Bekanntlich haben die Franzosen den Terror erfunden. Nicht die Sache, versteht sich, sondern den Begriff: la terreur, ins Deutsche treffend als Schreckensherrschaft übersetzt. Terror ist nämlich, das wird oft absichtsvoll übersehen, in erster Linie staatliches Handeln. Nichtstaatlicher Terrorismus ist demgegenüber der Versuch, die Staatsmacht zu imitieren und durch Gewaltanwendung Politik zu simulieren. La terreur jedenfalls bezeichnet nicht nur eine Phase der Französischen Revolution, sondern eine politische Grundhaltung: Rübe ab bei allen Feinden von Vernunft und Tugend!
Ganz in diesem Sinne funktioniert seit 2010 das gesetzliche Verbot der Verschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit. Einmal abgesehen von der Missachtung des sonst so hochgehaltenen Grundsatzes der Gleichberechtigung der Geschlechter — warum dürfen anscheinend Männer verschleiert sein, Frauen aber nicht? —, drückt sich hier der Vernunft- und Tugendterror deutlich aus: Bestraft wird, wer „unsere“ Vorurteile nicht teilt. Denn eine in der Öffentlichkeit verschleierte Frau ist nicht einfach eine in der Öffentlichkeit verschleierte Frau, sondern zwangsläufig ein Symbol der Gegnerschaft zur „bei uns“ herrschenden Auffassung, wonach der weibliche Körper jederzeit zumindest visuell konsumierbar sein muss. Nicht das weibliche Individuum hat also darüber zu entscheiden, ob und wie es sich präsentieren möchte, sondern die Gesellschaft legt fest, dass Frauen in bestimmter Weise auszusehen haben. Das Gegenteil der öffentlichen Darbietung, die Präsentation bloß im Privaten, gilt demgegenüber als Unfreiheit. So oder so ist es aber das unterstellte männlich-heterosexuelle Begehren, das das Kriterium abgibt: Frauenkörper werden entweder durch permanente visuelle Verfügbarkeit oder permanente öffentliche Unverfügbarkeit sexualisiert.
Ganz in diesem Sinne funktioniert seit 2010 das gesetzliche Verbot der Verschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit. Einmal abgesehen von der Missachtung des sonst so hochgehaltenen Grundsatzes der Gleichberechtigung der Geschlechter — warum dürfen anscheinend Männer verschleiert sein, Frauen aber nicht? —, drückt sich hier der Vernunft- und Tugendterror deutlich aus: Bestraft wird, wer „unsere“ Vorurteile nicht teilt. Denn eine in der Öffentlichkeit verschleierte Frau ist nicht einfach eine in der Öffentlichkeit verschleierte Frau, sondern zwangsläufig ein Symbol der Gegnerschaft zur „bei uns“ herrschenden Auffassung, wonach der weibliche Körper jederzeit zumindest visuell konsumierbar sein muss. Nicht das weibliche Individuum hat also darüber zu entscheiden, ob und wie es sich präsentieren möchte, sondern die Gesellschaft legt fest, dass Frauen in bestimmter Weise auszusehen haben. Das Gegenteil der öffentlichen Darbietung, die Präsentation bloß im Privaten, gilt demgegenüber als Unfreiheit. So oder so ist es aber das unterstellte männlich-heterosexuelle Begehren, das das Kriterium abgibt: Frauenkörper werden entweder durch permanente visuelle Verfügbarkeit oder permanente öffentliche Unverfügbarkeit sexualisiert.
Die beiden Modelle, das westliche und das „orientalische“, sind aber keineswegs symmetrisch. Denn während der Unterschied von „außer Haus verschleiert“ und „im Haus unverschleiert“ immerhin eine nachvollziehbare Logik hat, wäre es reichlich absurd, in der Öffentlichkeit als Nutte rumzulaufen, sich in den eigenen vier Wänden aber in einen Tschador zu hüllen …
Wie auch immer. Das französische Gesetz jedenfalls bringt das Ressentiment („Wieso sehen die nicht aus wie wir?“) in die Form eine exekutierbaren Rationalität („Es ist verboten, nicht auszusehen wie wir“). Ein klassischer Fall von Straftat ohne Opfer. Denn bestraft wird die Trägerin des Schleiers, ganz unabhängig davon, ob die Verschleierung ihre eigene Entscheidung ist oder ihr von anderen nahegelegt oder aufgezwungen wurde. Menschenverachtender kann die Durchsetzung von „Freiheit“ kaum verfahren. Frauen gelten in solchen Fällen de jure als unmündig: Sie können im Grunde gar nicht selbstbestimmt verschleiert sein — das weiß Vater Staat (Mutter Republik) besser als sie selbst —, da die Verschleierung prinzipiell im Widerspruch zur verordneten Konsumfreiheit steht. Und die ist, als Einheit von Demokratie und Kapitalismus, wichtigera ls alles andere.
