Das Gute an den Forderungen des BDI: Wenn man geradewegs das Gegenteil machte, käme vernünftige Politik dabei heraus.
Mittwoch, 29. November 2017
Dienstag, 28. November 2017
Nachtragender Gehorsam
Deutsche Radiosender boykottieren die Konzerte eines Musikers, weil der Israel kritisiert. (Vorwürfe, die 2013 schon widerlegt wurden, erreichen jetzt, mit der gebührenden Verspätung, auch Mitteleuropa, wo man zu blöd oder zu bösartig ist, sich zu informieren.)
Sonntag, 26. November 2017
Offener Post
Hallo, Herr Papst, wenn Sie demnächst Aung San Suu Kyi treffen, könnten Sie ihr dann bitte in meinem Namen eine runterhauen? Danke.
Samstag, 25. November 2017
Das Gesetz und der Flüchtling
Du bist kein Flüchtling, sagt das Gesetz zum Flüchtling. Denn wer ein Flüchtling ist, bestimme ich, und dein Fall fällt nicht darunter.
Du magst mich nennen, wie du willst, hochverehrtes Gesetz, sagt der Flüchtling. Wir wollen hier nicht um Wörter streiten. Fest steht …
Um Begriffe, unterbricht das Gesetz. Ich streite nie um Wörter, ich bestimme Begriffe.
Wir wollen, hochverehrtes Gesetz, fährt der Flüchtling fort, hier weder um Wörter noch Begriffe streiten. Fest steht …
Ich streite gar nicht, unterbricht das Gesetz. Was ich sage, gilt.
Selbstverständlich, sagt der Flüchtling, was du sagst, gilt, hochverehrtes Gesetz. Fest steht, dass ich auf der Flucht war. Und zweifellos kann man einen, der auf der Flucht war, einen Geflüchteten nennen. Was aber soll der Unterschied zwischen einem Geflüchteten und einem Flüchtling sein?
Was geht mich das an?, sagt das Gesetz. Für mich bist du kein Flüchtling, das genügt mir.
Worum es mir geht, sagt der Flüchtling, sind nicht Wörter oder Begriffe oder Paragraphen. Mir geht es um mein Leben. Ich war auf der Flucht und habe nach Zuflucht gesucht, nicht nach Wörtern, Begriffen, Paragraphen.
Ordnung muss sein, sagt das Gesetz.
Ordnung muss sein, sagt der Flüchtling. Aber …
Du hast keinen Anspruch auf Asyl, sagt das Gesetz. Dein Fall erfüllt meine Kriterien nicht.
Ich habe nicht nach Asyl gesucht, sagt der Flüchtling. Ich war auf der Flucht und suchte Zuflucht. Ich floh vor dem Tod. Ich floh vor einem schlechten Leben und suchte ein besseres.
Du hast keinen Anspruch auf Duldung, sagt das Gesetz. Dein Fall erfüllt meine Kriterien nicht.
Ich habe nicht nach Duldung gesucht, sagt der Flüchtling. Ich war auf der Flucht, suchte Zuflucht und hatte gehofft, sie hier zu finden, hatte gehofft, hier bleiben zu dürfen, um ein Leben zu leben, das besser ist als das Leben dort, von wo ich geflohen bin. Wie du das nennst, ist deine Sache.
Ich nenne es, wie ich will, sagt das Gesetz. Ich bin das Gesetz. An mich muss du dich halten.
Aber bist du denn auch mein Gesetz?, fragt der Flüchtling.
Ich gelte für alle, sagt das Gesetz.
Du schließt mich aus und schickst mich weg, sagt der Flüchtling, du sagst mir, dass ich nicht hierher gehöre, dass ich nicht dazu gehöre, das ich hier nicht sein darf, aber du bist auch mein Gesetz?
Ich gelte für alle, wiederholt das Gesetz. So lange du hier bist, gelte ich auch für dich. An mich musst du dich halten. Weil du hier bist, schicke ich dich weg.
