Sonntag, 29. September 2024

Getrickse der Demokraten

Kann man anscheinend machen. Bringt aber nichts. Gestützt auf eine passend herbeigeführte verfassungsgerichtlichen Entscheidung, hat im Thüringer Landtag eine Mehrheit der Abgeordneten die Geschäftsordnung so geändert, dass auch andere als die stärkste Fraktion einen Kandidaten für das Amt des Landtagspräsidenten vorschlagen konnten. und daraufhin jemanden in besagtes Amt gewählt, dessen wichtigste Qualifikation es war, nicht von der AfD zu sein. Man hat, mit anderen Worten, durch rechtliches Herumgetrickse einen Landtagspräsidenten von der AfD verhindert.
Dabei scheint mir, einem juristischen Laien!, die Entscheidung des thüringischen Verfassungsgerichtes, die derlei erlaubt hat, höchst fragwürdig. In der vor der im Hauruckverfahren erfolgten Änderung der Geschäftsordnung hieß es in dieser nämlich ausdrücklich für die konstituierende Sitzung: „Nach Feststellung der Beschlussfähigkeit wählt der Landtag die Präsidentin beziehungsweise den Präsiden­ten, die Vizepräsidentinnen beziehungsweise Vizepräsi­denten und 18 Schriftführerinnen und Schriftführer und bil­det einen Petitionsausschuss nach § 70 a.“ (§ 1) Also Feststellung der Beschlussfähigkeit, dann Wahl. Das ist alles. Kein Wort von der Möglichkeit, dazwischen Anträge zu stellen und die Geschäftsordnung zu ändern. Nicht einmal eine Debatte darf vor den Wahlgängen stattfinden (lt. § 2). Die erste Sitzung unter Vorsitz des Alterspräsidenten findet ja überhaupt nur statt, um einen Landtagspräsidenten usw. zu wählen, erst damit ist der Landtag konstituiert und kann dann seine Arbeit aufnehmen. Und dabei zum Beispiel seine Geschäftsordnung ändern.
Der aus meiner Sicht dem Wortlaut der bisherigen Geschäftsordnung widersprechende Trick war, wenn man den unbedingt einen Landtagspräsidenten von der AfD verhindern wollte, nur notwendig geworden, weil sich die CDU eine regulären Änderung der Geschäftsordnung durch den vorherigen Landtag verweigert hatte. In der irrigen Hoffnung, selbst stärkste Fraktion zu werden und einen Landtagspräsidenten vorschlagen zu können.
Um das Selbstverständlich ausdrücklich zu sagen: Ich verabscheue die AfD und hätte gern, dass niemand sie wählt. Da ihre Abgeordneten aber nun einmal gewählt sind (und bedauerlicherweise sogar die relative Mehrheit im Landesparlament bilden), ist es, um das Mindeste zu sagen, schlechter Stil (um von der mögliche Rechtsbeugung durch die Verfassungshüter zu schweigen), nach erfolgter Wahl die Regularien der Demokratie zu ändern, um auf formell demokratische Weise demokratische Rechte zu beschneiden und so von der Konkurrenz der AfD nicht gewünschte politische Ergebnisse zu verhindern.
Demokratie mit eingeschränkten Rechtsstaat ― denn dass Normen gelten, bis sie in rechtmäßigem Verfahren geändert werden, ist ein wichtiges rechtsstaatliches Prinzip ―, ist das nicht genau das, was Rechtspopulisten wollen? Ist das nicht zum Beispel das, was in Ungarn Orbán und seine FIDESZ machen? „Wir haben die Mehrheit, wir bestimmen, was Recht und was Unrecht ist.“ Und auch die österreichische FPÖ hat ja erklärt: Gesetze müssen der Politik folgen, nicht die Politik den Gesetzen.
Wo hört derlei auf? Als der Alterspräsident (von der AfD) sich strikt an die Geschäftsordnung halten und keine Anträge und Sachabstimmungen zulassen wollte, wurden wieder Rufe nach einem Verbot der AfD laut. Und dann? Aberkennung der Mandate? Erinnert schon ein bisschen an 1933 …
Im Namen der Verteidigung der Demokratie an den demokratischen Spielregeln herumzutricksen, ändert im Übrigen nichts, aber schon gar nichts daran, dass vierhunderttausend Thüringer und Thüringerinnen eine „gesichert rechtsextreme“ Partei gewählten haben. Es lässt im Gegenteil die anderen Parteien, die derlei undemokratisches, unrechtsstaaliches Getrickse für nötig halten ― übrigens ohne dass es einen Aufschrei der Zivilgesellschaft oder der Medien gäbe ―, mickrig und ängstlich aussehen.
Wer die AfD nicht will, muss eine andere Politik vorschlagen und dafür Mehrheiten finden. Mit autoritären Methoden autoritär-illiberale Politik verhindern zu wollen, wird scheitern.

