Freitag, 9. März 2018

„Die meisten kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern“

Ich weiß nicht genau, was bestimmte Leute meinen, wenn sie „Sozialsysteme“ sagen. Wenn sie die real existierende Sozialstaatlichkeit meinen, dann bedeutet diese ja wohl schlicht die gesetzlich geregelte Pflicht, vom Einkommen aus Erwerbsarbeit etwas abzugeben, um so die Möglichkeit zu finanzieren, das vielfach bedingte und eingeschränkte Recht in Anspruch zu nehmen, im Falle von Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder Alter Unterstützung zu erfahren. Pflichten und Rechte: Man spricht auch von Solidargemeinschaft. Ich weiß nicht, was daran schlecht sein soll. Oder daran, dass mehr Menschen Teil dieser Solidargemeinschaft werden. Bekanntlich zahlen Einwanderer insgesamt mehr in die Sozialversicherungen ein, als sie je herausbekommen. Und selbst wenn es anders wäre. Woher kommt denn eigentlich der gesellschaftliche Reichtum im Globalen Norden und die Möglichkeit, ihn ungerecht zu verteilen? Sind die Hiesigen einfach fleißiger und schlauer als die Dortigen? Will man im Ernst behaupten, nicht das ungeheure Unrecht des Weltwirtschaftssystems (inklusive seiner Nebenwirkungen Krieg und Terrorismus) bedinge die Wanderungsbewegungen von Süd nach Nord, sondern der böse Wille, die Gier der Zuwanderer, die die Einheimischen ausbeuten wollen? Ich begrüße die „Einwanderung in Sozialsysteme“ als Möglichkeit sklerotisierter Gesellschaften, sich zu verjüngen und die Solidargemeinschaft zu stärken, und als Chance, wenigstens ein kleines bisschen das strukturelle Ungleichgewicht von ausgebeutetem Süden und profitierendem Norden auszugleichen.
 
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Einwanderung in Sozialsysteme. Oder wie man auch sagen könnte: Integration.

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