Dienstag, 3. Oktober 2017

Geständnis zum Ende des schwulen Buchhandels

Zeit für ein Geständnis. Ich bin einer von denen … denen das Herz bricht, wenn sie an irgendeinen für immer geschlossen Buchladen denken; die von Meldungen vom Aufgeben schwuler Buchläden irgendwo auf der Welt am Boden zerstört werden, auch wenn sie nie dort waren; die biblioman (nicht bibliophil) sind und mehr Bücher kaufen, als man lesen kann, deren Wohnung überquillt von bedrucktem Papier wie eine schlecht geordnete Bibliothek und die trotzdem nicht aufhören können, zu viel Geld für zu viele Bücher, Broschüren, Zeitschriften, Zeitungen auszugeben. 
Und ich bin ein Extremist. Mit erschreckenden Wünschen. Ich möchte in jeder Großstadt fünf schwule Bauchläden und in den Universitätsstädtchen sieben. Ich möchte, dass sie sich bekriegen, na ja, dass sie unterschiedlich ausgerichtet sind und das auch zeigen. Ich möchte, dass sie alle florieren, auch die angeschlossenen Cafés, Galerien, Verlage. Und ich möchte bei ihnen allen einkaufen können, mit den Buchhändlern Gespräche von connaisseur zu connaisseur führen und das Zweitschönste, was es auf der Welt nach den Männern gibt, vor Ort ausgiebig genießen: Bücher. Träumen darf man ja. Das ist immer kontrafaktisch und anachronistisch. Aber wie gestaltetet man Realität und wozu?
„Eine Zukunft ganz ohne schwule Buchläden ist vorstellbar. Aber wer will sie?“ Habe ich geschrieben, um die Frage zu provozieren: Wer will sie nicht, diese Zukunft? Warum nicht? Aus Gewohnheit und Sentimentalität beispielsweise? Weil jenseits eines an der gesellschaftlichen Realität Geschäftsmodelles manche gerne Bücher verkaufen und kaufen, wie sie es früher schon gemacht haben? Gibt es eine Zukunft für schwule Buchläden (oder meinetwegen LGBTIQsternchen-Bookshops), die diese als Orte lebendiger Auseinandersetzung notwendig erweist und nicht bloß als interaktive Museen der Mediengeschichte?
Dass es einige gibt, die die verbliebenen schwulen Buchläden gerne erhalten sehen möchten, steht außer Frage. Aber wer braucht sie? Und wofür? Oder ist das falsch gefragt …? Mir scheint, eine befriedigende Antwort wird es erst geben, wenn es nicht nur gelingt (wofür auch ich sehr bin!), Bestehendes zu erhalten, sondern wenn irgendwann ein neuer schwuler Buchladen aufmacht und sich hält. Träumen darf man ja.

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