Verstehe ich das richtig?, fragt der Flüchtling. Auf der Flucht galtest du noch nicht für mich, erst seit ich nicht mehr auf der Flucht bin, sondern hier, giltst du auch für mich und sagst mir, hochverehrtes Gesetz, dass ich gar nicht auf der richtigen Flucht war und darum gar kein richtiger Flüchtling bin?
Ich bestimme die Begriffe, sagt das Gesetz. An mich musst du dich halten.
Du bist, sagt der Flüchtling, das, wovor ich geflohen bin. Du bist das Unrecht, die Unterdrückung, die Verfolgung. Du bedeutest Bedrohung und Tod. Ich suchte Schutz bei dir, aber du schützt mich nicht. Ich wollte mich an dich halten, aber du weist mich ab. Du bist nicht mein Gesetz. Du bist das Gesetz derer, denen mein Leben nichts gilt.
Ich bin das Gesetz, sagt das Gesetz. Ich gelte für alle. Ich gelte auch für dich. An mich muss du dich halten. Geh weg. Du hättest nicht kommen dürfen. Du darfst nicht hier sein. Geh weg. Wenn du nicht gehst, sperre ich dich ein, damit du gehst. Mit Gewalt schaffe ich dich fort. Geh weg.
Wenn ich kein Flüchtling bin, sagt der Flüchtling, wenn meine Flucht keine Flucht war, dann bin ich gar nicht geflohen, dann bin ich gar nicht hier, dann kann ich auch nicht fort.
Geh weg, sagt das Gesetz. Das ist mein letztes Wort.
Du magst mich nennen, wie du willst, hochverehrtes Gesetz, sagt der Flüchtling. Wir wollen hier nicht um Wörter streiten. Fest steht …
Um Begriffe, unterbricht das Gesetz. Ich streite nie um Wörter, ich bestimme Begriffe.
Wir wollen, hochverehrtes Gesetz, fährt der Flüchtling fort, hier weder um Wörter noch Begriffe streiten. Fest steht …
Ich streite gar nicht, unterbricht das Gesetz. Was ich sage, gilt.
Selbstverständlich, sagt der Flüchtling, was du sagst, gilt, hochverehrtes Gesetz. Fest steht, dass ich auf der Flucht war. Und zweifellos kann man einen, der auf der Flucht war, einen Geflüchteten nennen. Was aber soll der Unterschied zwischen einem Geflüchteten und einem Flüchtling sein?
Was geht mich das an?, sagt das Gesetz. Für mich bist du kein Flüchtling, das genügt mir.
Worum es mir geht, sagt der Flüchtling, sind nicht Wörter oder Begriffe oder Paragraphen. Mir geht es um mein Leben. Ich war auf der Flucht und habe nach Zuflucht gesucht, nicht nach Wörtern, Begriffen, Paragraphen.
Ordnung muss sein, sagt das Gesetz.
Ordnung muss sein, sagt der Flüchtling. Aber …
Du hast keinen Anspruch auf Asyl, sagt das Gesetz. Dein Fall erfüllt meine Kriterien nicht.
Ich habe nicht nach Asyl gesucht, sagt der Flüchtling. Ich war auf der Flucht und suchte Zuflucht. Ich floh vor dem Tod. Ich floh vor einem schlechten Leben und suchte ein besseres.
Du hast keinen Anspruch auf Duldung, sagt das Gesetz. Dein Fall erfüllt meine Kriterien nicht.
Ich habe nicht nach Duldung gesucht, sagt der Flüchtling. Ich war auf der Flucht, suchte Zuflucht und hatte gehofft, sie hier zu finden, hatte gehofft, hier bleiben zu dürfen, um ein Leben zu leben, das besser ist als das Leben dort, von wo ich geflohen bin. Wie du das nennst, ist deine Sache.
Ich nenne es, wie ich will, sagt das Gesetz. Ich bin das Gesetz. An mich muss du dich halten.