Freitag, 20. September 2024

Leute (18)

„Das ist aber eine sehr weibliche Handschrift“, sagte X., nachdem sie ein zufällig herumliegendes, von Hand beschriebenes Blatt Papier betrachtet hatte. (Fast vierzig Jahre ist das her.) Sie wollte mir damals wohl etwas am Zeug flicken. Es ärgerte sie offensichtlich, dass ich als fast einziger Mann in unserem gemeinsamen Umfeld nicht mit ihr geschlafen hatte und das auch nicht zu wollen schien. Dabei hatte sie sich eine Zeit lang sogar eingeredet, ich müsse in sie verliebt sein. Das war ich freilich nicht, und hielt mit meinem Desinteresse auch nicht hinterm Berg. Darum also ihre mokante Bemerkung über meine Handschrift. Mit „weiblicher Handschrift“ war gemeint: schwul. Sie hätte es gewiss gar zu gern gehabt, meine sexuelle Orientierung aufzudecken, über die sprach ich damals aber nicht. „Der Zettel ist nicht von mir“, sagte ich wahrheitsgemäß. „Der ist von Y.“ Das war der Mann, mit dem sie zuletzt im Bett gewesen war.

Mittwoch, 18. September 2024

Notiz (vom 18. September 2018)

Wenn vor einer Wohnungstür eine Fußmatte liegt, auf der „Willkommen“ steht, so wird doch niemand, der noch ganz bei Trost ist, annehmen, er werde von der Fuß­matte begrüßt. Wenn aber ein Automat entsprechende Signale gibt und seinerseits auf Signale mit neuen Signalen reagiert, dann glauben die Leute plötzlich, sie hätten es mit „Intelligenz“ zu tun und führten mit dem Automaten ein Gespräch.

Dienstag, 17. September 2024

Freitag, 13. September 2024

Papst erklärt Kirche für überflüssig

Der Mann ist eine Zumutungen. Seine Äußerungen sind oft dumm und meistens ungebildet. Und nicht selten häretisch. Wie kann das Oberhaupt der katholischen Kirche behaupten, alle Religionen seien Pfade zu Gott ― und damit 2.000 Jahre rechtgläubiger Theologie in die Tonne treten? Entweder, er weiß es nicht besser, dann ist er der Falsche im Amt. Oder er weiß, welchen Unsinn er da redet, und tut es trotzdem. dann hat ihn der Teufel geschickt.
Wenn es wurscht ist, was man glaubt und was man tut (man könnte auch, wie die Azteken, Kriegsgefangenen bei lebendigem Leibe das Herz herausschneiden und es der Sonne opfern), wozu braucht es dann noch das Evangelium und Tod und Auferstehung Christi? Wozu braucht es dann noch eine Kirche, die ja dann nicht mehr ist als eine Art von Folkloreverein?
Eines steht jedenfalls fest: Dieser Papst ist überflüssig. Und sogar schädlich. Schade, dass er nicht einfach tot umfällt und zur Hölle fährt. Dort kann er ja dann mit Satanisten darüber plaudern, wie gut ihr Pfad zu Gott geführt hat.

Notiz zur Zeit (229)

Ach du meine Güte, die Möchtegern-Terroristen werden auch immer jämmerlicher! Mit zwei Macheten wollte, heißt es, einer auf Bundeswehr-Soldaten in deren Mittagspause losgehen. Zugegeben, das sind Weicheier und Schattenparker, aber selbst die würden doch wohl mit so einem irren Messerschwinger rasch fertig. Was kommt als nächstes? Stürmt jemand mit brennendem Streichholz auf die Feuerwehr zu?

Donnerstag, 12. September 2024

Götter in Weiß, Patienten in Schamesröte

Als ich die Schlagzeile „Kassenärzte: Strafen für Arzttermine“ las, dachte ich zuerst: Das finde ich sehr gut, wenn Ärzte endlich dafür bestraft werden, dass man bei ihnen tage-, wochen- oder gar monatelang auf einen Termin warten muss. Die sollen sich und ihre Betriebe gefälligst besser organisieren. Aber weit gefehlt! Tatsächlich geht es darum, dass die deutsche Kassenärztliche Bundesvereinigung fordert, Patienten, die „unentschuldigt“ einen vereinbarten Termin beim Arzt nicht wahrnehmen, Strafe zahlen sollen.
Das ist frech. Wer ist hier eigentlich für wen da? Der Patient für den Arzt oder doch eher umgekehrt? (Weshalb es auch besser „Patiententermin“ hieße.) Der Arzt ist nicht der Herr und Meister und der Patient sein gehorsamer Diener, der untertänigst um Vergebung bitten muss, wenn er es wagt, die Dienste des Arztes nicht in Anspruch zu nehmen. Ärzte sind Dienstleister, die Patienten so etwas wie Kunden. Und werden doch wie lästige Bittsteller behandelt.
Es gibt keine Arztbesuchspflicht, wie es etwa eine Schulpflicht gibt. Der Patient, der nicht kommt, schwänzt nicht, sondern hat es sich, warum auch immer, anders überlegt. Das ist sein gutes Recht. Mag sein, dass es die Höflichkeit gebietet, darauf hinzuweisen, wenn man eine Vereinbarung nicht einzuhalten gedenkt. Aber „entschuldigen“, wie ein Schüler, der nicht zum Unterricht kam, braucht ein Patient sich nicht.
Übrigens kann man sich, sachlich betrachten, nicht selbst „entschuldigen“. Man kann nur um Entschuldigung bitten. Dann wird sie einem gewährt oder nicht. Üblicherweise bittet man dann um Entschuldigung, wenn man etwas schon getan oder eben unterlassen hat. 
Wie stellen sich die bundesvereingten Kassenärzte eine ihnen genehme Entschuldigung überhaupt vor? Soll ein Patient, der nicht zum Termin gekommen ist, einen Zettel von Mutti nachreichen: „Jens-Thorben konnte nicht zur Untersuchung oder Behandlung kommen, weil er krank war“?
Und der wichtigste Gesichtspunkt: Durch das Versäumen eines „Arzttermins“ entsteht weder dem Arzt noch anderen Patienten ein Schaden. Die Wartezimmer sind voll, dann kommt eben der Nächste ein paar Minuten früher an die Reihe. Denn länger als ein paar Minuten hat ein Kassenarzt für einen Patienten ohnehin nicht Zeit, mehr kann er ja nicht verrechnen. Und es ist ja nicht so, als ob ein Arzt, wenn ein Termin ausfällt („entschuldigt“ oder nicht), daraufhin stundenlang untätig herumsitzen müsste und Verdienstausfall hätte. Für eine gut organisierte Praxis ist ein Terminausfall kein Problem. Trotz Termin lange warten zu müssen, ist hingegen oft ein Problem. Sollen da Ärtzte und Arzthelferinnen bestraft werden?
Kurzum, Strafgebühren sind eine Frechheit, ein Beispiel für die Abzockermentalität der Götter in Weiß. Sie interessieren sich viel zu oft nicht dafür, warum jemand zu ihnen kommt ― oder eben doch nicht. Ihr Interesse gilt häufigem Kassenklingeln und darum schneller Diagnose, schneller Medikamentenverschreibung. Und jetzt der Nächste bitte!

Mittwoch, 11. September 2024

Nie wieder, aber ...

In der BRD ist man sehr Stolz auf die kollektive Vergangenheitsbewältigung und die schöne Erinnerungskultur. Bei jeder Gelegenheit wird gedacht und gemahnt, was das Zeug hält. Man habe aus der Vergangenheit gelernt, heißt es wieder und wieder. Dann heißt es oft: Nie wieder! Aber anscheinend bedeutet dieses „Nie wieder“ nur: „Diesmal bringen wir keine Juden um. Aber Deportationen („Abschiebungen“) und Zurückweisungen von Fremdrassigen machen wir natürlich trotzdem.“
Dabei argumentiert man selbstverständlich nicht offen rassistisch. Weil ja die Zuwanderung von „Weißen“ und Wohlhabenden ohnehin kein Thema ist. Und weil darum auch so jeder weiß, um wen es geht, wenn von „illegaler Migration“, von „Flut“ und „Überforderung“ die Rede ist: Um „Nichtweiße“, die vom hiesigen Wohlstand (der auch auf ihre Kosten erzeugt wird) etwas abhaben wollen ― übrigens nicht geschenkt, sondern mit harter Arbeit erwirtschaftet. Diese Hinzukommenwollenden, die gar nicht alle für immer bleiben wollenn, nimmt das eingebildete gesunde Volksempfinden als andauernde Bedrohung war, während Wirtschaft (und Schattenwirtschaft) auf Zuwanderung drängen.
Aus guten Gründen. Die Zuwanderer gefährden nichts, im Gegenteil. Keines der Probleme der BRD (Verteilungsungerechtigkeit, Umweltzerstörung, Bürokratie, mangelhafte Infrastruktzur, magelhaftes Schulsystem, ZDF-Fernsehgarten und und und) wird durch Zuwanderung verursacht. Keines würde durch Reduzierung von Zuwanderung gelöst. Im Gegenteil.
Aber „die Politik“ (assistiert von „den Medien“) steht unter Druck, die unsinnigen Zielvorgaben der rassistischen Populisten zu erfüllen, damit die Leute nicht diese, sondern sie selber wählen. Das wird selbstverständlich nicht klappen. Rassismus light ist keine sinnvolle Antwort auf Rassismus hard core.
Auch das könnte man aus der Geschichte lernen, aber wer will das schon.

