Freitag, 23. Oktober 2015

Kaum ein Gedanke ist so originell, dass ihn nicht jemand anders auch schon gedacht hätte. Aber das haben Sie sich ja bereits selber gedacht, was?

Peitschenhiebe für Sex unter Schwulen

„Sex unter Schwulen“ werde in der indonesischen Provinz Aceh mit bis zu 100 Peitschenhieben bestraft. So oder so ähnlich schreiben es zahlreiche Medien (wohl von einer dpa-Meldung ab). Keine Sekunde lang wird darüber nachgedacht, ob Acehs Rechtsvorschriften, die sich auf die Scharia berufen, denn tatsächlich den Begriff „Schwule“ (oder ein Pendant dazu) kennen. Und ob denn etwa Sex unter Männern, die nicht schwul sind, demnach nicht bestraft werden solle. Was die interessante Frage aufwürfe, wie zuständige Behörden Schwule von Nichtschwulen einwandfrei unterscheiden wollten.
Ohne weiter zu recherchieren, kann man sicher sein, dass in Aceh „nur“ gleichgeschlechtlicher Analverkehr, der vor mindestens zwei Zeugen stattfindet, bestraft wird. (Wobei übrigens 100 Peitschenhiebe noch eine geringe Strafe wären im Vergleich zur jüdischen und der dieser folgenden christlichen Tradition, die beide die Todesstrafe vorsehen. Zur Erinnerung: In Deutschland bzw. Österreich konnten Männer bis 1969 bzw. 1971 für gleichgeschlechtlichen Verkehr in jedem Fall ins Gefängnis kommen, danach immer noch in manchen Fällen.) Einige Medienberichte führen dies, also die Notwendigkeit von Zeugen, sogar an. Dass es damit ziemlich unwahrscheinlich wird, dass allzu viele Fälle dieser Art vor den Richter kommen, wird nicht erwähnt. Oder wie oft ficken Sie als Mann vor unbeteiligten Zeugen mit einem Mann?
Zweifellos kann und darf man die Gesetzgebung in Aceh kritisieren. Man soll und muss es wohl sogar. Zweifellos ist sie homosexuellenfeindlich. Allerdings ist die Berichterstattung darüber ihrerseits homosexualitätsfeindlich. Indem nämlich das Verbot von Sex unter Männern zu einem Verbot von Sex unter Schwulen gemacht wird, wird, was eigentlich alle angeht, zum Problem lediglich einer Minderheit. Unter der Herrschaft des Dogmas, Homosexualität sei das Homosexuellsein der Homosexuellen — und nicht eine jedem Mensch gegebene Möglichkeit —, werden „nichtschwuler“ Sex, „nichtschwules“ Begehren, „nichtschwule“ Zuneigung usw. zwischen Männern eliminiert. Damit wird Heterosexualität rein erhalten und als Normalfall festgeschrieben. Die scheinbare Sorge um das Wohlergehen von Schwulen (werden sie von der Schariapolizei auch nicht zu sehr drangsaliert?) entpuppt sich so als Strategie der Auslöschung von jeglicher Homosexualität, die nicht der Norm des Untersichbleibens der Homosexuellen entspricht.

Mittwoch, 21. Oktober 2015

Was man alles so zusammenschreiben kann! „Thomas Malthus (1766-1834), der als einer der ersten Darwinsche Evolutionsgesetze auf die menschliche Gesellschaft übertrug“ — Malthus muss damit sogar besonders früh drangewesen sein, denn in seinem Todesjahr befand sich der 25-jährige Darwin noch an Bord der HMS Beagle. Darwins Auswertungen seiner Reise waren erst ab 1838 nachzulesen, sein Hauptwerk über die „Entstehung der Arten“ erschien gar erst 1859, ein Vierteljahrhundert nach dem Tod von Malthus. Wenn schon, dann hat also dieser jenen beeinflusst, nicht umgekehrt. Wie ja auch die evolutionistische Ideologie eine Projektion der kapitalistischen Verhältnisse auf das Tier- und Pflanzenreich ist, wodurch sich eine „Übertragung“ biologischer „Gesetze“ auf die menschliche Gesellschaft erübrigt.

Sonntag, 18. Oktober 2015

Aufgeschnappt (bei einem Spanier)

La masa arrolla todo lo diferente, egregio, individual, calificado y selecto. Quien no sea como todo el mundo, quien no piense como todo el mundo, corre el riesgo de der eliminado. *


José Ortega y Gasset (9. Mai 1883 — 18. Oktober 1955)

* Die Masse überwältigt alles, was anders ist, was ungewöhnlich, individuell, hervorragend und etwas Besonderes ist. Wer nicht ist wie alle Welt, wer nicht denkt wie alle Welt, läuft Gefahr, ausgelöscht zu werden.

Freitag, 16. Oktober 2015

Das Wort „Anreize“ finde ich abscheulich. Reden wir von Menschen oder von Laborratten?

Seltsam. Geschrieben wird „verteilen“. Und ich lese immer „vereiteln“.

Manche tun so, als sei, was man „Flüchtlingskrise“ nennt, eine Art Angriff auf Europa. Es ist aber keiner. Ich bedaure das.

