Je dürftiger die Argumentation, desto schriller die Rhetorik: „Rückfall ins Mittelalter“, „skurrile Heilslehre“, „unsinnige Reform“, „Humbug“, „Aberglaube“. Was aber ist es, das Markus Grill und Veronika Hackenbroch (Spiegel online, 25. November 2010) so aufregt, dass sie zu kreischen anfangen? „Die Homöopathie breitet sich unaufhaltsam an deutschen Hochschulen aus. An etlichen Universitätskliniken ist die Homöopathie inzwischen in der Krankenversorgung etabliert. Mehrere Stiftungsprofessuren verankern die skurrile Heilslehre im akademischen Forschungsbetrieb. Für Medizinstudenten sieht die neue Approbationsordnung die Homöopathie als Wahlpflichtfach vor.“ Welch ein Graus!
Die Homöopathie hat bekanntermaßen Befürworter und Gegner. Grill und Hackenbroch sind bekennendermaßen letzteres. Darum treibt es ihnen verbale Tränen der Wut in die Augen, dass nun sogar der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, öffentlich eine stärkere Kombination von Schulmedizin und Alternativmedizin gefordert hat, weil er meint, dass zwar die Wirkung von homöopathischen Mitteln nicht naturwissenschaftlich belegbar, trotzdem aber die Homöopathie ein wichtiger Zweig in der Ausbildung von Ärzten geworden sei. Das scharfe Urteil der Spiegel-Experten: „So hat Deutschland einen Ärztepräsidenten, der sich immer weiter von den internationalen Standards der Medizin entfernt.“ Denn Hoppe vertritt angeblich Ungeheuerliches: „Wer hilft, hat recht. Selbst Voodoo-Medizin lehnt er nicht völlig ab.“ Untragbar, der Mann! Das geht doch nicht, einfach bloß den Menschen helfen wollen, statt sich an die Regeln korrekter Denkschemata zu halten.
Denn Hilfe hin oder her, Homöopathie ist nun einmal Mumpitz. „(Die) von Samuel Hahnemann vor 200 Jahren erfundene Heilslehre (gilt) wissenschaftlich längst als widerlegt. Hunderte Studien haben gezeigt: Ihre Grundprinzipien, nach denen Ähnliches mit Ähnlichem geheilt werden solle und sich die Wirkung eines Mittels durch Verdünnen steigere, sind Humbug. Alle berichteten Heilerfolge der Kügelchen liegen allein am Placeboeffekt.“ Mal abgesehen davon, dass die Etikettierung als Palceboeffekt nichts erklärt, weil dieser ja selbst etwas zu Erklärendes ist, werden Grill und Hackenbroch sich schon entscheiden müssen: Haben „hunderte“ Studien nun die Homöopathie „wissenschaftlich widerlegt“, oder gilt, wie sie auch schreiben: „Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Homöopathie sind von beklagenswerter Qualität. Es geht dabei oft nicht darum, die Methode zu erforschen, sondern ihre Wirksamkeit mit allen Mitteln zu belegen.“
Was denn nun? Alles widerlegt oder alles belegt? Oder gibt es einfach solche Studien und solche? Dann kann man sich selbstverständlich damit behelfen, dass man Untersuchungen, deren Resultate nicht mag, für schlecht gemacht erklärt, denn nur wenn herauskommt, was man schon vorher gewusst hat, kann gut gearbeitet worden sein … — Im Übrigen: Was vor zweihundert Jahren erfunden wurde, kann schwerlich ein „Rückfall ins Mittelalter sein“, wie es schon die Artikelüberschrift behauptet. Da hätte irgendjemand in der Redaktion noch einmal nachrechnen sollen.
Was geifernde Schwätzer wie Grill und Hackenbroch nicht durchschauen, ist das eigentliche Problem: Nicht wahre Wissenschaft und dummer Aberglaube stehen einander gegenüber, sondern zwei verschiedene Glaubenssysteme.
Am Beispel der Homöopathie lässt sich das gut zeigen. Sie ist, wie andere „alternative“ Behandlungsmethoden auch, die offene Wunde der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin. In diesem Zusammenhang gilt es zwei Tatsachen zu bedenken. Die eine ist, dass schulmedizinische Methoden keineswegs immer erfolgreich sind bzw. dass bestimmte Teilerfolge mit Risiken oder manifesten Schädigungen erkauft werden. Und die andere Tatsache ist, dass unzählige Menschen davon überzeugt sind, mit Homöpathie gut behandelt oder sogar geheilt worden zu sein.
