Montag, 25. Juli 2022

Ein Papst in Kanada

In der deutschen „Tagesschau“ das erschütternde Zeugnis einer Überlebenden der Hölle: In einem katholisch geführten Kinderheim sollte sie als Mädchen tatsächlich gezwungen werden, im Unterricht einen BH zu tragen. Also, wirklich, das verstößt doch gegen sämtliche Menschenrechte! Der Papst wird sich noch persönlich dafür entschuldigen.
Andere eingeborene, äh, Verzeihung, man muss ja das Fremdwort benutzen (das dasselbe bedeutet): andere indigene Kinder, las ich anderswo, seien dazu genötigt worden, sich zum ersten Mal im Leben zu waschen. Furchtbar. Auch das Essen, man mag es sich kaum vorstellen, wurde in den Heimen nicht mehr roh oder am Lagerfeuer geröstet hinuntergeschlugen, sondern am Herd zu bereitet. In einer Küche. Man ist sprachlos. Was für eine völlige Respektlosigkeit gegenüber der indianischen, äh, förstnäschlichen Kultur! Und Lesen und Schreiben sollten die armen Kleinen auch noch lernen! Es war wirklich die Hölle auf Erden.
Gut, dass die edlen Wilden, die man aus ihrer Steinzeitzivilisation herausgerissen hatte, und deren geschäftstüchtige Nachfahren immerhin eines freudig von ihren Kolonialherren übernommen haben: Das Wissen, wie man medientauglich jammert und sich zum Opfer stilisiert. Jetzt muss die katholische Kirche für ihre karitativen Monstrositäten naturgemäß zahlen. Am besten, der Papst verteilt gleich Gutscheine für Schnapsläden, den dort landet das Geld ja dann sowieso.

