ich mag es nicht drastisch, wohl aber klar und eindeutig, wenn das Thema es verlangt. Das ist bei diesem Thema jedenfalls aus meiner Sicht nicht der Fall.

      Da Sie an anderer Stelle kundtaten nicht dogmatisch sein zu wollen, dachte ich, Sie freuen sich, dass ich ihren Text zum Anlass genommen habe inne zu halten, zu überlegen wie ich bisher den Plural von "Regime" gebildet habe, zu überprüfen ob ich ihn zukünftig anders bilden werde und nach Abwägen des Für und Wider mich entschlossen habe, bei meiner bisherigen Handhabung zu bleiben ohne Ihre Ansicht über die richtige Schreibweise zu verwerfen.

      Als Beweis wäre mir eine den Denkgesetzen der Logik entsprechende Herleitung mit der unumstößlichen Darlegung, dass es ein richtiges Deutsch gibt, dass es eine natürliche Person oder eine Körperschaft (oder sonstwas) gibt, welche allgemeingültig festlegen darf, was richtiges Deutsch ist und dass Bestandteil der Festlegung die Schreibweise "Regimes" für die Mehrzahl von "Regime" ist, sehr lieb.

      Gewiss kennen Sie Mark Twains in bemerkenswertem Englisch geschriebenes "The Awful German Language". Fall nicht, nehmen Sie es als Lesetipp. Es erhellt wunderbar die Schwierigkeiten, die (nicht nur) ein Nicht-Muttersprachler mit der deutschen Sprache hat.


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    5. Wenn es Ihrer Einschätzung nach nicht den "Denkgesetzen der Logik" widerspricht, dass ein und dieselbe Schreibweise zwei Aussprachen repräsentieren soll (derlei gibt es mitunter im Englischen, aber im Deutschen fällt mir kein zweites Beispiel ein), weiß ich mir auch keinen Rat mehr und muss den unumstößlichen Beweis, warum das unsinnig ist, wohl schuldig bleiben. Dass Sie das Für und Wider abgewogen haben, ehrt Sie, und ich bin durchaus froh, immerhin das bewirkt zu haben. Dass Ihnen dabei auch nur ein einziges Für für "die Regimeee" eingefallen ist, erstaunt mich, und es interessiert mich sehr, was das wohl war. Bitte, wenn Sie Zeit haben: Nur heraus damit! Ich werde auch nicht drastisch reagieren, versprochen.

      Jede Sprache ist ja eine erlernte. Und nichts steht einem beim Erlernen mehr im Wege als die Sprechgewohnheiten der Sprachgemeinschaft. Ob Mutter- oder Fremdsprache: Man muss sich wehren gegen die Unsitten! - Danke für den Lesetipp.

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  2. Ich verrate es Ihnen. Sie schrieben es selbst schon:

    "..., ich will doch bloß dem Guten, Wahren und Schönen dienen."

    Gut ist das Gesproche oder Geschriebene, wenn es der Verständigung dient. Das -s beinträchtigt in unserem Fall, wenn es fehlt, die Verständigung nicht.

    Wenn es um Sprache geht, gibt es einen Wahrheitsbeweis nicht (es war fies von mir, einen solchen zu fordern). Wir sind keine Behörden, die an amtliche Regeln gebunden sind, und Sprache ist nicht naturwissenschaftlich untersuchbar.

    Es bleibt das Schöne. Eine Sprache oder ein einzelnes Wort ist dann schön, wenn sie oder es dem Betrachter gefällt. Es ist wie bei einer Blume oder einem Gemälde oder einer Fotografie - der eine mag's der andere nicht. Mir gefällt es , wenn wir für den Plural von Regime Regime schreiben. Da sie neuerdings sogar die Schreibweise "Regimeee" in Betracht ziehen, vermute ich, dass unser sprachliches Geschmacksempfinden doch recht unterschiedlich ist. Das ist aber nicht schlimm, denn so lange sie mit Regimes und/oder Regimeee schmusen, habe ich Spaß mit Regime - und zwar in der Mehrzahl!

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    1. Wenn schön wäre, was gefällt, wäre ja auch jeder Dreck schön, den die Leute massenhaft konsumieren. Mit solch einer subjektivistischen Ästhetik lässt sich aus meiner Sicht nichts anfangen. Sie erübrigt jede Kritik und damit auch Diskussion.

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