Wieder einmal verstehe ich die Leute nicht. Geht wählen, sagen sie, das ist wichtig. Geht unbedingt wählen. Selbst wenn ihr keine Partei wählt, sagen sie, sondern ungültig wählt, geht wählen. Wählen zu können, ist ein Privileg, sagen sie. Das muss man nützen. Die Demokratie muss geschützt werden, sagen sie.
Das ist doch absurd. Niemand würde sagen: Geh in den Supermarkt, auch wenn du dort nichts kaufen willst, kauf irgendwas, gib dein Geld aus, Hauptsache, der Supermarkt macht Umsatz und bleibt weiterhin bestehen. So zu reden wäre doch plemplem. Wenn ich keine der Waren des Supermarktes haben will, warum soll ich dann hingehen und irgendwas kaufen? Warum die Existenz des Supermarktes schützen, wenn ich ihn weder will noch brauche?
Ich bin ja gar nicht gegen Demokratie, das habe ich schon oft gesagt. Vor allem nicht, wenn die Alternative Diktatur heißt. (Ich bin ja nicht blöd.) Aber ich bin gegen diese Art von Demokratie, bei der die Leute verdummt und entmündigt werden, gegen ein politisches System, das vorne Mitbestimmung spielt und wo hinten Konzerne und Lobbys die Strippen ziehen.
Selbstverständlich gehen die Leute gern wählen und halten das sogar für eine moralische Pflicht. Es schmeichelt einfach ihrer Eitelkeit, dass sie gefragt werden, und die Illusion, dass sie, zumindest als Masse, irgendetwas entscheiden, erlaubt ihn, großzügig über die Realitäten hinwegzusehen.
Warum aber eine Auswahl zwischen Parteien treffen, von denen keine meinen Minimalanforderungen entspricht – als da wären: offene Grenzen; bedingungsloses Grundeinkommen; uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine; keine Geschäfte mit Diktaturen; radikale Umweltschutzmaßnahmen, auch wenn das Konsumverzicht und Profitminderung bedeutet –, warum ja sagen zu einem System, das als Veränderung nur den Aufstieg von Populisten erlaubt, ansonsten aber nur an einem Weiterso interessiert ist, bei dem mal die pseudokonservativen Pappnasen, mal die pseudoprogressiven Pappnasen Regierung spielen (die alle neoliberale Pappnasen sind)?
Das politische System ist falsch („der Supermarkt“), das einem eine Auswahl zwischen verschiedenen Falschheiten nahelegt („diese Scheißware oder jene Scheißware“) und die kaum wahrnehmbaren Unterschiede (bei wie gesagt neoliberaler Grundhaltung) medial zu Debatten aufbläht, die hohler sind als Luftballons.
Ganz grob gesagt: Es gibt nichts zu wählen, wenn das Angebot Scheiße ist, und ohne hin andere bestimmen, wer welche Scheiße fressen muss.
Wählen zu gehen ist also deshalb wichtig, weil man damit beweist, dass man die eigene Lage nicht begreift oder nicht wahr haben will oder ganz zufrieden damit ist, betrogen und ausgebeutet und verdummt und einer Politik unterworfen zu werden, die neben allem anderen auch die eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Kein Wunder also, dass neben den Medienkammern in erster Linie auch Politiker und Politikerinnen vor Wahlen ein Trommelfeuer betreiben: Go vote! Go vote“ Go vote! Und ein paar Unmündige und Verhetzte gehen für den Quatsch sogar auf die Straße. Zusammen mit einigen von denen, die die Probleme dieser Welt verursachen (Wirtschaft), sich schützend vor die Verursacher stellen (Politik) und mit Tralala und Blablabal von alle dem Ablenken (Medien, Unterhaltungsindustrie). Ein groteskes Bild, wie die, die etwas ändern könnten, freudig dafür demonstrieren, dass sie das Weiterso und Schlimmergehtimmer wählen dürfen.
Was ist die Alternative? Das kommt darauf an, wer fragt. Eine Alternative zur Massendemokratie könnte die kleinteilige, sich subsidiäre föderierende Basisdemokratie sein. Das setze freilich andere Formen des Wohnens und Wirtschaftens usw. usf voraus. Oder vielmehr, die notwendigen Änderungen Änderungen der Weisen des Zusammenlebens müssten Hand in Hand mit veränderten Formen Entscheidungsfindung und Machtausübung (Herrschaftsvermeidung) gehen.
Zukunftsmusik? Utopie? Spinnerei? Ach, und das Jetzige ist besser?
Manche sagen ja, sehr raffiniert: Geht wählen und wählt demokratische Parteien, damit nicht die Rechtspopulisten (und horribile dictu Rechtsextremen) immer stärker werden. Tut mir leid, aber ich wurde schon mal von demokratischen Parteien regiert und ich muss sagen: Die waren das Problem, nicht die Lösung. Dass klitzekleine Unterschiede zwischen den Nichtrechtspopulisten und den Rechtspopulisten bestehen und ich diese von Grund auf verabscheue, macht jene für mich nicht wählbar. Gerade ihre Politik war und ist es ja, die den Aufstieg des Rechtspopulismus ermöglicht und gefördert hat. Ihre Fremdenfeindlichkeit, beispielsweise, mag gemäßigt und freundlich daherkommen, während der Rassismus von ganz rechts abgrundtief bösartig ist. In der Sache (nicht im Einzelfall) wollen sie dasselbe: Den Leuten nach dem Maul stinken, Ängste vor Überfremdung und Kriminalität schüren, deportieren („abschieben“), Grenzen der Wohlstandszone gegen arme Schlucker zementieren, kurzum, die draußen lassen oder wieder nach draußen schaffen, über deren Existenzrecht nicht diese, sondern eine nationalstaatlich-rassistisch inspirierte Bürokratie entscheidet. Und dem soll ich meine Stimme geben? Nein. Wenn daraufhin die Rechten kurz vorm Fackelzug zur Reichskanzlei stehen, dann finde ich das schrecklich, aber wenn es passiert, dann nicht, weil die nicht genug Leute „demokratisch“ gewählt haben, sondern weil diese Art von Demokratie ohnehin auf Populismus beruht, was in ruhigen Zeiten zur Beruhigung, in aufgeregten Zeiten aber eben zur Aufstachelung genutzt wird. Wenn irgendwann die ekelhaft Dummen in der Mehrheit sind, dann ist das eben so, ich bin ja sowieso nicht dafür, dass die Mehrheit entscheidet.
Es bleibt dabei: Wer wählen geht, ist mitschuldig an der Politik, die gemacht wird. Wer wählen geht, soll sich hinterher nicht beschweren, dass so und so gewählt wurde. Er hat ja eingewilligt, dass es so funktioniert, dass Demokratie Täuschung und Entrechtung zum Zwecke der Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse (Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung) ist.
Das ist doch absurd. Niemand würde sagen: Geh in den Supermarkt, auch wenn du dort nichts kaufen willst, kauf irgendwas, gib dein Geld aus, Hauptsache, der Supermarkt macht Umsatz und bleibt weiterhin bestehen. So zu reden wäre doch plemplem. Wenn ich keine der Waren des Supermarktes haben will, warum soll ich dann hingehen und irgendwas kaufen? Warum die Existenz des Supermarktes schützen, wenn ich ihn weder will noch brauche?
Ich bin ja gar nicht gegen Demokratie, das habe ich schon oft gesagt. Vor allem nicht, wenn die Alternative Diktatur heißt. (Ich bin ja nicht blöd.) Aber ich bin gegen diese Art von Demokratie, bei der die Leute verdummt und entmündigt werden, gegen ein politisches System, das vorne Mitbestimmung spielt und wo hinten Konzerne und Lobbys die Strippen ziehen.
Selbstverständlich gehen die Leute gern wählen und halten das sogar für eine moralische Pflicht. Es schmeichelt einfach ihrer Eitelkeit, dass sie gefragt werden, und die Illusion, dass sie, zumindest als Masse, irgendetwas entscheiden, erlaubt ihn, großzügig über die Realitäten hinwegzusehen.
Warum aber eine Auswahl zwischen Parteien treffen, von denen keine meinen Minimalanforderungen entspricht – als da wären: offene Grenzen; bedingungsloses Grundeinkommen; uneingeschränkte Unterstützung der Ukraine; keine Geschäfte mit Diktaturen; radikale Umweltschutzmaßnahmen, auch wenn das Konsumverzicht und Profitminderung bedeutet –, warum ja sagen zu einem System, das als Veränderung nur den Aufstieg von Populisten erlaubt, ansonsten aber nur an einem Weiterso interessiert ist, bei dem mal die pseudokonservativen Pappnasen, mal die pseudoprogressiven Pappnasen Regierung spielen (die alle neoliberale Pappnasen sind)?
Das politische System ist falsch („der Supermarkt“), das einem eine Auswahl zwischen verschiedenen Falschheiten nahelegt („diese Scheißware oder jene Scheißware“) und die kaum wahrnehmbaren Unterschiede (bei wie gesagt neoliberaler Grundhaltung) medial zu Debatten aufbläht, die hohler sind als Luftballons.
Ganz grob gesagt: Es gibt nichts zu wählen, wenn das Angebot Scheiße ist, und ohne hin andere bestimmen, wer welche Scheiße fressen muss.
Wählen zu gehen ist also deshalb wichtig, weil man damit beweist, dass man die eigene Lage nicht begreift oder nicht wahr haben will oder ganz zufrieden damit ist, betrogen und ausgebeutet und verdummt und einer Politik unterworfen zu werden, die neben allem anderen auch die eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Kein Wunder also, dass neben den Medienkammern in erster Linie auch Politiker und Politikerinnen vor Wahlen ein Trommelfeuer betreiben: Go vote! Go vote“ Go vote! Und ein paar Unmündige und Verhetzte gehen für den Quatsch sogar auf die Straße. Zusammen mit einigen von denen, die die Probleme dieser Welt verursachen (Wirtschaft), sich schützend vor die Verursacher stellen (Politik) und mit Tralala und Blablabal von alle dem Ablenken (Medien, Unterhaltungsindustrie). Ein groteskes Bild, wie die, die etwas ändern könnten, freudig dafür demonstrieren, dass sie das Weiterso und Schlimmergehtimmer wählen dürfen.
Was ist die Alternative? Das kommt darauf an, wer fragt. Eine Alternative zur Massendemokratie könnte die kleinteilige, sich subsidiäre föderierende Basisdemokratie sein. Das setze freilich andere Formen des Wohnens und Wirtschaftens usw. usf voraus. Oder vielmehr, die notwendigen Änderungen Änderungen der Weisen des Zusammenlebens müssten Hand in Hand mit veränderten Formen Entscheidungsfindung und Machtausübung (Herrschaftsvermeidung) gehen.
Zukunftsmusik? Utopie? Spinnerei? Ach, und das Jetzige ist besser?
Manche sagen ja, sehr raffiniert: Geht wählen und wählt demokratische Parteien, damit nicht die Rechtspopulisten (und horribile dictu Rechtsextremen) immer stärker werden. Tut mir leid, aber ich wurde schon mal von demokratischen Parteien regiert und ich muss sagen: Die waren das Problem, nicht die Lösung. Dass klitzekleine Unterschiede zwischen den Nichtrechtspopulisten und den Rechtspopulisten bestehen und ich diese von Grund auf verabscheue, macht jene für mich nicht wählbar. Gerade ihre Politik war und ist es ja, die den Aufstieg des Rechtspopulismus ermöglicht und gefördert hat. Ihre Fremdenfeindlichkeit, beispielsweise, mag gemäßigt und freundlich daherkommen, während der Rassismus von ganz rechts abgrundtief bösartig ist. In der Sache (nicht im Einzelfall) wollen sie dasselbe: Den Leuten nach dem Maul stinken, Ängste vor Überfremdung und Kriminalität schüren, deportieren („abschieben“), Grenzen der Wohlstandszone gegen arme Schlucker zementieren, kurzum, die draußen lassen oder wieder nach draußen schaffen, über deren Existenzrecht nicht diese, sondern eine nationalstaatlich-rassistisch inspirierte Bürokratie entscheidet. Und dem soll ich meine Stimme geben? Nein. Wenn daraufhin die Rechten kurz vorm Fackelzug zur Reichskanzlei stehen, dann finde ich das schrecklich, aber wenn es passiert, dann nicht, weil die nicht genug Leute „demokratisch“ gewählt haben, sondern weil diese Art von Demokratie ohnehin auf Populismus beruht, was in ruhigen Zeiten zur Beruhigung, in aufgeregten Zeiten aber eben zur Aufstachelung genutzt wird. Wenn irgendwann die ekelhaft Dummen in der Mehrheit sind, dann ist das eben so, ich bin ja sowieso nicht dafür, dass die Mehrheit entscheidet.
Es bleibt dabei: Wer wählen geht, ist mitschuldig an der Politik, die gemacht wird. Wer wählen geht, soll sich hinterher nicht beschweren, dass so und so gewählt wurde. Er hat ja eingewilligt, dass es so funktioniert, dass Demokratie Täuschung und Entrechtung zum Zwecke der Aufrechterhaltung der bestehenden Verhältnisse (Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung) ist.
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