Donnerstag, 30. April 2015

Atheismus ist eine Geisteskrankheit. Die davon Betroffenen kann man bemitleiden. Laizismus hingegen, also die Überordnung des Staates über die Religion, ist eine Schande. Die daran Mitwirkenden kann man nur verachten.

Dienstag, 28. April 2015

Aufgeschnappt (bei einem Österreicher)

Will das Gesetz die Menschen schützen, dann hat es auch den Menschen zu schützen. Geschähe es zulänglich, würde er nicht zum Dieb, zum Mörder, würfe nicht Bomben auf die Welt, wäre, geschähe es, nicht Atom im Atomkrieg, ein Gesichtsloser in der namenlosen Masse, sondern ein einzelner mit der Bestimmung, weder leiden zu müssen noch leiden zu machen.
 Ernst Lothar

Glosse XIX

Gefühlte neunundneunzig Prozent aller Medienberichte enthalten die Wendung Medienberichten zufolge.

Freitag, 10. April 2015

Zur Kopftuchdebatte 2015

Kann es wirklich wahr sein, dass man 2015 noch über „das Kopftuch“ diskutiert? Wurde diese Debatte nicht schon ausführlich genug geführt? Sind nicht alle Argumente der Kopftuchgegnerinnen und Kopftuchgegner Stück für Stück widerlegt?
Hier zu Erinnerung: So lange in Deutschland und Österreich nur Putzfrauen und die Ehefrauen der Gemüsehändler Kopftücher trugen, war das kein Thema. Erst seit Frauen mit Herkunft („Migrationshintergrund“) auch Lehrerinnen und Richterinnen werden wollen, gibt es ein Problem. Damit ist der rassistische und klassistische Charakter der „Kopftuchdebatte“ offengelegt. Viel mehr gibt dann auch schon nicht mehr zu sagen.
Außer vielleicht, dass es keinen Grund gibt, das „orientalische“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen sich in der Öffentlichkeit nicht Sexualobjekt inszenieren sollen, für minderwertiger zu halten als das „westliche“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen genau das tun sollen.
Nun gibt es allerdings Feministinnen, die gerade in der Pflicht für Frauen, sich mittels Mode und Kosmetik ständig als Gegenstand (heterosexuellen) männlichen Begehrens zur Verfügung zu halten, ein „Recht“ erblicken wollen („Sie tun das nur für sich selbst, um sich schön zu fühlen“) und die Durchsetzung dieses „Rechtes“, also die Allgegenwärtigkeit von Frauenkörpern als potenziellen Objekten der Begierde, als „Befreiung“ interpretieren.
Und dann gibt es noch die Frauen, die auf Frauen, die sich dieser Norm entziehen, indem sie, aus welchem Grund auch immer, auf Techniken der Verhüllung und Verschleierung zurückgreifen, einen regelrechten Hass kultivieren.
„Eine Lehrerin mit Kopftuch kann im tiefsten Inneren ihres Herzens eine glühende Verfassungspatriotin sein“, verkündet zum Beispiel Seyran Ates. „Dennoch ist allein ihr Auftreten geeignet, ein Frauenbild zu vermitteln, welches besagt, dass Frauen sich vor den Blicken der Männer schützen und verhüllen sollen. Diese nonverbale Aussage ist des Pudels Kern. Darin ist enthalten, dass Männer und Frauen in der Öffentlichkeit nicht gleichberechtigt sind, also ein Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 GG.“
Soll das weibliche Logik sein? Versuchen wir es einmal mir richtiger Logik: Wenn die Verhüllung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau widerspricht (was nur dann funktioniert, wenn vorausgesetzt wird, dass Männer unverhüllt sind), dann müsste die Entblößung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau genauso widersprechen — vorausgesetzt, dass Männer nicht in derselben Weise entblößt sind. Und genau das ist in der Regel ja auch tatsächlich der Fall. Männermode und Frauenmode unterscheiden sich in den zeitgenössischen westlichen Konsumgesellschaften nämlich deutlich: Frauen sind dazu aufgefordert, vielmehr Haut zu zeigen als Männer (außer in der Bademode), mehr Brust, mehr Bein, mehr Haar.
Wenn also nun die Bedeckung des Haupthaares („Kopftuch“) bereits eine unzulässige Verhüllung darstellt, dann müsste ein klassisches Dekolleté doch erst Recht unzulässig sein als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG, da es, gesellschaftlicher Konvention zu Folge, Männern in denselben Situationen nicht in derselben Weise erlaubt ist, sich zu entblößen, wie Frauen. (Herr Sauer dürfte in Bayreuth nicht in derselben Weise die Anatomie seiner Milchdrüsen vorführen wie Frau Merkel.)
Durch die „nonverbale Aussage“ partieller weibliche Nacktheit werden also entweder Männer als weniger objektifizierenswert, weniger begehrenswert als Frauen oder umgekehrt Frauen als begehrenswerter, eher des Objektstatusses würdig als Männer behauptet. Beides widerspricht der geforderten Gleichheit der Geschlechter. Ist das Kopftuch gleichheitswidrig, dann sind es Dirndl und Minirock ebenfalls.
Anders gesagt: Wenn eine Frau, die ein Kopftuch trägt, implizit (gleichsam „objektiv“ im Unterschied zu ihren möglichen subjektiven Überzeugungen) eine Verfassungsfeindin ist, dann ist auch jede Frau, die dem Ideal der Bordsteinschwalbe nacheifert — und darauf läuft das zeitgenössische weibliche Körperideal der westlichen Konsumgesellschaften ja offensichtlich hinaus —, ebenfalls eine Verfassungsfeindin. Objektiv, auch wenn sie selbst im tiefsten Inneren ihres Herzens glühend davon überzeugt ist, mit tiefem Ausschnitt, kurzem Kleidchen, hochhackigen Stiefeln, umfassend angemaltem Gesicht und kübelweise Parfüm nur ihrer eigenen Emanzipation und der ihrer ebenfalls aufgeklärten Geschlechtsgenossinnen zu dienen.