Weil aber die homöopathischen Grundsätze nicht mit einem bestimmten doktrinären Verständnis moderne Naturwissenschaftlichkeit übereinstimmen, ist es ein wichtiges Anliegen der Schulmedizin, jede Wirksamkeit der Homöopathie zu leugnen oder wegzuerklären. Also entweder zu behaupten: Das kann nicht wirken. Oder: wenn es wirkt, liegt es an etwas anderem.
Ein Erklärungsmodell ist der schon erwähnte „Placeboeffekt“. Durch den aber, wie gesagt, eigentlich nichts erklärt wird. Dass unter bestimmten Bedingungen ein Medikament, das gar keines ist, dieselben oder doch sehr ähnliche Wirkungen hat wie ein anerkanntes Medikament, ist ein Phänomen, bei dessen Erklärung naturwissenschaftliches Denken an seine Grenzen stößt. Entweder man schiebt das Phänomen ab zur Psychosomatik, weil der Heilerfolg auf die besonders Zuwendung des Arztes zurückzuführen sei. Oder man sagt, das Scheinmittel wirke, weil die Leute daran glaubten, dass es wirke. Aber was erklärt das? Innerhalb des Modells von unaufhebbarer Naturgesetzlichkeit nichts. Wenn Krankheit und Gesundheit objektiv feststellbare Realitäten sind, kann ein subjektiver Glaubensakt doch eigentlich nichts an ihnen ändern. Kann er es doch, und vieles spricht dafür, müsste der naturwissenschaftliche Ansatz zumindest erweitert werden um eine Berücksichtigung des subjektiven Wohlbefinden des Patienten. Davon ist die real existierende Medizin jedoch größtenteils noch weit entfernt.
Im gewöhnlichen Medizinbetrieb ist der Patient als Person (ebenso wie seine Fragen stellenden Angehörigen) eine Störung. Seine Auskünfte sind ungenügend, sein Verhalten irrational, sein Erleben der Behandlung irrelevant. Er ist ein Organismus, der so und so funktioniert oder eben nicht funktioniert. Er ist ein Fall von dem und dem und als solcher beliebig und austauschbar. Allenfalls aus Konvention und in juristischer Hinsicht wird berücksichtigt, dass er ein Jemand und nicht bloß ein Etwas ist.
In solchem Klima kann die Homöpathie nur als schlechter Witz erscheinen. Es ist nämlich nicht nur die institutionelle Ökonomie, die für Alternatives keinen Raum lässt, sondern dessen vom herkömmlichen Weltbild abweichende Sicht der Dinge. Für Naturwissenschaftsgäubige kann es nur eine absurde Vorstellung sein, dass ein Wirkstoff, der in einer Lösung immer weniger und zuletzt gar nicht enthalten ist, dadurch „potenziert“ würde. Wenn in einem Präparat kein einziges Molekül des anfänglich vorhandenen Stoffes mehr vorkommt, dann kann dieser Stoff gar nicht wirken, ganz abgesehen davon, ob er in anderer Konzentration wirksam wäre oder nicht. Dass es Menschen gibt, die fest von der Wirksamkeit homöopathischer Dosen überzeugt sind, vermag von Anhängern des klassischen naturwissenschaftlichen Weltbildes nur mit Täuschung und Selbsttäuschung erklärt werden.
Hier stößt die Kommunizierbarkeit an eine Grenze. Es hat schlechterdings keinen Sinn, der Wirkung der Homöpathie mit naturwissenschaftlichen Mitteln auf die Spur kommen zu wollen, den insofern diese Mittel und die ihnen zu Grunde liegenden Denkweisen nun einmal sind, wie sie sind, kann dabei immer nur herauskommen, was man bereits wusste, dass es nämlich eine solche Wirkung materiell nicht geben kann. Scheint es sie doch zu geben, ist irgendwas Psychisches im Spiel.
Dem kontern Anhänger der Homoöpathie gern mit dem Heilerflog bei Tieren. Die wissen ja nicht, was ein Heilmittel ist, hegen darum keine Erwartungen und können sich nichts einreden. Allenfalls die Zuwendung durch den Behandelnden könnte in ihrer positiven Wirkung mit der bei Menschen vergleichbar sein; aber wenn Zuwendung genügte, könnte man Tiere stets mit Streicheln heilen …
Homöopathische Behandlung von Tieren ist darum den schulmedizinisch Orientierten ein besonderes Hassobjekt. Wieder und wieder leugnen sie jeden Heilerfolg (oder „erklären“ ihn durch Nichthomöopathisches). Es darf nicht sein, was nicht sein kann. Desungeachtet sind viele Menschen davon überzeugt, ihrem Haustier etwas Gutes zu tun, wenn sie es alternativmedizinisch behandeln oder behandeln lassen.
