Was genau ist eigentlich so empörend daran, wenn eine thüringische
Landtagsabgeordnete von der AfD die Anfrage
stellt, wie viele Homo-, Bi-, Transsexuelle, Transgender und
intergeschlechtliche Menschen im Lande leben? Wenn, wie man immer
behauptet,
Homosexuellsein, Bisexusellsein, Transsexuellsein (und Transgendersein,
Intersexuellsein,
Queersein, Sternchensein) jeweils eine „Identität“ ist, dann müsste man
doch auch zählen oder schätzen oder hochrechnen können, wie oft diese
Identität vorkommt. Daran kann nichts Schlimmes sein, man errechnet
doch auch den Bedarf an Kita-Plätzen Jahre im Voraus, ohne dass
deswegen alle Eltern oder Kinder in Listen erfasst werden müssten.
Selbstverständlich ist die AfD eine widerliche Truppe dümmlicher
Rechtspopulisten, aber die Empörung über deren womöglich böse Absichten
sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man die Anfrage schlicht
deshalb nicht beantworten kann, weil auch nach der Reduzierung von
Homosexualität auf das Homosexuellsein von Homosexuellen (um
BTIQsternchen mal wie gewohnt beiseite zu lassen: „AfD will wissen, wie
viele Homosexuelle in Thüringen leben“ [queer.de], „AfD will wissen, wie viele Schwule in Thüringen leben“ [welt.de]) niemand deren
gesellschaftliche Relevanz quantifizieren kann, was umso erstaunlicher
ist, als in anderen Bereichen (Benachteiligung von Frauen z.B.) immer
Zahlen genannt werden.
Fast könnte man meinen, die identitäre
Homosexualität sei ein Phantom, gesponnen aus Selbstmissverständnissen
einiger weniger und dem Bedürfnis der Mehrheit, den Schweinkram einer
Minderheit zu überlassen. Die man dafür mit Anerkennung für ihr
Bravsein und dem Prädikat „normal“ belohnt.
* * *
Sehr gelungen ist dieser pseudonyme Kommentar zum Bericht von queer.de: „Würde sie [wohl die anfragestellende Abgeordnete, Anm.] sich auch mal selbst informieren, statt nur
anderen auf den Senkel zu gehen, wüsste sie, dass ca. 10-15% der
Erwachsenen schwul bzw. lesbisch sind. Da kommen dann nochmal die Trans*
dazu.“ Daran gefällt mir, dass
nur die Homoquote der Erwachsenen angegeben wird, vermutlich deshalb,
weil man ja weiß, dass Minderjährige völlig asexuell sind und darum noch
nicht richtig homosexuell sein können. Das steht zwar ein bisschen im
Widerspruch zur beliebten These, Homosexualtät sei angeboren, aber was
soll‘s. Worauf die Angabe „10-15%“
sich stützt, bleibt etwas im Dunkeln, aber da das ja in Deutschland nur
so 7 bis 10 Mio. wären und jeder Schwule schon mit fast so vielen
Männern im Bett war, ist sie sicher nicht zu hoch gegriffen. Und es
kommen ja noch die
Transexuellen und Transgender dazu, sicher auch ein paar Millionen.
Weiters Hundertausende von Intersexuellen und allein in Deutschland ca.
eine Milliarde Bisexuelle. Ach, wenn sich diese unwissende
AfD-Politikerin bloß mal selbst informieren wollte!
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