Notiz zur Zeit (228)

In der BRD sind Regierung und Opposition sich einig: Weniger Ausländer! Das meint man durch „Abschiebungen“ (Deportationen) und Zurückweisung an der Grenze bewerkstelligen zu können. Blöd nur, dass die Regierung, sich dabei ein bisschen an Recht und Gesetz halten will. So kommt man naturgemäß nicht zusammen.
 
Wenn Menschenrechte und internationales Recht dem Wohlergehen des eigenen Gemeinwesens angeblich im Wege stehen, kann es dann nicht sein, dass dieses Gemeinwesen ganz andere Probleme hat?

Wäre das Ganze nicht so traurig, man könnte es lustig finden, dass der Schütze Schrägstrich Erschossene von München kein „Illegaler“, kein Flüchtling, kein Geduldeter, kein Asylbewerber usw. war, sondern ein österreichischer Staatsbürger, der somit, als EU-Bürger, ein Recht darauf hatte, die Grenze zu überqueren und sich in der BRD aufzuhalten.

Mittwoch, 4. September 2024

Glosse CXXXIII

Testprobanden. Dann waren die Probanden also gar keine richtigen Probanden, sondern bloß Personen, die so taten, als seien sie Testpersonen?

Dienstag, 3. September 2024

Die Lösung!

Keine Zuwanderung mehr: Dann fährt die Bahn wieder pünktlich. Die Straßen, Brücken, Schulen und Kasernen sind wieder tippitoppi. Es gibt bezahlbaren Wohnraum für alle. Der Feinstaub ist weg. Windräder sind lautlos. Es wird weniger Energie verbraucht. Die Reichen bezahlen ihre Steuern. Es kommt nicht mehr jeder Scheiß aus China. Der Fernsehgarten wird abgesetzt. Flugreisen sind nicht mehr Umweltgift. Alle sind schlank und fit. Die Drecksarbeit erledigen Roboter. Videos werden nicht mehr von Reklame unterbrochen. Krebs ist geheilt. Politiker und Journalisten lügen nicht mehr. Jeder kann lesen und schreiben. Alle sprechen bei Bedarf gutes Hochdeutsch und zitieren dauernd Goethe und Celan. Milch kostet wieder ein paar Pfennige, aber die Bauern bekommen ihre Arbeit gut bezahlt, weil die Lebensmittelindustrie draufzahlt. Ypps mit Gimmick ist wieder da. Urzeitkrebse leben 100 Jahre. Die Mauer steht wieder. Alle Talkshow-Bewohner haben einen tödlich Unfall. Ein Liter Benzin kostet eine Mark, schmeckt nach Himbeere und seine Verbrennung tut der Umwelt gut.
(Und dann wacht man auf und Höcke ist Reichskanzler.)

Warum Demkoratie nicht funktioniert

Demokratie könnte gut funktionieren, wenn die Leute empathisch, respektvoll, rücksichtsvoll, anständig, selbstkritisch, bescheiden, gemeinwohlorientiert, selbstlos, mutig und lösungsorientiert wären. Das sind sie aber nicht. Sie sind egozentrisch, respektlos, ignorant, selbstsüchtig, ängstlich, neidisch, verbittert, verlogen und gierig. Darum funktioniert Demokratie nicht.

