Der Kommentator meiner theologischen Skizze „Judica“ hat gewiss Recht, wenn er darauf hinweist, dass eine sorgfältige Luther-Exegese (gegebenenfalls vermehrt um eine Exegese Calvins und anderer?) eine differenziertere Sicht dessen erlaubte, was ich kurzerhand den „urprotestantischen Aberglaube vom ‘Glauben allein’“ genannt habe — obwohl man selbst dann, wie ich meine, die reformationstheologische „Verwerfung der Heilsnotwendigkeit guter Werke“ wohl schwerlich wird bestreiten können.
Nun habe ich allerdings bewusst „urprotestantisch“ gesetzt und nicht „urlutherisch“ oder „urlutheranisch“, um mich nicht auf das subjektive Selbstverständnis dieses oder jenes Autors zu beziehen (zumal in einem genügend reichhaltigen Werk sich fast immer Belege für eine Aussage und ihre Einschränkung, ja ihr Gegegenteil finden lassen werden) und dessen innere Inkonsequenz nachzuvollziehen, sondern auf die spezifischen objektiven Wirkungen, die protestantische Denk- und Handlungsweisen in der Geschichte gehabt haben. Bei Max Weber etwa kann man, wenn ich mich recht erinnere, nachlesen, dass die sogenannten Reformatoren selbst zwar keine Freunde des kapitalistischer Geisteshaltung und Handlungsweise gewesen sein mögen, dass aber der berüchtigte „Geist des Protestantismus“ entscheidend an der Beförderung des Kapitalismus mitgewirkt hat.
Ich nenne das Vorgehen der „Reformatoren“ übrigens deshalb inkonsequent, weil man wohl nur auf sehr verschlungenen Umwegen von der behaupteten Gnadenwahl und Willensunfreiheit zu moralischen Appellen, ja ethischer Normativität kommen kann. Ich jedenfalls muss zugeben, nie verstanden zu haben, was es bringen soll, Menschen, deren Willen man für unfrei hält, zu richtigem Handeln aufzufordern, zumal über ihr Heil oder Unheil ohnehin schon im Voraus entschieden sein soll von einem Gott, der keinerlei Verdienst anerkennt und völlig willkürlich festlegt, wer in den Himmel oder in die Hölle kommt. (Auch der Glaube ist ja den „Reformatoren“ zu Folge kein anerkennenswertes Verdienst, da auch er ausschließlich von Gott gewährt oder verweigert wird und nicht vom Menschen in freier Entscheidung angenommen oder zurückgewiesen werden kann.)
Aber die Pointe meiner Argumentation in „Judica“ ist eine ganz andere als eine Beantwortung der Frage, ob „gute Werke“ sozusagen praktische Nebeneffekte des theoretischen Glaubens sind oder aber eine mit eigenem Sinn und eigener Würde ausgestattete Heilsnotwendigkeit für den Gläubigen darstellen. Vielmehr versuchte ich mit Mt 25,31-46 (in verdeutlichender Verbindung mit Mt 7,21) zu argumentieren, dass das gute Tun selbst bereits der heilsnotwendige „Glaube“ ist und zwar unabhängig davon, wovon jemand überzeugt zu sein meint. Wobei „Glaube“ hier eben nicht verstanden wird als Fürwahrhalten von Sätzen, sondern als Vollzug eines Verhältnisses zu Gott. — Welchen Sinn dann überhaupt noch Theologie und Liturgie haben und warum sie nicht einfach zugunsten umfangreicher Sozialarbeit aufgegeben werden können, werde ich dann am nächsten Sonntag zu skizzieren versuchen.
Nun habe ich allerdings bewusst „urprotestantisch“ gesetzt und nicht „urlutherisch“ oder „urlutheranisch“, um mich nicht auf das subjektive Selbstverständnis dieses oder jenes Autors zu beziehen (zumal in einem genügend reichhaltigen Werk sich fast immer Belege für eine Aussage und ihre Einschränkung, ja ihr Gegegenteil finden lassen werden) und dessen innere Inkonsequenz nachzuvollziehen, sondern auf die spezifischen objektiven Wirkungen, die protestantische Denk- und Handlungsweisen in der Geschichte gehabt haben. Bei Max Weber etwa kann man, wenn ich mich recht erinnere, nachlesen, dass die sogenannten Reformatoren selbst zwar keine Freunde des kapitalistischer Geisteshaltung und Handlungsweise gewesen sein mögen, dass aber der berüchtigte „Geist des Protestantismus“ entscheidend an der Beförderung des Kapitalismus mitgewirkt hat.
Ich nenne das Vorgehen der „Reformatoren“ übrigens deshalb inkonsequent, weil man wohl nur auf sehr verschlungenen Umwegen von der behaupteten Gnadenwahl und Willensunfreiheit zu moralischen Appellen, ja ethischer Normativität kommen kann. Ich jedenfalls muss zugeben, nie verstanden zu haben, was es bringen soll, Menschen, deren Willen man für unfrei hält, zu richtigem Handeln aufzufordern, zumal über ihr Heil oder Unheil ohnehin schon im Voraus entschieden sein soll von einem Gott, der keinerlei Verdienst anerkennt und völlig willkürlich festlegt, wer in den Himmel oder in die Hölle kommt. (Auch der Glaube ist ja den „Reformatoren“ zu Folge kein anerkennenswertes Verdienst, da auch er ausschließlich von Gott gewährt oder verweigert wird und nicht vom Menschen in freier Entscheidung angenommen oder zurückgewiesen werden kann.)
Aber die Pointe meiner Argumentation in „Judica“ ist eine ganz andere als eine Beantwortung der Frage, ob „gute Werke“ sozusagen praktische Nebeneffekte des theoretischen Glaubens sind oder aber eine mit eigenem Sinn und eigener Würde ausgestattete Heilsnotwendigkeit für den Gläubigen darstellen. Vielmehr versuchte ich mit Mt 25,31-46 (in verdeutlichender Verbindung mit Mt 7,21) zu argumentieren, dass das gute Tun selbst bereits der heilsnotwendige „Glaube“ ist und zwar unabhängig davon, wovon jemand überzeugt zu sein meint. Wobei „Glaube“ hier eben nicht verstanden wird als Fürwahrhalten von Sätzen, sondern als Vollzug eines Verhältnisses zu Gott. — Welchen Sinn dann überhaupt noch Theologie und Liturgie haben und warum sie nicht einfach zugunsten umfangreicher Sozialarbeit aufgegeben werden können, werde ich dann am nächsten Sonntag zu skizzieren versuchen.
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