Aber bist du denn auch mein Gesetz?, fragt der Flüchtling.
Ich gelte für alle, sagt das Gesetz.
Du schließt mich aus und schickst mich weg, sagt der Flüchtling, du sagst mir, dass ich nicht hierher gehöre, dass ich nicht dazu gehöre, das ich hier nicht sein darf, aber du bist auch mein Gesetz?
Ich gelte für alle, wiederholt das Gesetz. So lange du hier bist, gelte ich auch für dich. An mich musst du dich halten. Weil du hier bist, schicke ich dich weg.
Verstehe ich das richtig?, fragt der Flüchtling. Auf der Flucht galtest du noch nicht für mich, erst seit ich nicht mehr auf der Flucht bin, sondern hier, giltst du auch für mich und sagst mir, hochverehrtes Gesetz, dass ich gar nicht auf der richtigen Flucht war und darum gar kein richtiger Flüchtling bin?
Ich bestimme die Begriffe, sagt das Gesetz. An mich musst du dich halten.
Du bist, sagt der Flüchtling, das, wovor ich geflohen bin. Du bist das Unrecht, die Unterdrückung, die Verfolgung. Du bedeutest Bedrohung und Tod. Ich suchte Schutz bei dir, aber du schützt mich nicht. Ich wollte mich an dich halten, aber du weist mich ab. Du bist nicht mein Gesetz. Du bist das Gesetz derer, denen mein Leben nichts gilt.
Ich bin das Gesetz, sagt das Gesetz. Ich gelte für alle. Ich gelte auch für dich. An mich muss du dich halten. Geh weg. Du hättest nicht kommen dürfen. Du darfst nicht hier sein. Geh weg. Wenn du nicht gehst, sperre ich dich ein, damit du gehst. Mit Gewalt schaffe ich dich fort. Geh weg.
Wenn ich kein Flüchtling bin, sagt der Flüchtling, wenn meine Flucht keine Flucht war, dann bin ich gar nicht geflohen, dann bin ich gar nicht hier, dann kann ich auch nicht fort.
Geh weg, sagt das Gesetz. Das ist mein letztes Wort.
Mittwoch, 22. November 2017
Aufgeschnappt (bei Alejandro Solalinde)
Sowohl Papst Johannes Paul II. als auch Benedikt XVI. haben sich mit dem Problem der Migration beschäftigt, aber viel mehr noch Papst Franziskus, der gesagt hat, dass es für jeden Einzeln angesichts der Not der Migranten nicht nur eine Gelegenheit, sondern eine moralische Verpflichtung sei, zu helfen. Ich habe gehört, dass die Antwort, die die katholische Kirche in Europa darauf gibt, eine sehr weiche, seichte Antwort ist. In der Hinsicht ist es in Lateinamerika anders. Ich würde mir wünschen, dass die katholische Kirche in Europa in den Migranten einen Wert wahrnimmt und sie empfängt wie Jesus Christus. Denn in jedem Migranten ist Jesus. Außerdem sollten sich die Kirchen in Europa angesichts der Migration für ein Politikverständnis einsetzen, dass auch diese neue Entwicklung wertschätzt. Diesen Übergang, demographisch gesehen, von einer rein nationalstaatlichen Gesellschaft zu einer Gesellschaft, in der Migranten auf Dauer eine wichtige Rolle spielen werden.
