Dauernd ist die Demokratie durch irgendetwas gefährdet. Meistens durch irgendeine Entwicklung, von der angegeben wird, sie sei neu, und die irgendjemand mit Sorge sieht. Früher war das anders. Früher waren die Menschen einfach bessere Demokraten.
Sie waren am Geneinwohl und nicht bloß am Eigeninteresse interessiert, sie waren weniger abgelenkt, sie lasen noch gedruckte Zeitungen, sie waren kritisch, aber tolerant, sie waren gebildet und weltoffen, sie redeten noch von Angesicht zu Angesicht miteinander und äußerten sich nicht bloß in den platten Formen des Internets und seiner sozialen Medien, sie waren allesamt friedlich und lösten Konflikte stets ohne Schreierei und Gewalt und vor allem waren sie keine Nazis, nie und nimmer.
Heute sind die Leute unvorsichtig oder verführbar oder undankbar oder bösartig. Jedenfalls ist in Gefahr, weil irgendwer irgendwas sagt und tut oder nicht tut.
Früher stand es besser um die Demokratie, weil es keine Stammtische gab, keine Politikerbeschimpfungen, keine unhaltbaren Gerüchte, keine Massendemos, keine Terroristen, keine Boulevardhetze, keine Wehrsportgruppen, keine Ostspione, keine Kriege. Usw.
Heute ist es leider anders, weil heute heute ist und nicht gestern und sich die Dinge ändern und auch die Einstellungen und Verhaltensweisen von Menschen. Das gefährdet die Demokratie. Jedenfalls die Demokratie, wie man sie bisher kannte. Oder gekannt zu haben meint.
Früher regierten in der BRD entweder CDU oder SPD mit Hilfe eines Koalitionspartners oder CDU und SPD miteinander. Heute regieren entweder CDU oder SPD mit Hilfe von Koalitionspartnern oder CDU und SPD miteinander. Im Grunde regiert immer eine Einheitspartei von in Wort und Tat kaum unterscheidbaren und darum austauschbaren Statthaltern des Kapitals.
Es hat sich nichts geändert außer dem äußeren Schein. Gestern war Demokratie ein schlechter Witz und Wahlen ein teurer Spaß, heute ist es ebenso. Ob nun drei Parteien im Parlament vertreten sind oder dreißig, die Macht liegt bei anderen. Die müssen niemanden kaufen (und tun es doch), denn das System gehört ihnen sowieso. Und die Bevölkerung nimmt das hin, interessiert sich gar nicht sonderlich dafür, sondern lässt sich bespaßen und regt sich über Belangloses auf.
Auch der Populismus ist nichts Neues. Er ist in der Massendemokratie angelegt. Weil man den Leuten immer eingeredet hat, ihre Stimme zähle, und sie irgendwann feststellen, dass das nicht der Fall ist, darum wollen sie, dass irgendwer in ihrem Namen dagegen ist und das so, wie sie selbst gern wären: Rücksichtslos, unverantwortlich, rechthaberisch und brutal. Populismus ist Überbietung der Demokratie mit deren eigenen Mitteln.
Was wirklich gefährdet ist, sind Vernunft, Rücksichtnahme, zivilisierte Umgangsformen. Usw. Aber die hängen nicht von der Demokratie ab und tragen zu ihr nur insofern bei, als sie sie bei Bedarf verharmlosen und verklären. Es geht auch ohne sie.
Die Demokratie gefährdet sich also allenfalls selbst. Anders gesagt, sie verändert sich, wie sich so vieles verändert und dabei riskiert, nicht das Gleiche und nicht dasselbe zu bleiben. Die Demokratie wird nicht notwendig dadurch geschwächt, dass sie nach anderen Regeln funktioniert als denen, die nie galten. Die Stärke der Demokratie war es immer, Vordergrund zu sein für Machenschaften im Hintergrund. (Darüber zu sprechen, ist Verschwörungstheorie und gefährdet die Demokratie!). Also das, was durch Wahlen und Parlamentsarbeit nicht in Frage gestellt werden kann: Die Wirtschaftsordnung. Das Reicherwerden der Reichen. Das Inschachhalten aller anderen. Demokratie ist eine feine Sache, wenn man sie mit offener Diktatur vergleicht. Wenn man sie an ihren Ansprüchen misst, ist sie eine Gefahr für alle und jeden.
Freitag, 26. April 2024
Ist die Demokratie in Gefahr?
Freitag, 12. April 2024
Generationengeschwätz
Es ist recht leicht zu erklären, dass die Leute Unsinn reden, wenn sie von Generationen reden, obwohl sie eigentlich Jahrgänge (und meinetwegen Jahrgangsgruppen) meinen. Ich gebe ein leicht zu überblickendes Beispiel:
A wurde im Jahr 1900 geboren und bekam 1920 das Kind B und 1930 das Kind C; B bekam 1940 das Kind D und C bekam 1960 das Kind E; ebenfalls 1960 wurde F geboren, das Kind von D.
B und C sind Geschwister. D und C sind Cousins oder Cousinen. C ist darum Onkel oder Tante von F, obwohl beide im selben Jahr geboren wurden.
Generation bezeichnet die Stellung in der Generationenfolge: Großeltern, Großonkel und Großtanten sind eine Generation, Eltern, Onkel und Tanten eine andere, Geschwister, Cousins und Cousinen die nächste, dann kommen Kinder und Neffen und Nichten, dann die Generation der Enkel, der Großneffen und Großnichten. Die Stellung zur vorigen, eigenen und folgenden Generation ist unabhängig vom Alter. Die Geschwister meiner Eltern (und deren Cousins und Cousinen) sind beispielsweise auch dann meine Onkel und Tanten, wenn sie nach mir geboren wurden.
Das Gerede von „Boomern“, „Millennials“, „Z“ und wasweißich als Generationen ist also unsinnig. Die Stellung in der Abfolge der Generationen besagt nämlich nichts über die Ähnlichkeit oder Verschiedenheit von Erfahrungen oder Gewohnheiten.
Im Übrigen tut das ja nicht einmal die Zugehörigkeit zum selben Jahrgang oder zur selben Gruppe von Jahrgängen (in einer Weltgegend). Es stimmt einfach nicht, dass alle, die ein ähnliches Alter haben, allesamt unter denselben Bedingungen aufwuchsen, dieselben Ereignisse auf gleiche Weise erlebten, dieselbe Musik hörten, die gleiche Kleidung trugen, denselben Ideen-Moden folgten usw. usf.
Das Generationgeschwätz, also die rhetorischen Kollektivbildungen mit ihren „Wir“ und „Ihr“, mögen zwar die Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Abgrenzung und einfach überschaubaren Verhältnissen befriedigen, sozial- und individualgeschichtlich sind sie allerdings fragwürdig und größtenteils wertlos.
A wurde im Jahr 1900 geboren und bekam 1920 das Kind B und 1930 das Kind C; B bekam 1940 das Kind D und C bekam 1960 das Kind E; ebenfalls 1960 wurde F geboren, das Kind von D.
B und C sind Geschwister. D und C sind Cousins oder Cousinen. C ist darum Onkel oder Tante von F, obwohl beide im selben Jahr geboren wurden.
Generation bezeichnet die Stellung in der Generationenfolge: Großeltern, Großonkel und Großtanten sind eine Generation, Eltern, Onkel und Tanten eine andere, Geschwister, Cousins und Cousinen die nächste, dann kommen Kinder und Neffen und Nichten, dann die Generation der Enkel, der Großneffen und Großnichten. Die Stellung zur vorigen, eigenen und folgenden Generation ist unabhängig vom Alter. Die Geschwister meiner Eltern (und deren Cousins und Cousinen) sind beispielsweise auch dann meine Onkel und Tanten, wenn sie nach mir geboren wurden.
Das Gerede von „Boomern“, „Millennials“, „Z“ und wasweißich als Generationen ist also unsinnig. Die Stellung in der Abfolge der Generationen besagt nämlich nichts über die Ähnlichkeit oder Verschiedenheit von Erfahrungen oder Gewohnheiten.
Im Übrigen tut das ja nicht einmal die Zugehörigkeit zum selben Jahrgang oder zur selben Gruppe von Jahrgängen (in einer Weltgegend). Es stimmt einfach nicht, dass alle, die ein ähnliches Alter haben, allesamt unter denselben Bedingungen aufwuchsen, dieselben Ereignisse auf gleiche Weise erlebten, dieselbe Musik hörten, die gleiche Kleidung trugen, denselben Ideen-Moden folgten usw. usf.
Das Generationgeschwätz, also die rhetorischen Kollektivbildungen mit ihren „Wir“ und „Ihr“, mögen zwar die Sehnsucht nach Zugehörigkeit, Abgrenzung und einfach überschaubaren Verhältnissen befriedigen, sozial- und individualgeschichtlich sind sie allerdings fragwürdig und größtenteils wertlos.
Sonntag, 7. April 2024
Ein halbes Jahr Wahnsinn
Man darf offensichtlich seit bereits sechs Monaten nichts zu Palästina und Israel sagen, ohne die „Gräueltaten“ vom 7. Oktober 2023 zu verurteilen vom „Islamischen Widerstand“ (Hamas) als abscheulichen Terroristen zu sprechen.
Ich verurteile nicht. Das heißt nicht, dass ich billige. Ich versuche zu verstehen und lasse mich nicht zu einem rituellen Kotau zwingen. Verstehen zu wollen, und erst recht Verstädnis zu zeigen, gilt aber bei vielen bereits als „Antisemitismus“ und Aufforderung zu einem neuen „Holocaust“.
Ich bin ein friedliebender Mensch. Von mir aus muss niemand gewaltsam sterben, kein Palästinenser, kein Israeli, kein Moslem, kein Jude. Ich wäre für ein friedliches Zusammenleben aller. Dass die Realität eine andere ist, habe ich mir nicht ausgesucht. Ich muss damit leben, dass andere sterben, weil sie von wieder anderen getötet werden. Ich weiß selbstverständlich auch nicht, wie man den „Nahostkonflikt“ lösen kann. Ich weiß nur, dass es keine Konfliktlösung gibt, wenn Recht und Unrecht nicht benannt werden. Die Begriffe zu verdrehen und Ursachen und Wirkungen zu verschleiern, trägt zu einer künftigen Lösung gewiss nichts bei.
Dass unter dem Deckmantel von „Solidarität“ Verbrechen gebilligt oder nicht angesprochen werden, finde ich unerträglich.
Ich bin nicht solidarisch mit Israel. Ich bin mit keinem Staat der Welt solidarisch.
Solidarisch bin ich allenfalls mit Menschen. Und es ist meine Gewohnheit und meine Überzeugung, in Konflikten, wenn überhaupt, immer die Partei der Schwächeren, der Bedrängten und Verfolgten zu ergreifen. Das sind in diesem Fall die Palästinenser.
Der Staat Israel ist im „Nahostkonflikt“ nicht das Opfer, sondern der Täter. Dass heißt nicht, dass die Gegenseite alles richtig macht und nicht auch mitunter Schuld auf sich geladen hat. Aber man muss doch die ganze Geschichte (und nicht nur den Mythos) erzählen und vor allem Ursachen und Wirkungen unterscheiden
Ich bin ein friedliebender Mensch. Von mir aus muss niemand gewaltsam sterben, kein Palästinenser, kein Israeli, kein Moslem, kein Jude. Ich wäre für ein friedliches Zusammenleben aller. Dass die Realität eine andere ist, habe ich mir nicht ausgesucht. Ich muss damit leben, dass andere sterben, weil sie von wieder anderen getötet werden. Ich weiß selbstverständlich auch nicht, wie man den „Nahostkonflikt“ lösen kann. Ich weiß nur, dass es keine Konfliktlösung gibt, wenn Recht und Unrecht nicht benannt werden. Die Begriffe zu verdrehen und Ursachen und Wirkungen zu verschleiern, trägt zu einer künftigen Lösung gewiss nichts bei.
Dass unter dem Deckmantel von „Solidarität“ Verbrechen gebilligt oder nicht angesprochen werden, finde ich unerträglich.
Ich bin nicht solidarisch mit Israel. Ich bin mit keinem Staat der Welt solidarisch.
Solidarisch bin ich allenfalls mit Menschen. Und es ist meine Gewohnheit und meine Überzeugung, in Konflikten, wenn überhaupt, immer die Partei der Schwächeren, der Bedrängten und Verfolgten zu ergreifen. Das sind in diesem Fall die Palästinenser.
Der Staat Israel ist im „Nahostkonflikt“ nicht das Opfer, sondern der Täter. Dass heißt nicht, dass die Gegenseite alles richtig macht und nicht auch mitunter Schuld auf sich geladen hat. Aber man muss doch die ganze Geschichte (und nicht nur den Mythos) erzählen und vor allem Ursachen und Wirkungen unterscheiden
Israel ist es ein Staat, den es nie hätte geben dürfen. Das zionistische Programm „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“ war von Anfang an eine Lüge. Denn Palästina war ja in Wahrheit alles andere als unbewohnt. Trotzdem dort siedeln und sogar einen Staat errichten zu wollen, war also von vornherein ein Programm der Verdrängung, Vertreibung, Ausrottung.
Das Projekt eines „Judenstaates“ war von Anfang an „völkisch“ (also rassistisch), nationalistisch, imperialistisch, kolonialistisch. Der Plan war, einen eigenen Staat nur für sich zu haben, was in einer bereits unter Staaten und deren abhängigen Gebieten verteilten Welt nur auf Kosten eines anderen Staates (in diesem Fall: des Osmanischen Reiches; Überlegungen sich ein britisches Kolonialgebiet wie Uganda oder ein französisches wie Madagaskar zu verschaffen, wurden ja bald verworfen) und vor allem auf Kosten der dort einheimischen Bevölkerung (in diesem Fall: arabische Muslime und Christen) gehen musste.
Schon früh hat es im Zionismus kluge Männer und Frauen gegeben, die davor warnten, dass ein künftiges jüdische Gemeinwesen, dass nicht den Ausgleich und die Zusammenarbeit mit der arabischen Bevölkerung zur Grundlage habe, unweigerlich zu Hass und Mord und Totschlag führen werde. Aber „Kulturzionisten“ wie Martin Buber oder Judah Leon Magnes (um nur zwei der berühmtesten zu nennen) wurden beiseite geschoben, ignoriert und zum Teil angefeindet. Sie haben aber offensichtlich Recht behalten.
Antizionismus ist kein „Antisemitismus“. Sonst wären ja zum Beispiel auch alle tief religiösen Juden, die den säkularen Staat Israel ablehnen, weil nur der Messias das Königtum wieder aufrichten darf, Judenhasser.
Ich erlaube mir schon deshalb, den Staat Israel abzulehnen, weil ich Anarchist bin und jeden Staat ablehne. Darum bin ich auch weder Anhänger einer Zweistaatenlösung noch einer (binationalen) Einstaatenlösung, sondern bin für die Nullstaatenlösung.
Sind die Kämpfer der Hamas Terroristen? Zweifellos. Aber Terrorismus ist nicht das, wofür ihn Politiker und ihre willfährigen Politkommentatoren und die Medienmeute halten. Es handelt sich schlicht um nicht-staatliche Gewaltanwendung mit politischen Zielen. Jeder, der mit irgemdeinem Staat auf Kriegsfuß lebt, wird von diesem als „Terrorist“ diskreditiert werden.
Und man bedenke eines: Der Staat Israel ist auf Terrorismus gegründet. Mit Gewalt wollten zionistische Kämpfer die britische Mandatsmacht dazu zwingen, ihnen das palästinensische Territorium zu überlassen. Es gab unzählige Bombenattaentate und mörderische Überfälle. Sogar ein hochrangiger Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte, wurde ermordet. Er hatte vermitteln wollen und das heute noch bestehende Hilfswerk UNRWA gegründet. Zu den Auftraggebern des Mordes gehörte auch der spätere Regierungschef Yitzhak Shamir. Aus einigen der zionistischen Terroristentruppen gingen die israelischen Streitkräfte hervor.
Es ist eine Lüge, dass der Staat Israel als Zufluchtsort von Entkommenen und Überlebenden der millionenfachen Entrechtung, Beraubung, Verfolgung, Verschleppung, Ermordung durch das nationalsozialistische Deutschland gegründet worden sei. Gewiss, vor und nach 1945 sind Bedrohte und Verfolgte auch nach Palästina und dann nach Israel ausgewandert. Aber gegründet wurde der Staat vor allem von Zionisten, die längst im Land war. Und von denen waren einige, so ungeheuerlich es klingt (aber es ist historisch belegt), gar nicht so unzufrieden mit der nationalsozialistischen Vertreibungs- und Vernichtungspolitik. Erstens erhoffte man sich dadurch verstärkte jüdische Zuwanderung. Zweitens ermordeten die Nazis nicht zuletzt die osteuropäischen „Schtetl-Juden“, die von den westeuropäisch geprägten, säkularen Zionisten als „rückständig“ verachtet wurden, zumal sie meist zutiefst religiös geprägt und darum eher antizionistisch eingestellt waren. ― Geschichte ist nie so schwarz und weiß, wie man sie gern hätte. Von den mythischen „sechs Millionen“, auf die sich der Staat Israel dauernd beruft, wäre ein großer Tel von den Zionisten nie ins Land gelassen worden. Das macht sie nicht zu Mittätern an den deutschen Verbrechen, aber zu „Zuschauern“ (in der Terminologie Raul Hilbergs.)
Die wenigsten Juden und Jüdinnen, die das Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft überlebt hatten, wollten in das immer noch recht unterentwickelte, heiße und gefährlich britische Mandatsgebiet Palästina. Wenn sie doch dorthin übersiedelten, war es oft eine Notlösung. Manche freilich zogen aus dem Erlebnis der Bedrohung und Verfolgung den Schluss, dass nur ein starker jüdischer Staat ihnen und ihren Nachommen Sicherheit bieten könne. Gerade erst den Nazis entkommen, interessierte sie das Schicksal von Nichtjuden wenig. Die Welt hatte bei der Vernichtung des europäischen Judentums mehr oder minder weggeschaut, warum wollte sie sich für die Entrechtung und Vertreibung von ein paar Arabern interessieren?
Die Gründung Israels geschah nicht in Übereinstimmung mit den Beschlüssen der Vereinten Nationen. Denn deren Pläne sahen bekanntlich zwei Staaten vor (und Jerusalem als „neutrale“ Einheit). Mit deutlich anderen Grenzen, als dann gewaltsam durchgesetzt wurden.
Israel ist der einzige Staat der Welt, der verlangt, dass sein „Existenzrecht“ anerkannt wird. Dieses Geschwätz ist der schamlose Versuch moralischer Erpressung, Denn unterschwellig (und zuweilen auch explizit) wird die „Existenz“ des jüdischen Staates gleichgesetzt mit dem Existieren, will sagen: Leben und Überleben von Juden und Jüdinnen überhaupt. Wer Israels „Existenzrecht“ leugnet oder in Frage stellt, will doch in Wahrheit die Gaskammern wieder in Betrieb nehmen. Darum muss das Existenzrecht Israels immer wieder bekräftigt und jede Leugnung oder Infragestellung aufs äußerste verurteilt werden. Der Wille der Zionisten geschehe.
Es hilft den viele, vielen Juden und Jüdinnen in aller Welt, gar nichts, darauf zu bestehen, dass der Zionismus und sein Staat nicht im Namen aller Juden und Jüdinnen sprechen dürfen. Die Zionisten und prozionistischen Juden und Nichtjuden sind dabon unbeeindruckt.
Die dumme Frau brillierte damals mit der seither gern nachgeplapperten Formel, dass die Sicherheit Israels deutsche Staatsräson sei. Man merkte, wenn man denn wollte (und konnte), dass sie nicht wusste, was das Wort bedeutet. Wenn etwas „aus Staatsräson“ geschieht, dann heißt das, dass politisches Interesse über das Wohl und Wehe der Einzelnen gestellt wird und zwar meist unter Missachtung von Anstand und vielleicht sogar geltendem Recht. Das dürfte sie hoffentlich nicht gemeint haben. Vielleicht hatte sie, die allerdings fremdsprachlich unterversorgt war, Staatsräson mit raison d’être verwechselt. Aber Israels Sicherheit zum Daseinsgrund der BRD zu erklären, geht dann doch etwas weit, oder?
Die Gründung Israels war eine Kriegserklärung nicht nur an die arabische Bevölkerung Palästinas, sondern an alle arabischen und muslimischen Staaten der Umgebung (und weltweit). Dass es immer so dargestellt wird, als hätten diese den jungen, unschuldigen Staat überfallen, ist Geschichtsklitterung. (Das macht aus den arabischen Regimes nicht die Guten.)
Seit seiner Gründung befindet sich Israel im Krieg, auch wenn gerade nicht mit den Nachbarstaaten gekämpft wird. Erst recht seit der Besetzung der palästinensischen Restgebiete und der völkerrechtswidrigen Annexion fremden Staatsgebietes gibt es keinen Frieden, allen Verträgen zum Trotz. Und es kann auch keinen geben, solange noch Flüchtlinge und Unterdrückte leben.
Der Staat Israel ist das hochgerüstetste Gemeinwesen der Welt, inklusive Atombomben. Die eigene Volkswirtschaft könnte das nicht finanzieren. Israel ist völlig abhängig von Militärhilfe durch die USA und andere „Verbündete“. Diese sind somit alle Komplizen der israelischen Verbrechen: Besatzung, Entrechtung, Vertreibung, Folter, Mord. (Und darum logische Ziele terroristische „Vergeltung“; dass es in dieser Hinsicht zu so wenig Aktionen kommt, ist verwunderlich. Man muss dafür dankbar sein.)
Gibt es überhaupt so etwas wie israelische „Zivilisten“? In Israel gilt eine allgemeine Wehrpflicht, für Männer und Frauen. Ausgenommen sind arabische israelische Staatsbürger und waren bisher „Ultraorthoxe“. Somit ist jeder (nicht-orthodoxe) jüdische Israeli also entweder Soldat oder war es oder wird es sein. Es handelt sich um eine durchmilitarisierte Gesellschaft. Umgekehrt sind alle Palästinenser im Gazastreifen Zivilisten. Es gibt ja keinen anerkannten palästinensischen Staat, der Streitkräfte hätte, also gibt es auch keine palästinensischen Militärangehörigen. Die Mitglieder des „Islamischen Widerstandes“ (Hamas) gelten ja für Israel als Terroristen, nicht als Soldaten.
Es wäre sicher grausam, wenn man sagte: Am 7. Oktober haben die Israelis bekommen, was sie verdienten. Aber dieser furchtbare Gedanke liegt nahe. Nach Jahrzehnten der Besatzung, der Demütigung, der Entrechtung, der Vertreibung, der Schikanen, der Folter, der alltäglichen Gewalt, des Mordens usw. usf. schlagen palästinensische Terroristen zurück.
Die klare Benennung der gegen Israel und die israelische Bevölkerung gerichteten Aktivitäten der „Islamischen Widerstandsbewegung“ (Hamas) als Reaktion auf die israelische Politik rechtfertigt diese Aktivitäten nicht. Sie stellt nur historische und politische Fakten fest. Dass aber derlei von interessierter Seite bereits als Billigung und Feindpropaganda hingestellt zu werden pflegt, zeigt, dass gerade diese Seite illegitim handelt. Wer die Wahrheit scheuen muss, ist nicht im Recht.
Grundsätzlich im Recht zu sein, aber sein Recht nicht zu bekommen, rechtfertigt nicht jede daraufhin erfolgende Handlung. Man kann die Unterdrückung der Palästinenser verurteilen, ohne deshalb Tötungen (oder Entführungen) zu billigen.
Die „Islamische Widerstandsbewegung“ (Hamas) ist eben dies: eine Widerstandsbewegung. Das zu sagen, ist weder eine Billigung der Ziele noch der Mittel. Es ist ein wahrheitsgemäße Feststellung.
Die Mitglieder der „Islamischen Widerstandsbewegung“ (Hamas) sind keine „Antisemiten“. Sie handeln nicht aus irrationalem Judenhass oder weil sie einfach böse sind. Sie kämpfen gegen Unterdrücker. Und wenn ihre Unterdrücker Eskimos und Buddhisten wären, dann kämpften sie eben gegen Eskimos und Unterdrücker. Aus palästinensischer Perspektive ist der Umstand, dass die, die sie entrechtet haben und loswerden wollen, Juden sind, gleichsam zufällig. (Naturgemäß hingegen nicht aus der Sicht der zionistischen Herrenmenschen, die sich nehmen, was sie wollen, und töten, wen sie wollen, naturgemäß nicht.)
Die „Islamische Widerstandsbewegung“ (Hamas) ist weder gewalttätiger noch grausamer als viele andere Befreiungsbewegungen, die es gibt und gab. Das Etikett „Terroristen“ ist belanglos. Für den südafrikanischen Apartheidstaat war auch Nelson Mandela ein Terrorist.
Nochmals: Wer es ungehörig und unerträglich findet, wenn in Bezug auf Palästinenser von Widerstand und Befreiung gesprochen wird, verfolgt seine eigenen politischen Ziele und ist an nüchterner Wahrheit nicht interessiert.
Die israelische Propaganda versucht nicht nur, terroristischen Reaktionen auf israelische Unterdrückungspolitik als grundlos und willkürlich darzustellen, sie will die Gegner des real existierenden Zionismus auch dämonisieren und entmenschlichen. In den westlichen Medien gelingt das leider nur zu gut.
Vieles, was über die Gewalttaten vom 7. Oktober berichtet wurde, hat sich als unwahr erwiesen. Vieles weitere dürfte das noch, wenn es denn genauer untersucht würde. Die abgeschlachteten Säuglinge etwa waren wohl ein Gräuelmärchen. Vermutlich ebenso die Behauptungen von Vergewaltigungen. Jedenfalls darf der israelischen und israelhörigen Berichterstattung nicht getraut werden, zu oft schon wurde von dieser Seite nachweislich gelogen.
Kaum verbreitet wurde die Nachricht, dass Opfer der Anschläge erzählten, dass sie von den Terroristen, während sie vorübergehend in deren Gewalt waren, gut behandelt wurden ― und dass israelische Sicherheitskräfte beim Versuch der „Befreiung“ von Festgehaltenen dermaßen rücksichtslos auf alles gefeuert hätten, dass dabei auch Geiseln starben.
Ob die entführten Israelis leben oder sterben, scheint die israelische Regierung nicht zu interessieren. Oder sollen bei den massiven Bombardements des Gazastreifens wie durch ein Wunder nur „Terroristen“ (und ganz, ganz wenige Zivilisten), aber keine Geiseln umkommen?
Als besonders abscheulich wurde dargestellt, dass die Terroristen ein friedliches Musikfestival überfallen und Besucher dieser Veranstaltung getötet hätten. Ohne die Taten im mindesten zu rechtfertigen, darf man doch auf die Perversität verweisen, eine gigantische Technoparty gleich neben dem zu veranstalten, was manche das größte Freiluftgefängnis der Welt genannt haben: dem Gazastreifen.
Sechs Monate ist der palästinensische Überfall auf von Israel beanspruchtes Gebiet jetzt schon her. Es ist nicht recht verständlich, dass die außerordentliche israelische Reaktion, die zu massenhaftem Tod und massiver Zerstörung im Gazastreifen geführt hat, immer noch andauert und immer noch nicht das proklamierte Ziel der „Vernichtung der Hamas“ erreicht haben soll. Es scheint also um ein anderes Ziel zu gehen. Durch Bombardierung, Erschießungen, Hunger und medizinische Unterversorgung sollen so viele Palästinenser wie möglich sterben. Der Rest soll nach Möglichkeit vertrieben werden.
Völkermord ist nur konsequent innerhalb der zionistischen Zielvorgabe, einen von Nichtjuden freien Staat zu schaffen.
Beim israelischen Vorgehen geht es nicht um „Selbstverteidigung“. Um sich zu verteidigen, muss man keine Unbewaffneten, keine Kinder töten.
Man darf die ungeheuren Verbrechen, die Israel in den letzten sechs Monaten im Gazastreifen (und anderswo) begangen hat, niemals vergessen. Ob man sie dem jüdischen Volk je vergeben kann, müssen spätere Generationen beurteilen. ― Ja, ich sage „jüdisches Volk“, denn obwohl es erfreulich viele Juden und Jüdinnen gibt, die einzeln oder in Vereinigungen gegen das Unrecht, das auch in ihrem Namen begangen wird, protestieren, hört man nichts von den jüdischen Gemeinden in aller Welt. Während bei jedem als islamistisch geltenden Anschlag immer wieder völlig unbeteiligte Muslime aufgefordert werden, sich schleunigst zu „distanzieren“, während der Islam unter den Generalverdacht gestellt wird, eine gewalttätige Religion zu sein, ist es unmöglich an einen Zusammenhang von jüdischer Religion und mörderischer Gewalt auch nur zu denken (obwohl die Bibel da etwas anderes erzählt). Die jüdischen Gemeinden machen sich durch ihre Unterstützung oder ihr Schweigen zu Komplizen von Terror, Kriegsverbrechen und Völkermord. Daran wird man sie erinnern müssen.
Komplizen sind auch alle Nichtjuden und Nichtjüdinnen, die schweigen oder zustimmen. Manche gehen sogar so weit, gegen jeden zu hetzen, der versucht die Wahrheit zu sagen, wenn ihnen diese Wahrheit nicht passt. Sie erzählen oft ihre eigene Geschichte vom „Nahostkonflikt“, in dem die Palästinenser seit Jahrzehnten völlig grundlos gegen die völlig unschuldigen Israelis kämpfen und die ihnen angebotenen Lösungen immer wieder ausschlagen. Sie leugnen strikt Apartheid und Unterdrückung. für sie ist Israel eine musterhafte mit tollen Stränden und einem aufregenden Nachtleben. Die Realität in Gaza und dem Flickwerk des der „Autonomiebehörde“ teilunterstellten „Bantustan“ interessiert sie nicht. Mit ihrer bedenkenlosen Solidarität mit Israel versuchen sie vermutlich, die Beteiligung ihrer Groß- und Urgroßeltern an der Schoah symbolisch ein bisschen auszugleichen.
In der BRD wird „Israelkritik“ zu „Israelfeindschaft“ umdefiniert und diese zu Antisemitismus und dem Wunsch nach millionfachem Mord umgedeutet. Wer vom Leid der Palästinenser spricht, gilt fast schon als Nazi.
Das Gerede „israelbezogenen Antisemitismus“ ist ein zionistischer Propagandatrick. Nochmals: Man kann Israel und den Zionismus von Grund auf ablehnen, ohne deshalb auch nur im geringsten judenfeindlich zu sein. Es mag „Antizionismus“ geben, der judenfeindlich motiviert ist, aber daraus folgt nicht, dass man zionistisch oder prozionistisch agieren muss, um nur ja nicht judenfeindlich zu sein.
Die Angst vor „Antisemitismus“ (also Judenhass) ist in der BRD so groß, dass sie längst ins Hysterische gekippt ist. „Antisemitismus“ gilt als etwas, wovon man befallen sein kann, ohne dass es einem bewusst ist. Wie ein Virus, mit dem man sich infiziert hat, ohne es zu merken. Und dieser Virus wird anscheinend durch (auch immateriellen) Kontakt übertragen. Überall kann er lauern. Er wird aus vorauseilender Panik auch dort gefunden, wo er nicht ist (vgl. z. B. Dokumenta-Skandal), also weit häufiger unterstellt als sachlich erwiesen. Dazu werden Definitionen absurd weit gefasst. Bald ist es so weit, dass gilt: „Du sagst, du bist kein Antisemit? Warum sagst du das? Das ist verdächtig. Also bis du einer!“ ― Unterdessen bleibt im Wahn von Antisemitismus-Schnüffelei und Gedenkgerede echte Judenfeindschaft unangetastet.
In der BRD gilt es bereits als verfassungsfeindlich, wen man öffentlich „From the river to the see“ äußert, man braucht „Palestine will be free“ gar nicht mehr hinzuzusetzen. Auch die Forderung „Free Palestine“ gilt als Anschlag auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung und hat Demonstrationsverbote und Strafanzeigen zur Folge. Freheit ja, aber doch nicht für die.