Letztlich hat es also wenig Sinn, pro-homöopathische und anti-homöopathische Studien miteinander verrechnen zu wollen. Selbstverständlich kann man Machart und Qualität vergleichen. Aber etwa Untersuchungen, die die Wirksamkeit von Homöopathie bei Mensch und Tier belegen, gerade deshalb als „unwissenschaftlich“ abzulehnen, ist zirkulär: X kann nicht sein, wer behauptet, dass X ist, lügt daher, also gibt es X nicht.
Schulmedizin und Homöopathie funktionieren somit wie Glaubenssysteme. Glaube ist stets die Voraussetzung von Wissen. Was auf Grund unhintergehbarer Voraussetzungen nicht möglich ist, kann nicht existieren. Woran nicht geglaubt werden kann, kann auch nicht gewusst werden. Bemerkenswerterweise ist in diesem Fall die Schulmedizin doktrinär und sektiererisch verschlossen, während die Homöopathie eine gewisse Offenheit für neue Erfahrungen besitzt …
Dass es um Angelegenheiten des Glaubens geht, macht auch die Wut der Homöopathiegegner verständlich. Ihr Weltbild ist bedroht, sie möchten am liebsten jede Ketzerei unterbinden. Sie glauben zu wissen, was wahr sein kann; und was andere zu wissen meinen, kann ihnen nur als Irrglaube erscheinen. Dass homöopathische Behandlungen bei aller Regelgeleitetheit auf Erfahrungswissen beruhen wollen, muss ignoriert werden. Nur solche Erfahrungen sind ja zulässig, die mit den im voraus gehegten Überzeuguingen vereinbar sind.
Den meisten Menschen allerdings, die es mit der Alternative von Schulmedizin und Homöpathie zu tun haben, sind solche Glaubensfragen schnurzpiepegal. Wie die gewöhnlichen Gläubigen aller Zeit mischen sie Orthodoxie und Aberglauben je nach momentanem Bedarf und willkürlichem Wohldünken. Hauptsache, es hilft. Lieber lax und gesund als allzu fromm und krank. Solange darum Menschen an die Wirksamkeit von Homöopathie nicht viel anders als an die der Schulmedizin glauben, wird der Siegeszug alternativmedizinischer Methoden nicht aufzuhalten sein. Da mögen die Verteidiger der Rechtgläubigkeit noch so toben. Wer hilft, hat Recht, und dem glaubt man auch.
Die Homöopathie hat bekanntermaßen Befürworter und Gegner. Grill und Hackenbroch sind bekennendermaßen letzteres. Darum treibt es ihnen verbale Tränen der Wut in die Augen, dass nun sogar der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, öffentlich eine stärkere Kombination von Schulmedizin und Alternativmedizin gefordert hat, weil er meint, dass zwar die Wirkung von homöopathischen Mitteln nicht naturwissenschaftlich belegbar, trotzdem aber die Homöopathie ein wichtiger Zweig in der Ausbildung von Ärzten geworden sei. Das scharfe Urteil der Spiegel-Experten: „So hat Deutschland einen Ärztepräsidenten, der sich immer weiter von den internationalen Standards der Medizin entfernt.“ Denn Hoppe vertritt angeblich Ungeheuerliches: „Wer hilft, hat recht. Selbst Voodoo-Medizin lehnt er nicht völlig ab.“ Untragbar, der Mann! Das geht doch nicht, einfach bloß den Menschen helfen wollen, statt sich an die Regeln korrekter Denkschemata zu halten.
Denn Hilfe hin oder her, Homöopathie ist nun einmal Mumpitz. „(Die) von Samuel Hahnemann vor 200 Jahren erfundene Heilslehre (gilt) wissenschaftlich längst als widerlegt. Hunderte Studien haben gezeigt: Ihre Grundprinzipien, nach denen Ähnliches mit Ähnlichem geheilt werden solle und sich die Wirkung eines Mittels durch Verdünnen steigere, sind Humbug. Alle berichteten Heilerfolge der Kügelchen liegen allein am Placeboeffekt.“ Mal abgesehen davon, dass die Etikettierung als Palceboeffekt nichts erklärt, weil dieser ja selbst etwas zu Erklärendes ist, werden Grill und Hackenbroch sich schon entscheiden müssen: Haben „hunderte“ Studien nun die Homöopathie „wissenschaftlich widerlegt“, oder gilt, wie sie auch schreiben: „Die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Homöopathie sind von beklagenswerter Qualität. Es geht dabei oft nicht darum, die Methode zu erforschen, sondern ihre Wirksamkeit mit allen Mitteln zu belegen.“
Was denn nun? Alles widerlegt oder alles belegt? Oder gibt es einfach solche Studien und solche? Dann kann man sich selbstverständlich damit behelfen, dass man Untersuchungen, deren Resultate nicht mag, für schlecht gemacht erklärt, denn nur wenn herauskommt, was man schon vorher gewusst hat, kann gut gearbeitet worden sein … — Im Übrigen: Was vor zweihundert Jahren erfunden wurde, kann schwerlich ein „Rückfall ins Mittelalter sein“, wie es schon die Artikelüberschrift behauptet. Da hätte irgendjemand in der Redaktion noch einmal nachrechnen sollen.
Was geifernde Schwätzer wie Grill und Hackenbroch nicht durchschauen, ist das eigentliche Problem: Nicht wahre Wissenschaft und dummer Aberglaube stehen einander gegenüber, sondern zwei verschiedene Glaubenssysteme.
Am Beispel der Homöopathie lässt sich das gut zeigen. Sie ist, wie andere „alternative“ Behandlungsmethoden auch, die offene Wunde der naturwissenschaftlich orientierten Schulmedizin. In diesem Zusammenhang gilt es zwei Tatsachen zu bedenken. Die eine ist, dass schulmedizinische Methoden keineswegs immer erfolgreich sind bzw. dass bestimmte Teilerfolge mit Risiken oder manifesten Schädigungen erkauft werden. Und die andere Tatsache ist, dass unzählige Menschen davon überzeugt sind, mit Homöpathie gut behandelt oder sogar geheilt worden zu sein.
Weil aber die homöopathischen Grundsätze nicht mit einem bestimmten doktrinären Verständnis moderne Naturwissenschaftlichkeit übereinstimmen, ist es ein wichtiges Anliegen der Schulmedizin, jede Wirksamkeit der Homöopathie zu leugnen oder wegzuerklären. Also entweder zu behaupten: Das kann nicht wirken. Oder: wenn es wirkt, liegt es an etwas anderem.
Ein Erklärungsmodell ist der schon erwähnte „Placeboeffekt“. Durch den aber, wie gesagt, eigentlich nichts erklärt wird. Dass unter bestimmten Bedingungen ein Medikament, das gar keines ist, dieselben oder doch sehr ähnliche Wirkungen hat wie ein anerkanntes Medikament, ist ein Phänomen, bei dessen Erklärung naturwissenschaftliches Denken an seine Grenzen stößt. Entweder man schiebt das Phänomen ab zur Psychosomatik, weil der Heilerfolg auf die besonders Zuwendung des Arztes zurückzuführen sei. Oder man sagt, das Scheinmittel wirke, weil die Leute daran glaubten, dass es wirke. Aber was erklärt das? Innerhalb des Modells von unaufhebbarer Naturgesetzlichkeit nichts. Wenn Krankheit und Gesundheit objektiv feststellbare Realitäten sind, kann ein subjektiver Glaubensakt doch eigentlich nichts an ihnen ändern. Kann er es doch, und vieles spricht dafür, müsste der naturwissenschaftliche Ansatz zumindest erweitert werden um eine Berücksichtigung des subjektiven Wohlbefinden des Patienten. Davon ist die real existierende Medizin jedoch größtenteils noch weit entfernt.
Im gewöhnlichen Medizinbetrieb ist der Patient als Person (ebenso wie seine Fragen stellenden Angehörigen) eine Störung. Seine Auskünfte sind ungenügend, sein Verhalten irrational, sein Erleben der Behandlung irrelevant. Er ist ein Organismus, der so und so funktioniert oder eben nicht funktioniert. Er ist ein Fall von dem und dem und als solcher beliebig und austauschbar. Allenfalls aus Konvention und in juristischer Hinsicht wird berücksichtigt, dass er ein Jemand und nicht bloß ein Etwas ist.
