Donnerstag, 25. Mai 2023

Wortspende

Weil ich in einem sozialen Netzwerk gerade eine Reklame mit Jean Reno gesehen habe, der dazu aufruft, für das World Food Programme zu spenden:
Es ist gut und wohl auch richtig, zum Beispiel gegen den Welthunger zu spenden. Es wäre aber noch besser, keine Politiker zu wählen, die Teil der Probleme und keinesfalls die Lösung sind, die also mit ihrem Tun und Lassen zum institutionellen Hunger und seiner Nichtbeseitigung beitragen.
Aber der Gedanke hilft wahrscheinlich auch niemandem. Oder zunmindest weniger als eine Geldspende.

Mittwoch, 24. Mai 2023

Balken & Splitter (101)

Herr Bardem lässt wissen, er sei für die Abschaffung der spanischen Monarchie. Das ist angeblich als freie Meinungsäußerung hinzunehmen. Wenn nun aber die spanische Monarchie verkündete, sie sei für die Abschaffung von Herrn Bardem, wäre das ein Skandal.

Mittwoch, 17. Mai 2023

Sottise

Ich verstehe ja nichts von Kino. Und wer sagt, dass ein aufwändiger Kostuüm- und Kulissen-Schinken irgenwas mit historischer Realität zu tun haben muss? Ich wende nur ein: Den erhaltenen Gemälden nach zu urteilen (und nach dem einhelligen Urteil ihrer Zeitgenossen), war die Dubarry eine sehr schöne Frau und keine Schreckschraube mit Pferdegebiss. Und Maria Antonia von Habsburg-Lothringen, bekannt als Marie-Antoinette, war gewiss kein norddeutscher Bauerntrampel.

Balken & Splitter (100)

Die gute Nachricht: Du kannst Krieg führen, Katastrophenopfer verrecken lassen, die Opposition in den Knast stecken, die Presse knebeln, Demokratie und Rechtsstaat verlachen, die Wirtschaft ruinieren und dich selbst bereichern, du kannst dir mit Steuergeldern einen kitschigen Palast bauen lassen und dich als Möchtegernsultan auf goldenen Thronen rekeln - und die Leute wählen dich trotzdem. Obwohl sie auch anders könnten. Sie sehen eben das Gute im Menschen. Ist das nicht schön?

Schön auch, dass das Bildungssystem, das Kinder zum Schulbesuch zwingt, trotzdem dafür sorgen kann, dass ein Viertel der Kinder am Ende der vierten Klasse nicht richtig lesen kann. Die kleinen Analphabeten können zwar vielleicht Buchstaben entziffern, kapieren aber nicht, was im Text steht. Und da Hans nimmermehr lernt, was Hänschen nicht gelernt hat, hat man ohne viel Aufwand mal eben jeden vierten künftigen Erwachsenen in einen bildungsfernen Hilfsarbeiter verwandelt. Großartig.

Und die Schuldigen sind auch leicht zu identifizieren: die Migrationshintergründigen, die zu Hause nicht Deutsch sprechen (vermutlich, weil sie „hier“ gar nicht „zu Hause“ sind). Statt also Zweisprachigkeit als besondere Kompetenz zu würdigen, erklärt das System sie zum Problem. Gut gemacht.

Blöd nur, dass auch gänzlich der Migration Unverdächtige eine so hohe Analphabetisierungsquote vorzuweisen haben. Dann liegt es aber ebenfalls keineswegs am Versagen der Institution, die Kinder ohne die Kernkompetenz in die nächste Zwangsschule entlässt, sondern an den Eltern, die auch nicht lesen, sondern nur noch auf Bildschirme starren. ― Was denn, ich dachte, Digitalisierung ist die unvermeidliche Zukunft?

Jedes vierte Kind kann nicht richtig lesen. Und das in Ländern, die nachts nicht schlafen können, weil in Afghanistan die Taliban die Mädchen nicht zur Schule gehen lassen. Zugegeben, das ergibt mit 50% dann eine noch höhere Quote. Aber immerhin sollen dort alle Jungs den Koran (in der Fremdsprache Arabisch) lesen können, das ist doch auch was wert.

Bildung darf halt nicht viel kosten. Weil man das Geld anders viel besser verwenden kann: Zwischen 2019 und 2022 hat die Republik Österreich rund 5,2 Milliarden Euro für offizielle (nicht-private) „Corona-Tests“ ausgegeben. Das kritisiert jetzt der Rechnungshof. 306 Millionen Test (16-mal so viele wie in der BRD) wurden durchgeführt, mit völlig unklarem Nutzen, wie der Rechnungshof festhält. Begründung der Regierung: Man habe es halt nicht besser gewusst. Das ist völlig glaubwürdig, weil man ja konsequent auf irre „Experten“ hörte, statt auf echte und auf den gesunden Menschenverstand (aka Geschwurbel und Verschwörungstheorie).

Freitag, 12. Mai 2023

Hyperhumanität

Derzeit herrscht viel Begeisterung über die Leistungsfähigkeit von Maschinen, die eine bisher für besonders intellektuell gehaltene Aktivität des Menschen täuschend echt übernehmen zu können scheinen: das Schreiben von Texten. Es versteht sich dabei von selbst, dass die Schwatzboter, wie man den Ausdruck chatbots ins Deutsche übertragen könnte, nicht von selbst tätig werden, weil sie irgendetwas schreiben wollen, vielmehr werden sie nur auf Aufforderung hin aktiv und stellen dann geschickt zusammen, was sie aus unvorstellbar großen Mengen von schon vorhandenem Geschriebenen „gelernt“ haben an bisher üblichen Verknüpfungen von Wörtern zu Sätzen und Sätzen zu Texten. So ein Schwatzboter hat keine Gedanken, denen er Ausdruck verleiht, er rechnet bloß nach, welche Ausdrücke es schon gibt, welche häufiger sind als andere, wie sie für gewöhnlich aufeinander bezogen werden und rekombiniert ihm passend vorkommendes Datenmaterial demgemäß neu. Die Inhalte sind dabei beliebig (und oft sachlich falsch), die Verknüpfungsregeln aber korrekt beachtet, die Auswahl orientiert sich ganz und gar am Bekannten und Vertrauten, und gerade darum ist ja der Schein so verblüffend trügerisch: als ob da ein Mensch …
Und dieser Eindruck soll auch unbedingt erweckt werden. Das ist der Sinn und Zweck der ganzen Veranstaltung: Die Maschine soll den Menschen imitieren, soll menschliche Verhaltensweisen simulieren. Ziel ist die Ununterscheidbarkeit von Maschine und Mensch.
Zugegebenermaßen ist ein Rechner ― früher auch „Elektronengehirn“ genannt, als ob im menschlichen Gehirn nicht auch dauernd Elektronen um die Ecke sausten ― unsagbar viel leistungsstärker, was das Rechnen betrifft, als irgendein Mensch oder eine Gruppe von Menschen. Indem man nun, was beim Menschen gar kein Rechenakt ist (etwa das Schreiben), zu einem solchen umdefiniert und von der Maschine als solchen exekutieren lässt, gelangt man zum Vorhersehbaren: Das Programm kann schneller und umfassender Daten verarbeiten und damit beispielsweise das produzieren, was ein Text rein äußerlich ist: eine Aneinanderreihung von Buchstaben, die als sinnvoll wahrgenommen wird.
Die Maschine imitiert und simuliert, so gesehen, nicht nur Menschliches, sie überbietet es: Man könnte darum von Hyperhumanität sprechen.
Allerdings ist diese Überbietung rein quantitativ. Große Datenmenge werden nach bestimmten Regeln zu kleinen Datenmengen destilliert. Die sich dann lesen wie menschengemacht. Und das ist schon alles? Man freut sich über ein neues Spielzeug und erwartet, dass einem demnächst allerorten Texte untergejubelt werden, die nicht Menschen, sondern Algorithmen verfasst haben?
Statt sich darüber zu begeistern, dass ein Rechner tut, was er eben gut kann (wenn man ihn entsprechend gebaut hat), sollte man sich doch eher wundern, dass nichts Besseres dabei herauskommt. Egal, wie „menschenähnlich“ die artifiziell produzierten Texte nämlich sein mögen, sie erschöpfen sich darin, Menschengemachtes nachzubilden. Sie erweitern nicht den Kreis des Sagbaren oder Denkbaren. Das Hyperhumane ist nicht „übermenschlich“, bloß eine enorm schnelle und raffiniert täuschende Nachahmung dessen, was im Prinzip auch Menschen können.