(Alexandra Mantler vom ORF:) Auf den Hinweis, es sei aber nun einmal ein Fakt, dass viele Menschen in Europa, auch Christinnen und Christen, Skepsis und Angst empfinden würden angesichts von Flüchtlingsströmen und Zuwanderung, Stichwort: Wir können doch nicht alle aufnehmen! Was sollen wir tun, meint Pater [sic] Alejandro Solalinde:
Diese Frage hätten sich die Europäer früher stellen sollen, nämlich in dem Augenblick, als Europa sich in Afrika eingemischt hat und dort während der Kolonialzeit und auch danach eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat. Und jetzt plötzlich, wenn diese Menschen vor der eigenen Tür stehen, dann will man davon nichts mehr wissen? Das hätte sich Europa früher überlegen müssen. (…) Jetzt ist es für solche Überlegungen zu spät. (…)
Die Welt befindet sich in einem Zustand der Auflösung auf Grund der Krise des Kapitalismus, die in alle Lebensbereiche hineinwirkt. Selbst die Kirche befindet sich in dieser Krise. Angesichts dieses Zustandes ist es zu wenig, nur oberflächlich ein Pflaster über einen teil der Wunde zu kleben, sondern wir brauchen einen umfassenden chirurgischen Eingriff ins Weltsystem. Es geht nicht nur darum, ein paar kleine Reformen in Bezug auf den Umgang mit den Migranten zu unternehmen, sondern das ganze System muss verändert werden. Wir müssen die Achsen der Welt verändern. Das beginnt damit, dass wir Gott als den Gott des Lebens wahrnehmen und den Menschen in den Mittelpunkt rücken — und nicht den Markt und das Geld. Es geht nicht darum, das Finanzkapital besser zu regulieren, sondern das Kapital überhaupt dafür einzusetzen, diese entscheidende Achse, nämlich das menschliche Leben, weiter zu fördern und voranzubringen.
(Alexandra Mantler vom ORF:) Auf den Hinweis, es sei aber nun einmal ein Fakt, dass viele Menschen in Europa, auch Christinnen und Christen, Skepsis und Angst empfinden würden angesichts von Flüchtlingsströmen und Zuwanderung, Stichwort: Wir können doch nicht alle aufnehmen! Was sollen wir tun, meint Pater [sic] Alejandro Solalinde:
Diese Frage hätten sich die Europäer früher stellen sollen, nämlich in dem Augenblick, als Europa sich in Afrika eingemischt hat und dort während der Kolonialzeit und auch danach eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat. Und jetzt plötzlich, wenn diese Menschen vor der eigenen Tür stehen, dann will man davon nichts mehr wissen? Das hätte sich Europa früher überlegen müssen. (…) Jetzt ist es für solche Überlegungen zu spät. (…)
Die Welt befindet sich in einem Zustand der Auflösung auf Grund der Krise des Kapitalismus, die in alle Lebensbereiche hineinwirkt. Selbst die Kirche befindet sich in dieser Krise. Angesichts dieses Zustandes ist es zu wenig, nur oberflächlich ein Pflaster über einen teil der Wunde zu kleben, sondern wir brauchen einen umfassenden chirurgischen Eingriff ins Weltsystem. Es geht nicht nur darum, ein paar kleine Reformen in Bezug auf den Umgang mit den Migranten zu unternehmen, sondern das ganze System muss verändert werden. Wir müssen die Achsen der Welt verändern. Das beginnt damit, dass wir Gott als den Gott des Lebens wahrnehmen und den Menschen in den Mittelpunkt rücken — und nicht den Markt und das Geld. Es geht nicht darum, das Finanzkapital besser zu regulieren, sondern das Kapital überhaupt dafür einzusetzen, diese entscheidende Achse, nämlich das menschliche Leben, weiter zu fördern und voranzubringen.
Dienstag, 21. November 2017
Notiz zur Zeit (167)
Viele deutsche Kommentatoren sorgen sich, was nur aus Europa, ja gar aus
"der Welt" werden soll, wenn die BRD wochenlang keine gewählte
Regierung hat. Und man muss ja auch sagen, dass in den sogenannten
Sondierungen Deutschlands Verantwortung für die Welt immer eine
entscheidende Rolle gespielt hat. Statt sich mit innerdeutschen
Befindlichkeiten und nationaler ´Kollektiv-Egomanie zu befassen, fragten
sich die Beteiligten dauernd: Wie kann Deutschland seine erhebliche
Mitwirkung an der Weltwirtschaftsordnung
so gestalten, dass Ausbeutung, Zerstörung und Verblödung vermindert
werden? Welches Unrecht haben wir begangen, was können wir stattdessen
und zum Ausgleich tun? Wie präsentieren wir uns als das weltoffene,
menschenfreundliche, selbstlose Land, das wir in der Tiefe unseres
Herzens sind und immer schon waren? Ja, so war das. Aus unbekannten
Gründen ist nichts daraus geworden. Wie schade für die Welt!