Muss ein Gemeinwesen aus lauter tugendhaften Menschen bestehen, um gut zu funktionieren? Nein. Aber wenn lauter Laster zum Prinzip politischer Praxis werden, wenn das Gegeneinander das Miteinander zersetzt, hört ein Gemeinwesen auf, ein solches zu sein und wird zur Zwangsgemeinschaft von Unglücklichen.

Wenn die Repräsentanten noch erbärmlicher sind als die, die sie repräsentieren, und wenn die Leute nicht nur trotzdem, sondern deswegen von ihnen repräsentiert werden wollen, darf man ja wohl von moralischem Verfall sprechen.

Wenn die politischen Lösungsansätze immer nur auf immer weniger für immer mehr hinauslaufen (und zugleich immer mehr für wenige bewirken) und die, die derlei vorschlagen, bei immer mehr auf Zustimmung hoffen dürfen, kann man von Wahnsinn sprechen.
 
Statt den Wohlstand gerecht zu verteilen und Bildung zu fördern, wird Verdummung forciert und werden Ausbeutung und Umweltzerstörung in immer neuen Formen fortgesetzt. Statt über Ursachen zu reden und konstruktive Lösungen zu fordern, werden die, die vernünftige Vorschläge für ein besseres Zusammenleben und Wirtschaften machen, marginalisiert und angefeindet. Aufmerksamkeit und Zustimmung erfahren hingegen die, die negative Affekte zu nützen wissen und mit Scheinlösungen ein Weiterso und Schlimmer-geht’s-immer vorantreiben.

Montag, 2. September 2024

Notiz zur Zeit (227)

Bizarr ist das schon, dass jetzt auch die sich um die Demokratie sorgen, die vor noch gar nicht so langer Zeit vehement allerhand Grundrechtseinschränkungen befürworteten.

Sonntag, 1. September 2024

Schlechte und gute Politik

Ein Straftat wird begangen. Anschließend wird, auch auf Regierungsebene, über Migrationspolitik debattiert. Als ob es irgendeinen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Aufenthaltstatus einer Person und ihrer Bereitschaft zu Straftaten gäbe, als ob die Verminderung der Zahl von (auf Grund welcher Rechtskonstruktionen auch immer) nicht zum Aufenthalt berechtigten Personen die Zahl der Straftaten vermindern würde.
Damit wird gesagt: Alle, die wegen politischer Verfolgung oder aus anderen Gründen (etwa wegen etwas so Verwerflichem wie dem Wunsch nach individuellem und familiären Wohlergehen) ins Land wollen oder schon da sind, sind potenziell gefährlich.
Weil ja bekanntermaßen Inländer und EU-Bürger nie Straftaten begehen.
Diese „Logik“, Verbrechen durch „Abschiebungen“ (Deportationen), Grenzkontrollen und Einreiseverbote bekämpfen zu wollen, spielt den Populisten in die Hände. Die setzen dem halbherzigen (weil ein bisschen von Gesetzen und Verträgen sowie der Fakten gezügelten) Rassismus ihren von jedem Bedenken oder Realitätsvorbehalt ungehinderten Rassismus als Angebot für die entgegen, die hassen wollen. Und das Angebot wird gut angenommen.
Wenn man also den Wahlerfolgen der Populisten etwas entgegensetzen will, dann doch nicht die vorauseilende Umsetzung von deren Programmatik („Ausländer raus!“), sondern im Gegenteil eine Politik des gesellschaftlichen Wandels, der Gleichberechtigung aller, unabhängig von Herkunft und Staatsbürgerschaft, der kulturellen, auch sprachlichen Vielfalt, des konstruktiven Umgangs mit Verschiedenheit statt Zwang zur Anpassung. Wenn die „Werte“ der „Leitkultur“ (dieses monströsen Phantasmas) so toll sind, dann werden sie sich schon durchsetzen. Man ginge denn von der grundsätzlichen Minderwertigkeit der Zuwanderer aus, die deutsche Errungenschaften nicht zu würdigen wissen, weil sie einfach zu dumm sind.
Die Einhaltung der Gesetze hingegen darf man einfordern, aber doch nur, wenn Rechte und Pflichten für alle gelten. Und wenn alle die Gesetzgebung gleichberechtigt mitgestalten dürfen.
Letztlich muss gezeigt werden, dass nicht Zuwanderung das Problem ist, sondern Nichtzuwanderung. So geht es nun einmal zu in der Welt.
Und außerdem wäre es klug, den Sozialstaat nicht dauernd zu beschimpfen, zu beschädigen und abzubauen und, um von der Schädigung der Gesellschaft durch die Reichen abzulenken, die Armen und Schwachen zur Bedrohung zu erklären.
Mit anderen Worten, um die Demokratie vor ihrem bösen Zwilling, dem Populismus, zu schützen, gibt es nur einen Weg: den zu einer freieren, gerechteren, vielfältigeren Gesellschaft mit Wohlstand und Bildung für alle.

