Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien und Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz, ist studierter Theologe. Das wusste ich bereits. Dass er auch Volkswirt, Versicherungsmathematiker und Sozialfuturologe ist, ist mir neu. Doch das muss er ja wohl sein, wenn er seine in der ORF- Fernsehsendung „Niederösterreich heute“ am Karsamstag getätigten Aussagen ernst meint. Dort hat der Kirchenfürst nämlich verkündet, dass durchschnittliche Pensionsantrittsalter müsse angehoben werden. „Wir werden länger arbeiten müssen. Mit 58 Jahren in Pension, das geht nicht“, wird er zitiert.
Nun, Seine Eminenz hat als Mitglied verschiedener Kurienbehörden selbstverständlich ganz anderen Zugriff auf die Schätze unter anderem der Vatikanischen Geheimbibliothek als unsereiner. Vielleicht liegen ihm also andere Dokumente vor als mir, denn ich für meinen Teil kenne jedenfalls keine Stelle in den Evangelien, wo Jesus sagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Arbeitnehmer mit 58 in Rente gehen darf.“
Auch sonst kann ich mir eigentlich keine theologische Argumentation denken, die darauf hinausläuft, dass der Pensionsantritt mit 58 unzulässig, einer mit 59, 60, 65 oder 75 aber von Gott gefordert sei.
„Es wird einfach nicht anders gehen, dass wir alle länger arbeiten — soweit es irgendwie möglich ist.“ Woher weiß der Kardinal das so genau? Kann er in die Zukunft sehen? Hat er wirklich die zunehmende Produktivität mir der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung verrechnet? Oder schwatzt er nur nach, was Stammtische, Parteizentralen und unternehmerfreundliche Meinungsmacher so absondern? Kann er irgendeinen Grund nennen (irgendeinen, wenn schon keinen theologischen), warum es falsch sein soll, dass immer weniger Menschen den Unterhalt für alle erwirtschaften können? Wenn das unzulässig ist, müsste man hierzulande die Kinderheit wieder einführen …
„Wir alle wissen, jeder der hinschaut, dass es so nicht geht“, sagte Schönborn. Ich weiß nur: So geht’s ja nun wirklich nicht. Statt das Märchen von der bedrohlich kippelnden Alterspyramide neu aufzutischen, das von seriösen Nachrechnern längst widerlegt ist, hätte der Kardinal mal etwas Triftiges über Proftigier, über die ungerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums oder über das bedingungslose Grundeinkommen sagen können. Stattdessen Stammtischparolen! Noch dazu ohne jeder theologische Begründung oder Relevanz. Im Gegenteil. In dem er das Geschäft der entsolidarisierenden, deregulierenden, ausbeutungsgeilen „Reformer“ betreibt, tritt Schönborn seinem Herrn ausgerechnet am Karsamstag kräftig gegens Schienbein. Denn hatte sich der Heiland etwa übers Pensionsantrittsalter Gedanken gemacht? Oder nicht vielmehr gefordert, dass den Hungern und Dürstenden, den Unterversorgten und Obdachlosen, den Fremden, den Kranken und Gefangenen geholfen werde und die Menschen einander wie Brüder und also nicht wie Nutzvieh behandeln? Ich zweifle kleinen Augenblick daran, dass Seine Eminenz unbedingt dafür eintritt, dass genau das geschieht. Aber seine politischen Dummschwätzereien sind kontraproduktiv. Das Evangelium ist (anders als die Protestanten lehren) nicht mit dem Kapitalismus vereinbar. Statt mit dem Detail des Pensionsantrittsalters — das freilich durchaus symptomatisch ist — hätte sich der Kardinal lieber mit dem Gesamtzustand einer Gesellschaft beschäftigen sollen, in der kollektiver und individuelle Egoismen zunehmen und der Klassenkampf von oben und aus der Mitte nach unten sich verschärft. Darüber also hätte ein verantwortlicher Seelsorger mal zu reden und auch theologisch Begründbares zu sagen.