Die Hinzukommenden sollen sich den schon Vorhandenen anpassen statt umgekehrt. Ganz schlechte Idee. Deutsche Deutsche gibt es schon genug. (Und deutsche Österreicher mehr als genug.)

Ich war noch nie in Syrien oder Somalien und weiß also nicht aus eigenem Erleben, was die Leute dort so für eine „Kultur“ haben. Aber ich war schon ein paar Mal in Deutschland und Österreich und dachte mir oft: Da geht noch was. (Um’s freundlich zu formulieren.)

Ich hör immer „Grenzen schützen“. Vor wem oder was denn bitte? Vor unbewaffneten Männer, Frauen und Kindern? Vor menschlicher Not?

Montag, 12. Oktober 2015

Zahllos und ungezählt

Was genau ist eigentlich so empörend daran, wenn eine thüringische Landtagsabgeordnete von der AfD die Anfrage stellt, wie viele Homo-, Bi-, Transsexuelle, Transgender und intergeschlechtliche Menschen im Lande leben? Wenn, wie man immer behauptet, Homosexuellsein, Bisexusellsein, Transsexuellsein (und Transgendersein, Intersexuellsein, Queersein, Sternchensein) jeweils eine Identität ist, dann müsste man doch auch zählen oder schätzen oder hochrechnen können, wie oft diese Identität vorkommt. Daran kann nichts Schlimmes sein, man errechnet doch auch den Bedarf an Kita-Plätzen Jahre im Voraus, ohne dass deswegen alle Eltern oder Kinder in Listen erfasst werden müssten. 
Selbstverständlich ist die AfD eine widerliche Truppe dümmlicher Rechtspopulisten, aber die Empörung über deren womöglich böse Absichten sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man die Anfrage schlicht deshalb nicht beantworten kann, weil auch nach der Reduzierung von Homosexualität auf das Homosexuellsein von Homosexuellen (um BTIQsternchen mal wie gewohnt beiseite zu lassen: AfD will wissen, wie viele Homosexuelle in Thüringen leben [queer.de], AfD will wissen, wie viele Schwule in Thüringen leben [welt.de]) niemand deren gesellschaftliche Relevanz quantifizieren kann, was umso erstaunlicher ist, als in anderen Bereichen (Benachteiligung von Frauen z.B.) immer Zahlen genannt werden. 
Fast könnte man meinen, die identitäre Homosexualität sei ein Phantom, gesponnen aus Selbstmissverständnissen einiger weniger und dem Bedürfnis der Mehrheit, den Schweinkram einer Minderheit zu überlassen. Die man dafür mit Anerkennung für ihr Bravsein und dem Prädikat normal belohnt.

* * * 

Sehr gelungen ist dieser pseudonyme Kommentar zum Bericht von queer.de: Würde sie [wohl die anfragestellende Abgeordnete, Anm.] sich auch mal selbst informieren, statt nur anderen auf den Senkel zu gehen, wüsste sie, dass ca. 10-15% der Erwachsenen schwul bzw. lesbisch sind. Da kommen dann nochmal die Trans* dazu.“ Daran gefällt mir, dass nur die Homoquote der Erwachsenen angegeben wird, vermutlich deshalb, weil man ja weiß, dass Minderjährige völlig asexuell sind und darum noch nicht richtig homosexuell sein können. Das steht zwar ein bisschen im Widerspruch zur beliebten These, Homosexualtät sei angeboren, aber was soll‘s. Worauf die Angabe 10-15%“ sich stützt, bleibt etwas im Dunkeln, aber da das ja in Deutschland nur so 7 bis 10 Mio. wären und jeder Schwule schon mit fast so vielen Männern im Bett war, ist sie sicher nicht zu hoch gegriffen. Und es kommen ja noch die Transexuellen und Transgender dazu, sicher auch ein paar Millionen. Weiters Hundertausende von Intersexuellen und allein in Deutschland ca. eine Milliarde Bisexuelle. Ach, wenn sich diese unwissende AfD-Politikerin bloß mal selbst informieren wollte!
 

Sonntag, 4. Oktober 2015

Samstag, 3. Oktober 2015

Zum Feiertage

Tag für Tag sind in Deutschland zwei Dinge zu hören. Erstens, dass das Grundgesetz eine wunderbare Sache ist. Zweitens, dass Ausländer sich an die Gesetze halten müssen. Beides ist nicht falsch. Aber dann kommt alle naselang gerade von jemandem, der eben noch das Grundgesetz bejubelt und auf der unbedingten Geltung der deutschen Rechtsordnung bestanden hat, der Vorschlag, so ein bisschen am Grundgesetz herumzubasteln und das eine oder andere Grundrecht ein bisschen einzuschränken. (Derzeit in der Diskussion: das Grundrecht auf Asyl.) Recht muss Recht bleiben, aber wir ändern die Gesetze, wie es uns gefällt. Wie das zusammenpasst? Ganz wunderbar. In Deutschland liebt man Vorschriften über alles, sieht aber ihren Zweck ausschließlich darin, dass andere sich daran halten müssen.

Freitag, 2. Oktober 2015