Die Empörung ist groß ― und meiner Meinung nach ziemlich heuchlerisch. Was ist geschehen? Ein paar Quasi-Nazis haben ein paar Quasi-Nazis getroffen und in gemütlicher Runde darüber phantasiert, wie sie alle Undeutschen im Lande loswerden möchten. Das ist dumm und widerlich, durchaus, und man kann und soll sich darüber empören. Aber reichlich heuchlerisch ist es, menschenfeindliche Überlegungen zur Bevölkerungs-zusammensetzung nur unerträglich zu finden, wenn sie von Identitären, AfD, Wertunion usw. kommen, nicht aber von CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen, obwohl deren Konzepte und Praktiken sich nur graduell, nicht prinzipiell von rechten Reinheitsgebote unterscheiden.
„Kriminelle Ausländer ausweisen“ ist ein Motto, dem große Teile der Bevölkerung und Politik zustimmen. Auch „Wer sich nicht integrieren will, fliegt“, „Wir können nicht alle aufnehmen, es sind zu viele“ und „Menschen ohne Bleibeperspektive sollen gar nicht erst ins Land kommen“ sind beliebt und mehrheitsfähig.
Dass bei manchen Politikern und Politikerinnen der Zusatz „Wenn das im Rahmen der Gesetze und Abkommen möglich ist“ eine Rolle spielt, ist zwar unter Umständen in praktischer Hinsicht, aber keineswegs grundsätzlich eine echte Einschränkung fremdenfeindlicher Politik, denn Gesetze kann man ändern und hat es ja auch immer wieder getan. Selbst der Asyl-Artikel im ach so geheiligten Grundgesetz wurde ausgehöhlt.
Nein, der Wunsch, dass die „Deutschen“ unter sich bleiben und möglichst wenig „Ausländer“ ins Land kommen mögen, ist grundlegend. Nur die, die man braucht, sollen kommen und nur die bleiben dürfen, die man ohne humanitären Gesichtsverlust nicht loswerden kann. Währenddessen wird auch fleißig deportiert. Und man deportierte gern noch mehr, (Freilich, man spricht sonst durchgängig von „Abschiebung“, aber das ist ja nur ein anderes Wort; auffälligerweise wird in der Berichterstattung über Martin Sellners „Masterplan“ und seine Zuhörer hingegen sehr wohl der Ausdruck „Deportation“ verwendet ― auch das macht die Empörung heuchlerisch: deportieren pfui, abschieben hui?)
Was legal ist, bestimmt der Staat. Darum ist an der rechtsextremen Phantasie, gegebenenfalls auch „nicht-assimilierte“ Ausländer, die irgendwie die inländische Staatsbürgerschaft ergattert haben, im Grunde nur die Radikalität, nicht das Prinzip erstaunlich. Der Staat legt fest, wer sein Bürger ist und wer nicht, Einbürgerung und Ausbürgerung sind Rechtsakte.
Dass die Verfassung nun einmal verbiete, die einmal verliehene Staatsbürgerschaft wieder wieder wegzunehmen, stimmt so nicht. Zwar sagt Artikel 16 des Grundgesetzes im ersten Satz: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.“ Im zweiten aber „Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.“ Es gibt also sehr wohl die Möglichkeit des faktischen „Entzugs“ durch einen gesetzlich herbeigeführten „Verlust“. ― An Artikel 16a wurde herumgepfuscht, um das Asylrecht auszuhöhlen, warum nicht auch an 16?
Ausländer bleibt eben Ausländer, egal, was sein „Aufenthaltstitel“ ist oder welchem Staat er angehört. Auf die Abstammung kommt es an. Die rassistische Rede von „Biodeutschen“ (als ob Deutschsein eine biologische Tatsache wäre) beweist das. Und die geltenden Regelungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft ebenfalls.