Sonntag, 24. Juli 2022

Abschied von der Homosexualität

Wahrscheinlich bin ich einfach zu alt. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen es unter politisch bewussten Schwulen als unterdrückerische Unverschämtheit galt, wenn nach Ursachen für Homosexualität gefragt wurde. Heute, wo es keine Schwulen und keine Homosexualität mehr gibt, sondern nur noch „queere Menschen“ (und die je länger desto mehr ins Reich der Fabel gehörenden heterosexuellen Cismänner und Cisfrauen), brauchen solche Fragen gar nicht mehr gestellt zu werden, weil in jedem Fall vorab entschieden ist: I’m born this way. Wo das überhaupt noch reflektiert wird, gilt das Dogma: Es liegt alles am Gehirn.
Der Zerebralismus (also die Reduktion des Menschen auf „sein“ Gehirn) ist in Zeiten wie diesen die populäre Erklärung für alles. Offensichtlich gibt es jetzt ― nach Jahrzehnten feministischer Gegenbehauptung ― doch wieder männliche und weibliche Gehirne, die allerdings in falschen Körpern stecken können (m. in w., w. in m.); wobei es etwas rätselhaft bleibt, wie dieselbe genetische Ausstattung das Hirn und den Restkörper verschieden vergeschlechtlichen kann … Jedenfalls sind anscheinend manche Gehirne auch „inter“ und es muss wohl auch hetero-, bi- und homosexuelle Hirne geben.
Der Zerebralismus ist die biologistische Variante des Calvinismus (was sich aus der US-amerikanischen Herkunft des Queer-Geschwätzes erklärt). So wie in der protestantischen Häresie die Menschen zu Himmel oder Hölle vorherbestimmt sind, ihre Taten also aus ihrem Sein folgen ― während nach katholischer Lehre die Handlungen eines Menschen diesen zum Heiligen oder zum Sünder machen, also das Tun und Lassen das Sein bestimmt, nicht umgekehrt ―, so wurde im Zuge der konzeptuellen Amerikanisierung schließlich Homosexualität nicht mehr als homosexuelle Aktivität (also Sex von Männern mit Männern) bestimmt, sondern als Homosexuellsein der Homosexuellen quasi naturalisiert ― was etwaige homosexuelle Handlungen und Wünsche von Nichthomosexuellen als unnatürliche Verfehlungen erscheinen lassen muss; es sei denn, man behilft sich mit der reichlich verwaschenen Kategorie der „Bisexuellen“ (wobei Bisexualität nicht mehr, wie früher, eine prinzipielle Offenheit jedes Menschen meint, sondern ein bestimmtes Sein bestimmter Menschen). Von einer „homosexuellen Phase“ (in der Jungend) oder einer „Nothomosexualität“ (Gefängnis, Militär) ist schon lange keine Rede mehr. Wer es mit Personen gleichen Geschlechts treibt oder treiben will, soll gefälligst zu seiner inneren Wahrheit stehen und sich outen. Wer Schwules treibt, ist eben schwul, basta.
Nur dass es eigentlich längst gar keine Schwulen mehr gibt. Lediglich den Buchstaben G in der trüben Brühe der LGBTICQsternchen-Buchstabensuppe. Früher sollte „queer“ etwas bezeichnen, was irritierend außerhalb der Norm steht, etwas kategorial nicht Fassbares und Nichtidentes. Heute ist „queer“ zum identifizierenden Attribut und essenziellen Kollektivnamen für Angehörige einer „community“ geworden, die angeblich homo (L und G), bi (B), trans (T), inter (I), neugierig (C), queer (Q) und alles mögliche andere (Asteriskus) umfasst, also bloß nicht die (siehe oben) cis und hetero Fabelwesen, aber vielleicht sogar die. Ich weiß nicht, ob es diese Gemeinschaft/Gemeinde (das englische Wort ist uneindeutig) außerhalb des politischen Imaginären selbsternannter Avantgarden wirklich gibt, ich gehöre ihr jedenfalls nicht an. Ich bin ein Mann, der auf Männer steht, all die anderen Phänomen haben mit mir genauso wenig zu tun wie klassische Heterosexualität. Aber damit bin ich vermutlich zum Aussterben verurteilt wie ein Dinosaurier.
Auf der Höhe der Zeit, auf der ich nicht bin, ist freilich alles gerade ein bisschen kompliziert. Zwar scheinen die in „queer“ zusammengefassten Begriff wie „schwul“ (Mann mit Mann), „lesbisch“ (Frau mit Frau), , „trans“ (Mann zu Frau, Frau zu Mann), „inter“ (mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen) relativ stabil die gute alte Zweigeschlechtlichkeit vorauszusetzen ― wie könnte sonst zum Beispiel ein im falschen, nämlich weiblichen Körper geborene Person „in Wahrheit“ ein Mann sein? ―, aber tatsächlich ist, so die neueste Dogmatik, alles doch wieder anders, es gibt gar keine festgelegten Geschlechter (außer als repressive soziokulturelle Normativität) oder es gibt beliebig viele davon. Alles fließt, hat man beschlossen, oder doch immerhin manches oder wenigsten einiges, und Genderfluidität und die sich scharf von Binarität abgrenzende Nicht-Binarität sind in diesem neuesten Süppchen en vogue.
Etwas mysteriös bleibt, wie ein solches diverse Identitäten stiftendes Fließen irgendwelche Gemeinsamkeiten konstituieren und abgesehen von Paraden und anderen Partys ausleben lassen kann. Zumal das, was früher einmal politische Bewegung sein wollte, anfangs noch ausdrücklich etwas mit Begehren und Sexualakten zu tun hatte, aber längst niemand mehr auf „bloß Sexuelles“ festgelegt werden will. Praktizierte Sexualität ist wieder unpolitisch geworden und eher Thema von Pornographie, Versandhandel und Ratgeberformaten. Je bunter und vielfältiger hingegen das öffentliche Auftreten der „community“, desto asexueller. Das ist auch kein Wunder: Einerseits beansprucht man, genau so spießbürgerlich zu sein wie die immer noch als Mehrheit fabulierten geschlechtsstabilen Heterosexuellen, mit einvernehmlichem Erwachsenensex, „Ehe für alle“, angeschafftem Kind und Bausparvertrag. Andererseits ist die mehr oder minder schrille Tunte immer noch die populärste Repräsentation der systemimmanenten Abweichung. Dieses Paradoxon von Grau und schreiend Bunt verkörpert „queer“ heutzutage perfekt.
Was aber hat ein Mann, der auf Männer steht, mit Frauen, die auf Frauen stehen, zu tun, außer dem Formalismus in der Formulierung „gleiches Geschlecht“? Was mit einem Mann, der früher mal eine Frau war (nein, immer schon eine war!), oder einer Frau, die früher mal usw.? Was mit Zwittern, die nicht mehr so heißen dürfen? Was mit Nichtbinären, Genderfluiden und Asexuellen? Eigentlich nichts. Aber das darf er nicht allzu laut sagen, weil er damit hinter „queer“ zurückfällt.
So oder so: Ein altes Problem ist gelöst, um nicht zu sagen: liquidiert. Der ewige Skandal, dass Männer Männer begehren und es mit ihnen treiben könnten, eine Zeit lang unter dem Titel „Homosexualität“ (früher Sodomie, Päderastie usw.) abgehandelt, ist definitiv beseitigt. Erstens gibt es streng genommen gar keine Männer mehr. Und wenn zweitens doch, sind sie (zerebral) Frauen oder zumindest irgendwie weiblich oder weder noch oder auf jeden Fall nicht mehr eindeutig. Einerseits gibt es ein wahres Geschlecht (alles andere wäre respektlos gegenüber Menschen im oder nach dem Transitionsprozess) und das Gehirn sagt, welches. Andererseits gibt es gar kein richtiges Geschlecht (sexus), sondern ganz viele davon oder etwas Uneindeutiges und Flüssiges, das sagt vermutlich auch das Gehirn in seiner Diskussion mit Hormonen, Genen, Geschlechtszellen, und ansonsten gibt es nur ein soziales und kulturelles Geschlecht (genus), das einerseits willkürlich festgelegt ist, andererseits von nahezu natürlicher Verbindlichkeit ― sonst müssten ja zum Beispiel Männer, die eigentlich Frauen, und Frauen, die eigentlich Männer sind, im Zuge der Angleichung an ihr „wahre Geschlecht“ die Genus-Normen nicht üblicherweise so penibel einhalten.
Ein Mann, der auf Männer steht, ist gleich doppelt antiquiert und zudem etwas bedenklich, da Männlichkeit eigentlich nur noch als toxische vorkommt. Er ist aus der Mode. Vermutlich trauert er dem Patriarchat nach. Seine „Steckverbindung“ ist nur noch eine von vielen und in ihrer Altbackenheit ein bisschen lächerlich. Wer hingegen auf der Höhe der Zeit ist, weiß, dass es viele Geschlechter und viele Verbindungen gibt. Und das, obwohl man (siehe oben) trotz allen Geredes und aller Sprachregelungen aus der Zweigeschlechtlichkeit nicht wirklich herausgekommen ist. Noch immer wird man nämlich, wenn man (außerhalb gewisser inszenierter Sonderfallzonen) Menschen begegnet, in jedem Fall eine Zuordnung zu einem der beiden Geschlechter vornehmen können und, unter Anwendung weiterer Kategorien der Attraktivität, sein zumindest potenzielles Begehren daran orientieren. Es ist eben einfach nicht wahr, dass Selbstverhältnis und Vorlieben beliebig sind und so formbar und steuerbar wie anderes Konsumverhalten auch. Es gibt immer noch Männer und immer noch werden Männer von Männern begehrt.
Allerdings hat die modische „Verqueerung“ dessen, was einmal Homosexualität war ― mannmännliches Begehren, mannmännliche Lust und Liebe ―, zur natürlichen Variante innerhalb eines in Regenbogenfarben schillernden Spektrums von Identitäten die Homosexualität um ihren Skandal gebracht. Sie ist nichts Besonderes mehr. Und damit, wie fast alles andere Sexuelle auch (außer Pädophilie, Inzest und Kannibalismus), wurde sie auch um ihr emanzipatorisches oder gar revolutionäres Potenzial geprellt. Wo es nur noch darum geht, partikuläre Anpassungsbedürfnisse und Normalisierungsphantasien als Sonderrechte durchzusetzen ― und nicht mehr um das, was einmal als Emanzipation galt: Rechte und Pflichten unabhängig von Identität und Orientierung zu haben ―, ist Gesellschaftskritik jenseits der Integration postperverser Normabweichungen in die bestehenden Verhältnisse gar nicht mehr vorstellbar. Es soll alles bleiben, wie es ist, man will bloß ungestört ein Teil davon sein. Darum soll bei passender Gelegenheit die Regenbogenflagge allüberall gehisst werden, vorzugsweise auf Gebäuden der Staatsmacht. Kommen Staat und Mehrheitsgesellschaft dem, was die medienaffinen Avangardisten als Interessen der Mitglieder der „community“ definieren, entgegen, gibt es keinen Grund mehr, gesellschaftliche Missstände, gar gesellschaftliches Unrecht zu kritisieren, weder lokal noch global, zumindest nicht aus der Sicht eines grundsätzlich anderen, unangepassten, unvereinnahmbaren Begehrens. ― Wer also trotz des hegemonialen Projekts der Fluidität (politisch-ökonomisch gesprochen: der totalen Warenförmigkeit und der kontrollierten Verfügbarkeit) immer noch darauf besteht, ein Mann zu sein, der auf Männer steht, ist überflüssig und wird verschwinden wie ein Schneemann in der Mikrowelle.