Ganz Gallien ist also von Rechts wegen eine burkafreie Zone. Ganz Gallien? Nein. Im Städtchen Trappes hat jüngst die polizeiliche Perlustrierung eine verschleierten Frau zu Unruhen geführt. Ein mündiger Mitbürger setzte sich gewalttätig zur Wehr. Hunderte von Jugendlichen nutzten die Gelegenheit zur Rebellion. Gründe haben sie jederzeit mehr als genug. Steine flogen, Autos brannten. Knüppel und Tränengas waren die Antwort. Das Übliche halt. Von rechts, ganz rechts und staatslinks wird Härte gefordert, wie immer. Es geht ja auch nicht um Religion oder Kultur. Es geht um die Macht, andere für minderwertig zu erklären und auszugrenzen. Mit anderen Worten: um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, organisiert als Klassenkampf.
Das Burka-Verbot wird eben darum wohl bleiben. Zu perfekt verkörpert es das Recht des Staates, zwischen gut und böse zu unterscheiden und auf der Grundlage „religiöser Neutralität“ diesen Unterschied zu ethnisieren und in die sozialen Verhältnisse einzutragen. Oder hat man je davon gehört, dass die Ehefrau oder Tochter eines „Ölscheichs“, die elegant verhüllt bei Cartier und Dior shoppen geht, von der Staatsmacht wegen einer solchen Bagatelle wie dem Verschleierungsverbotshesetz belästigt worden wäre?
Wie auch immer. Das französische Gesetz jedenfalls bringt das Ressentiment („Wieso sehen die nicht aus wie wir?“) in die Form eine exekutierbaren Rationalität („Es ist verboten, nicht auszusehen wie wir“). Ein klassischer Fall von Straftat ohne Opfer. Denn bestraft wird die Trägerin des Schleiers, ganz unabhängig davon, ob die Verschleierung ihre eigene Entscheidung ist oder ihr von anderen nahegelegt oder aufgezwungen wurde. Menschenverachtender kann die Durchsetzung von „Freiheit“ kaum verfahren. Frauen gelten in solchen Fällen de jure als unmündig: Sie können im Grunde gar nicht selbstbestimmt verschleiert sein — das weiß Vater Staat (Mutter Republik) besser als sie selbst —, da die Verschleierung prinzipiell im Widerspruch zur verordneten Konsumfreiheit steht. Und die ist, als Einheit von Demokratie und Kapitalismus, wichtigera ls alles andere.
Ganz Gallien ist also von Rechts wegen eine burkafreie Zone. Ganz Gallien? Nein. Im Städtchen Trappes hat jüngst die polizeiliche Perlustrierung eine verschleierten Frau zu Unruhen geführt. Ein mündiger Mitbürger setzte sich gewalttätig zur Wehr. Hunderte von Jugendlichen nutzten die Gelegenheit zur Rebellion. Gründe haben sie jederzeit mehr als genug. Steine flogen, Autos brannten. Knüppel und Tränengas waren die Antwort. Das Übliche halt. Von rechts, ganz rechts und staatslinks wird Härte gefordert, wie immer. Es geht ja auch nicht um Religion oder Kultur. Es geht um die Macht, andere für minderwertig zu erklären und auszugrenzen. Mit anderen Worten: um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, organisiert als Klassenkampf.
Das Burka-Verbot wird eben darum wohl bleiben. Zu perfekt verkörpert es das Recht des Staates, zwischen gut und böse zu unterscheiden und auf der Grundlage „religiöser Neutralität“ diesen Unterschied zu ethnisieren und in die sozialen Verhältnisse einzutragen. Oder hat man je davon gehört, dass die Ehefrau oder Tochter eines „Ölscheichs“, die elegant verhüllt bei Cartier und Dior shoppen geht, von der Staatsmacht wegen einer solchen Bagatelle wie dem Verschleierungsverbotshesetz belästigt worden wäre?
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