Ohne Advent kein Weihnachten, ohne Weihnachten aber auch kein Ostern. Gemeint ist damit selbstverständlich nicht der Rummel um Eier und Hasen, sondern die auf das Gedenken an Erniedrigung und Tod folgende Feier der Auferstehung. Ohne Advent also keine Erlösung. Dann freilich bleibt die Schuld bestehen, wird immer mehr und mehr, staut sich gewaltig auf, bis alle Dämme bersten und die Welt in einer Flut des Bösen untergeht.
Wer hinsieht, wird bemerken: Die Dämme lecken schon bedenklich. Wer sich nichts vormacht, kann erkennen: Die Welt ist schlecht. Aber all das Schlechte in der Welt ficht die meisten Menschen nicht an, sie haben sich irgendwie darin eingerichtet. Auf verschiedene Weisen. Wer zum Beispiel sowas braucht, hat sich eine Ideologie zurecht gelegt, etwa den atheistischen Evolutionismus, der letztlich nichts erklärt, aber das wohlige Gefühl naturwissenschaftlich begründeten Rechthabens verleiht. Andere habe einfach beschlossen, dass Wichtigste im Leben sei, möglichst viel Spaß zu haben. Wieder andere geben sich bescheiden, wollen bloß halbwegs glücklich sein, mit Familie und Freunden, Einkommen, Gesundheit und Geborgenheit, Hobby und Urlaub. Dass ihr relatives Wohlergehen erkauft ist mit dem Elend und der Entrechtung der meisten Menschen in der übrigen Welt, geht die happy few in den westlichen Wohlstandsgesellschaften (und die gekauften Eliten anderswo) nichts an. Sie haben sich damit abgefunden, schauen weg oder spenden halt was, um ihr Gewissen zu beruhigen. Ein Zusammenhang zwischen ihrem Glück, der Sinnlosigkeit ihres Daseins und dem Unglück anderer besteht für sie nicht.
Schaffen Religionen da Abhilfe? Sollen sie das?
Viele meinen ja, alle Religionen wollten letztlich dasselbe. Was aber soll das sein? Die meisten Menschen, die sich nicht viele Gedanken über Ethik oder Moral machen mussten, würden auf Anfrage sagen, es komme im Leben darauf an, Gutes zu tun und Böses zu lassen. Damit haben sie völlig Recht. Diesem Grundsatz kann keine Religion etwas Relevantes hinzufügen, allenfalls ein paar Einfälle dazu, was denn nun gut und was denn nun böse ist. Was die Einzelheiten betrifft, wird es also wohl immer Diskussionen und einige Unsicherheiten geben, aber die universelle Regel ist klar: Tu Gutes und unterlasse Böses bedeutet, verhalte dich anderen gegenüber so, wie du wolltest, dass sie sich dir gegenüber verhielten, wenn du an ihrer und sie an deiner Stelle wären. Diese selbstverständliche Norm, die keiner weiteren Begründung bedarf, sondern jedem vernünftigen und unverdorbenen Menschen unmittelbar einleuchtet, nennt man bekanntlich die Goldene Regel und findet sie — wie letzten Sonntag schon erwähnt — etwa in Mt 7,12. Auch wenn sie dort von Jesus ausgesprochen wird, ist sie kein Monopol des Christentums. Die Besonderheit und Größe des Evangeliums kommt vielmehr in einer anderen Formulierung zum Vorschein.
Als Jesus von einem Pharisäer gefragt wird, was das wichtigste Gebot sei, antwortet er: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten. (Mt 22,34-40; vgl. Mk 12,25-28 u. Lk 10,25-28)
Die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe wäre, würde sie gelebt, die Besonderheit des Christentums. Gottesverehrung allein, ohne Liebe zu den Mernschen, ist gnadenloser Götzendienst. Nächstenliebe allein stößt an die Grenze des Todes und der unerlösten Schuld. Nur beide zusammen, nur beide in einem sind sinnvoll
Religionen haben nicht, wie manche meinen, die Funktion, moralisches Verhalten zu fördern. Was im Kern unwahr ist, kann auch nur zu einem letztlich unmoralisches Leben führen. Wenn es in den Religionen um nichts anderes ginge, als um die Bedürfnisse und Wunschvorstellungen der Menschen, wären sie im Grunde leer und, weil sie diese Leere verschleierten und von Wichtigerem ablenkten, böse.
Religiosität, verstanden als Offenheit ist für das Dasein Gottes und das Dasein der anderen Menschen, ist nur dann gut, wenn sie wahr ist, wenn es also das Dasein, das geglaubt wird, wirklich gibt. Ob aber geglaubt wird, erweist sich erst in der Praxis. Denn was ist Sünde? Ohne in der Theorie die Existenz anderer Menschen zu leugnen, handeln viele — sagen wir ruhig: zuweilen jeder von uns — so, als gäbe es nur sie, als wären nur ihre Bedürfnisse wichtig, als wären nur ihre Wünsche wert, durchgesetzt zu werden. Dasselbe Verfahren wenden sie auch auf Gott an, leugnen zuweilen aber praktischerweise auch noch in der Theorie dessen Existenz.
Wohin das alles führt und was daraus wird, ist nun freilich selbst wieder eine Frage des Glaubens. Soll man wirklich annehmen, es könne immer so weiter gehen? Kann aus all dem Schlechten von selbst etwas Gutes werden? Versinkt alles in Bosheit? Oder ist es nicht doch eher hoffenswert und glaubwürdig, dass da einer kommen wird, um alles zum Guten zu wenden und zur Vollkommenheit zu führen? Und kann das ein anderer sein als der, der schon alle Schuld auf sich genommen und alle Sünden vergeben hat? Maranatha!
Wer hinsieht, wird bemerken: Die Dämme lecken schon bedenklich. Wer sich nichts vormacht, kann erkennen: Die Welt ist schlecht. Aber all das Schlechte in der Welt ficht die meisten Menschen nicht an, sie haben sich irgendwie darin eingerichtet. Auf verschiedene Weisen. Wer zum Beispiel sowas braucht, hat sich eine Ideologie zurecht gelegt, etwa den atheistischen Evolutionismus, der letztlich nichts erklärt, aber das wohlige Gefühl naturwissenschaftlich begründeten Rechthabens verleiht. Andere habe einfach beschlossen, dass Wichtigste im Leben sei, möglichst viel Spaß zu haben. Wieder andere geben sich bescheiden, wollen bloß halbwegs glücklich sein, mit Familie und Freunden, Einkommen, Gesundheit und Geborgenheit, Hobby und Urlaub. Dass ihr relatives Wohlergehen erkauft ist mit dem Elend und der Entrechtung der meisten Menschen in der übrigen Welt, geht die happy few in den westlichen Wohlstandsgesellschaften (und die gekauften Eliten anderswo) nichts an. Sie haben sich damit abgefunden, schauen weg oder spenden halt was, um ihr Gewissen zu beruhigen. Ein Zusammenhang zwischen ihrem Glück, der Sinnlosigkeit ihres Daseins und dem Unglück anderer besteht für sie nicht.
Schaffen Religionen da Abhilfe? Sollen sie das?
Viele meinen ja, alle Religionen wollten letztlich dasselbe. Was aber soll das sein? Die meisten Menschen, die sich nicht viele Gedanken über Ethik oder Moral machen mussten, würden auf Anfrage sagen, es komme im Leben darauf an, Gutes zu tun und Böses zu lassen. Damit haben sie völlig Recht. Diesem Grundsatz kann keine Religion etwas Relevantes hinzufügen, allenfalls ein paar Einfälle dazu, was denn nun gut und was denn nun böse ist. Was die Einzelheiten betrifft, wird es also wohl immer Diskussionen und einige Unsicherheiten geben, aber die universelle Regel ist klar: Tu Gutes und unterlasse Böses bedeutet, verhalte dich anderen gegenüber so, wie du wolltest, dass sie sich dir gegenüber verhielten, wenn du an ihrer und sie an deiner Stelle wären. Diese selbstverständliche Norm, die keiner weiteren Begründung bedarf, sondern jedem vernünftigen und unverdorbenen Menschen unmittelbar einleuchtet, nennt man bekanntlich die Goldene Regel und findet sie — wie letzten Sonntag schon erwähnt — etwa in Mt 7,12. Auch wenn sie dort von Jesus ausgesprochen wird, ist sie kein Monopol des Christentums. Die Besonderheit und Größe des Evangeliums kommt vielmehr in einer anderen Formulierung zum Vorschein.
Als Jesus von einem Pharisäer gefragt wird, was das wichtigste Gebot sei, antwortet er: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten. (Mt 22,34-40; vgl. Mk 12,25-28 u. Lk 10,25-28)
Die Einheit von Gottes- und Nächstenliebe wäre, würde sie gelebt, die Besonderheit des Christentums. Gottesverehrung allein, ohne Liebe zu den Mernschen, ist gnadenloser Götzendienst. Nächstenliebe allein stößt an die Grenze des Todes und der unerlösten Schuld. Nur beide zusammen, nur beide in einem sind sinnvoll
Religionen haben nicht, wie manche meinen, die Funktion, moralisches Verhalten zu fördern. Was im Kern unwahr ist, kann auch nur zu einem letztlich unmoralisches Leben führen. Wenn es in den Religionen um nichts anderes ginge, als um die Bedürfnisse und Wunschvorstellungen der Menschen, wären sie im Grunde leer und, weil sie diese Leere verschleierten und von Wichtigerem ablenkten, böse.
Religiosität, verstanden als Offenheit ist für das Dasein Gottes und das Dasein der anderen Menschen, ist nur dann gut, wenn sie wahr ist, wenn es also das Dasein, das geglaubt wird, wirklich gibt. Ob aber geglaubt wird, erweist sich erst in der Praxis. Denn was ist Sünde? Ohne in der Theorie die Existenz anderer Menschen zu leugnen, handeln viele — sagen wir ruhig: zuweilen jeder von uns — so, als gäbe es nur sie, als wären nur ihre Bedürfnisse wichtig, als wären nur ihre Wünsche wert, durchgesetzt zu werden. Dasselbe Verfahren wenden sie auch auf Gott an, leugnen zuweilen aber praktischerweise auch noch in der Theorie dessen Existenz.
Wohin das alles führt und was daraus wird, ist nun freilich selbst wieder eine Frage des Glaubens. Soll man wirklich annehmen, es könne immer so weiter gehen? Kann aus all dem Schlechten von selbst etwas Gutes werden? Versinkt alles in Bosheit? Oder ist es nicht doch eher hoffenswert und glaubwürdig, dass da einer kommen wird, um alles zum Guten zu wenden und zur Vollkommenheit zu führen? Und kann das ein anderer sein als der, der schon alle Schuld auf sich genommen und alle Sünden vergeben hat? Maranatha!
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