Und wieder einmal wurde eine Studie zum beliebten Thema „sexueller Missbrauch“ in der römisch-katholischen Kirche“ vorgestellt, diesmal das Bistum Münster betreffend. Man kann als Medienkonsument wohl ein gewisses Gähnen nicht unterdrücken. Denn die Öffentlichkeit erfährt auch bei der Vorstellung dieses dickbändigen Werkes nichts Neues, nichts, was man ihr nicht zuvor immer wieder eingetrichtert hätte: Kleriker sind Sexmonster, die sich an unseren Kindern vergreifen, wo immer man sie lässt.
Allerdings geben die berichteten Zahlen das eigentlich nicht her. Für den Zeitraum von 75 Jahren (1945 bis 2020) werden gerade einmal 610 „Opfer“ und 183 „Täter“ behauptet. (Selbstverständlich wird dabei wie stets jeder bloße Vorwurf als erwiesener „Fall“ behandelt.) Die angeblichen Tätern, so hat man errechnet, stellen vier Prozent aller münsterischen Priester im Untersuchungszeitraum dar. Allerdings muss die Studie zugeben, dass von den „Tätern“ nur zehn Prozent strafrechtlich belangt wurden. Nun gilt bekanntlich das rechtsstaatliche Prinzip, wonach ein Beschuldigter als unschuldig zu gelten hat, bis ein Gericht sein Schuld feststellt, auf keinen Fall für katholische Priester. Sonst müsste ja von einem Anteil 0,4 Prozent die Rede sein ... Mit anderen Worten: 99,6 Prozent der Kleriker im Bistum Münster zwischen 1945 und 2020 haben sich nichts zu schulden kommen lassen. Eigentlich eine großartige Nachricht.
Das hindert naturgemäß niemanden an der Rede vom „flächendeckenden Missbrauch“. Der selbstverständlich „vertuscht“ worden sei. Nur dass die Vertuschung einer Straftat selbst eine Straftat gewesen wäre: Wo sind die Urteile dazu?
Warum melden sich überhaupt die angeblichen Opfer fast immer erst in der Öffentlichkeit, wenn sie, wegen Verjährung, keinen Wahrheitsbeweis für ihre Beschuldigungen antreten mehr müssen, aber trotzdem auf großzügige Zahlungen aus den Kirchenkassen erhoffen können? Erkennt daran niemand ein Geschäftsmodell? Warum werden die „Opfer“, die sich jederzeit selbst zu solchen ernennen dürfen, allseits hofiert, während andererseits jeder Versuch der geistlichen Leitung, sich schützend vor ihre Untergebenen zu stellen, nicht als selbstverständliche Arbeitgeberpflicht, als seelsorgerische Verantwortung oder als brüderliche Fürsorge wahrgenommen wird, sondern als krimineller Akt der Strafvereitelung? Am liebsten erzwänge man ohnehin den Bruch des Beichtgeheimisses, um an intime Details heranzukommen, mit Vorliebe an schön schmutzige.
Ansonsten hält man sich mit informativen Details aber gern bedeckt. „Missbrauch“ ist in den Medien ein sehr offenes Konzept, das „anzügliche Bemerkungen“ ebenso wie „sexuelle Gewalt“ umfassen soll. Das kommt dem Unterhaltungswert der Berichterstattung zugute. Ebenso das Raunen der Studienmacher über eine mögliche Dunkelziffer. Denn das lässt schaurigen Spekulationen breiten Spielraum. Vielleicht sind es ja zehnmal mehr „Fälle“? Oder hundertmal? Warum nicht tausendmal?
Welche Lust bereitet es so vielen doch, die katholische Kirche als infame Institution zu imaginieren! Längst ist es ja gelungen, römisch-katholische Priester fest mit „Missbrauch“ zu assoziieren. Die Gründe für die perverse Erotomanie dieser sinistren Gesellen sind natürlich nur zu gut bekannt: unterdrückte Homosexualität, Zölibat, keine Frauenordination, zu wenig Macht für Laien. Reformen müssen her! Schon weil im Gegensatz zu den rückständigen Papisten ja bei den Protestanten, die die entsprechenden Reformen längst haben, nie und nirgends irgendwelche Missbrauchsfälle vorkommen ... Das ist alles so dümmlich, dass man schreien möchte!
Dumm und ethisch verwerflich ist auch die Obsession, einerseits die offensichtlich sehr selten Fälle von sexuell motivierten Übergriffen durch katholische Kleriker zum Spektakel aufzublasen, während man andererseits der Wahrheit nicht ins Gesicht sieht, dass fast alle einschlägigen Taten tatsächlich in Familien und deren unmittelbarem Umfeld begangen werden. Wäre man nicht so verhetzt und heuchlerisch, diffamierte man nicht „die Kirche“ als Brutstätte der Unzucht, sondern sähe Väter, Mütter, Onkel, Brüder, Babysitter usw. usf., als die potenziellen „Kinderschänder“, die sie (zumindest zu einem gewissen Prozentsatz) sind.
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