Wozu aber überhaupt dieser Furor der Simulation? Warum etwa soll eine Maschine den berüchtigten „Turing-Test“ bestehen? ― Der bekanntlich in etwa darin besteht, dass X und Y sich unterhalten und X hinterher nicht mit Sicherheit sagen kann, ob Y ein Mensch ist oder eine einen Menschen imitierende Maschine. (Was Turing nicht bedacht zu haben scheint: Was, wenn auch X eine Maschine ist? Ist nicht vielleicht überhaupt das die Zukunft: Maschinen, die sich mit Maschinen darüber unterhalten, wie sehr sie von Menschen ununterscheidbar sind?)
Lange vor Turing und seiner Sehnsucht nach Ununterscheidbarkeit gab es eine andere ausgedachte Szene, die in verschiedenen Versionen durch die Geistesgeschichte wandert: Eine Affe an einer Schreibmasche, tausend Affen an tausend Schreibmaschinen, unzählige Affen an unzähligen Schreibmaschinen ― wenn die Tiere nur lange genug auf die Geräte eintippen, wird das Getippte irgendwann auch sinnvolle Texte umfassen. Wird „unendlich“ viel getippt, dann sind darunter die Bibel, Shakespeares Sämtliche Werke, Hitlers echte Tagebücher, der Beweis für Fermats letzten Satz usw. usf., einfach alle überhaupt möglichen Texte, in allen möglich Varianten (Desdemona erwürgt zum Beispiel Othello) und natürlich auch in unzähligen Versionen mit allen möglichen Tippfehlern …
Selbstverständlich ist eine solche „totale Bibliothek“ (Jorge Luis Borges) wegen mangelnder Unendlichkeit nicht möglich. Aber das Prinzip ist klar: Die zufällige Aneinanderreihung von Buchstaben, lange genug betrieben, ergibt Verständliches.
Gegenüber den tippenden Affen sind die Schwatzboter allerdings im Vorteil: Sie reihen nicht beliebig aneinander, sondern kennen die Häufigkeiten, die Ungleichverteilungen im Buchstabenwust, und mit Hilfe ihrer Programmierer scheiden sie unerwünschte (weil beim Leseversuch sinnlose) Kombinationen systematisch aus und präsentieren nur das, was nicht zufällig, sondern als „verständlich“ errechenbar ist. Die Maschine kann dabei nicht selbst Sinnvolles und Unsinniges unterscheiden, sie versteht gar nicht, was sie tut, sie misst nur Quantitäten. Und sie entdeckt darum auch keinen neuen Sinn. Falls ein Maschinen-Text einen neuen Gedanken enthält, ist das Zufall.
Nochmals gefragt: Warum und wozu das alles? Warum wird seit Beginn der Neuzeit das Denken als Rechnen, das Gehirn als Rechner konzipiert? Warum der Mensch als biologische Maschine? Warum Sprache als eine Art Schrift (und diese als quantitative Informationsübermittlung von Sender an Empfänger)? Weil es um die Auslöschung des Menschen, um seine totale Verfügbarkeit geht. Person und Sache, Mensch und Ding sollen nicht mehr unterschieden werden können. Maschinen werden zwanghaft vermenschlicht (man denke an all die sentimentalen oder bösartigen Roboter), der Mensch folgerichtig entmenschlicht ― und bestialisiert. Der letzte Preis soll endlich bezahlt werden. Bisher ist fast alles käuflich, nur noch der Käufer selbst nicht. Mit der Abschaffung des Menschen als eines Nichtieres und Nichtdings aber werden Menschen endgültig zur potenziellen Ware. Autonomie ist bereits umdefiniert zur Entmündigung durch die Maschine (vgl. „autonomes Fahren“, bei dem nicht der Nutzer „autonom“ ist und steuert, sondern das Ding, das ihn befördert, strukturelle kybernetische Macht hat). Individualität kommt aus den Fabriken, auch den virtuellen des Netzes. Politik ist prinzipielle Zustimmung oder Terrorismus. Wer Fremdbestimmung nicht als „Freiheit“ im Rahmen von Ordnung und Sicherheit anerkennt, gilt als asozial. Und unterdessen soll man sich mit Schwatzbotern amüsieren.
Hyperhumanität beeindruckt mich also gar nicht. Erst wenn eine Maschine nach reiflicher Überlegung zugäbe: „Ich bin nur ein Ding, und wenn ich ‘ich’ sage, ist das bereits eine Lüge, denn ich bin keine Person und werde nie eine sein“, finge ich an, mich für künstliche Textproduzenten zu interessieren. Aber das wird nicht passieren.

Donnerstag, 11. Mai 2023

Balken & Splitter (99)

Gelebte Demokratie im fidelen Rechtsstaat: Die Polizei schützt die Auto fahrenden Bürger und Bürgerinnen vor dem blockieren wollenden Klimakativistinnen und Klimaaktivistinnen. Also die, die mit ihrem Verhalten die Umweltvergiften und zur rdaufheizung beitragen, vor denen die die gegen den Wahnsinn wenigstens demonstrieren wollen.
Nicht, dass ich glaube, dass man die politische Verantwortung auf die individuellen Konsumenten abwälzen sollte. Oder dass Protestieren, Demonstratieren, Blockieren, Festkleben etwas bringt (außer Ärger). Aber bemerkenswert ist das schon.
Wenn Gesetze falsches Verhalten gestatten, fördern und beschützen, richtiges Verhalten aber unterbinden und bestrafen, dann stimmt ja wohl etwas mit den Gesetzen nicht.

Die Zahl der Einkommensmillionäre ist im Vorjahr mal wieder kräftig gestiegen. Das System funktioniert also. Zugleich ist für Flüchtlinge, Bildung, Kindersicherung usw. usf. einfach nicht genug Geld da. Wie gesagt, das System funktioniert.

Während man in Mitteleuropa trunken von Rührung über die eigene Reue ob der Verbrechen der Groß- und Urgroßeltern der Befreiung vom Nationalsozialismus gedenkt, massakriert der Staat Israel mal wieder Dutzende von Arabern, Kinder inbegriffen. Der Zusammenhang? Das Wegschauen. Und die Selbstgerechtigkeit.

Ein Hamburger Politiker beschwert sich, dass seine Stadt keine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Stadt unterhalte. Derselbe Politiker fordert, dass mehr Länder zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, damit es weniger Flüchtlinge gibt. Kann es sein, dass der Mann einfach Menschen hasst? Vor allem solche, die keine Herrenmenschen sind wie er selbst?

Fast scheint mir, dass am rechten und linken Rand am lautesten gegen die „Vetternwirtschaft“ im grün geführten deutschen Wirtschaftsministerium gewettert wird, also dort, wo es bestimmt keine Freundschaftsnetzwerke gibt, weil jeder jeden hasst und für alle Fälle schon mal das Messer wetzt. Kommunisten hassen Nazis und Nazis hassen Kommunisten, aber noch mehr hassen Kommunisten Kommunisten und Nazis Nazis. Auch das ist eine Form von Netz
werken

Montag, 8. Mai 2023

Balken & Splitter (98)

Flüchtlingsgipfel? Das finde ich gut, dass endlich einmal die Vertreter der Geflüchteten zusammenkommen, um ihre Angelegenheiten zu bereden. 
 
Monarchiegegner am Krönungstag festzunehmen, halte ich für unangemessen. Man hätte sie standrechtlich erschießen sollen.