Sonntag, 29. November 2015

Notiz im Advent (1)

Gott passt nicht mehr in unsere Zeit. So scheint es jedenfalls, und man kann sich auf zwei Weisen dazu verhalten. Zum einen kann man Gott die Schuld geben und ihn verwerfen, weil die Zeit eben ist, wie sie ist, und Vorrang hat. Was nicht zeitgemäß ist, ist überflüssig. Was nicht mehr zu uns passt (wer auch immer wird sind, wer wir sind, und warum auch immer wir sind, wie wir sind), das Unpassende also, das sich nicht anpassen kann oder will, muss weg. Oder aber man sagt: Wenn Gott und Zeit nicht mehr zusammenpassen, dann muss die Zeit sich ändern.
Wem Gott mehr ist als irgendein Begriff, nämlich ein Name für eine echte persönliche Erfahrung, nicht bloß eine Erfahrung mit Leuten, die behaupten, an Gott zu glauben, sondern eine eigene Erfahrung des Göttlichen, wer also je wirklich mit Gott zu tun hatte, der wird ihn nicht lassen wollen. Wer aber mit Gott nie etwas zu tun hatte, ist niemand, dem ein Urteil zusteht.
Erschreckend viel kann über Gott gesagt werden, was Unsinn ist. Aber nur darauf kommt es an, Gott als den Sinn von allem zu erleben.
Die Zeiten sind nicht gut. Diese Zeit, wie bisher jede Zeit, ist übel. So viele Menschen führen äußerlich und innerlich beschädigte Leben. Viele leiden an Verhältnissen, die eine Schande sind (Hunger, Elend, Ausbeutung, Krieg, vermeidbare Krankheiten, Unbildung, Verdummung usw. usf.) Viele leiden an der Bosheit ihrer Mitmenschen. Manche leiden am eigenen Unvermögen. Allen fehlt etwas, ob sie es wissen oder nicht. Und selbst wenn sie alles hätten, was man überhaupt haben kann, wenn alle Sorgen abgeschafft und eine glückliche Gesellschaft hergestellt wäre — wozu das alles?
Ohne Gott ist alles sinnlos. Denn ohne ihn ist diese Welt nur ein Haufen Elend (mit allenfalls ein wenig Glück ab und zu). Die Menschen schicken sich nicht an, den Haufen zu verringern. Für jedes bisschen Elend, das sie beseitigen, schaffen sie ein neues, womöglich größeres. Doch selbst wenn morgen alles Elend verschwände, es bliebe das Elend, das gewesen ist. Es blieben das Unglück der Vergangenheit und der Tod.
Ohne Gott kann nichts gut werden. Nichts, was ist, und nichts, was war. Die Zeiten müssen sich ändern. Diese Zeit muss sich ändern. Wir müssen uns ändern. Wenn Gott nicht mehr in unsere Zeit zu passen scheint, dann umso mehr.

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