Was Christoph Schönborn als Privatperson so denkt, ist seine Sache. (Und interessiert mich nur sehr bedingt.) Wenn er aber die öffentliche Aufmerrksamkeit, die er als Kardinal, Erzbischof und Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz zum Glück noch findet, dafür nützt, seine unqualifizierten Pivatmeinungen zu verkünden, dann ist das gewissermaßen Amtsmissbrauch. Und zumindest höchst unanständig.
Nun, Seine Eminenz hat als Mitglied verschiedener Kurienbehörden selbstverständlich ganz anderen Zugriff auf die Schätze unter anderem der Vatikanischen Geheimbibliothek als unsereiner. Vielleicht liegen ihm also andere Dokumente vor als mir, denn ich für meinen Teil kenne jedenfalls keine Stelle in den Evangelien, wo Jesus sagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Arbeitnehmer mit 58 in Rente gehen darf.“
Auch sonst kann ich mir eigentlich keine theologische Argumentation denken, die darauf hinausläuft, dass der Pensionsantritt mit 58 unzulässig, einer mit 59, 60, 65 oder 75 aber von Gott gefordert sei.
„Es wird einfach nicht anders gehen, dass wir alle länger arbeiten — soweit es irgendwie möglich ist.“ Woher weiß der Kardinal das so genau? Kann er in die Zukunft sehen? Hat er wirklich die zunehmende Produktivität mir der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung verrechnet? Oder schwatzt er nur nach, was Stammtische, Parteizentralen und unternehmerfreundliche Meinungsmacher so absondern? Kann er irgendeinen Grund nennen (irgendeinen, wenn schon keinen theologischen), warum es falsch sein soll, dass immer weniger Menschen den Unterhalt für alle erwirtschaften können? Wenn das unzulässig ist, müsste man hierzulande die Kinderheit wieder einführen …
„Wir alle wissen, jeder der hinschaut, dass es so nicht geht“, sagte Schönborn. Ich weiß nur: So geht’s ja nun wirklich nicht. Statt das Märchen von der bedrohlich kippelnden Alterspyramide neu aufzutischen, das von seriösen Nachrechnern längst widerlegt ist, hätte der Kardinal mal etwas Triftiges über Proftigier, über die ungerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums oder über das bedingungslose Grundeinkommen sagen können. Stattdessen Stammtischparolen! Noch dazu ohne jeder theologische Begründung oder Relevanz. Im Gegenteil. In dem er das Geschäft der entsolidarisierenden, deregulierenden, ausbeutungsgeilen „Reformer“ betreibt, tritt Schönborn seinem Herrn ausgerechnet am Karsamstag kräftig gegens Schienbein. Denn hatte sich der Heiland etwa übers Pensionsantrittsalter Gedanken gemacht? Oder nicht vielmehr gefordert, dass den Hungern und Dürstenden, den Unterversorgten und Obdachlosen, den Fremden, den Kranken und Gefangenen geholfen werde und die Menschen einander wie Brüder und also nicht wie Nutzvieh behandeln? Ich zweifle kleinen Augenblick daran, dass Seine Eminenz unbedingt dafür eintritt, dass genau das geschieht. Aber seine politischen Dummschwätzereien sind kontraproduktiv. Das Evangelium ist (anders als die Protestanten lehren) nicht mit dem Kapitalismus vereinbar. Statt mit dem Detail des Pensionsantrittsalters — das freilich durchaus symptomatisch ist — hätte sich der Kardinal lieber mit dem Gesamtzustand einer Gesellschaft beschäftigen sollen, in der kollektiver und individuelle Egoismen zunehmen und der Klassenkampf von oben und aus der Mitte nach unten sich verschärft. Darüber also hätte ein verantwortlicher Seelsorger mal zu reden und auch theologisch Begründbares zu sagen.
Was Christoph Schönborn als Privatperson so denkt, ist seine Sache. (Und interessiert mich nur sehr bedingt.) Wenn er aber die öffentliche Aufmerrksamkeit, die er als Kardinal, Erzbischof und Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz zum Glück noch findet, dafür nützt, seine unqualifizierten Pivatmeinungen zu verkünden, dann ist das gewissermaßen Amtsmissbrauch. Und zumindest höchst unanständig.