„Angesichts der Katastrophe in Japan kommt uns die Feuilletonrundschau ziemlich unwichtig vor. Hier ist sie dennoch (…)“, heißt es bei „Perlentaucher“. Hier lässt der unschuldig wirkende Ungeist kurz seine Maske fallen, als er zwischen der Rolle der Routine und der der Betroffenheit wechselt und wieder zurück. Vor neuneinhalb Jahren, als das symbolischen Universum des Westens endlich die Kränkung real erfahren durfte, die es sich schon so lange zurechtphantasiert hatte, waren ähnliche Fragen zu hören gewesen und bei anderen Gelegenheiten wie dem Weihnachtstsunami 2004 auch. Darf man, wenn alle das gerade aktuelle Unglück bestaunen, weiter von Kunst und Musik, Literatur und Philosophie reden?
Die Antwort ist einfach: Wenn man sich je damit beschäftigen darf, dann auch dann. Wenn das alles aber sowieso nur belanglose Spielerei ist, dann ist es in den Verhältnissen, in denen wir leben, immer schon Unrecht, nicht erst, wenn besonders hervorgehobene Unglücksfälle eintreten.
Für viele ist offensichtlich die in den Feuilletons verhandelte „Kultur“ bloß Zeitvertreib (oder Geschäft). Wie „Sport“, nur eben mit Denken. Gerade wenn dem so ist, stellt sich tatsächlich die Frage, ob all das Geblödel und Geschwafel, all das Zeittotschlagen und Materialverschwenden wirklich so harmlos ist, wie man es gerne haben möchte. Dient dann der ganze Kulturbetrieb nicht einfach der Zerstreuung und Ablenkung, damit die Leute aufs Wesentliche nicht aufmerksam werden?
Die Ereignisse in Japan und ihre heute noch gar nicht abzuschätzenden Folgen sind schrecklich, das stimmt, und es kann einem schon den Appetit auf Amüsement verschlagen, wenn man an die Ertrunkenen und Verstrahlten denkt. Aber finden furchtbare Katastrophen nicht jeden Tag statt?
Eben war ja noch Libyen ein Thema. Doch nicht nur dort sterben Menschen in Kriegen und anderen gewaltsamen Auseiandersetzungen. Andere verrecken an vermeidbaren Krankheiten oder an Unterernährung. Kurzum, die Welt ist für viele, viel zu viele eine reale Hölle. Sie ist erfüllt von himmelschreiendem Unrecht aber rings um das, was Fernsehen und Internet thematisieren, herrscht bemerkenswerte Stille.
Wozu „Kultur“, wenn sie zum Wesentlichen schweigt? Muss sie unbedingt so geistlos sein, wie die, die von ihren Effekten profitieren, sie haben möchten? In Wahrheit muss die Frage nach der Berechtigung von Feuilletons in Zeiten des Unglücks nämlich ganz anders gestellt werden als anhand der bloß eingebildenten Alternative von „Kultur statt Katastrophe“ oder „Katastrophe statt Kultur“. Man sollte vielmehr endlich aufhören, so zu tun, als wüsste man nicht, dass „Kultur“ ein wichtiger Teil des Katastrophischen ist, das sie nur ausschnittsweise thematisiert.
Wenn es also angesichts der wirklichen Verhältnisse, in den Menschen leben — nicht zuletzt die außerhalb der Horizonte des Westens —, je legitim ist, Bücher und Artikel zu schreiben und zu lesen, Musik zu komponieren, sie aufzuführen und zu hören, Bilder und anderes zu herzustellen, auszustellen und zu betrachten, Theater zu machen und ins Theater zu gehen, wenn es je legitim ist Wissenschaft zu treiben und über Gott und Welt, Recht und Unrecht, Glück und Unglück, Wünsche und Möglichkeiten nachzudenken — dann ist es das auch jetzt. Und wenn es das sonst nicht ist, sollte es ab heute gefälligst endlich so werden.
Die Antwort ist einfach: Wenn man sich je damit beschäftigen darf, dann auch dann. Wenn das alles aber sowieso nur belanglose Spielerei ist, dann ist es in den Verhältnissen, in denen wir leben, immer schon Unrecht, nicht erst, wenn besonders hervorgehobene Unglücksfälle eintreten.
Für viele ist offensichtlich die in den Feuilletons verhandelte „Kultur“ bloß Zeitvertreib (oder Geschäft). Wie „Sport“, nur eben mit Denken. Gerade wenn dem so ist, stellt sich tatsächlich die Frage, ob all das Geblödel und Geschwafel, all das Zeittotschlagen und Materialverschwenden wirklich so harmlos ist, wie man es gerne haben möchte. Dient dann der ganze Kulturbetrieb nicht einfach der Zerstreuung und Ablenkung, damit die Leute aufs Wesentliche nicht aufmerksam werden?
Die Ereignisse in Japan und ihre heute noch gar nicht abzuschätzenden Folgen sind schrecklich, das stimmt, und es kann einem schon den Appetit auf Amüsement verschlagen, wenn man an die Ertrunkenen und Verstrahlten denkt. Aber finden furchtbare Katastrophen nicht jeden Tag statt?
Eben war ja noch Libyen ein Thema. Doch nicht nur dort sterben Menschen in Kriegen und anderen gewaltsamen Auseiandersetzungen. Andere verrecken an vermeidbaren Krankheiten oder an Unterernährung. Kurzum, die Welt ist für viele, viel zu viele eine reale Hölle. Sie ist erfüllt von himmelschreiendem Unrecht aber rings um das, was Fernsehen und Internet thematisieren, herrscht bemerkenswerte Stille.
Wozu „Kultur“, wenn sie zum Wesentlichen schweigt? Muss sie unbedingt so geistlos sein, wie die, die von ihren Effekten profitieren, sie haben möchten? In Wahrheit muss die Frage nach der Berechtigung von Feuilletons in Zeiten des Unglücks nämlich ganz anders gestellt werden als anhand der bloß eingebildenten Alternative von „Kultur statt Katastrophe“ oder „Katastrophe statt Kultur“. Man sollte vielmehr endlich aufhören, so zu tun, als wüsste man nicht, dass „Kultur“ ein wichtiger Teil des Katastrophischen ist, das sie nur ausschnittsweise thematisiert.
Wenn es also angesichts der wirklichen Verhältnisse, in den Menschen leben — nicht zuletzt die außerhalb der Horizonte des Westens —, je legitim ist, Bücher und Artikel zu schreiben und zu lesen, Musik zu komponieren, sie aufzuführen und zu hören, Bilder und anderes zu herzustellen, auszustellen und zu betrachten, Theater zu machen und ins Theater zu gehen, wenn es je legitim ist Wissenschaft zu treiben und über Gott und Welt, Recht und Unrecht, Glück und Unglück, Wünsche und Möglichkeiten nachzudenken — dann ist es das auch jetzt. Und wenn es das sonst nicht ist, sollte es ab heute gefälligst endlich so werden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen