Dienstag, 10. Mai 2022

Staatsgewerkschaftlerei

Frau Fahimi ist zur DGB-Vorsitzenden gewählt worden. Ich will hier nicht über ihre Eignung zu diesem Posten spekulieren. Auch nicht über ihre Eignung zur Generalsekretärin der SPD (2014/15) oder zur Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2016/2017). Ich stoße mich nur daran, dass eine ehemalige Inhaberin hoher Partei- und Staatsämter einem angeblich unabhängigen Gewerkschaftsbund vorsitzen soll. Die vermeintliche Vertretung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Transmissionsriemen des Kapitals (auf dessen Seite Staat und Sozialdemokratie unverbrüchlich stehen)? Im gesellschaftlichen Leben und der politischen Praxis spielen die Gewerkschaften ohnehin schon ein kaum wahrnehmbare Rolle. Von ihnen kommen weder zukunftsweisende Entwürfe noch aktuelle Interventionen. Ab und zu werden „Arbeitskämpfe“ inszeniert, deren Funktion hauptsächlich zu sein scheint, die realen Konflikte zwischen den Interessen der Ausgebeuteten und der Ausbeuter zu verschleiern und milde abzuführen, ohne dass je auch nur von fern die Systemfrage gestellt werden könnte. All das ist schlimm genug. Diese erniedrigende Funktion der Gewerkschaften auch noch dadurch zu symbolisieren, dass eine gebrauchte Partei- und Staatsfunktionärin als Galionsfigur an die Spitze gehievt wird, ist aber doch etwas arg.

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