Donnerstag, 21. Juli 2022

Hitze? Na und?

Ich habe noch nie beansprucht, meine Zeitgenossen zu verstehen. Auch jetzt verstehe ich sie nicht. Einerseits fliegen sie im Sommer gern in südliche Länder, um sich an dicht belegten Stränden in der Sonne zu grillen. Andererseits ächzen und stöhnen sie, wenn es daheim mal mehr als dreißig Grad hat. Und selbstverständlich haben sie von ihren Reisen in den heißen und sogar sehr heiße Süden keinerlei Beobachtung mitgebracht, wie die Leute dort mit Hitze umgehen. Stattdessen drängen sie sich auf schattenlosen Flächen (Stränden, Ufern) und ziehen sich fast (oder ganz) nackt aus, um möglichst viel Haut der Sonne auszusetzen. Außerdem schütten sie eiskalte Getränke und Speiseeis in sich hinein und bemerken nicht, wie das den Körper aufheizt. Was aber hätten sie von hitzegewohnten Kulturen lernen können? Man bleibt möglichst im Schatten, verhüllt sich und trinkt Tee. Schatten und kühlende Zugluft sind zudem besser als jede Klimaanlage ...
Wie auch immer. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass so eine „Hitzewelle“ vor allem im Kopf stattfindet. Man redet sich ein, es sei unerträglich heiß, und dann erlebt man es auch so. Sagt man sich hingegen: „Nun gut, es ist eben sehr warm, aber ich halte das schon aus“, und trifft seine Vorkehrungen (siehe oben), dann gibt es keinen Grund zum Jammern, Jammern, Jammern. Gewiss, Alten, Schwachen, Kranken kann Hitze sehr zusetzen, aber die haben auch andere Probleme und bedürfen eben besonderer schützender und lindernder Vorkehrungen; ein Maß für die „Unerträglichkeit“ der Temperaturen sind sie nicht.
Wer aber wirklich meint, auch im Globalen Norden wegen vermehrten Schwitzens bereits ein Opfer des Klimawandels zu sein, der könnte zum Beispiel fortan schon mal auf Flugreisen und Autofahrten verzichten, um Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren. Aber jammern und nichts ändern, das ist ein bisschen obszön und sehr dumm.