Sonntag, 12. November 2017
Recht auf Arbeit bei Andersgläubigen?
Eines vorweg: Ich bin kein Veganer, ich finde Veganismus Blödsinn und mache mich gern über Veganer lustig. Allerdings bin ich auch davon überzeugt, dass in einer pluralistischen Gesellschaft Menschen Veganer sein dürfen müssen. Sie müssen sogar davon überzeugt sein dürfen, dass allein ihre Weltanschauung richtig ist und alle anderen auf unverantwortliche Weise falsch liegen; solange sie niemanden mit Gewalt zum Veganertum zu zwingen versuchen, keine ungebührliche Belästigung entfalten und sich auch sonst an Recht und Gesetz halten, dürfen sie denken und tun, was sie wollen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob Veganer außer Vereinen und allenfalls noch Restaurants auch andere Einrichtungen unterhalten — Kindergärten, Schulen, Altenheime und dergleichen —, aber wenn sie es täten, warum sollten sie es nicht dürfen? Und sie dürften auch von den in solchen und anderen von ihnen betriebenen Einrichtungen Beschäftigten erwarten, dass diese nicht nur in ihrer Arbeitszeit Veganismus praktizieren, in ihrer Freizeit aber Fleischfresser, Pelz- und Lederträger oder Tierquäler sind, sondern sie dürfen es durchaus zur Bedingung machen, dass die Beschäftigten überzeugte Veganer sind. Alles andere scheint mir unzumutbar und ein Eingriff in die Weltanschauungsfreiheit.
Die entsprechende Religionsfreiheit scheint für Christen nicht zu gelten. Jedenfalls wenn es nach dem geht, was in diesen Tagen der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof diesem zu entscheiden vorschlägt: Dass nämlich religiöse Gemeinschaften nicht in jedem Fall das Recht hätten, eine bestimmte Religion oder Konfession zur Voraussetzung einer Beschäftigung in von ihnen betriebenen Einrichtungen zu machen. Das hänge von der Art der Tätigkeit ab und müsse im Einzelfall (von nationalen Gerichten) entschieden werden.
Also soll ein Koch in einem veganen Restaurant Veganer sein müssen dürfen, die Putzfrau aber nicht? Mag sein, dass das auch den Betreibern richtig erscheint, wenn es ihnen aber falsch erscheint, scheint es mir falsch, ihnen per Gericht eine karnivore Putzfrau aufzudrängen. Sollen sich nicht so haben, die Veganer, verputzt die Putzfrau halt in ihrer Pause ein Schinkenbrötchen, ist doch ihr gutes Recht. Oder nicht? Man setze für Veganer Katholiken, für Putzfrau Krankenschwester und fürs Schinkenbrötchen Atheismus. Ist es nicht egal, woran die Pflegekraft glaubt oder nicht, solange sie ihre Arbeit gut macht?
Mag sein. Aber muss es einem egal sein? Muss es den „Trägern“ der jeweiligen Einrichtung egal sein? Gehört zum Pluralismus nicht auch, dass man ihn für sich und das eigene Tätigkeitsfeld ablehnen darf? Gibt es nicht ein Recht darauf, frei zu bestimmen, mit welchem Personal man eine weltanschaulich oder religiös markierte Einrichtung betreiben will? Solange Weltanschauungen und Religionen selbst als frei gelten (was Grenzen hat und hoffentlich bei beispielsweise Rassismus oder Satanismus nicht der Fall ist; oder wer möchte, dass Teufelsanbeter Kindergärten betreiben und Rassisten Altenheime?), solange also Weltanschauungen und Religionen frei sind, muss diese Freiheit auch die Möglichkeit der ihnen Anhängenden implizieren, unter sich bleiben zu können.