Während Neugeborene von Geburt an Deutsche sind, wenn ihre Eltern deutsch sind, muss jemand, der Eltern mit undeutscher Herkunft hat, egal, ob er oder sie hier geboren oder zugewandert ist, sich erst um die Staatsangehörigkeit bemühen: erst nach langer Frist und unter rigiden Bestimmungen. Neugeborene, die noch nicht lange (oder überhaupt) im Lande sind, die noch nichts für die Gesellschaft getan, nichts an Steuern und Sozialabgaben geleistet haben, die nur Kosten erzeugen und kein einziges Wort Deutsch können, sind sofort Deutsche, wenn sie die richtige Abstammung haben. Wer die nicht hat, muss erst Wohlverhalten beweisen („Integration“) und sich testen lassen. Dann vielleicht … Dass all das dem verfassungsmäßigen Verbot einer Diskriminierung wegen Herkunft widerspricht, will man nicht wahrhaben.
Die Rechten, die sich bei dem berüchtigten „Geheimtreffen“, das so geheim ja wohl nicht war, an Deportationsphantasien aufgeilten, lassen sich von juristischem Kleinkram ohnehin nicht beirren, sie denken grundsätzlich: biopolitisch, geopolitisch, ethonpolitisch. Der Staat ist ein Machtinstrument, das man für seine Zwecke zu gebrauchen gedenkt: Wenn ungenügende Integration („Assimilation“ sagt Sellner) ein Ausschlusskriterium aus dem Volksgemeinschaft, äh, der staatsbürgerlichen Gemeinschaft ist, kommt es nur darauf an, wer das Genügen oder Ungenügen definiert. Auch die historischen Nazis waren ja nicht nur Massenmörder, sondern wären auch gern „Eindeutscher“ gewesen. (Blöd nur, dass das Tausendjährige Reich nur zwölf Jahre währte, das „Ausmendeln“ unerwünschten Erbguts aber Generationen braucht.)
Denn wer ist schon so richtig blond und blauäugig? Hitler war’s nicht, Sellner ist es auch nicht (und nicht einmal deutscher Staatsbürger). Das Ethnische muss also politisch definiert werden. Staatsangehörigkeit ist Formsache. Wenn man erst an der Macht ist, werden die Leute schon sehen, was möglich ist. Ist erst einmal die Idee etabliert, Volkszugehörigkeit sei mehr als Staatsbürgerschaft ― und das ist angesichts des Alltagsrassismus nicht so undenkbar ―, braucht man die „ethnische“ Segmentierung der Bevölkerung nur noch in legale Förmchen zu gießen. Und bis man das kann, heizt man damit schon mal weiter die Stimmung an, derzufolge „viel zu viele Fremde“ im Land sind und dieses verändern. Zumal, wenn sie „unsere Werte“ nicht teilen. Die im Wesentlich darin bestehen, dass manche Menschen und ihre Gebräuche wertvoller sind als andere …
Rassismus braucht gar nicht in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen, dort war er immer schon. Und am rechten Rand nimmt das dann grandiose Formen an. Angesichts all der „ethnischen Säuberungen“, die auf der Welt stattfinden, entspricht es ja nur dem Selbstbild deutscher Gründlichkeit, solch menschenfeindliche Unrecht großzügig zu organisieren. Warum also nicht die Unerwünschten in ein zu diesem Zweck zu pachtendes Stück Nordafrika ausschaffen? Dort könnten sie dann sogar. unter Aufsicht, versteht sich, ihren eigenen Staat haben (und darum ihrer deutschen Staatsangehörigkeit verfassungskonform verlustig gehen).
Eine solche menschenrechtsfreie Sonderzone ähnelt übrigens weniger dem „Madagaskarplan“ der Nazis ― möglichst viele Juden sollten auf die afrikanische Insel verbracht werden; eine ursprünglich zionistische Phantasie ―, sondern den Forderung nach „Zonen außerhalb Europas“, in denen über Asylanträge rasch entschieden werden solle, ohne dass die Antragstellerinnen und Antragsteller EU-Territorium betreten dürften. Italien hat mit Albanien bekanntlich bereits einen Vertrag über ein solches Anti-Asyl-Zönchen geschlossen, auch wenn das noch lästige rechtliche Hindernisse birgt. Und was genau soll der Unterschied von Rückführung (wie in „Rückführungsabkommen“) und „Remigration“ sein? Es geht so oder so um „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“. Das Sprech ist verschieden, die Unmoral dieselbe.
