Freitag, 22. November 2019

Unterwegs (10)

An der Bushaltestelle stand vor mir ein junger Mann, dessen Hinterbacken, den Hosenstoff modellierend, eine perfekte Kurve beschrieben, die allerdings empfindlich gestört wurde durch das in die Gesäßtasche gesteckte Mobiltelephon. Scheißdinger.

Freitag, 15. November 2019

Upskirting

Künftig soll es, lese ich, in der BRD verboten sein, Frauen ohne deren Erlaubnis unter den Rock oder das Kleid zu photographieren. Eine feministische Errungenschaft! Ein weiteres Sonderrecht für Frauen, Zementierung der matriarchalen Ungleichberechtigung. Dabei wäre Schutz der Intimität auch ohne Justizapparat zu haben. Wenn Frauen sich nicht wie Sex-Objekte anzögen, würden sie auch nicht wie Sex-Objekte behandelt. Auch hier also wäre die Burka eine praktikable Lösung.

Samstag, 9. November 2019

Notiz zum „Mauerfall“

Beim Wiedersehen der 30 Jahre alten Fernsehbilder stelle ich fest, dass mir die hysterischen Wahnsinn-Wahnsinn-Wahnsinn-Schreier so unsympathisch sind wie damals. Ja, sie konnten plötzlich in den Westen. Na und? Die SED hatte eines wesentlichen Repressionsmittel aus der Hand gegeben. Doch bis 1961 hatte es in Berlin bekanntlich gar keine Mauer gegeben. Viele Menschen nutzten das, um die SBZ oder die DDR zu verlassen. Aber viel, viel mehr Menschen taten das nicht. Im Gegenteil. Sie blieben wo sie waren und machten mit. Jahre- und jahrzehntelang dienten sie auf die eine oder andere Weise dem Regime. Jeder sechste Erwachsene war SED-Mitglied. Fast alle plapperten im vorgegeben Jargon, katzbuckelten vor der Macht, winkten und jubelten, wo zu winken und jubeln war. Dass der Konformismus erzwungen war, ändert nichts daran, dass viele im Herzen angepasst waren. Über eine halbe Million Menschen fungierten als Stasi-Spitzel. Heute schwärmt man von der gegenseitigen Hilfsbereitschaft, damals wusste man, ein falsches Wort gegenüber der richtigen Person, und du gehst in den Knast. Heute ist viel vom „Mut“ der DDR-Bürger die Rede. Ich verstehe nicht, worin der bestanden haben soll. Lange Zeit waren sie Mitläufer und Mittäter (die Zahl der Oppositionellen fiel kaum ins Gewicht). Als andere auf die Straße gingen, gingen sie mit. Ihre Parolen wurden zügig dümmer. Ihr Ziel war rasch Westmark und Konsumfreiheit. Der Untertan verachtet die Macht, die ihm nichts mehr antun kann. Vielleicht ist das eine Ursache für die ostdeutsche Melancholie: Sie hatten ihre Unterdrückung geliebt, dann verloren und können jetzt nicht zugeben, dass sie sie je geliebt haben. Dafür muss es Schuldige geben. Die Fremden und die, die ― wie ich ― ohne Respekt für die „Lebensleistung“ (Speichellecken, Heucheln, den Betrieb beklauen, Denunzieren ...) der Ossis sind. Beim Wiedersehen der alten Fernsehbilder fällt mir das alles wieder ein.

Freitag, 8. November 2019

Haltet mich für zimperlich, aber für mich ist schon das Wort „Ausländerbehörde“ ein Hassverbrechen.

Mittwoch, 6. November 2019

Meinungsfreiheit

Ich habe dir zugehört. Du redest Scheiße. Das ist nicht nur so ein Gefühl von mir, ich habe Argumente dafür. Darum wäre es mir lieber, wenn du die Fresse hieltest. Wenn du jetzt beleidigt bist, mach das bitte mit dir selber aus.

Dienstag, 5. November 2019

Burka!

Über den „Islamischen Staat“ kann und muss man gewiss viel, sehr viel Schlechtes sagen. Aber auf den rezenten Fernsehbildern von den Lagern von IS-Angehörigen sah ich keine einzige hässliche Frau. Was selbstverständlich daran lag, dass alle Frauen völlig verhüllt waren. Mit anderen Worten, es ist nicht alles schlecht am Islamismus.

Montag, 4. November 2019

Zu Handke

Ja, sicher, das Problem ist ein Schriftsteller, der nicht dem antiserbischen Narrativ folgt, und das Problem sind nicht etwa die Politiker und Manager, die mit menschenverachtenden Diktaturen (China, Russland, Saudi-Arabien usw. usf.) Geschäfte machen.

Samstag, 2. November 2019

Notizen aus Thüringen

In Thüringen verstehen sie was von Würsten. Von Bier nicht. Jetzt versteh ich Nietzsche besser.