Ein Recht hingegen, von Menschen in Lohn und Brot gebracht und gehalten zu werden, deren grundsätzliche, lebensweisenrelevante Überzeugungen man nicht teilt, die aber Bedingung dafür sind, dass die Arbeitsstelle überhaupt existiert, ein solches Recht jedenfalls kann es nicht geben, wenn damit das grundlegende Recht auf freie Ausübung der jeweiligen Weltanschauung oder Religion eingeschränkt wird.
Natürlich wird es früher oder später zu dieser Einschränkung kommen. Dem säkularen Staat sind Christen, die allzu überzeugt von ihren Überzeugungen sind, ein Gräuel. Er wird alles gutheißen, was ihre Autonomie faktisch untergräbt und ihre Abgrenzung von einer pluralistischen Gesellschaft, in der Überzeugungen egal sind, Hauptsache du funktionierst, diskreditiert. Der Staat hat immer Recht und bestimmt darüber, Rechte hat und welche und wer nicht. Wenn sich das die Veganer gefallen lassen, sind sie selber schuld.
Die entsprechende Religionsfreiheit scheint für Christen nicht zu gelten. Jedenfalls wenn es nach dem geht, was in diesen Tagen der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof diesem zu entscheiden vorschlägt: Dass nämlich religiöse Gemeinschaften nicht in jedem Fall das Recht hätten, eine bestimmte Religion oder Konfession zur Voraussetzung einer Beschäftigung in von ihnen betriebenen Einrichtungen zu machen. Das hänge von der Art der Tätigkeit ab und müsse im Einzelfall (von nationalen Gerichten) entschieden werden.
Also soll ein Koch in einem veganen Restaurant Veganer sein müssen dürfen, die Putzfrau aber nicht? Mag sein, dass das auch den Betreibern richtig erscheint, wenn es ihnen aber falsch erscheint, scheint es mir falsch, ihnen per Gericht eine karnivore Putzfrau aufzudrängen. Sollen sich nicht so haben, die Veganer, verputzt die Putzfrau halt in ihrer Pause ein Schinkenbrötchen, ist doch ihr gutes Recht. Oder nicht? Man setze für Veganer Katholiken, für Putzfrau Krankenschwester und fürs Schinkenbrötchen Atheismus. Ist es nicht egal, woran die Pflegekraft glaubt oder nicht, solange sie ihre Arbeit gut macht?
Mag sein. Aber muss es einem egal sein? Muss es den „Trägern“ der jeweiligen Einrichtung egal sein? Gehört zum Pluralismus nicht auch, dass man ihn für sich und das eigene Tätigkeitsfeld ablehnen darf? Gibt es nicht ein Recht darauf, frei zu bestimmen, mit welchem Personal man eine weltanschaulich oder religiös markierte Einrichtung betreiben will? Solange Weltanschauungen und Religionen selbst als frei gelten (was Grenzen hat und hoffentlich bei beispielsweise Rassismus oder Satanismus nicht der Fall ist; oder wer möchte, dass Teufelsanbeter Kindergärten betreiben und Rassisten Altenheime?), solange also Weltanschauungen und Religionen frei sind, muss diese Freiheit auch die Möglichkeit der ihnen Anhängenden implizieren, unter sich bleiben zu können.
Ein Recht hingegen, von Menschen in Lohn und Brot gebracht und gehalten zu werden, deren grundsätzliche, lebensweisenrelevante Überzeugungen man nicht teilt, die aber Bedingung dafür sind, dass die Arbeitsstelle überhaupt existiert, ein solches Recht jedenfalls kann es nicht geben, wenn damit das grundlegende Recht auf freie Ausübung der jeweiligen Weltanschauung oder Religion eingeschränkt wird.