Ja, es stimmt, was da an identitärem Schmutz und Schund auf großes Interesse bei AfD, Werteunion, CSU usw. stößt, ist widerlich. Und muss politisch als blanker Rassismus bekämpft werden. Aber es unterscheidet sich, wie gesagt, nur graduell, nicht prinzipiell von der absolut mehrheitsfähigen Linie: So wenig Fremde und Fremdes wie möglich. Wer sich aber erst empört, wenn medienwirksame „Geheimtreffen“ stattfinden, und nicht schon über alltäglichen Rassismus und ein rassistisches „Fremdenrecht“, über asylpolitische Restriktionen und grausame Deportationen, über das Abstammunsprinzip im Staatbürgerschaftsrecht und all die weiteren Ungehörigkeiten, der ist einfach zu spät dran.
Dass bei manchen Politikern und Politikerinnen der Zusatz „Wenn das im Rahmen der Gesetze und Abkommen möglich ist“ eine Rolle spielt, ist zwar unter Umständen in praktischer Hinsicht, aber keineswegs grundsätzlich eine echte Einschränkung fremdenfeindlicher Politik, denn Gesetze kann man ändern und hat es ja auch immer wieder getan. Selbst der Asyl-Artikel im ach so geheiligten Grundgesetz wurde ausgehöhlt.
Nein, der Wunsch, dass die „Deutschen“ unter sich bleiben und möglichst wenig „Ausländer“ ins Land kommen mögen, ist grundlegend. Nur die, die man braucht, sollen kommen und nur die bleiben dürfen, die man ohne humanitären Gesichtsverlust nicht loswerden kann. Währenddessen wird auch fleißig deportiert. Und man deportierte gern noch mehr, (Freilich, man spricht sonst durchgängig von „Abschiebung“, aber das ist ja nur ein anderes Wort; auffälligerweise wird in der Berichterstattung über Martin Sellners „Masterplan“ und seine Zuhörer hingegen sehr wohl der Ausdruck „Deportation“ verwendet ― auch das macht die Empörung heuchlerisch: deportieren pfui, abschieben hui?)
Was legal ist, bestimmt der Staat. Darum ist an der rechtsextremen Phantasie, gegebenenfalls auch „nicht-assimilierte“ Ausländer, die irgendwie die inländische Staatsbürgerschaft ergattert haben, im Grunde nur die Radikalität, nicht das Prinzip erstaunlich. Der Staat legt fest, wer sein Bürger ist und wer nicht, Einbürgerung und Ausbürgerung sind Rechtsakte.
Dass die Verfassung nun einmal verbiete, die einmal verliehene Staatsbürgerschaft wieder wieder wegzunehmen, stimmt so nicht. Zwar sagt Artikel 16 des Grundgesetzes im ersten Satz: „Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.“ Im zweiten aber „Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.“ Es gibt also sehr wohl die Möglichkeit des faktischen „Entzugs“ durch einen gesetzlich herbeigeführten „Verlust“. ― An Artikel 16a wurde herumgepfuscht, um das Asylrecht auszuhöhlen, warum nicht auch an 16?
Ausländer bleibt eben Ausländer, egal, was sein „Aufenthaltstitel“ ist oder welchem Staat er angehört. Auf die Abstammung kommt es an. Die rassistische Rede von „Biodeutschen“ (als ob Deutschsein eine biologische Tatsache wäre) beweist das. Und die geltenden Regelungen zum Erwerb der Staatsbürgerschaft ebenfalls.
Während Neugeborene von Geburt an Deutsche sind, wenn ihre Eltern deutsch sind, muss jemand, der Eltern mit undeutscher Herkunft hat, egal, ob er oder sie hier geboren oder zugewandert ist, sich erst um die Staatsangehörigkeit bemühen: erst nach langer Frist und unter rigiden Bestimmungen. Neugeborene, die noch nicht lange (oder überhaupt) im Lande sind, die noch nichts für die Gesellschaft getan, nichts an Steuern und Sozialabgaben geleistet haben, die nur Kosten erzeugen und kein einziges Wort Deutsch können, sind sofort Deutsche, wenn sie die richtige Abstammung haben. Wer die nicht hat, muss erst Wohlverhalten beweisen („Integration“) und sich testen lassen. Dann vielleicht … Dass all das dem verfassungsmäßigen Verbot einer Diskriminierung wegen Herkunft widerspricht, will man nicht wahrhaben.
