Kann es wirklich wahr sein, dass man 2015 noch über „das Kopftuch“ diskutiert? Wurde diese Debatte nicht schon ausführlich genug geführt? Sind nicht alle Argumente der Kopftuchgegnerinnen und Kopftuchgegner Stück für Stück widerlegt?
Hier zu Erinnerung: So lange in Deutschland und Österreich nur Putzfrauen und die Ehefrauen der Gemüsehändler Kopftücher trugen, war das kein Thema. Erst seit Frauen mit Herkunft („Migrationshintergrund“) auch Lehrerinnen und Richterinnen werden wollen, gibt es ein Problem. Damit ist der rassistische und klassistische Charakter der „Kopftuchdebatte“ offengelegt. Viel mehr gibt dann auch schon nicht mehr zu sagen.
Außer vielleicht, dass es keinen Grund gibt, das „orientalische“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen sich in der Öffentlichkeit nicht Sexualobjekt inszenieren sollen, für minderwertiger zu halten als das „westliche“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen genau das tun sollen.
Nun gibt es allerdings Feministinnen, die gerade in der Pflicht für Frauen, sich mittels Mode und Kosmetik ständig als Gegenstand (heterosexuellen) männlichen Begehrens zur Verfügung zu halten, ein „Recht“ erblicken wollen („Sie tun das nur für sich selbst, um sich schön zu fühlen“) und die Durchsetzung dieses „Rechtes“, also die Allgegenwärtigkeit von Frauenkörpern als potenziellen Objekten der Begierde, als „Befreiung“ interpretieren.
Und dann gibt es noch die Frauen, die auf Frauen, die sich dieser Norm entziehen, indem sie, aus welchem Grund auch immer, auf Techniken der Verhüllung und Verschleierung zurückgreifen, einen regelrechten Hass kultivieren.
„Eine Lehrerin mit Kopftuch kann im tiefsten Inneren ihres Herzens eine glühende Verfassungspatriotin sein“, verkündet zum Beispiel Seyran Ates. „Dennoch ist allein ihr Auftreten geeignet, ein Frauenbild zu vermitteln, welches besagt, dass Frauen sich vor den Blicken der Männer schützen und verhüllen sollen. Diese nonverbale Aussage ist des Pudels Kern. Darin ist enthalten, dass Männer und Frauen in der Öffentlichkeit nicht gleichberechtigt sind, also ein Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 GG.“
Soll das weibliche Logik sein? Versuchen wir es einmal mir richtiger Logik: Wenn die Verhüllung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau widerspricht (was nur dann funktioniert, wenn vorausgesetzt wird, dass Männer unverhüllt sind), dann müsste die Entblößung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau genauso widersprechen — vorausgesetzt, dass Männer nicht in derselben Weise entblößt sind. Und genau das ist in der Regel ja auch tatsächlich der Fall. Männermode und Frauenmode unterscheiden sich in den zeitgenössischen westlichen Konsumgesellschaften nämlich deutlich: Frauen sind dazu aufgefordert, vielmehr Haut zu zeigen als Männer (außer in der Bademode), mehr Brust, mehr Bein, mehr Haar.
Wenn also nun die Bedeckung des Haupthaares („Kopftuch“) bereits eine unzulässige Verhüllung darstellt, dann müsste ein klassisches Dekolleté doch erst Recht unzulässig sein als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG, da es, gesellschaftlicher Konvention zu Folge, Männern in denselben Situationen nicht in derselben Weise erlaubt ist, sich zu entblößen, wie Frauen. (Herr Sauer dürfte in Bayreuth nicht in derselben Weise die Anatomie seiner Milchdrüsen vorführen wie Frau Merkel.)
Durch die „nonverbale Aussage“ partieller weibliche Nacktheit werden also entweder Männer als weniger objektifizierenswert, weniger begehrenswert als Frauen oder umgekehrt Frauen als begehrenswerter, eher des Objektstatusses würdig als Männer behauptet. Beides widerspricht der geforderten Gleichheit der Geschlechter. Ist das Kopftuch gleichheitswidrig, dann sind es Dirndl und Minirock ebenfalls.
Anders gesagt: Wenn eine Frau, die ein Kopftuch trägt, implizit (gleichsam „objektiv“ im Unterschied zu ihren möglichen subjektiven Überzeugungen) eine Verfassungsfeindin ist, dann ist auch jede Frau, die dem Ideal der Bordsteinschwalbe nacheifert — und darauf läuft das zeitgenössische weibliche Körperideal der westlichen Konsumgesellschaften ja offensichtlich hinaus —, ebenfalls eine Verfassungsfeindin. Objektiv, auch wenn sie selbst im tiefsten Inneren ihres Herzens glühend davon überzeugt ist, mit tiefem Ausschnitt, kurzem Kleidchen, hochhackigen Stiefeln, umfassend angemaltem Gesicht und kübelweise Parfüm nur ihrer eigenen Emanzipation und der ihrer ebenfalls aufgeklärten Geschlechtsgenossinnen zu dienen.