Mittwoch, 8. April 2015

Der „Vatikan“ mal wieder …

Verschwörungstheorien sind bekanntlich am schönsten, wenn man irgendwie die katholische Kirche einbauen kann. Während also derzeit die Spekulationen ins Kraut schießen, warum Laurent Stefanini sein Amt als Botschafter der französischen Republik noch nicht angetreten hat, hier zwischendurch ein entscheidender begrifflicher Hinweis: Es gibt keinen einzigen Botschafter „im Vatikan“. Dort wäre für all die Diplomaten der Staaten, die beim Papst vertreten sein wollen, auch gar kein Platz. Was es gibt, sind Vertreter „beim Heiligen Stuhl“. Der Heilige Stuhl, dass ist der Papst selbst, als eigenständiges Völkerrechtssubjekt. Also das Oberhaupt der katholischen Kirche mit ihren eineinviertel Milliarden Mitgliedern, nicht irgendein „Zwergstaat“ (wie z.B. queer.de schreibt). 
Das wäre das. Und was die Behauptung angeht, Stefanini (der bereits 2001-05 der französischen Botschaft beim Hl. Stuhl angehörte) werde „vom Vatikan“ nicht akzeptiert, weil er schwul sei, so halte ich das für ziemlich unwahrscheinlich. Gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen sondiert der entsendende Staat vor der Ernennung eines Botschafters, ob dieser dem Empfängerstaat genehm ist oder nicht. Da Stefanini (wenn die Meldungen stimmen) bereits ernannt ist (und nicht bloß in vertraulicher Form vorgeschlagen), kann das päpstliche Einverständnis eigentlich vorausgesetzt werden. Warum auch sollte Präsident Hollande den Papst mit einer persona non grata brüskieren, wenn er doch Stefanini, der als Spezialist für ökologische Themen gilt, gerade deshalb ausgewählt haben soll, um den Schulterschluss mit dem Heiligen Stuhl etwa beim Pariser Klimagipfel im Dezember 2015 zu suchen?
Tatsache ist, dass Stefanini derzeit noch einen anderen Job hat, er ist Protokollchef im französischen Außenministerium. Sein Amtsantritt in Rom ist für Juli vorgesehen. Bis dahin ist also noch Zeit genug, wild darüber zu spekulieren, warum er nicht schon im April oder Mai im Vatikan (hier passt das Wort ausnahmsweise einmal, weil der Gebäudekomplex gemeint ist …) vorstellig wird. Das kann doch nur an der wohlbekannten Homophobie der katholischen Kirche liegen!