Ein gefährlicher Trottel

Habermas war immer schon ein Trottel, jetzt im Alter aber ist er ein gefährlicher Trottel. Gegen jede Vernunft und Faktenlage besteht er auf „Verhandlungen“ zwischen Russland und der Ukraine, um den Krieg zu beenden. Was zur Hölle gibt es denn da zu verhandeln? Russland ist in die Ukraine 2014 einmarschiert und 2022 noch weitergegangen. Die Ukraine wehrt sich. Was soll da bei Verhandlungen herauskommen? Wie viele Menschen und wie viel Territorium der demokratische Staat Ukraine der mörderischen Diktatur Russland abtreten darf, damit diese ihn nicht mehr bombardiert?
Menschen und Länder sind nicht die Verfügungsmasse alberner Gedankenspiele greiser Philosophaster. Die Menschen wollen und dürfen selbst entscheiden, ob sie lieber in Freiheit und Würde leben (und sterben) oder sich Putin und seinem dummen und völkermörderischen Regime unterwerfen wollen. Sie wollen es nicht, und das Heldentum der ukrainischen Nation ist bewundernswert. Das versteht der Pimpf Habermas naturgemäß nicht.
Der Westen sei mitschuldig am Krieg, sagen Habermas und seine Nachplapperer. Waffenlieferungen, hülfen bloß der Ukraine, sich zu verteidigen und verlängern so die Zeit bis zu Russlands Sieg.
Tolle Logik. So hätten denn die USA, indem sie (vor ihrem Kriegseintritt) Großbritannien mit Rüstungsgütern und anderem unterstützten, den von den Deutschen (übrigens zunächst im Verein mit der Sowjetunion) betriebenen Weltkrieg nur unnötig verlängert? Tja, hätte Großbritannien bloß 1940 oder 1941 kapituliert, dann wären Europa Millionen Tote erspart geblieben. Es gäbe ein gemütliches Großdeutsches Reich und seine Satellitenstaaten, keine Juden und Zigeuner mehr in Europa, die Ostvölker wären dezimiert und versklavt und Habermas hätte, statt verdünnten Marx und Kant in Frankfurt zu lehren, eben an der Reichsuniversität Oxford aus Hitlers „Mein Kampf“ vorgetragen.
Wie man so dumm und bösartig sein kann, den Menschen der Ukraine ihr Recht auf Verteidigung abzusprechen ― und trotzdem nicht allgemeiner Ächtung verfällt, verstehe ich nicht. Wie moralisch verwahrlost muss eine Öffentlichkeit sein, um einem dementen Deppen wie Habermas immer noch eine Bühne zu bieten?
Der Westen, so ein weiteres „Argument“, handle verantwortungslos, weil er kein „realistisches“ Kriegsziel benennen könne. Als ob das Ziel nicht offensichtlich wäre: Keine von Russland besetzte oder zerstückelte, keine von Russland bombardierte Ukraine. was ist daran nicht klar und eindeutig? Es sei denn natürlich, man meinte mit „Realismus“ ein vorauseilendes Einknicken vor dem Aggressor: Das kann man doch nicht machen, dieser sympathischen Großmacht den klitzekleinen Wunsch abzuschlagen, ein paar Millionen rechtloser Untertanen mehr zu haben? Die russischen Kazetts und Folterkeller auf der Krim und im Donbass haben sich doch bewährt. Meinungsfreiheit wird überschätzt, in Russland geht es doch auch ohne sie. Vielleicht möchte Habermas vom Starnberger See aus dazustoßen, wenn weiteres „Münchner Abkommen“ unterzeichnet wird; ich bin sicher, er hatte damals beim Jungvolk die „Erledigung der Resttschechei“ ausgiebig mitgefeiert, mit der „Erledigung der Restukraine“ schlösse sich dann der Kreis.
Dummschwätzer wie Habermas sind gefährlich, weil sie unerfindlicherweise ein Renommee haben. Seine philosophische Lebensleistung ist heiße Luft, aber darauf stehen die Leute ja. Trotzdem darf man hoffen, dass irgendwann mit der Unsinnsproduktion Schluss ist und Habermas an der Kremlmauer beigesetzt werden kann, wo er hingehört.