Montag, 18. Juli 2022

Balken & Splitter (80)

Wie gut das zusammenpasst: Das Gejammer über die lange Wartezeiten an Flughäfen, bevor man endlich seine Flugreise in den All-inclusive-Urlaub antreten kann. Und das Gejammere über hohe Preise für Treibstoffe und Lebensmittel. Es gibt eben keinen schöneren Luxus, als auf hohem Niveau zu jammern.

Deutschland könne sich diesen Krieg nicht leisten. Sondern? Auf welchen sollen die Deutschen noch warten?

Der viertgrößte Waffenexporteur der Welt unterstützt die Ukraine nur dürftig mit ausrangiertem militärischem Gerät. Das mag in den Bilanzen hut aussehen, in den Geschichtsbücghern nicht.

Deutschland könne der Ukraine nur wenig liefern, weil es seine eigene Verteidigungsbereitschaft sicherstellen müsse, so die Ministerin. Was stellt sie sich vor, gegen wen Deutschland sich verteidigen soll? Nochmals: Auf welchen Krieg wird da gewartet? Gegen wen will man sich denn in welchem Szenario verteidigen? Ringsum umgeben von NATO-Partnern (und Österreich und der Schweiz) ist der einzig denkbare Aggressor in Europa die Russländische Föderation. Und die führt gerade jetzt Krieg, nicht irgendwann, und zielt dabei keineswegs nur auf die Ukraine, sondern will durchaus auch „den Westen“ insgesamt treffen. Wer die Ukraine bei ihrer Verteidigung nicht unterstützt, verteidigt sich selbst nicht.

Mittwoch, 13. Juli 2022

Dienstag, 12. Juli 2022

Das Große Gegreine

Ich kann dieses Gejammere immer schlechter ertragen. wer mal so richtig jammern will, sollte vielleicht einen Kurztripp nach Somalia machen.
Übrigens hatten schon früher auch hierzulande viel zu viele Leute zu wenig Geld für Lebensmittel, Heizen, Miete und dergleichen. Das war bloß nicht so rasend interessant für die Medien.
Jetzt, wo man sich vor ein bisschen Einschränkung (die unbedeutend ist im Vergleich zu dem, was anderen anderswo widerfährt; bombardiert oder abgeknallt zu werden ist schon was anderes, als um ein Grad weniger zu heizen) gruseln kann, ist das Gegreine groß.
Tja, Leute, es ist halt Krieg. Ihr habt ihn zwar diesmal nicht angefangen (wenngleich ermöglicht), aber jetzt seht zu, dass die richtige Seite gewinnt. Sonst wird’s bitter. Richtig bitter. Auch für euch.

Glosse CVI

Ich habe heute erfahren, dass es jemanden namens Harry Styles gibt. Damit nicht genug, man teilte mir auch mit, dass es sich dabei um den ikonischsten Sänger seiner Generation handelt. Da ich schon seit langem rätsle, was (diesseits der Semiotik) „ikonisch“ überhaupt heißen soll (siehe auch „Pop-Ikone“), brauche ich mir keine Gedanken zu machen, ob es sich mit „ikonisch“ nicht eigentlich wie mit „schwanger“ verhält: einen Superlativ gibt es da nicht, nur entweder oder oder.

Freitag, 8. Juli 2022

Woran die Postmoderne schuld ist (Folge 4711)

Ein bemerkenswerter Gedanke: „Die Postmoderne“ (Foucault, Derrida, Lyotard) ist mir ihrem „Relativismus“ schuld am Klimawandel bzw. an der ungenügenden Reaktion darauf. Das ist deshalb bemerkenswert, weil sich mir jetzt die Frage stellt, ob etwas Dümmeres als diese These überhaupt noch möglich ist.

Balken & Splitter (79)

Gut, dass das endlich geklärt ist: Den „Holocaust“* haben die Ukrainer verübt. Allenfalls mit ein bisschen deutscher Hilfe.