Die Rechten, die sich bei dem berüchtigten „Geheimtreffen“, das so geheim ja wohl nicht war, an Deportationsphantasien aufgeilten, lassen sich von juristischem Kleinkram ohnehin nicht beirren, sie denken grundsätzlich: biopolitisch, geopolitisch, ethonpolitisch. Der Staat ist ein Machtinstrument, das man für seine Zwecke zu gebrauchen gedenkt: Wenn ungenügende Integration („Assimilation“ sagt Sellner) ein Ausschlusskriterium aus dem Volksgemeinschaft, äh, der staatsbürgerlichen Gemeinschaft ist, kommt es nur darauf an, wer das Genügen oder Ungenügen definiert. Auch die historischen Nazis waren ja nicht nur Massenmörder, sondern wären auch gern „Eindeutscher“ gewesen. (Blöd nur, dass das Tausendjährige Reich nur zwölf Jahre währte, das „Ausmendeln“ unerwünschten Erbguts aber Generationen braucht.)
Denn wer ist schon so richtig blond und blauäugig? Hitler war’s nicht, Sellner ist es auch nicht (und nicht einmal deutscher Staatsbürger). Das Ethnische muss also politisch definiert werden. Staatsangehörigkeit ist Formsache. Wenn man erst an der Macht ist, werden die Leute schon sehen, was möglich ist. Ist erst einmal die Idee etabliert, Volkszugehörigkeit sei mehr als Staatsbürgerschaft ― und das ist angesichts des Alltagsrassismus nicht so undenkbar ―, braucht man die „ethnische“ Segmentierung der Bevölkerung nur noch in legale Förmchen zu gießen. Und bis man das kann, heizt man damit schon mal weiter die Stimmung an, derzufolge „viel zu viele Fremde“ im Land sind und dieses verändern. Zumal, wenn sie „unsere Werte“ nicht teilen. Die im Wesentlich darin bestehen, dass manche Menschen und ihre Gebräuche wertvoller sind als andere …
Rassismus braucht gar nicht in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen, dort war er immer schon. Und am rechten Rand nimmt das dann grandiose Formen an. Angesichts all der „ethnischen Säuberungen“, die auf der Welt stattfinden, entspricht es ja nur dem Selbstbild deutscher Gründlichkeit, solch menschenfeindliche Unrecht großzügig zu organisieren. Warum also nicht die Unerwünschten in ein zu diesem Zweck zu pachtendes Stück Nordafrika ausschaffen? Dort könnten sie dann sogar. unter Aufsicht, versteht sich, ihren eigenen Staat haben (und darum ihrer deutschen Staatsangehörigkeit verfassungskonform verlustig gehen).
Eine solche menschenrechtsfreie Sonderzone ähnelt übrigens weniger dem „Madagaskarplan“ der Nazis ― möglichst viele Juden sollten auf die afrikanische Insel verbracht werden; eine ursprünglich zionistische Phantasie ―, sondern den Forderung nach „Zonen außerhalb Europas“, in denen über Asylanträge rasch entschieden werden solle, ohne dass die Antragstellerinnen und Antragsteller EU-Territorium betreten dürften. Italien hat mit Albanien bekanntlich bereits einen Vertrag über ein solches Anti-Asyl-Zönchen geschlossen, auch wenn das noch lästige rechtliche Hindernisse birgt. Und was genau soll der Unterschied von Rückführung (wie in „Rückführungsabkommen“) und „Remigration“ sein? Es geht so oder so um „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“. Das Sprech ist verschieden, die Unmoral dieselbe.
Ja, es stimmt, was da an identitärem Schmutz und Schund auf großes Interesse bei AfD, Werteunion, CSU usw. stößt, ist widerlich. Und muss politisch als blanker Rassismus bekämpft werden. Aber es unterscheidet sich, wie gesagt, nur graduell, nicht prinzipiell von der absolut mehrheitsfähigen Linie: So wenig Fremde und Fremdes wie möglich. Wer sich aber erst empört, wenn medienwirksame „Geheimtreffen“ stattfinden, und nicht schon über alltäglichen Rassismus und ein rassistisches „Fremdenrecht“, über asylpolitische Restriktionen und grausame Deportationen, über das Abstammunsprinzip im Staatbürgerschaftsrecht und all die weiteren Ungehörigkeiten, der ist einfach zu spät dran.
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