Natürlich wird es früher oder später zu dieser Einschränkung kommen. Dem säkularen Staat sind Christen, die allzu überzeugt von ihren Überzeugungen sind, ein Gräuel. Er wird alles gutheißen, was ihre Autonomie faktisch untergräbt und ihre Abgrenzung von einer pluralistischen Gesellschaft, in der Überzeugungen egal sind, Hauptsache du funktionierst, diskreditiert. Der Staat hat immer Recht und bestimmt darüber, Rechte hat und welche und wer nicht. Wenn sich das die Veganer gefallen lassen, sind sie selber schuld.
Montag, 6. November 2017
Inmitten von Gut und Böse
In einer Welt lebend, in der Menschen es sich seit jeher zur Gewohnheit gemacht haben, Menschen zu quälen und zu töten, zu entrechten und zu verdummen, zu entwürdigen und auszubeuten; in einer Welt, in der auch das, was man „natürliche Ressourcen“ nennt verschwenderisch ausgebeutet und sinnlos zerstört wird; in einer Welt, in der Schönes in den Schmutz gezogen, Weises verlacht, Anständiges ignoriert oder korrumpiert wird, während Hohles, Dumpfes, Närrisches, Anstößiges begierig herumgezeigt und inbrünstig verherrlicht wird; mit anderen Worten: in einer Welt lebend, in der das Gute schwach, aber notwendig, das Böse und Unnötige hingegen stark zu sein scheint, verstehe ich nicht, was (außerhalb fachphilosophischer Diskussionen über Nietzsche) die Rede von einem „Jenseits von Gut und Böse“ denn heißen soll.
Wie um alles in der Welt kann man als fühlendes und denkendes Wesen nicht die Partei des Guten ergreifen und das Böse verurteilen wollen? Mag sein, dass die Unterscheidung nicht immer gleich leicht ist. Aber Gewissen, Geschmack und Anstand dürften, wo sie nicht gänzlich abtrainiert sind, als Richtschnüre auch dem genügen, den komplizierte ethische Diskussionen langweilen oder überfordern. Dass man sich mit den Übeln dieser Welt nicht abfinden soll, liegt in der Natur der Sache. Ebenso, dass man nicht so tun darf, als sei Böses gut oder weder gut noch böse.
Es stimmt zwar, dass falsche oder falsch angewendete Moral Schaden anzurichten vermag; aber Mangel an Moral und explizite Moralverweigerung können das auch. Zu viel Willen, das Richtige zu tun, gibt es also schwerlich, offensichtlich eher das Gegenteil.
Wie man angesichts des Übels in der Welt nicht aus ganzem Herzen dagegen sein kann, verstehe ich nicht. Und ich verstehe übrigens auch nicht, wie man, angesichts dieses ungeheuren Übels und seiner wenigstens scheinbaren Übermacht, die doch so schmerzlich erfahrbar ist, nicht an eine völlig gute „höhere Macht“ glauben will, die das letzte Wort haben muss, nicht nur, weil daran Bedarf und weil Verlangen danach besteht, sondern aus Einsicht in die unbedingte Notwendigkeit. Freilich, Glaube lässt sich nicht aus Vernunftgründen ableiten, sonder muss der persönlichen Erfahrung des Guten stammen, das es ja eben auch gibt. Nur dass es auf Erden, also im sogenannten „Diesseits“, nicht überall sehr beliebt zu sein scheint.
Wie aber an all der Dummheit und Niedertracht der Mitmenschen nicht verzweifeln, ohne auf das Dasein des vollkommen Guten zu vertrauen? Wie die eigene Endlichkeit und vor allem die der anderen ertragen, ohne darauf zu hoffen, dass am Ende alles gut wird? Und wie soll alles gut werden ohne Gott?
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