Ausführliche Forschungen (in sowjetischer Propandaschriften, denn ernstzunehmende historische Literatur auf Deutsch existiert dazu nicht), haben ergeben, dass Stepan Bandera ein „Nazikollaborateur“, ein „Faschist“ und „Antisemit“ war. Das weiß man einfach, das ist ein Dogma und sollte eigentlich im Grundgesetz stehen.

Der ukrainische Nationalheld Stepan Bandera ist in der BRD verhasst. Obwohl er von 1945 bis zu seiner Ermordung durch den KGB 1959 völlig unbehelligt (wenn auch unter falschem Namen) in München lebte. Wenn er denn angeblich ein so prominenter Anstifter zum Massenmord war, warum wurde dann nicht nach ihm gefahndet? Hätte ihn der Mossad nicht ebenso wie Eichmann verschleppen müssen? Aber damals war jedem klar, dass die Märchen über Bandera von den Russen erfunden waren, die sich zu der Zeit noch mit ukrainischen Partisanen herumschlagen mussten und kurzerhand den Kazettinsassen Bandera zum Nazi umdichteten. Dumme Menschen (und interessierte polnische „Historiker“) wollen den Unsinn noch heute galuben.

In einer bemerkenswerten logischen Volte erklärt Micha Brumlik den ukrainischen Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk ― einen überaus verdienstvollen Mann, der kein Blatt vor den Mund nimmt und unverblümt deutsche Dummheiten und Lügen zur Sprache bringt; weshalb er in Deutschland verhasst ist ― zum „Antisemiten“, weil der die Beteiligung von Einheiten der OUN-B (Organisation Ukrainischer Nationalisten, Bandera-Fraktion) an bestimmten Massenerschießungen von (Menschen als) Juden bestreitet. (Wofür es durchaus historische Argumente gibt.) Wer leugne, dass die OUN unter Bandera an den Morden beteiligt gewesen sei, leugne die Morde und sei darum „Antisemit“. Das ist, wie wenn einer sagt: Wer bestreite, dass X. den Y. ermordet habe (weil zum Beispiel weiß, dass der Mord von Z. begangen wurde), leugne die Ermordung von Y. und billige sie deshalb. Das ist selbst für einen Herrn Brumlik ziemlich dumm.

Die Deutschen haben „Vergangenheitsbewältigung“ und „Erinnerungskultur“, aber keinerlei historisches Bewusstsein. Es ist noch nicht allzu lange her, dass gern von „polnischen Konzentrations- und Vernichtungslagern“ die Rede war. Erst ein polnisches Gesetz, dass diese unsinnige Redeweise verbot, schärfte auch den Deutschen ein, dass es deutsche Lager auf polnischem Territorium waren. Dass viele der von Deutschen (und nicht „von den Nazis“) begangene Verbrechen an der sowjetischen Bevölkerung Verbrechen an Ukrainerinnen und Ukrainern waren, ist allerdings immer noch nicht im Denken und Reden verankert. Man beglückwünscht sich zur Gastfreundschaft gegenüber ukrainischen Flüchtlingen („Jetzt müssen die aber erst einmal Deutsch lernen“), dass aber die deutsche „Ostpolitik“ mitschuldig ist an diesem Krieg, will man nicht wahrhaben. Stattdessen wird gegen den vernünftigsten Mann in ganz Berlin, den ukrainischen Botschafter, auf allen Kanälen gehetzt und intrigiert. Man stelle sich vor, eine ähnliche Medienkampagne hätte je gegen einen israelischen Botschafter stattgefunden …



* Wer weiß, warum im Deutschen das Wort ein Maskulinum ist, obwohl es im Englischen, wo es herkommt, ebenso sächlich ist wie im Altgriechischen, aus dem es entlehnt wurde?

Sonntag, 3. Juli 2022

Glosse CV

Vor wenigen Tagen feierte Peter Paul Rubens seinen 445. Geburtstag. Mag ja sein. Aber die Frage ist dann doch: Wo um Himmels willen? Jedenfalls nicht auf Erden. Hier ist er nämlich schon 382 Jahre tot und begraben. Was das Feiern in gewisser Hinsicht erschweren dürfte.