Was jemand getan hat,
ist eine Sache. Was behauptet wird, dass er es getan habe, eine andere.
Leider wird in der Öffentlichkeit das eine mit dem anderen oft umstandslos
gleichgesetzt. Nun behaupte ich gar nicht, der und der habe das Behauptete nicht
getan oder es sei ihm nicht zuzutrauen. Darum geht es gar nicht. Es geht
darum, dass nicht einfach jeder Vorwurf schon deshalb als Tatsache
gelten darf, weil er erhoben wird. Sonst droht Realitätsverlust.
Im Journalismus gelten zwar andere Regeln als im Justizwesen, in dem bekanntlich jeder als unschuldig zu gelten hat, bis seine Schuld bewiesen und gerichtlich festgestellt wurde. Aber auch bei Journalisten und Journalistinnen sollte es eigentlich üblich sein, Tatsachenbehauptungen zu belegen. Leider wird darauf gerne verzichtet.
Ob die anzügliche Bemerkung, die Frau Himmelreich Herrn Brüderle vorwirft, tatsächlich so geäußert wurde, wie sie es behauptet, können nur Himmelreich und Brüderle wissen — und womöglich sind sie, was den Wortlaut und seine Bedeutung betrifft, verschiedener Meinung. Korrekt wäre es, den Vorwurf Belästigung objektiv zu belegen, durch Zeugen bestätigen zu lassen und dem angeblichen Belästiger die Möglichkeit zu geben, sich zum Vorwurf zu äußern.
Stattdessen hat man beim „Stern“, für den Frau Himmelreich arbeitet, ein ganzes Jahr gewartet, bis man den angeblichen Vorfall publik machte. Für besonders dringlich befand die Redaktion die Sache also nicht, aber als jetzt, weil Brüderle auch sonst viel mediale Aufmerksamkeit bekam, die Gelegenheit günstig war, nutzte man sie, um öffentlichkeitswirksam ein bisschen Schmutzwäsche zu waschen. Wer solchen Journalismus mies nennt, drückt sich noch höflich aus.
Falls Herr Brüderle Frau Himmelreich belästigt hat, ist das übel. Übler finde ich die Politik der FDP. Für die sollte Herr Brüderle mehr als für anderes verachtet werden. Dass Frau Himmelreich sich nicht an Ort und Stelle gewehrt zu haben scheint, sondern sich ein Jahr später von ihrer Redaktion instrumentalisieren lässt, zeigt, wie verlogen der gesellschaftliche Umgang mit Sexismus tatsächlich ist.
Der Trittbrettfahrerinnen und Trittbrettfahrer sind bei dem Thema erwartungsgemäß viele. Alle wollen jetzt immer schon etwas über die Übergriffigkeit von Politikern gegenüber Journalistinnen gewusst haben. Ich meinerseits bezweifle gar nicht, dass all diese üblen Dinge, von den jetzt die Rede ist, stattgefunden haben oder stattfinden hätten können. Ich wundere mich nur, welche Themen wann Konjunktur haben und warum niemand wirklich grundsätzliche Fragen stellt.
Stattdessen werden Klischees von Männern als dauergeilen Böcken und Frauen als verfolgten Unschuldslämmchen durchgehechelt. Das gefällt, weil es dem Selbstbild beider Geschlechter entspricht. Männer als Aufreißer und Frauen als Aufzureißende. Aktivität und Passivität sind dabei verteilt, wie es dem heterosexuellen Modell entspricht.
Wesentlich ist dabei das Dogma, dass das männliche Verhalten nie und niemals Reaktion auf weibliches Verhalten ist. Männer sind Schweine, Frauen sind Heilige. So etwas wie Aufreizung gibt es einfach nicht. Frau Himmelreich hätte sogar im Dirndl an der Hotelbar sitzen und ihre Oberweite auf dem Tresen ausbreiten können, jede Bemerkung von Herrn Brüderle über ihre Körperlichkeit wäre trotzdem blanker Sexismus gewesen.
Sexismusvorwürfe, wie sie üblicherweise geäußert und als Sexismusrealität genommen werden, bestätigen die bestehenden Verhältnisse. Männer sind gewissenlose Täter, Frauen ohnmächtige Opfer. Dass auch Frauen aktiv diese Verhältnisse befördern, indem sie permanent thematisieren, ob sie von Männern attraktiv gefunden werden oder nicht und ob ihnen das Recht ist oder lästig, davon soll keine Rede sein. Sich zum Begehrensobjekt zu stilisieren, um über das Begehren des (heterosexuellen) Anderen zu verfügen, ist allerdings eine Machtposition, die Frauen nicht aufgeben wollen. Darum müssen Abwertung, Belästigung und Vergewaltigung als Möglichkeit immer aufrufbar bleiben. Darum gilt Vorgeworfenes bereits als erwiesene Tatsache. Nur so kann sexuelle Differenz immer wieder als Machtungleichgewicht inszeniert werden.