Den Jammer-Ossi gibt es wirklich. Ich bin ihm begegnet. Mehrfach. Als Männchen und Weibchen. Schlechte Laune als Grundhaltung zur Mitwelt. Und am Dauerwinter des eigenen Missvergnügen muss ja jemand anderer schuld sein. Ein Beispiel von vielen: Der Führer im Romantikerhaus zu Jena, der seiner Gruppe erlärte, nach der Wende sei er an der Universität entlassen worden, von 30 Professoren seien 29 aus dem Westen gekommen, er habe dann statt Studenten unwillige Schüler am Gymnasium unterrichten müssen – und das alles zusammenfasste in der Wendung „Das war ein ganz schöner Knacks in meiner Biographie“. Das Ressentiment derer, die brav und angepasst gewesen waren und das Pech hatten, dass ihr geliebter Unrechtsstaat implodierte.

Jammer-Ossi. Beispiel 2. Bei dem Taxifahrer, von dem ich am ersten Abend in Weimar vom Bahnhof zum Hotel gefahren worden war, und der mir in breitestem „Thüringsch“ erklärt hatte, ich könne mal froh sein, dass er noch vorbeigekommen sei, eigentlich habe er schon nach Hause fahren wollen, stieg ich am nächsten Abend an derselben Stelle zufällig wieder ein. Wieder breitester Dialekt, erst nach zweimaliger Nachfrage verstand ich, dass er außer der Adresse, die ich ihm gesagt hatte, auch das Hotel erfragte. Er habe mich doch gestern schon gefahren, sagte ich. Daran könne er sich nicht erinnern, sagte er. Klar, er fährt jeden Abend einen Österreicher vom Bahnhof zum Frauenplan. Durch hartnäckige Konversation, bei der er meinem Wiener Charme zunächst immer mit „thüringscher“ Widerrede konterte, gelang es mir, ihn etwas aufzutauen, bis er am Zielort sogar lachte. – Was ist das nur für eine Haltung zu Beruf, Kunde, Leben, erst einmal schlecht gelaunt im eigenen Saft zu schmoren? So konnte das mit dem Sozialismus nix werden: Hamwa nich, jibt es nich, kommt ooch nich rein. Ich hätte gern gefragt, ob’s in der DDR auch Taxen gab, fürchtete mich aber vorm Affekt der möglichen Antworten: So'n bourgeoisen Kram hatten wir hier früher nicht. Oder: Was denken Sie denn, dass wir wie Affen auf den Bäumken hockten?

Jammer-Ossi. Beispiel 3. Dem Taxifahrer, der mich in Jena vom Bahnhof zur Oberlauengasse brachte, stand am Rand des Marktplatzes ein Lieferwagen etwas im Wege. Männer, die nicht blond und blauäugig waren, luden dort etwas aus oder ein. „Diese Kuruzzen überall!“, brüllte der Taxler. Na hören Sie mal, sagte ich, was sind denn das für Ausdrücke. „Wieso, kann man doch sagen, das Wort gibt's doch Stimmt, aber außerhalb von historischen Darstellungen der antihansburgischen Aufstände des 17. Jahrhunderts war es mir noch nie begegnet. Schon gar nicht als Synonym für Kümmeltürken, Kameltreiber oder andere rassistische Beschimpfungen. Von Thüringen lernen, heißt brutal granteln lernen.

Und dann war da noch die (nicht-thüringische) Frau, die im Frühstücksraum von ihrem Bekannten Karim erzählte, einem syrischen Flüchtling, der einmal seinen Bruder in Dresden besucht habe und spaßeshalber bei einer PEGIDA-Demo unerkannt mitmarschiert sei. „Es war ihm ein innerer Reichsparteitag.“ – Deutsche, achtet auf eure Redewendungen!

Einer der sympathischsten und faszinierendsten Thüringer, die mir in Weimar begegneten, war unser Führer durch die Gedenkstätte Buchenwald. Ein rüstiger Rentner, der anschaulich und nachdrücklich sprach, sich nur selten wiederholte und mit Bedacht versuchte, die Besucher einzubeziehen. Als er einmal erzählte, er habe als Kind Männer in Schlafanzügen auf dem Feld Kartoffeln klauben sehen und seinem Vater davon berichtet, der ihn aufklärte, die „Schlafanzüge“ seien Kazettkleidung gewesen, wurde mir abrupt klar, dass der Guide etwa 80 Jahre alt sein musste (etwas jünger als meine Eltern!) und dass das Grauen nicht in ferner Vergangenheit stattfand, sondern gleichsam gestern.

Über die Oberlippenbärte hab ich noch gar nichts gesagt. Davon sind mir in Thüringen einige begegnet. Viele. Zu viele. Vor allem bei Männern. Ich will nicht gleich von Schnäuzern sprechen, aber von ostentativem Bartwuchs zwischen Nase und Oberlippe. Das ist sooo ossimäßig. Na ja, darum wohl.

Freitag, 1. November 2019

Über Hass

Man kann es auch so sehen: Wenn Politiker und Journalisten nicht so oft so hassenswert dumm und niederträchtigt wären, würden sie auch nicht so oft gehasst.
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Dass der Pöbel oft die falschen Leute oder aus falschen Gründen hasst, spricht nicht gegen den Hass, sondern gegen den Pöbel und seine Dummheit und Niedertracht.