Hier zu Erinnerung: So lange in Deutschland und Österreich nur Putzfrauen und die Ehefrauen der Gemüsehändler Kopftücher trugen, war das kein Thema. Erst seit Frauen mit Herkunft („Migrationshintergrund“) auch Lehrerinnen und Richterinnen werden wollen, gibt es ein Problem. Damit ist der rassistische und klassistische Charakter der „Kopftuchdebatte“ offengelegt. Viel mehr gibt dann auch schon nicht mehr zu sagen.
Außer vielleicht, dass es keinen Grund gibt, das „orientalische“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen sich in der Öffentlichkeit nicht Sexualobjekt inszenieren sollen, für minderwertiger zu halten als das „westliche“ (hetero-)sexistische Modell, wonach Frauen genau das tun sollen.
Nun gibt es allerdings Feministinnen, die gerade in der Pflicht für Frauen, sich mittels Mode und Kosmetik ständig als Gegenstand (heterosexuellen) männlichen Begehrens zur Verfügung zu halten, ein „Recht“ erblicken wollen („Sie tun das nur für sich selbst, um sich schön zu fühlen“) und die Durchsetzung dieses „Rechtes“, also die Allgegenwärtigkeit von Frauenkörpern als potenziellen Objekten der Begierde, als „Befreiung“ interpretieren.
Und dann gibt es noch die Frauen, die auf Frauen, die sich dieser Norm entziehen, indem sie, aus welchem Grund auch immer, auf Techniken der Verhüllung und Verschleierung zurückgreifen, einen regelrechten Hass kultivieren.
„Eine Lehrerin mit Kopftuch kann im tiefsten Inneren ihres Herzens eine glühende Verfassungspatriotin sein“, verkündet zum Beispiel Seyran Ates. „Dennoch ist allein ihr Auftreten geeignet, ein Frauenbild zu vermitteln, welches besagt, dass Frauen sich vor den Blicken der Männer schützen und verhüllen sollen. Diese nonverbale Aussage ist des Pudels Kern. Darin ist enthalten, dass Männer und Frauen in der Öffentlichkeit nicht gleichberechtigt sind, also ein Widerspruch zu Art. 3 Abs. 2 GG.“
Soll das weibliche Logik sein? Versuchen wir es einmal mir richtiger Logik: Wenn die Verhüllung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau widerspricht (was nur dann funktioniert, wenn vorausgesetzt wird, dass Männer unverhüllt sind), dann müsste die Entblößung von Frauen in der Öffentlichkeit der Gleichberechtigung von Mann und Frau genauso widersprechen — vorausgesetzt, dass Männer nicht in derselben Weise entblößt sind. Und genau das ist in der Regel ja auch tatsächlich der Fall. Männermode und Frauenmode unterscheiden sich in den zeitgenössischen westlichen Konsumgesellschaften nämlich deutlich: Frauen sind dazu aufgefordert, vielmehr Haut zu zeigen als Männer (außer in der Bademode), mehr Brust, mehr Bein, mehr Haar.
Wenn also nun die Bedeckung des Haupthaares („Kopftuch“) bereits eine unzulässige Verhüllung darstellt, dann müsste ein klassisches Dekolleté doch erst Recht unzulässig sein als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 GG, da es, gesellschaftlicher Konvention zu Folge, Männern in denselben Situationen nicht in derselben Weise erlaubt ist, sich zu entblößen, wie Frauen. (Herr Sauer dürfte in Bayreuth nicht in derselben Weise die Anatomie seiner Milchdrüsen vorführen wie Frau Merkel.)
Durch die „nonverbale Aussage“ partieller weibliche Nacktheit werden also entweder Männer als weniger objektifizierenswert, weniger begehrenswert als Frauen oder umgekehrt Frauen als begehrenswerter, eher des Objektstatusses würdig als Männer behauptet. Beides widerspricht der geforderten Gleichheit der Geschlechter. Ist das Kopftuch gleichheitswidrig, dann sind es Dirndl und Minirock ebenfalls.
Anders gesagt: Wenn eine Frau, die ein Kopftuch trägt, implizit (gleichsam „objektiv“ im Unterschied zu ihren möglichen subjektiven Überzeugungen) eine Verfassungsfeindin ist, dann ist auch jede Frau, die dem Ideal der Bordsteinschwalbe nacheifert — und darauf läuft das zeitgenössische weibliche Körperideal der westlichen Konsumgesellschaften ja offensichtlich hinaus —, ebenfalls eine Verfassungsfeindin. Objektiv, auch wenn sie selbst im tiefsten Inneren ihres Herzens glühend davon überzeugt ist, mit tiefem Ausschnitt, kurzem Kleidchen, hochhackigen Stiefeln, umfassend angemaltem Gesicht und kübelweise Parfüm nur ihrer eigenen Emanzipation und der ihrer ebenfalls aufgeklärten Geschlechtsgenossinnen zu dienen.
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