Kurzum, ich bestreite nicht, dass es sexistisches Verhalten gibt. Aber ich halte es für entscheidend, darauf zu achten, wer die Definitionsmacht darüber besitzt, was Sexismus ist. Männer haben diese Macht offensichtlich nicht, außer sie borgen sie sich von Frauen.
Im Journalismus gelten zwar andere Regeln als im Justizwesen, in dem bekanntlich jeder als unschuldig zu gelten hat, bis seine Schuld bewiesen und gerichtlich festgestellt wurde. Aber auch bei Journalisten und Journalistinnen sollte es eigentlich üblich sein, Tatsachenbehauptungen zu belegen. Leider wird darauf gerne verzichtet.
Ob die anzügliche Bemerkung, die Frau Himmelreich Herrn Brüderle vorwirft, tatsächlich so geäußert wurde, wie sie es behauptet, können nur Himmelreich und Brüderle wissen — und womöglich sind sie, was den Wortlaut und seine Bedeutung betrifft, verschiedener Meinung. Korrekt wäre es, den Vorwurf Belästigung objektiv zu belegen, durch Zeugen bestätigen zu lassen und dem angeblichen Belästiger die Möglichkeit zu geben, sich zum Vorwurf zu äußern.
Stattdessen hat man beim „Stern“, für den Frau Himmelreich arbeitet, ein ganzes Jahr gewartet, bis man den angeblichen Vorfall publik machte. Für besonders dringlich befand die Redaktion die Sache also nicht, aber als jetzt, weil Brüderle auch sonst viel mediale Aufmerksamkeit bekam, die Gelegenheit günstig war, nutzte man sie, um öffentlichkeitswirksam ein bisschen Schmutzwäsche zu waschen. Wer solchen Journalismus mies nennt, drückt sich noch höflich aus.
Falls Herr Brüderle Frau Himmelreich belästigt hat, ist das übel. Übler finde ich die Politik der FDP. Für die sollte Herr Brüderle mehr als für anderes verachtet werden. Dass Frau Himmelreich sich nicht an Ort und Stelle gewehrt zu haben scheint, sondern sich ein Jahr später von ihrer Redaktion instrumentalisieren lässt, zeigt, wie verlogen der gesellschaftliche Umgang mit Sexismus tatsächlich ist.
Der Trittbrettfahrerinnen und Trittbrettfahrer sind bei dem Thema erwartungsgemäß viele. Alle wollen jetzt immer schon etwas über die Übergriffigkeit von Politikern gegenüber Journalistinnen gewusst haben. Ich meinerseits bezweifle gar nicht, dass all diese üblen Dinge, von den jetzt die Rede ist, stattgefunden haben oder stattfinden hätten können. Ich wundere mich nur, welche Themen wann Konjunktur haben und warum niemand wirklich grundsätzliche Fragen stellt.
Stattdessen werden Klischees von Männern als dauergeilen Böcken und Frauen als verfolgten Unschuldslämmchen durchgehechelt. Das gefällt, weil es dem Selbstbild beider Geschlechter entspricht. Männer als Aufreißer und Frauen als Aufzureißende. Aktivität und Passivität sind dabei verteilt, wie es dem heterosexuellen Modell entspricht.
Wesentlich ist dabei das Dogma, dass das männliche Verhalten nie und niemals Reaktion auf weibliches Verhalten ist. Männer sind Schweine, Frauen sind Heilige. So etwas wie Aufreizung gibt es einfach nicht. Frau Himmelreich hätte sogar im Dirndl an der Hotelbar sitzen und ihre Oberweite auf dem Tresen ausbreiten können, jede Bemerkung von Herrn Brüderle über ihre Körperlichkeit wäre trotzdem blanker Sexismus gewesen.
Sexismusvorwürfe, wie sie üblicherweise geäußert und als Sexismusrealität genommen werden, bestätigen die bestehenden Verhältnisse. Männer sind gewissenlose Täter, Frauen ohnmächtige Opfer. Dass auch Frauen aktiv diese Verhältnisse befördern, indem sie permanent thematisieren, ob sie von Männern attraktiv gefunden werden oder nicht und ob ihnen das Recht ist oder lästig, davon soll keine Rede sein. Sich zum Begehrensobjekt zu stilisieren, um über das Begehren des (heterosexuellen) Anderen zu verfügen, ist allerdings eine Machtposition, die Frauen nicht aufgeben wollen. Darum müssen Abwertung, Belästigung und Vergewaltigung als Möglichkeit immer aufrufbar bleiben. Darum gilt Vorgeworfenes bereits als erwiesene Tatsache. Nur so kann sexuelle Differenz immer wieder als Machtungleichgewicht inszeniert werden.
Kurzum, ich bestreite nicht, dass es sexistisches Verhalten gibt. Aber ich halte es für entscheidend, darauf zu achten, wer die Definitionsmacht darüber besitzt, was Sexismus ist. Männer haben diese Macht offensichtlich nicht, außer sie borgen sie sich von Frauen.
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