In solchem Klima kann die Homöpathie nur als schlechter Witz erscheinen. Es ist nämlich nicht nur die institutionelle Ökonomie, die für Alternatives keinen Raum lässt, sondern dessen vom herkömmlichen Weltbild abweichende Sicht der Dinge. Für Naturwissenschaftsgäubige kann es nur eine absurde Vorstellung sein, dass ein Wirkstoff, der in einer Lösung immer weniger und zuletzt gar nicht enthalten ist, dadurch „potenziert“ würde. Wenn in einem Präparat kein einziges Molekül des anfänglich vorhandenen Stoffes mehr vorkommt, dann kann dieser Stoff gar nicht wirken, ganz abgesehen davon, ob er in anderer Konzentration wirksam wäre oder nicht. Dass es Menschen gibt, die fest von der Wirksamkeit homöopathischer Dosen überzeugt sind, vermag von Anhängern des klassischen naturwissenschaftlichen Weltbildes nur mit Täuschung und Selbsttäuschung erklärt werden.
Hier stößt die Kommunizierbarkeit an eine Grenze. Es hat schlechterdings keinen Sinn, der Wirkung der Homöpathie mit naturwissenschaftlichen Mitteln auf die Spur kommen zu wollen, den insofern diese Mittel und die ihnen zu Grunde liegenden Denkweisen nun einmal sind, wie sie sind, kann dabei immer nur herauskommen, was man bereits wusste, dass es nämlich eine solche Wirkung materiell nicht geben kann. Scheint es sie doch zu geben, ist irgendwas Psychisches im Spiel.
Dem kontern Anhänger der Homoöpathie gern mit dem Heilerflog bei Tieren. Die wissen ja nicht, was ein Heilmittel ist, hegen darum keine Erwartungen und können sich nichts einreden. Allenfalls die Zuwendung durch den Behandelnden könnte in ihrer positiven Wirkung mit der bei Menschen vergleichbar sein; aber wenn Zuwendung genügte, könnte man Tiere stets mit Streicheln heilen …
Homöopathische Behandlung von Tieren ist darum den schulmedizinisch Orientierten ein besonderes Hassobjekt. Wieder und wieder leugnen sie jeden Heilerfolg (oder „erklären“ ihn durch Nichthomöopathisches). Es darf nicht sein, was nicht sein kann. Desungeachtet sind viele Menschen davon überzeugt, ihrem Haustier etwas Gutes zu tun, wenn sie es alternativmedizinisch behandeln oder behandeln lassen.
Letztlich hat es also wenig Sinn, pro-homöopathische und anti-homöopathische Studien miteinander verrechnen zu wollen. Selbstverständlich kann man Machart und Qualität vergleichen. Aber etwa Untersuchungen, die die Wirksamkeit von Homöopathie bei Mensch und Tier belegen, gerade deshalb als „unwissenschaftlich“ abzulehnen, ist zirkulär: X kann nicht sein, wer behauptet, dass X ist, lügt daher, also gibt es X nicht.
Schulmedizin und Homöopathie funktionieren somit wie Glaubenssysteme. Glaube ist stets die Voraussetzung von Wissen. Was auf Grund unhintergehbarer Voraussetzungen nicht möglich ist, kann nicht existieren. Woran nicht geglaubt werden kann, kann auch nicht gewusst werden. Bemerkenswerterweise ist in diesem Fall die Schulmedizin doktrinär und sektiererisch verschlossen, während die Homöopathie eine gewisse Offenheit für neue Erfahrungen besitzt …
Dass es um Angelegenheiten des Glaubens geht, macht auch die Wut der Homöopathiegegner verständlich. Ihr Weltbild ist bedroht, sie möchten am liebsten jede Ketzerei unterbinden. Sie glauben zu wissen, was wahr sein kann; und was andere zu wissen meinen, kann ihnen nur als Irrglaube erscheinen. Dass homöopathische Behandlungen bei aller Regelgeleitetheit auf Erfahrungswissen beruhen wollen, muss ignoriert werden. Nur solche Erfahrungen sind ja zulässig, die mit den im voraus gehegten Überzeuguingen vereinbar sind.
Den meisten Menschen allerdings, die es mit der Alternative von Schulmedizin und Homöpathie zu tun haben, sind solche Glaubensfragen schnurzpiepegal. Wie die gewöhnlichen Gläubigen aller Zeit mischen sie Orthodoxie und Aberglauben je nach momentanem Bedarf und willkürlichem Wohldünken. Hauptsache, es hilft. Lieber lax und gesund als allzu fromm und krank. Solange darum Menschen an die Wirksamkeit von Homöopathie nicht viel anders als an die der Schulmedizin glauben, wird der Siegeszug alternativmedizinischer Methoden nicht aufzuhalten sein. Da mögen die Verteidiger der Rechtgläubigkeit noch so toben. Wer hilft, hat Recht, und dem glaubt man auch.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen