A.
Ist der Mensch gut oder schlecht?
B.
Falsche Frage. „Den Menschen“ gibt es nicht.
A.
Meinetwegen. Sind die Menschen gut oder schlecht?
B.
Was soll das heißen „gut sein“? Gott allein ist gut. (Lk 18,19).
Menschen tun Gutes oder Böses. Sie sind weder gut noch böse.
A.
Aber man sagt doch: Der hier ist ein guter Mensch, der dort ein
schlechter.
B.
Wenn man damit meint: Der hier tut Gutes, also ist er gut, der dort
tut Böses, also ist er schlecht, dann mag das als façon de parler
durchgehen. Wenn aber gemeint ist: Der hier ist gut, darum tut er
Gutes, der hier ist schlecht, darum tut er Böses, dann klingt mir
das zu sehr nach Prädestination.
A.
Vorherbestimmung zum Guten oder Bösen, zu Himmel oder Hölle.
B.
Ja. Das ist zum Beispiel im US-amerikanischen Denken fest verankert. „Unsere
Tochter ist ein guter Mensch“, sagten die Eltern der Foltererin von
Abu Ghraib, Lynndie England, „die macht solche Sachen nicht.“ Die
Vorstellung, Menschen seien gut oder böse und handelten
entsprechend, ist unsinnig und die Voraussetzung von üblen
soziobiologischen Phantasien (als säkularisierte
Prädestinationslehren): Anhand der Gene den Charakter eines Menschen
festzustellen und seine Handlungen vorhersagen zu können. Einmal
Dieb, immer Dieb, einmal erfolgreicher Geschäftsmann, immer
erfolgreicher Geschäftsmann.
A.
Aber ich wollte ja eigentlich darauf hinaus, ob die Menschen
insgesamt eher gut oder schlecht sind, also meinetwegen eher Gutes
tun oder Böses.
B.
Das sieht man doch. Man kann es am Zustand der Welt ablesen. Es gibt
Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung, es gibt Hunger, Krieg und
vermeidbare Krankheiten, es gibt Unterdrückung und Untertanengeist.
A.
Also sind Menschen tendenziell eher schlecht, weil sie viel
Schlechtes tun?
B.
Keineswegs. Jeder einzelne und alle zusammen können Gutes tun oder
Böses. Es ist ihre Entscheidung. Oft stehen dem Bedingungen
entgegen, gesellschaftliche Verhältnisse, die dazu verleiten, Böses
zu tun oder zuzulassen. Aber im Grunde seines Herzens kann jeder
Mensch sich entscheiden. Er muss sich allerdings frei machen von
Vorurteilen und Ängsten, Ressentiments und Haltungen wie Gier, Neid,
Trägheit.
A.
Und Gene oder psychische Prägungen oder sozioökonomische Zwänge
machen die Menschen nicht prinzipiell unfrei? Sie können trotzdem
Gutes tun wollen?
B.
Jeder kann sich jederzeit für das Gute entscheiden. Gott fordert uns
auf, Gutes zu tun und Böses zu lassen. Es wäre absurd, wenn er von
uns etwas forderte, was wir gar nicht tun können.
A.
Aber wir sündigen trotzdem.
B.
Weil wir frei sind, das Gute oder das Böse zu wählen, können wir
auch sündigen, ja. Die Menschen sind schwach und neigen zur Sünde.
Darum braucht der Mensch Gott. Dass der Mensch Gutes tun und Böses
lassen kann und dass er Gutes tut, ist Wirkung von Gottes Gnade.
A. Kann man also sagen: „Der Mensch ist gut, weil Gott ist gut ist“?
B.
Wenn das im Sinne des bisher Gesagten gemeint ist, dann meinetwegen. Ich zöge freilich vor: „Der Mensch kann Gutes tun, weil Gott ist gut ist.“
A.
Bleibt noch die Frage, was es heißt, Gutes zu tun.
B.
Ja.
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