Die BRD isoliert sich auch im akademischen Diskurs immer mehr. Die hysterische Feindschaft gegen renommierte Denkerinnen wie Judith Butler (und neuerdings Nancy Fraser) ist ebenso dumm wie lächerlich. Sie schadet der intellektuellen Auseinandersetzung. Man kann und darf verschiedener Meinung sein, aber die Ächtung jeder Kritik an israelischen und zionistischen Positionen ist ein Akt der Vernichtung von Diskussionsmöglichkeiten und dient nur dem Schüren von Konflikten, nicht deren Lösungen.
Man darf nicht aufrechnen. Jeder einzelne Tote ist für sich genommen betrauernswert. Zahlen und Zahlenverhältnisse existieren aber. Bei den Anschlägen vom 7. Oktober kamen 859 israelische Zivilisten (und 322 Soldaten und 58 Polizisten) ums Leben. Durch den israelischen Krieg gegen die Bevölkerung des Gazastreifens starben seither Zehntausende. Ob 40.000 oder 50.000 oder mehr, ist schwer zu sagen. (Den israelischen Angaben glauben die westliche Medien aufs Wort, palästinensische gelten als „nicht überprüfbar“.) Die Fernsehbilder von den Zerstörungen der Gebäude und vom unsäglichen Leid der Menschen sprechen allerdings für sich.
Der Wille, möglichst viele zu töten, macht auch vor humanitären Helfern nicht Halt. Die Mitarbeiter von „World Central Kitchen“ wurden gezielt gejagt und getötet. Der israelische Premier konnte sein Lachen kaum unterdrücken, als er den „Fehler“ in eine Fernsehkamera hinein „bedauerte“. ― Den Menschen in Gaza auch nur ein wenig beim Überleben zu helfen, ist ganz gegen das, was Israel will. In dieser Logik können Helfer ruhig sterben.
Nur Ausrottung und Vertreibung sind innerhalb der zionistischen Logik eine Lösung. Denn selbst wenn es gelänge, alle jetzigen Mitglieder der „Islamischen Widerstandsbewegung“ (Hamas) zu töten ― solange es Palästinenserinnen und Palästinenser gibt und der Staat Israel existiert, der sie entwürdigt, entrechtet, beraubt, foltert und tötet, solange werden immer neue „Terroristen“ heranwachsen, Kämpfer und Kämpferinnen gegen das Unrecht.
Man darf es nicht sagen, aber biblisch gesprochen stehen einander David und Goliath gegenüber. Die Palästinenser und die unmoralischste Soldateska der Welt. Es steht zu befürchten, dass die Geschichte diesmal anders ausgeht als in der Bibel.
Dienstag, 2. April 2024
Die armen Tesla-Schnösel
Beiläufig und mit wenig Interesse lese ich, dass es Leute gibt, die in den letzten Jahren für erstaunlich viel Geld Elektroautos der Marke „Tesla“ gekauft hatten, sie derzeit wieder loswerden wollen und missvergnügt feststellen müssen, dass sie ihnen kaum jemanden abkaufen möchte, und wenn, dann nur zu einem unangenehm niedrigen Preis. Das liege an Elon Musk und seinem schlechten Ruf, der auch auf die Waren von „Tesla“ zurückschlage.
Ach, was für ein Schicksal! Die armen Reichen sind ehrlich überrascht. Das hätten sie nicht gedacht. Sie hatten sich ja ohnehin nicht ein chic überteuertes E--Fahrzeug zugelegt, weil sie ― was ja auch absurd gewesen wäre ― Elektromobilität für nachhaltig und umweltfreundlich gehalten hätten, sondern weil sie Angeber waren, die für ihren Wohlstand und ihr fortschrittliches Modebewusstsein bewundert und beneidet werden wollten. Und nun das. Sie werden bestraft, obwohl sie nichts richtig gemacht haben. Buhuhu, Immer trifft es die Falschen.
Ach, was für ein Schicksal! Die armen Reichen sind ehrlich überrascht. Das hätten sie nicht gedacht. Sie hatten sich ja ohnehin nicht ein chic überteuertes E--Fahrzeug zugelegt, weil sie ― was ja auch absurd gewesen wäre ― Elektromobilität für nachhaltig und umweltfreundlich gehalten hätten, sondern weil sie Angeber waren, die für ihren Wohlstand und ihr fortschrittliches Modebewusstsein bewundert und beneidet werden wollten. Und nun das. Sie werden bestraft, obwohl sie nichts richtig gemacht haben. Buhuhu, Immer trifft es die Falschen.
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