Das staatliche
(oder private, vom Staat reglementierte) Gesundheitssystem ist eine
wunderbare Einrichtung, wenn es funktioniert, in reichen Ländern
naturgemäß besser als in armen, denn es rettet Leben, und das ist
gut so, aber auch dann, wenn alle Teile der Bevölkerung einigermaßen
gleichen Zugang zu Behandlung und Medikamenten haben, ohne sich
gleich maßlos verschulden zu müssen, bleibt der Staat, der das
fördert, ein Staat und ist als solcher böse. Zweck des modernen
Staates ist die Sicherstellung von Ausbeutung, Zerstörung und
Verdummung, das Reicherwerden der Reichen und das In-Schach-Halten
der Armen. In den Gesellschaften des globalen Nordwestens wird dazu
die Mittelschicht mit dem Zuckerbrot des relativen Wohlstandes und
der Peitsche von Abstiegsangst und Sinnlosigkeit gefügig gemacht.
Hedonistischer Konsumismus und individualistischer Konformismus
gehören zusammen. Der Staat ist also, klassisch formuliert, nach wie
vor ein Instrument der Klassenherrschaft. Manche profitieren von ihm.
Viele nicht. Moralisch gesehen niemand.
Trotzdem
gibt es, gerade in der Krise, Leute, die dem Staat unbedingt
vertrauen und von ihm Rettung erwarten. Was dieselben Politiker, die
sich sonst als Schwätzer und leicht zu korrumpierende Handlanger von
Wirtschaftssinteressen erweisen, plötzlich zu klugen Ratgebern und
legitimen Bestimmern über Tun und Lassen machen soll, ist freilich
unerfindlich.
„Seid
solidarisch und bleibt zu Hause“, fordert der Staat. Dass das
paradox ist, fällt sogar einer Frau Merkel auf. Ohnehin klingt es
obszön, wenn eine Politikerin, die sonst Tag für Tag die
Entsolidarisierung und Segmentierung der Gesellschaft vorantreibt,
von „Solidarität“ spricht.
Die
Verminderung von Sozialkontakten soll Leben retten, glauben viele.
Das ist Unsinn. Es geht darum, die Zahl der Neuinfektionen langsamer
ansteigen zu lassen: die berühmte „Abflachung der Kurve“.
Krankheit und Gesundheit, Leben und Tod sind Zahlen, die sich zu
einer Statistik (von nlat. status „der Stand, der Staat“) fügen,
die, als Diagramm anschaulich gemacht, die Realität weniger abbildet
als vorgibt. Die absoluten Zahlen der Infektionen und Toten bleiben
in diesem Modell gleich. Es wird also keineswegs, wie das Gerede
besagt, „das Virus gestoppt“, noch werden „Leben gerettet“.
Es geht nur darum, die Zahl derer, die in Krankenhäusern behandelt
werden, auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, weil ansonsten
womöglich die Kapazitäten an Personal, Betten und Geräten nicht
ausreichen. Dann sterben Menschen voraussichtlich nicht wegen der
Pandemie, sondern wegen des überlasteten Gesundheitssystems.
Der
Staat „schützt“ also niemanden vor dem Virus und dem Tod durch
Erkrankung ― zumal es kein Heilmittel gibt, die Behandlung in den
Krankenhäusern also allenfalls Symptome lindern und das Sterben,
wenn es denn ansteht, hinauszögern kann. Er will nur vor den
zusätzlichen Toten „schützen“, die das von ihm unterhaltene
Gesundheitssystem produziert. Zu Recht weisen Kritiker darauf hin,
dass die neoliberale Logik, wonach Krankenhäuser Betriebe sind, die
Profit erwirtschaften müssen, erst zu einer Ausdünnung und
Unterbezahlung des ärztlichen und pflegerischen Personals geführt
hat, die sich nun, in der „Krise“ rächt.
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